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VIa ZR 1114/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 1114/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 16. Januar 2024 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:160124UVIAZR1114.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2024 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. Juli 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger kaufte am 14. Oktober 2017 von einem Händler einen von der Beklagten hergestellten Mercedes-Benz B 220d, der mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist. In dem Fahrzeug wird die Abgasrückführung unter Einsatz eines sogenannten "Thermofensters" gesteuert. Das Fahrzeug verfügt über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR).

Der Kläger hat den Ersatz des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Verzugszinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

Soweit die Berufungsbegründung über das Ersturteil hinausgehendes Vorbringen enthalte, sei dieses nicht zuzulassen. Dessen ungeachtet erweise sich die Berufung auch sonst als erfolglos. Eine deliktische Haftung der Beklagten sei zu verneinen. Sie hafte nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV. Die Bestimmungen der EG-FGV stellten keine Gesetze zum Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrags dar. Die Beklagte hafte ebenfalls nicht gemäß §§ 826, 31 BGB. Der Kläger habe auch in der Berufung keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass das Thermofenster oder die KSR - deren Einstufung als unzulässige Abschalteinrichtungen unterstellt - mit einer Prüfstandserkennungsfunktion ausgestattet sei oder sonstige Umstände vorlägen, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen. Soweit der Kläger weitere Abschalteinrichtungen angeführt habe, habe er keine konkreten Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass in seinem Fahrzeug solche Funktionen in einer bestimmten Ausgestaltung verbaut seien.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Allerdings begegnet es keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat, weil es greifbare Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten nicht festgestellt hat. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe erstinstanzlichen Vortrag des Klägers zum Vorliegen prüfstandsbezogener unzulässiger Abschalteinrichtungen unberücksichtigt gelassen, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV wegen der Verwendung des Thermofensters oder der KSR aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 29 bis 32, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 22 bis 27).

Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil er sich nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259) die erforderlichen Feststellungen zu der - bislang lediglich unterstellten - Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Möhring Krüger Wille Liepin Vorinstanzen: LG Landshut, Entscheidung vom 06.07.2021 - 24 O 401/21 OLG München, Entscheidung vom 11.07.2022 - 8 U 5326/21 -

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