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8 W (pat) 39/10

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 39/10 Verkündet am 20. Februar 2014

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2005 012 244 …

BPatG 154 05.11

…

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner sowie die Richter Reker, Dr.-Ing. Dorfschmidt und Dipl.-Ing. Brunn beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. September 2010 aufgehoben und das Patent 10 2005 012 244 widerrufen.

Gründe I

Auf die am 15. März 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Streitpatent 10 2005 012 244 mit der Bezeichnung „Verfahren zum Reinigen von Gegenständen mittels Ultraschall“ erteilt und die Erteilung am 24. Dezember 2008 veröffentlicht worden.

Auf den Einspruch der Einsprechenden hat die Patentabteilung 15 des Patentamts das Streitpatent mit Beschluss vom 1. September 2010 in beschränktem Umfang aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

Sie verweist neben den bereits im Verfahren vor dem Patentamt genannten Druckschriften:

D1 DE 10 78 406 B D2 US 49 79 994 A D3 US 3 066 686 A D4 GB 819 807 A zusätzlich auf die D5 US 3 240 963 D6 DE 103 23 658 A1 und D7 US 6 726 848 B2.

Zur Begründung der Beschwerde trägt sie vor, die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 8 des Streitpatents gingen über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung hinaus und seien daher unzulässig erweitert. Weiterhin seien die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 8 des Streitpatents gegenüber der D5 oder der D2 nicht neu bzw. beruhten gegenüber der D2 oder der D5 in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin (im Folgenden Einsprechende) beantragt:

- den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. September 2010 aufzuheben und das Patent 10 2005 012 244 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden Patentinhaberin) beantragt:

- die Beschwerde zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie, das Patent gemäß den Hilfsanträgen 1-5 beschränkt aufrechtzuerhalten.

Hilfsweise beantragt sie ferner, ihr eine Frist zur Nachreichung eines Schriftsatzes zu gewähren, sofern der Senat die in der mündlichen Verhandlung überreichte US-Patentschrift 6,726,848 für entscheidungserheblich ansieht.

Der vom Senat mit der Merkmalsgliederung versehene Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

M1 Verfahren zum Reinigen von Gegenständen wie insbesondere Halbleiterelementen in einem Becken (5), das mit Flüssigkeit (6) und M2 mindestens einem Schallquellenfeld (8) versehen ist, M3 wobei die Gegenstände (2) auf einer Transporteinrichtung (3) in Kontakt mit der Flüssigkeit kontinuierlich durch das Becken (5) über das mindestens eine Schallquellenfeld (8) hinweg transportiert werden, M4 und das mindestens eine Schallquellenfeld (8), welches mehrere Schwingungsquellen (8a) umfasst, M5 die Schall (8b) phasengleich in die Flüssigkeit (6) einkoppeln, wahlweise eine der nachstehenden Positionen einnimmt: M6 I. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) stationär und schräg ausgerichtet zur Ebene (9) der der zu reinigenden Gegenstände (2); oder M7 II. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und schräg ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2), wobei die Bewegung parallel zur Transportrichtung (4) erfolgt; oder M8 III. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und parallel ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2), wobei die Bewegung vertikal zur Transportrichtung (4) erfolgt; oder M9 IV. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und parallel ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2), wobei die Bewegung vertikal und horizontal zur Transportrichtung (4) erfolgt; oder M10 V. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und schräg ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2), wobei die Bewegung entweder vertikal oder vertikal und horizontal zur Transportrichtung (4) erfolgt; M11 wodurch das mindestens eine Schallquellenfeld (8) derart relativ zur Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2) ausgerichtet ist, dass der von dem mindestens einen Schallquellenfeld (8) erzeugte Schall (8b) mit seinen Schwingungsmaxima auf die Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2) auftrifft.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist bis die auf im Merkmal M3 durch Unterstreichung gekennzeichneten zusätzlichen Merkmale identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag:

M3 wobei die Gegenstände (2) auf Transportrollen (3a) einer Transporteinrichtung (3) zum horizontalen Transport in Kontakt mit der Flüssigkeit kontinuierlich durch das Becken (5) über das mindestens eine Schallquellenfeld (8) hinweg transportiert werden.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag, außer dass durchgehend der allgemeine Begriff „Gegenstände“ durch „Wafer“ ersetzt und dementsprechend im Merkmal M1 das fakultative Merkmal „wie insbesondere Halbleiterelementen“ gestrichen wurde.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist bis auf das dem Anspruch hinzugefügte Merkmal M12 identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 und lautet (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag unterstrichen):

