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5 StR 214/16

BUNDESGERICHTSHOF StR 214/16 BESCHLUSS vom 21. Juni 2016 in dem Sicherungsverfahren gegen ECLI:DE:BGH:2016:210616B5STR214.16.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juni 2016 beschlossen:

Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Januar 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben; die Feststellungen zu den der Maßregelanordnung zugrunde liegenden Taten bleiben jedoch aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

1. Nach den Urteilsfeststellungen geriet der erheblich alkoholisierte Beschuldigte am 5. Juni 2015 mit seinem Vater in dessen Wohnung plötzlich in Streit. Zuvor hatte er Stimmen gehört, die ihm sagten, er solle seinen Vater töten. Er würgte ihn mit beiden Händen am Hals. Als der Vater ihn aufforderte aufzuhören, weil er keine Luft mehr bekomme, ließ der Beschuldigte ihn los, stieß ihn rücklings auf das Bett und drückte ein Kopfkissen gegen dessen Gesicht. Nachdem der Geschädigte ihn erneut zum Aufhören aufgefordert hatte, zerschlug der Beschuldigte eine Bierflasche und versetzte ihm mit dem Flaschenhals einen Stich in die rechte Halsseite, der nur knapp die Halsschlagader verfehlte. Der Geschädigte, der stark blutete, bat den Beschuldigten, ihm ein Handtuch zu holen und einen Arzt zu verständigen. Dies tat der Beschuldigte auch. Der Geschädigte begab sich nunmehr von seiner Wohnung auf die Straße und fiel zu Boden. Der Beschuldigte, der seinem Vater gefolgt war, versetzte ihm noch zwei Tritte mit seinen Turnschuhen gegen den Kopf.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Beschuldigte im Zustand der Schuldunfähigkeit rechtswidrig den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen verwirklicht habe. Soweit er zunächst den Geschädigten habe töten wollen, habe er die Tat freiwillig aufgegeben (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB), indem er medizinische Hilfe über den Notruf herbeigerufen habe. Der Beschuldigte sei zu den Tatzeitpunkten schuldunfähig gewesen, weil seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung aufgehoben gewesen sei.

2. Die Maßregelanordnung nach § 63 StGB hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten aufgrund einer nicht nur vorübergehenden psychischen Störung im Sinne einer der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. Dies ist nicht hinreichend belegt.

a) Die Strafkammer begründet die Schuldunfähigkeit des Beschuldigten lediglich damit, dass die von ihm gezeigten Auffälligkeiten – wie das Wahrnehmen von Stimmen und Störungen des Affekts – entsprechend den Ausführungen der Sachverständigen das Vorliegen einer bereits chronifizierten paranoidhalluzinatorischen Schizophrenie belegen würden. Zudem bestehe beim Beschuldigten ein schädlicher Alkoholgebrauch in Form einer Alkoholabhängigkeit sowie ein Cannabismissbrauch. Das „kombinierte Vorliegen der Psychose, auch bedingt durch die teilweise festgestellte Alkoholintoxikation des Beschuldigten“ habe daher dessen „Einsichts- und Steuerungsfähigkeit“ zum Tatzeitpunkt aufgehoben.

b) Damit bleibt aber im Ergebnis offen, wie sich die von der Sachverständigen diagnostizierte paranoid-halluzinatorische Schizophrenie auf die Schuldfähigkeit des Beschuldigten konkret ausgewirkt hat.

Darüber hinaus kann der Schuldausschluss grundsätzlich nicht zugleich auf fehlende Unrechtseinsicht und fehlende Steuerungsfähigkeit gestützt werden. Die Frage der Steuerungsfähigkeit ist erst dann zu prüfen, wenn der Beschuldigte das Unrecht der Tat eingesehen hat oder einsehen konnte. Störungen, bei denen sowohl die Einsichts- als auch die Steuerungsfähigkeit aufgehoben sind, stellen die Ausnahme dar (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2006 – 2 StR 394/05, NStZ-RR 2006, 167). Ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen bei dem Beschuldigten ein solcher Ausnahmefall vorliegt, wird vom Landgericht nicht erörtert.

Zudem hätte es bei der Schuldfähigkeitsprüfung in den Blick nehmen müssen, dass der Beschuldigte nach dem ersten Angriff zu rationalen Handlungen in der Lage war, als er dem schwer verletzten Tatopfer zur Stillung der Blutung ein Handtuch reichte und den Rettungsdienst anrief. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Beschuldigte trotz seiner psychischen Erkrankung beim Tatgeschehen weder im Zustand der Schuldunfähigkeit noch in demjenigen der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt hat.

Sander Bellay Schneider Feilcke Berger

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