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VII B 49/13

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 5.6.2014, VII B 49/13

§ 104 Abs. 2 FGO: Abweichung des schriftlich niedergelegten vom fernmündlich mitgeteilten Tenor Tatbestand I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) hielt sich in der Zeit vom 15. August 2008 bis zum 19. August 2009 für ein Studium in den USA auf. Im Oktober 2008 erwarb sie in den USA für … US-Dollar ein Motorrad des Herstellers …. Der Kilometerstand betrug an diesem Tag zwei Meilen. Das Motorrad wurde am 8. Mai 2009 in Chicago erstmals für den Straßenverkehr zugelassen. Am 10. September 2009 meldete die Klägerin das Motorrad beim Beklagten und Beschwerdeführer (Hauptzollamt --HZA--) als Übersiedlungsgut zur Überführung in den freien Verkehr an. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Kilometerstand zehn Meilen.

Das HZA verneinte wegen des ungebrauchten Zustands des Motorrads die Voraussetzungen eines Übersiedlungsguts und erhob Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt … EUR (… EUR Zoll und … EUR Einfuhrumsatzsteuer). Die nach einem erfolglosen Einspruch eingereichte Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bestätigte zwar die Versagung einer Einfuhrabgabenbefreiung, korrigierte aber die Bemessungsgrundlage, bei deren Ermittlung das HZA den im Oktober 2008 gezahlten Kaufpreis zugrunde gelegt hatte. Da das Motorrad im Oktober 2008 nicht zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft, sondern zur Nutzung in den USA verkauft worden sei, könne die Bemessungsgrundlage nicht nach dem Transaktionswert gemäß Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) bestimmt werden. Maßgebend sei die Schlussmethode nach Art. 31 ZK, wobei nur eine Schätzung unter den Beschränkungen des Art. 31 Abs. 2 ZK in Betracht komme. Entsprechend den Gepflogenheiten beim Verkauf von Kfz mit Tageszulassungen bzw. bei Vorführfahrzeugen sei danach ein Abschlag in Höhe von 15 v.H. vorzunehmen. Daraus ergäben sich Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt … EUR (… EUR Zoll und … EUR Einfuhrumsatzsteuer).

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des HZA, die es auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie auf einen Verfahrensmangel stützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 Alternative 2 und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Aus Art. 147 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO) ergebe sich, dass die Transaktionswertmethode auch bei weiter zurückliegenden Kaufgeschäften Anwendung finden könne. Im Streitfall liege auch ein "Verkauf zur Ausfuhr" vor, da die Klägerin gewusst habe, dass sie nicht auf Dauer in den USA leben werde. Ob die Klägerin das Motorrad in den USA i.S. des Art. 147 Abs. 2 ZKDVO verwendet habe und damit ein niedrigerer Zollwert in Betracht komme, könne im Streitfall letztlich offenbleiben. Ein daraus resultierendes Wahlrecht sei jedenfalls verbraucht, da die Klägerin in der Zollanmeldung einen Warenwert in Höhe von … US-Dollar angegeben habe.

Der Verfahrensmangel ergebe sich aus einer telefonischen Auskunft des Vorsitzenden Richters des FG vom 18. Dezember 2012 zum Tenor des Urteils. Der Vorsitzende habe in diesem Telefonat mitgeteilt, dass der Zollwert um 10 v.H. zu mindern sei. Da die Auskunft mehr als zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung erteilt worden sei und die Urteilsformel zu diesem Zeitpunkt bereits vorgelegen habe, handele es sich um eine Bekanntgabe des Urteils, die für das Gericht Bindungswirkung habe.

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Grundsätzliche Bedeutung ist einer Rechtsfrage beizumessen, deren Beantwortung in dem angestrebten Revisionsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/ oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist. Hierzu ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit, ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 VII B 167/11, BFH/NV 2012, 2029, m.w.N.).

Im Streitfall fehlt es insbesondere an der Klärungsfähigkeit der vom HZA formulierten Rechtsfrage, ob die Transaktionswertmethode nach Art. 29 Abs. 1 ZK auch dann anwendbar sei, wenn ein im Drittland praktisch nicht verwendetes Fahrzeug bereits mehrere Monate vor der Ausfuhr aus dem Drittland in das Zollgebiet der Union in dem Wissen gekauft worden sei, es irgendwann in das Zollgebiet der Union einzuführen. Denn das FG hat in seinem Urteil ausdrücklich festgestellt, dass die Klägerin das Motorrad zum Zeitpunkt des Kaufs gerade nicht zur Ausfuhr, sondern zur Nutzung in den USA erworben habe. An diese tatsächlichen Feststellungen des FG wäre der Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Unabhängig von dem Zeitraum, der zwischen Kauf und Ausfuhr lag, kann der von der Klägerin gezahlte Kaufpreis somit nicht zu einem Transaktionswert i.S. des Art. 29 Abs. 1 ZK führen. Damit bestand auch kein Wahlrecht, das die Klägerin durch die Angabe eines Warenwerts in der Zollanmeldung hätte ausüben können.