M1 Verfahren zum Reinigen von Wafern in einem Becken (5), das mit Flüssigkeit (6) und M2 mindestens einem Schallquellenfeld (8) versehen ist, M3 wobei die Wafer (2) auf Transportrollen (3a) einer Transporteinrichtung (3)

zum horizontalen Transport in Kontakt mit der Flüssigkeit kontinuierlich durch das Becken (5) über das mindestens eine Schallquellenfeld (8) hinweg transportiert werden, M4 und das mindestens eine Schallquellenfeld (8), welches mehrere Schwingungsquellen (8a) umfasst, M5 die Schall (8b) phasengleich in die Flüssigkeit (6) einkoppeln, wahlweise eine der nachstehenden Positionen einnimmt: M6 I. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) stationär und schräg ausgerichtet zur Ebene (9) der der zu reinigenden Wafer (2); oder M7 II. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und schräg ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Wafer (2), wobei die Bewegung parallel zur Transportrichtung (4) erfolgt; oder M8 III. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und parallel ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Wafer (2), wobei die Bewegung vertikal zur Transportrichtung (4) erfolgt; oder M9 IV. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und parallel ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Wafer (2), wobei die Bewegung vertikal und horizontal zur Transportrichtung (4) erfolgt; oder M10 V. Anordnung des mindestens einen Schallquellenfeldes (8) bewegbar und schräg ausgerichtet zur Ebene (9) der zu reinigenden Wafer (2), wobei die Bewegung entweder vertikal oder vertikal und horizontal zur Transportrichtung (4) erfolgt; M11 wodurch das mindestens eine Schallquellenfeld (8) derart relativ zur Ebene (9) der zu reinigenden Wafer (2) ausgerichtet ist, dass der von dem mindestens einen Schallquellenfeld (8) erzeugte Schall (8b) mit seinen Schwingungsmaxima auf die Ebene (9) der zu reinigenden Wafer (2) auftrifft,

M12 wobei das mindestens eine Schallquellenfeld (8) in den Positionen I., II. und V. kleiner als um einen mit dem Längenmaß λ/2 korrespondierenden Winkel α schräg gestellt ist.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 durch die Streichung der Varianten III. und IV. (Merkmale M8 und M9) und der daran angepassten Formulierung des Merkmals M12:

M12 wobei das mindestens eine Schallquellenfeld (8) kleiner als um einen mit dem Längenmaß λ/2 korrespondierenden Winkel α schräg gestellt ist.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 ist bis auf das dem Anspruch hinzugefügte Merkmal M13 identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3:

M13 und wobei in den Positionen III., IV. und V. die Amplitude der Bewegung senkrecht zur Transportrichtung (4) kleiner als λ/2 ist.

Der jeweilige Anspruch 8 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 unterscheidet sich vom jeweiligen Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 nur darin, dass im Merkmal M1 der Begriff „Verfahren“ durch den Begriff „Vorrichtung“ und im Merkmal M3 die Formulierung „transportiert werden“ durch die Formulierung „transportiert sind“ ersetzt wurde.

Wegen der auf den jeweiligen Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 7, dem jeweiligen nebengeordneten Anspruch 8, der auf diesen jeweils rückbezogenen Unteransprüche 9 bis 14 und der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II

1. Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zum Widerruf des Patents.

Der Gegenstand des Streitpatents betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Reinigen von Gegenständen mittels Ultraschall.

