Paragraphen in 26 W (pat) 553/12
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 553/12
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 009 597.6 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 15. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Richters Reker als Vorsitzendem sowie der Richterin Eder und des Richters Dr. Himmelmann beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152 08.05 Gründe I Der Anmelder hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortmarke Der Ferne so nah für die Dienstleistungen
„Klasse 39: Beförderung von Passagieren; Beförderung von Personen; Beförderung von Reisenden; Buchung von Reisen; Reservierungsdienste (Reisen), Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten Klasse 41: Auskünfte über Freizeitaktivitäten; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; sportliche und kulturelle Aktivitäten Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Vermietung von Ferienhäusern; Zimmerreservierung; Zimmerreservierung in Hotels; Zimmerreservierung in Pensionen; Zimmervermittlung (Hotels, Pensionen)“
beantragt.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorausgegangener Beanstandung zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur Begründung hat sie auf die im Beanstandungsbescheid genannten Gründe Bezug genommen. Dort hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Wortfolge biete sich für die beanspruchten Dienstleistungen als Werbeslogan an, der dem angesprochenen Verkehr in typischer Werbesprache lediglich suggeriere, dass die Ferne, also z. B. ein ferner Zielort, bei Inanspruchnahme der Dienstleistungen schnell erreicht werden könne. Die angemeldete Wortmarke reihe sich dabei nahtlos in eine Reihe von in der Werbung und in Reiseberichterstattungen verwendeten vergleichbaren Ausdrücken und Redensarten wie „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah“, „Die weite Welt so nah“ bzw. „die weite Ferne, so nah“ ein. Als ohne weiteres verständlicher, allgemein anpreisender bzw. den Kaufreiz oder die Aufmerksamkeit des Publikums weckender Werbeslogan sei die angemeldete Wortfolge nicht geeignet, die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch der in der angemeldeten Wortfolge enthaltene gewisse Wortwitz sei nicht geeignet, deren Unterscheidungskraft herbeizuführen, da entsprechende Wortspiele in der Werbesprache zum Standard gehörten.
Dagegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er vertritt unter Darlegung von zur Unterscheidungskraft von Werbeslogans ergangenen Vorentscheidungen die Ansicht, der angemeldeten Marke könne für die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, da kein Dritter die Bezeichnung „Der Ferne so nah“ vor dem Anmeldetag der Marke für diese Dienstleistungen verwendet habe. Von den von der Markenstelle im Beanstandungsbescheid angeführten und als ähnlich bewerteten Slogans unterscheide sich die angemeldete Marke deutlich. Auch die Markenstelle habe eingeräumt, dass die angemeldete Marke keinen unmittelbar beschreibenden Dienstleistungsbezug aufweise.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2012 aufzuheben.
II Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, aber unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 39, 41 und 43 jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die Eignung einer Marke, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2006, 233, 235 - Standbeutel; GRUR 2003, 604, 608 - Libertel). Die Eintragung eines Zeichens als Marke kommt nur in Betracht, wenn es diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397 - FUSSBALL WM 2006). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung in das Markenregister zu Gunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (EuGH GRUR 2008, 608, 61 - EUROHYPO). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger sachlicher beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann schließlich auch solchen Angaben und Zeichen fehlen, die aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind, weil sie der Verkehr ausschließlich als Sachbegriffe in ihrer ursprünglichen Bedeutung und daher nicht als Unterscheidungsmittel versteht (Ströbele/Hacker, 9. Aufl., § 8, Rn. 49 m. w. N.).
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von allgemeinen Werbeaussagen und Werbeslogans gelten die vorstehend dargestellten rechtlichen Maßstäbe in gleicher Weise (EuGH EuGH GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2010, 228, Nr. 36 38 - Vorsprung durch Technik). Zwar kann eine sloganartige Wortfolge Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweisen, obwohl sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbemittel aufgefasst wird (EuGH a. a. O. - Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2010, 825 - Marlene-Dietrich-Bildnis II). Was jedoch im Verkehr ausschließlich als Werbung verstanden wird, stellt keine eintragungsfähige Marke dar (EuGH GRUR Int. 2011, 255, Nrn. 51 - 53 - BEST BUY).
