Paragraphen in 19 W (pat) 45/10
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 45/10 Verkündet am 19. Juni 2013
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 101 14 499 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Bieringer beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. März 2010 aufgehoben und das Patent 101 14 499 in vollem Umfang widerrufen.
Gründe I.
Auf die am 25. März 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung hat die Prüfungsstelle für H01H am 29. Februar 2008 die Erteilung des nachgesuchten Patents mit geänderten Unterlagen beschlossen. Die Patenterteilung ist am 24. Juli 2008 veröffentlicht worden.
Das Patent betrifft einen Kurzhubtaster.
Gegen das Patent hat mit Schreiben vom 24. Oktober 2008, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax eingegangen, die Firma H… GmbH & Co. KG, S… Straße in V…,
mit der Begründung Einspruch erhoben, der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie ursprünglich eingereicht worden sei (§ 21, Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Außerdem offenbare das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG).
Schließlich sei das Patent auch mangels Patentfähigkeit nach den §§ 1 bis 5 PatG zu widerrufen (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
Nach mündlicher Anhörung am 10. März 2010 hat die Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent im Umfang eines in der Verhandlung überreichten Patentanspruchs 1 beschränkt aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom 9. April 2010. Mit Schriftsatz vom 9. August 2010 hat sie zum Einen auf ihre bereits im Verfahren vor der Patentabteilung vorgetragenen Gründe Bezug genommen, zum Anderen hat sie vorgebracht, der in der mündlichen Anhörung vom 10. März 2010 neu vorgelegte Patentanspruch beruhe auf einer zusätzlichen unzulässigen Erweiterung, abgesehen davon sei dessen Gegenstand nach wie vor nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Sie beantragt, den Beschluss der Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. März 2010 aufzuheben und das angegriffene Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Der Patentinhaber beantragt,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen, hilfsweise das angegriffene Patent beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten: Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, übrige Unterlagen wie erteilt, und die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen.
Der geltende Patentanspruch 1 vom 10. März 2010 (Hauptantrag) lautet unter Einfügung einer Gliederung:
„1.1 Kurzhubtaster mit 1.2 einem Kurzhubtasterboden und mit 1.3 einem Kurzhubtasterdeckel 1.4 welche durch eine Naht voneinander getrennt aufeinanderliegen, 1.5 wobei er in einer Kurzhubtasteraufnahme angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, 1.6 dass die Kurzhubtasteraufnahme (2) als flache Schale ausgebildet ist und 1.7 einen geschlossenen Schalenboden aufweist, 1.8 dass der Kurzhubtaster mit seinem Kurzhubtasterboden (3.2)
auf dem Schalenboden aufliegt und 1.9 in der Kurzhubtasteraufnahme (2) eine Vergussmasse (5)
angeordnet ist, 1.10 wobei die Naht zwischen Kurzhubtasterboden (3.2) und Kurzhubtasterdeckel (3.1) durch die Vergussmasse abgedeckt ist.“
Der in der mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2013 überreichte Patentanspruch 1 (Hilfsantrag) lautet unter Fortführung der Gliederung:
„1.1 Kurzhubtaster mit 1.2‘ einem Kurzhubtasterbase (3.2) und mit 1.3 einem Kurzhubtasterdeckel (3.1), 1.4 welche durch eine Stoßstelle voneinander getrennt aufeinanderliegen, 1.5‘ wobei er in eine Öffnung einer Kurzhubtasteraufnahme (2)
eingesetzt ist, dadurch gekennzeichnet, 1.11 daß die Öffnung der Kurzhubtasteraufnahme (2) derart dimensioniert ist, 1.12 daß der Kurzhubtaster (3) mit einem Vergußmittel (5) bis zum Rand des Kurzhubtasterdeckels (3.1) vergossen ist und 1.13 fest in der Kurzhubtasteraufnahme (2) fixiert ist, 1.10 wobei die Stoßstelle zwischen Kurzhubtasterboden (3.2) und Kurzhubtasterdeckel (3.1) durch die Vergussmasse (5) abgedeckt ist.“
Der am 24. Juli 2007 veröffentliche, erteilte Patentanspruch 1 hatte folgenden Wortlaut (Gliederung hinzugefügt):
„1.1 Kurzhubtaster mit 1.2 einem Kurzhubtasterboden und mit 1.3 einem Kurzhubtasterdeckel, 1.4 welche durch eine Naht voneinander getrennt aufeinanderliegen, dadurch gekennzeichnet, 1.5 daß er in einer Kurzhubtasteraufnahme (2) angeordnet ist, 1.9 daß in der Kurzhubtasteraufnahme (2) eine Vergussmasse (5) angeordnet ist, 1.10 wobei die Naht zwischen Kurzhubtasterboden (3.2) und Kurzhubtasterdeckel (3.1) durch die Vergussmasse (5) abgedeckt ist.“
Gemäß Patentschrift (Abs. [0003]) lag der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, einen Kurzhubtaster aufzuzeigen, welcher vollständig abgedichtet ist, wobei die Abdichtung der Schutzklasse IP 67 entsprechen soll.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch Erfolg, da sie zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses über die beschränkte Aufrechterhaltung sowie zum Widerruf des Patents führt.