Für die Ultraschallreinigung nach den im Stand der Technik bekannten Verfahren ist es gemäß den Ausführungen in der Patentschrift (Absatz 3 bis 9) notwendig, dass der zu reinigende Gegenstand in einer Flüssigkeit angeordnet ist, so dass die von einem Ultraschallgenerator über geeignete Ultraschallschwinger ausgesendeten Schallwellen über das flüssige Medium auf den zu reinigenden Gegenstand übertragen werden können. Dabei werden die zu reinigenden Gegenstände wie beispielsweise Wafer oder Scheiben zunächst in Trageeinrichtungen einsortiert, die anschließend in Becken mit einer entsprechenden Flüssigkeit getaucht, wobei die Trageeinrichtungen stationär fixiert oder, alternativ, entweder mit einer Handhabungseinrichtung oder manuell innerhalb des Reinigungsbeckens bewegt werden. Zumeist werden mehrere unterschiedliche Becken bereitgestellt, die unterschiedliche Flüssigkeiten und/oder unterschiedliche Schallquellen aufweisen. Die Schallquellen selbst senden mit unterschiedlichen Frequenzen, so dass in den einzelnen Becken unterschiedliche Reinigungsergebnisse erzielt werden können. Die Frequenzen liegen im Ultraschallbereich und werden von Schallquellen ausgesendet, die in der Regel am Boden als auch teilweise an den Wänden der Reinigungsbecken angeordnet sind. Als problematisch sei bei den bekannten Verfahren anzusehen, dass die typische Gesamtdauer eines solchen Reinigungsprozesses inklusive Trocknung circa eine Stunde beträgt und zumeist mehrere manuelle oder maschinell unterstützte Umsetzvorgänge erfordert, wodurch sich relativ hohe Bruchraten einstellen.

Mit dem Gegenstand des Streitpatents soll entsprechend ein Reinigungsverfahren und eine Reinigungsvorrichtung bereitgestellt werden, durch deren Ausgestaltung sichergestellt ist, dass keine manuellen oder maschinellen Umsetzvorgänge während der Reinigung und/oder Trocknung notwendig sind.

Die Merkmale M6 bis M10 stellen durch die Verknüpfung „oder“ alternative Ausführungsformen der Erfindung dar, so dass die Ansprüche 1 und 8 jeweils dann nicht rechtsbeständig sind, wenn bereits eine der Varianten I. bis V. nicht patentfähig ist.

Der Patentanspruch 1 bedarf hinsichtlich der Merkmale M11 und M12 einer Auslegung.

Im Merkmal M11 wird beansprucht, dass „…das mindestens eine Schallquellenfeld (8) derart relativ zur Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2) ausgerichtet ist, dass der von dem mindestens einen Schallquellenfeld (8) erzeugte Schall (8b) mit seinen Schwingungsmaxima auf die Ebene (9) der zu reinigenden Gegenstände (2) auftrifft.“

In der Beschreibung der Offenlegungsschrift des Streitpatents wird dazu ausgeführt, dass hierzu der mechanische Abstand zwischen einer Schallquelle und dem zu bearbeitenden Gegenstand vorzugsweise auf wenige Millimeter bzw. in einem definierten Abstand genau eingestellt werden müsse (Absatz 12 und 17). Verschiedene äußere Einflüsse können zu einer Verschiebung des Schwingungsbauches führen (Absatz 18). Da sich die Schwingungen in den Behältern nicht ungehindert ausbreiten können - die ansonsten an jedem Ort der axialen oder radialen (ungehinderten) Ausbreitungsrichtung sowohl Schwingungsmaxima wie auch -minima erzeugen - ergeben sich aufgrund von Reflexionen an den Behälterwänden und der Flüssigkeitsoberfläche „stehende Wellen“ in den Becken. Diese bilden im Wesentlichen stationär Wellenbäuche und -knoten aus, wobei die Reinigungswirkung an den gegebenenfalls zufällig an Wellenknoten (Schwin- gungsmaxima) vorbei ziehenden, zu reinigenden Gegenständen zu gering ausfallen würde. Die verschiedenen Ausführungsformen der Erfindung stellen jedoch sicher, dass die gegenüber dem Stand der Technik optimierte Einkopplung des Ultraschalls in die Flüssigkeit derart erfolgt, dass „am zu reinigenden Gegenstand“ (an jeder Stelle) „ein jeweiliges Schwingungsmaximum mit maximaler Amplitude auftrifft“ (Absatz 12). So werden einerseits erfindungsgemäß die einzelnen Schallquellenfelder, an denen der zu reinigende Gegenstand die Transporteinrichtung vorbeigeführt wird, schräg zur Transportrichtung angeordnet, indem zwischen der Ebene des Schallquellenfelds und der Ebene des zu reinigenden Gegenstands eine definierte Neigung vorliegt (Absatz 19). Andererseits sind bei einer horizontalen Anordnung der Schallquellenfelder parallel zur Transportebene die Schallquellenfelder bewegbar ausgestaltet und ermöglichen eine vertikale Relativbewegung zum Gegenstand. Dabei wird ausdrücklich festgestellt, dass die Möglichkeit der Veränderung der Position eines horizontal angeordneten Schallquellenfeldes in Beziehung zum Reinigungsobjekt in der Praxis dafür sorgt, dass der Schwingungsbauch einer Schallwelle im Verlauf der Bewegung mindestens einmal mit maximaler Amplitude auf den zu bearbeitenden Gegenstand auftrifft (Absatz 23 und 24).