Bei Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabs erweist sich die angemeldete Marke zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung und -unterscheidung für die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen als ungeeignet. Die als Marke beanspruchte Wortfolge „Der Ferne so nah“ hat die von der Markenstelle angeführte Bedeutung. Dies stellt auch der Anmelder nicht in Abrede. Der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, der ihr im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in einem Reisebüro, Reisekatalog oder auf der Internetseite eines Reiseveranstalters begegnet, entnimmt ihr, ohne dass es dafür einer gedanklichen Analyse des Slogans bedarf, lediglich den Hinweis, dass er bei Inanspruchnahme einer solchen Dienstleistung - z. B. der Buchung einer Reise - der Ferne - also z. B. einem fernen Reiseziel - bereits sehr nahekommt, weil er die zu buchende bzw. gebuchte Reise danach nur noch anzutreten braucht. Zwar beschreibt die angemeldete Marke in diesem Sinne nicht unmittelbar eine Eigenschaft der beanspruchten Dienstleistungen. Dies ist jedoch entgegen der Ansicht des Anmelders auch nicht erforderlich. Es bedeutet zudem nicht zwangsläufig, dass die angemeldete Marke damit die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, da auch nicht unmittelbar waren- und dienstleistungsbeschreibende und auch sonst nicht unmittelbar auf die Waren und Dienstleistungen bezogene Werbeslogans oder sloganartige Wortfolgen der Unterscheidungskraft entbehren können, wenn die angesprochenen Verkehrskreise die Wortfolge lediglich als eine werbewirksame Anpreisung verstehen (EuGH a. a. O. – BEST BUY; BGH GRUR 2009, 778 - Willkommen im Leben), ohne dass sie hierfür einen Denkprozess auslösen bzw. ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand aufwenden müssen (BGH GRUR 2001, 1047, 1049 – LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; BPatG GRUR 1998, 715 - MIT UNS KOMMEN SIE WEITER; BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 177/01 - Wir beraten Erfolg).
So ist die Sachlage auch bei der angemeldeten Wortfolge. Auch diese wird der Durchschnittsverbraucher der in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen von Haus aus, also ohne dass sie sich im Verkehr für den Anmelder durchgesetzt hat, ausschließlich als werbewirksame Anpreisung bzw. Kaufaufforderung, aber nicht als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel verstehen. Davon ist insbesondere auch deshalb auszugehen, weil der Durchschnittsverbraucher entsprechend gebildete, mit der angemeldeten Marke vergleichbare allgemeine Aussagen bereits in erheblichem Maße aus dem Alltagssprachschatz und der Werbung kennt. Zu Recht hat die Markenstelle des Patent- und Markenamts insoweit auf in Publikationen zu touristischen Themen bereits vor dem Anmeldetag der Marke verwendete Aussagen wie „Das Weite liegt so nah“ bzw. „Die weite Welt so nah“ verwiesen, die – wenn auch nicht wörtlich, so doch aber sinngemäß - mit der angemeldeten Marke übereinstimmen.
Soweit der Anmelder ferner der Ansicht ist, dass die angemeldete Wortfolge schon deshalb unterscheidungskräftig sei, weil sie wortgleich vor dem Anmeldetag von Dritten nicht verwendet worden ist, vermag dies der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen; denn für die Frage der Unterscheidungskraft ist es unerheblich, ob und inwieweit die angemeldete Marke vom Anmelder „erfunden“ worden ist. Das gilt insbesondere für Markenkreationen, die von vornherein sprachüblich gebildet worden sind und deshalb als sachbezogene Aussagen verstanden werden. Auch die Tatsache, dass die Markenneubildung allein oder überwiegend vom Anmelder benutzt wird, begründet für sich gesehen noch nicht ihre Schutzfähigkeit (BGH GRUR 2005, 578, 580 – LOKMAUS; BPatG GRUR 2007, 1078, 1079 – MP3 Surround).
Die Beschwerde des Anmelders musste daher erfolglos bleiben.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Reker Eder Dr. Himmelmann Bb
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