2. Als Fachmann legt der Senat einen Dipl.-Ing. (FH) oder Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik zugrunde, der über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung von elektrischen Bauelementen verfügt.
3. Der Gegenstand des Patents geht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4).
Die gesamte ursprüngliche Anmeldung bestand aus folgendem Text sowie zwei Figuren:
Aus diesen Unterlagen sind folgende Angaben, die zum Bestandteil des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag geworden sind, nicht oder zumindest nicht als zur Erfindung gehörend offenbart: 3.1 Der zeichnerischen Darstellung der zweiten Figur mag zu entnehmen sein, dass es sich bei der ursprünglich als Kurzhubtasterbase (3.2) bezeichneten Einzelheit um das Unterteil des isolierenden Gehäuses des Kurzhubtasters handelt. Die Änderung von deren Bezeichnung in Kurzhubtasterboden erweckt insbesondere in Zusammenhang mit der späteren Nennung eines geschlossenen Schalenbodens, der als ebene Fläche aufzufassen ist, den Eindruck, dass es sich ebenfalls um ebene Fläche handeln könnte. Ein solcher ebener Boden ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen weder beschrieben noch dargestellt.
3.2 Weiter ist den ursprünglichen Unterlagen der Begriff Naht, den der Fachmann als Übergangsstelle von zwei oder mehreren Einzelteilen versteht, die durch eine zusätzliche Maßnahme, wie Nähen, Kleben oder Schweißen miteinander verbunden sind, weder wörtlich noch sinngemäß zu entnehmen. Der zeichnerischen Darstellung ist anhand der horizontalen Striche in der Schnittdarstellung, sowie aufgrund des Wechsels in der Schraffur allenfalls zu entnehmen, dass der Kurzhubtasterdeckel (3.1) sowie die Kurzhubtasterbase (3.2) an dieser Stelle aneinanderstoßen.
3.3 Weiter geben die ursprünglich eingereichten Unterlagen keinerlei Anlass, die Kurzhubtasteraufnahme als flache Schale zu definieren, da das Bauteil mit seinem Verhältnis zwischen Breite zu Höhe von 4 : 1 allenfalls insgesamt als flach bezeichnet werden könnte. Kein Fachmann würde jedoch die Öffnung, die zur Aufnahme des Kurzhubtasters dient, als flach oder schalenförmig beschreiben. Somit findet die Charakterisierung der Kurzhubtasteraufnahme als „flache Schale“ in den ursprünglichen Unterlagen keine Stütze.
3.4 Auch das sich an die Nennung der flachen Schale anschließende Merkmal, dass der Schalenboden geschlossen sei, lässt sich den ursprünglichen Unterlagen nicht zweifelsfrei und unmittelbar entnehmen.
Zum Einen weist die Kurzhubtasteraufnahme Befestigungsbohrungen 1 auf, die auch deren Unterseite durchdringen, so dass der Boden der Kurzhubtasteraufnahme keineswegs in seiner Gesamtheit geschlossen ist. Zum Anderen sind die Zuleitungen 4 in der ersten Figur der ursprünglichen Unterlagen zeichnerisch derart dargestellt, dass der Fachmann daraus folgert, dass die Zuleitungen 4 zwar zunächst horizontal aus der Kurzhubtasterbase austreten, dann aber vertikal nach unten abgeknickt sind, den Schalenboden im Bereich
4 der Öffnung zur Aufnahme des Kurzhubtasters durchdringen und erst außerhalb der Kurzhubtasteraufnahme nochmals derart abgewinkelt sind, dass sie wieder horizontal verlaufen (vgl. die nebenstehende, durch den Senat erstellte Skizze).
Demnach müsste die Kurzhubtasteraufnahme aber entgegen der Angabe in Merkmal 1.7 des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag auch an dieser Stelle eine Öffnung haben.