Entsprechend dieser Ausführungen des Streitpatents ist daher davon auszugehen, dass jedes Verfahren bzw. jede Vorrichtung zum Reinigen von Gegenständen in einem Flüssigkeitsbecken mit mindestens einem Schallquellenfeld das Merkmal M11 aufweist, sofern das Schallquellenfeld entweder gegenüber dem zu reinigenden Gegenstand eine geeignete Neigung aufweist oder das Schallquellenfeld eine zur Transportebene des zu reinigen Gegenstands vertikale Relativbewegung ausführt.

Im Merkmal M12 wird beansprucht, dass „… das mindestens eine Schallquellenfeld (8) in den Positionen I., II. und V. kleiner als um einen mit dem Längenmaß λ/2 korrespondierenden Winkel α schräg gestellt ist.“

Die typische Wellenlänge von Ultraschall in Flüssigkeit wird in Abschnitt 13 der Offenlegungsschrift der Bereich zwischen 10 mm und 80 mm angegeben, wobei die Frequenzen 20 kHz bis 132 kHz betragen und die Flüssigkeit Wasser ist. Der Begriff „korrespondierenden Winkel α“ verdeutlicht, dass die Schrägstellung des Schallquellenfelds abhängig ist von der Ausdehnung des Schallquellenfelds in Transportrichtung der Wafer. Entsprechend den Ausführungen der Patentinhaberin in der Verhandlung soll darunter zu verstehen sein, dass das Schallquellenfeld an einer Ecke gegenüber der Horizontalen gekippt wird und so um den daraus resultierenden Winkel α schräg gestellt wird (vgl. Skizze).

Bei der Länge eines von der Einsprechenden in ihrer Beschwerdebegründung unwidersprochen genannten Schallquellenfelds von 450 mm ergibt bei dem in der Offenlegungsschrift genannte Wellenlängenbereich von 10 mm bis 80 mm ein zu λ/2 korrespondierenden Winkel α in einer Bandbreite von 0,6° bis 5,1°. Da im Merkmal M12 kein Mindestwert für den Winkel α definiert wird (ausschließlich „kleiner als“) erfüllt auch ein horizontal ausgerichtetes Schallquellenfeld mit dem Winkel α = 0°das Merkmal M12, jedoch nicht das Merkmal M11.

Daraus resultiert, dass jedes Verfahren bzw. jede Vorrichtung zum Reinigen von Gegenständen in einem Flüssigkeitsbecken mit mindestens einem Schallquellenfeld das Merkmal M12 aufweist, dessen Schallquellenfeld entweder gegenüber dem zu reinigenden Gegenstand eine definierte Neigung im Bereich von 0° bis 5,1° aufweist bzw. dessen Schallwellen im Winkel von 84,9° bis 90° auf den zu reinigenden Gegenstand auftreffen (vgl. Skizze), wobei jedoch gleichzeitig das Merkmal M11 eine untere Grenze für den Neigungswinkel α setzt.

Als Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung bzw. Konstruktion von UltraschallReinigungsanlagen anzusehen.

Hauptantrag, Hilfsanträge 1 und 2

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und der Hilfsanträge 1 und 2 umfasst jeweils den Gegenstand des enger gefassten Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3. Nachdem letzterer - wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 3 zeigen - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 nicht rechtsbeständig.

Hilfsantrag 3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das aus der D2 bekannte Verfahren bzw. die Vorrichtung zur Reinigung von Leiterplatten („printed electrical circuit boards“) in einem Flüssigkeitsbad mit getauchten Schallquellen kommt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 am nächsten. Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wird ein Verfahren zum Reinigen von Wafern beansprucht. Wafer dienen in der Regel als Substrat bzw. Grundplatte für elektronische Bauelemente, zum Beispiel für integrierte Schaltkreise oder Leiterplatten, so dass die Reinigungsanforderungen vergleichbar sind. Da sich die D2 wie das Streitpatent mit der Anordnung der Schallquellen im flüssigkeitsgefüll- ten Becken befasst (Spalte 1, Z. 15 bis 18), bildet sie für den Anmeldegegenstand den geeigneten Ausgangspunkt.