Das Vorbringen des HZA erschöpft sich letztlich in der Rüge materieller Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Insbesondere geht das HZA davon aus, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Kaufs eine Ausfuhr des Motorrads in das Zollgebiet der Union beabsichtigt habe. Dies kann nicht zu einer Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Mai 2013 VII B 163/12, BFH/NV 2013, 1615, m.w.N.).

2. Die ordnungsgemäße Erhebung einer Divergenzrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) setzt voraus, dass der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeitet und gegenüberstellt, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2011 VII B 110/11, BFH/NV 2012, 616). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht, zumal das HZA selbst hervorhebt, dass der Streitfall nicht mit den Sachverhalten vergleichbar ist, die den zitierten Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 6. Juni 1990 C-11/89 (Slg. 1990, I-2275) und des Senats vom 19. Februar 1991 VII R 69/88 (BFH/NV 1992, 69) zugrunde lagen. Insbesondere besteht kein Widerspruch zu der Aussage im Urteil in Slg. 1990, I-2275, dass ein Importeur die Angaben zum Zollwert in der Zollanmeldung im Anschluss an die zollrechtliche Freigabe der Ware nicht mehr ändern kann, auch wenn wegen einer Käuferkette mehrere Transaktionswerte zur Verfügung standen. Denn das FG hat --wie oben dargelegt-- bindend festgestellt, dass die Klägerin das Motorrad gerade nicht zur Ausfuhr, sondern zur Nutzung in den USA erworben hat. Damit liegt im Streitfall überhaupt kein Transaktionswert vor.

3. Schließlich liegt auch der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht vor.

Nach § 104 Abs. 2 FGO ist statt einer Verkündung die Zustellung des Urteils zulässig. In diesem Fall ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 105 Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO genügt hierfür die Niederlegung der von den Berufsrichtern unterschriebenen Urteilsformel (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 26. Januar 2010 X B 147/09, BFH/NV 2010, 1081, m.w.N.). Die Entscheidung gilt mit einer anschließenden formlosen Bekanntgabe der Urteilsformel an einen Beteiligten als verkündet. Ab diesem Zeitpunkt --und damit nicht erst mit der Zustellung des Urteils-- ist das Gericht an seine Entscheidung gebunden (BFH-Beschluss vom 8. März 2011 IV S 14/10, BFH/NV 2011, 1161, m.w.N.).

Im Streitfall zweifelt das HZA nicht an einer Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 104 Abs. 2 FGO. Das HZA rügt lediglich, dass der telefonisch übermittelte Tenor von dem schriftlich niedergelegten Tenor abweicht. Entgegen der Auffassung des HZA führt eine solche Abweichung aber nicht zu einem Verfahrensfehler. Vielmehr ist in diesem Fall allein der schriftlich niedergelegte Tenor maßgeblich. Die fernmündliche Mitteilung eines hiervon abweichenden Tenors kann im Rahmen des § 104 Abs. 2 FGO nicht zu einer Bindung des Gerichts führen (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 1998 I R 125/97, BFH/NV 1998, 1108). Dies gilt unabhängig davon, wann und durch wen der Tenor fernmündlich mitgeteilt wird.

Im Übrigen läge auch dann kein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor, wenn der Tenor zum Zeitpunkt des Telefonats mit dem Vorsitzenden Richter des FG noch nicht bei der Geschäftsstelle hinterlegt gewesen wäre. Zum einen hätte es sich in diesem Fall bei der telefonischen Mitteilung wie im Beschluss in BFH/NV 1998, 1108 um eine nicht bindende Vorabinformation gehandelt. Zum anderen wäre es zwar zu einem Verstoß gegen die Zwei-Wochen-Frist des § 104 Abs. 2 FGO gekommen. Dieser Mangel kann aber nicht zu einer Zulassung der Revision führen, solange nicht dargetan oder sonst erkennbar ist, dass der Urteilstenor bei fristgemäßer Niederlegung anders als im zugestellten Urteil gelautet hätte (BFH-Beschluss vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

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