Der Fachmann mag zwar erkennen, dass eine derartige Anordnung der Zuleitungen nicht vorteilhaft ist. Er konnte jedoch keineswegs aus der ursprünglichen zeichnerischen Darstellung eine damit nicht übereinstimmende Anordnung der Zuleitungen annehmen und daraus als Besonderheit ableiten, dass die Kurzhubtasteraufnahme im Bereich der Öffnung zur Aufnahme des Kurzhubtasters gerade keine Durchbrüche zur Durchführung der Anschlussleitungen haben soll.
3.5 Auch die Angabe, dass der Kurzhubtaster mit seinem Kurzhubtasterboden (3.2) auf dem Schalenboden aufliegt, ist aus den ursprünglichen Unterlagen nicht erkennbar, da in der ursprünglichen Zeichnung zwischen dem Grund der Öffnung zur Aufnahme des Kurzhubtasters und dem Boden der Kurzhubtasterbase ein Bereich dargestellt ist, der mit Vergussmasse gefüllt ist.
3.6 Schließlich enthielten die ursprünglichen Unterlagen keinerlei Hinweise darauf, dass es in besonderer Weise darauf ankommen könnte, dass der Bereich in dem die Kurzhubtasterbase und der Kurzhubtasterdeckel aneinanderstoßen von der Vergussmasse abgedeckt sein soll. Vielmehr ist im Text angegeben, „daß der Kurzhubtaster 3 mit einem Vergußmittel 5 bis zum Rand des Kurzhubtasterdeckels 3.1 vergossen ist“. Als damit verbundene Wirkung ist genannt, dass dadurch der Kurzhubtaster 3 fest in der Kurzhubtasteraufnahme 2 fixiert sei.
Der zeichnerischen Darstellung ist zwar entnehmbar, dass auch der Bereich in dem die Kurzhubtasterbase und der Kurzhubtasterdeckel aneinanderstoßen von Vergussmasse bedeckt ist, dieser Umstand ist dadurch jedoch noch nicht als zur Erfindung gehörend offenbart anzusehen, da er in der Beschreibung nicht erwähnt ist. Patentansprüche waren von den ursprünglichen Unterlagen ohnehin nicht umfasst.
Somit ist der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag gegenüber den ursprünglichen Unterlagen in mehrfacher Hinsicht unzulässig erweitert.
4. Bei dieser Sachlage ist unbeachtlich, dass die Formulierungen, die sich als unzulässig herausstellen, zum Teil auf Vorschlägen der Prüfungsstelle beruhen und im Einspruchsverfahren sämtlich von der Patentabteilung als unbedenklich angesehen wurden.
Die Patentabteilung hat offenbar irrtümlicher Weise ihre Untersuchung, ob eine unzulässige Erweiterung im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG vorliegt, nicht, wie durch den Wortlaut des Gesetzes vorgesehen ist, auf den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung gestützt, sondern auf die Offenlegungsschrift, die jedoch bereits erheblich von den ursprünglichen Unterlagen abweicht.
5. Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag liegt zwar näher an den ursprünglichen Unterlagen, jedoch geht der Schutzbereich, der durch den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag bestimmt wird, über den Schutzbereich des erteilten Patentanspruchs 1 hinaus (§ 22 Abs. 1 zweite Variante PatG). Deshalb ist der Hilfsantrag 1 nicht zulässig.
5.1 Es mag zwar zutreffen, dass es möglich ist, den Begriff Kurzhubtasterbase mit Kurzhubtasterboden zu übersetzen, dies ist jedoch nicht die einzige korrekte Möglichkeit der Übersetzung, vielmehr wäre nach Überzeugung des Senats auch der Begriff „Kurzhubtasterunterteil“ sinnvoll und von der Sache vermutlich auch besser. Somit fallen in den Schutzbereich des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag durch den Begriff Kurzhubtasterbase Ausgestaltungen, die von dem Begriff Kurzhubtasterboden nicht umfasst waren.
5.2 Genauso umfasst die Angabe Stoßstelle sicherlich andere Ausführungsformen als die Angabe Naht, so dass auch diese Änderung aus dem Schutzbereich des erteilten Patents herausführt.
Somit ist der Hilfsantrag nicht zulässig, da er zu einer Erweiterung des Schutzbereiches des Patents führen würde.
6. Im Übrigen ist durch den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag die bereits oben zum Merkmal 1.10 des erteilten Patentanspruchs 1 aufgezeigte unzulässige Erweiterung gegenüber den ursprünglichen Unterlagen (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) nicht behoben, selbst wenn man annimmt, dass der Patentinhaber auch hier den Begriff Kurzhubtasterboden durch Kurzhubtasterbase ersetzen wollte.
Somit war der Beschwerde stattzugeben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Dr. Hartung Kirschneck J. Müller Bieringer Pü
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