Die D2 zeigt mit den Figuren 4 und 5 ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung zum Reinigen von Leiterplatten 10 in einem Becken 24, das mit Flüssigkeit 11 und mindestens einem Schallquellenfeld 38 versehen ist (M1 und M2). Die Leiterplatten sind entsprechend den Figuren vertikal ausgerichtet und werden mit einer Transporteinrichtung 40 in Kontakt mit der Flüssigkeit 11 kontinuierlich durch das Becken an dem mindestens einen Schallquellenfeld vorbei transportiert (Spalte 4, Zeile 65 bis Spalte 5, Zeile 4 - … „showing the circuit board 10 with components 14 thereon coupled to motive means 40, such as a loop transport mechanism, for moving the board vertically or horizontally, or both, in the liquid 11 and relative to the ultrasonic energy beam for enhancing the cleaning action and for providing a continuous transport of boards to be cleaned in and out of the cleaning tank 24.“).

Als Alternative dazu wird in Spalte 4, Zeilen 61 bis 64 beschrieben, dass die Position der Wandleranordnung derart gestaltet sein kann, dass die Abstrahlung des Schallquellenfeldes (Ultraschallenergie) in vertikaler Richtung erfolgt, während die Leiterplatte 10 in einer im wesentlichen horizontalen Ebene angeordnet ist („Obviously, the position of the transducer assembly could be such as to cause the ultrasonic energy to be propagated in a vertical direction, while the circuit board 10 is disposed in a substantially horizontal plane.“). Das mindestens eine Schallquellenfeld 38 umfasst dabei mehrere Schwingungsquellen 36, die den Schall phasengleich in die Flüssigkeit 11 einkoppeln (M4 und M5, Spalte 4, Zeilen 51+52: „The wafers are excited simultaneously by electrical high frequency voltage…“).

Dabei ist das mindestens eine Schallquellenfeld 38 stationär im Becken derart angeordnet, dass die Schallwellen auf die Ebene der zu reinigenden Leiterplatten 10 in einem Winkel im Wesentlichen von 90°(Spalte 4, Zeilen 57 - 60: „As seen,

the ultrasonic energy beam is incident upon the surface plane of the board 10 at an angle of substantially ninety degrees to effect cleaning…“), aber in einem möglichen Bereich von 90 ± 60° auftreffen können (vgl. Figuren 9 und 11, Spalte 4, Zeile 23 - 26: „While it is believed that an angle of incidence of substantially ninety degrees provides best results, it is believed that a range of 90+-60 degrees, see FIG. 9, will provide acceptable results.“). Da der Schall von den Schallquellen senkrecht zur deren Oberfläche abgegeben wird bedeutet dies, dass das Schallquellenfeld dementsprechend mit einem Winkel von bis zu 60° schräg zur Ebene der der zu reinigenden Leiterplatten 10 ausgerichtet ist. (M6 - Variante I.).

Entsprechend der Auslegung des Anspruchs 1 zeigt die D2 mit einem stationär und schräg zur Ebene der zu reinigenden Leiterplatten ausgerichteten Schallquellenfeld auch das Merkmal M11, dass das mindestens eine Schallquellenfeld derart relativ zur Ebene der zu reinigenden Leiterplatten bzw. Wafer ausgerichtet ist, dass der von dem Schallquellenfeld erzeugte Schall mit seinen Schwingungsmaxima auf die Ebene der zu reinigenden Wafer auftrifft.

Da das Schallquellenfeld der D2 wie oben schon beschrieben mit einem Winkel von 90° ± 60° auf die Ebene der zu reinigenden Leiterplatten auftreffen kann, zeigt das Verfahren bzw. die Vorrichtung der D2 auch das Merkmal M12 der Ansprüche 1 und 8 gemäß Hilfsantrag 3, da sich der dort beanspruchte Bereich des mit dem Längenmaß λ/2 korrespondierenden Winkels α von 0° bis 5,1° (vgl. Auslegung) innerhalb des in der D2 offenbarten Bereichs befindet.

Der Fachmann sieht bei dem aus der D2 bekannten Verfahren bzw. der Vorrichtung als nachteilig an, dass sowohl das Verfahren als auch die Vorrichtung aufgrund der Beckenform und des Transportmittels 40 nicht dafür geeignet sind, einen kontinuierlichen Reinigungsprozess für eine große Anzahl von aufeinanderfolgenden Leiterplatten bzw. Wafern durchzuführen, da es dabei zu Problemen wie einer langen Gesamtdauer eines solchen Reinigungsprozesses infolge mehrerer Umsetzvorgänge sowie der daraus resultierenden relativ hohe Bruchrate der zu reinigenden Leiterplatten bzw. Wafer kommen würde.

Daher sucht der Fachmann in dem ihm bekannten Stand der Technik nach Möglichkeiten, Werkstücke wie Leiterplatten, Wafer oder Ähnliches in einem flüssigkeitsgefüllten Becken mit Ultraschall im Rahmen eines kontinuierlicheren durchlaufenden Prozesses zu behandeln.

Die D6 zeigt ein Verfahren sowie eine Vorrichtung 11 zur Beschichtung von beispielsweise Leiterplatten 17 in einem Beschichtungsbad 13, in dem Schallgeber 21 angeordnet sind. Diese erzeugen gegen die Oberfläche der Leiterplatte 17 gerichteten Ultraschall. Die horizontal liegenden Leiterplatten 17 werden dabei durch in und über dem Beschichtungsbad 13 angeordnete Transportrollen 15 in einer Transportrichtung (Pfeilrichtung) durch das Beschichtungsbad 13 transportiert. (Absatz 18). Unterhalb der Transportrollen 15 sind die Schallgeber 21 angeordnet, dessen Schallquellenfeld nach oben gerichtet ist (Absatz 21). Während des Transports, der kontinuierlich oder in Schritten erfolgen kann (Absatz 13), ermöglicht die in der Beckenwand vorgesehene Öffnung eine kontinuierliche Zuführung weiterer Leiterplatten im Durchlaufprozess, ohne auf etwaige Umsetzvorgänge zurückgreifen zu müssen.

Da dem Fachmann die horizontale Anordnung der zu reinigenden Leiterplatten im Reinigungsbecken schon aus der D2 nahegelegt wird (vgl. Spalte 4, Zeilen 61 bis 64) und die aus der D6 bekannte Vorrichtung ein Verfahren zur kontinuierlichen Behandlung von horizontal auf Transportrollen geführten Leiterplatten bzw. Wafern in einem Flüssigkeitsbad mittels Ultraschall ermöglicht, bietet es sich dem Fachmann an, die vorteilhafte Ausgestaltung des Beschichtungsbads mit dem Transportsystem und das damit mögliche vorteilhafte Transportverfahren aus der D6 in das aus der D2 bekannte Verfahren bzw. die aus der D2 bekannte Vorrichtung zur Reinigung von Leiterplatten zu übernehmen, indem das Transportsystem 40 der D2 durch das aus der D6 bekannte Transportsystem 15 ersetzt wird.

Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von der D2, ohne erfinderische Tätigkeit allein mit ihm in Kenntnis der D6 naheliegenden verfahrenstechnischen und konstruktiven Maßnahmen zum Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 mit den Merkmalen M1 bis M6 sowie M11 und M12 gemäß Hilfsantrag 3.

Hilfsanträge 4 und 5 Die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 4 und 5 beruhen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist bezüglich der Merkmale M1 bis M6 sowie M11 und M12 identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3, wobei lediglich das Merkmal M12 an die Streichung der Varianten III. und IV. (Merkmale M8 und M9) angepasst wurde. Nachdem der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 nicht rechtsbeständig.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 ist bezüglich der Merkmale M1 bis M6 sowie M11 und M12 ebenfalls identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3. Das dem Anspruch hinzugefügte Merkmal M13 bezieht sich nur auf die zum Merkmal M6 alternativen Ausgestaltungen nach den Merkmalen M8, M9 und M10.

Nachdem der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 auch nicht rechtsbeständig.

Mit dem jeweiligen Hauptanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die antragsgemäß jeweils nebengeord- neten Ansprüche 8 und die auf die Ansprüche 1 und 8 jeweils rückbezogenen Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5.

3. Bei dieser Sachlage kam es auf die von den Einsprechenden noch aufgeworfene Frage der unzulässigen Erweiterung der Ansprüche 1 und 8 nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen nicht mehr an.

Die US-Patentschrift 6,726,848 hat bei der Entscheidung keine Rolle gespielt. Der Gewährung der von der Patentinhaberin hilfsweise beantragten Frist zur Nachreichung eines Schriftsatzes bedurfte es daher nicht.

Das Patent ist somit zu widerrufen.

III Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Zehendner Reker Dr. Dorfschmidt Brunn Cl

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