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V ZR 245/14

BUNDESGERICHTSHOF V ZR 245/14 BESCHLUSS vom 22. Juli 2015 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 27. Zivilsenat - vom 24. September 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagten zur Zahlung von 3.265,36 € vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen (Tenor zu III) und weiterer 17.866,02 € nebst Zinsen (Tenor zu IV) verurteilt worden sind sowie festgestellt worden ist, dass sie verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weitere aus dem Erwerb des im Tenor zu II bezeichneten Grundstücks entstandenen oder noch entstehenden Schäden zu ersetzen (Tenor zu V).

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 22.866,02 €.

Gründe:

I.

Mit notariellem Vertrag vom 19. Juli 2011 verkauften die Beklagten an die Klägerin und deren Ehemann ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zu einem Preis von 190.000 €. In dem Kaufvertrag ist die Haftung für Mängel ausgeschlossen. Hiervon unberührt ist die Haftung wegen Vorsatz oder Arglist.

Die Beklagten haben das Haus selbst bewohnt. In dem Exposé, das der Klägerin und ihrem Ehemann von der Maklerin überlassen wurde, heißt es:

„Das ehemalige Austragshaus von 1868 wurde seit 1986 liebevoll renoviert, u.a.: (…) komplette fachmännische Trockenlegung des gesamten Hauses (…)“

Bei der Renovierung des Hauses stellten die Käufer Feuchtigkeit an einigen Wänden sowie Schimmelbefall in Räumen des Obergeschosses fest.

Die Klägerin verlangt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns - soweit hier noch von Interesse - den Ersatz entstandener Aufwendungen in Höhe von 17.866,02 € und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für sämtliche weiter entstandene oder noch entstehende Schäden sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Das Landgericht hat auf der Grundlage einer Beweisaufnahme diese Klageanträge abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihnen stattgegeben und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Im Rahmen eines Revisionsverfahrens wollen sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

II.

Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch gemäß § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 1, § 280 BGB wegen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung zu. Das auf dem Grundstück aufstehende Gebäude weise eine teilweise Durchfeuchtung der Wände und Schimmelbildung auf. Die von den Beklagten beauftragte Maklerin, deren Verhalten sich die Beklagten zurechnen lassen müssten, habe im Verkaufsexposé die komplette fachmännische Trockenlegung des ganzen Hauses zugesichert, was objektiv unzutreffend sei. Die Beklagten hätten nicht den Nachweis erbracht, dass die falsche Zusicherung der kompletten Trockenlegung des Gebäudes vor Vertragsschluss gegenüber den Käufern richtig gestellt worden sei. Aus der Aussage der erstinstanzlichen vernommenen Zeugin D. ergebe sich, dass lediglich Fotos von den Renovierungsarbeiten angesehen worden seien, die keinen hinreichenden Aufschluss über das Ausmaß der Trockenlegung gäben. Auf den vereinbarten Haftungsausschluss könnten sich die Beklagten nicht berufen, weil sie in arglistiger Weise eine bestimmte Beschaffenheit des Gebäudes vorgespiegelt hätten.

III. 6 Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

1. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzliche vernommene Zeugin D. entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es deren Aussagen anders gewürdigt hat als das Landgericht. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. Senat, Beschluss vom 18. April 2013 - V ZR 231/12, juris, Rn. 9; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291).

a) Grundsätzlich steht es im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Diesem Ermessen sind jedoch Grenzen gezogen. Im Einzelfall kann es sich zur Rechtspflicht auf Wiederholung der Zeugenvernehmung verdichten (BGH, Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500 mwN). So ist eine erneute Vernehmung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter anderem dann geboten, wenn das Berufungsgericht der Aussage eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält (BGH, Urteil vom 30. September 1992 - VIII ZR 196/91, NJW 1993, 64, 66 unter II 2 a, insoweit in BGHZ 119, 283 nicht abgedruckt; Beschluss vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10, MDR 2011, 1133). Allerdings ist es dem Berufungsgericht nicht grundsätzlich verwehrt, die Aussage eines erstinstanzlich gehörten Zeugen ohne wiederholte Vernehmung entgegen der Würdigung des Erstrichters für die Beweisführung als nicht ausreichend zu erachten. Dies setzt jedoch voraus, dass keine Zweifel über die Vollständigkeit und Richtigkeit der protokollierten Aussage bestehen. Demgegenüber ist eine erneute Vernehmung geboten, wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage anders verstehen will als die Richter der Vorinstanz, und zwar insbesondere dann, wenn die Aussage des Zeugen widersprüchlich oder mehrdeutig ist und es für die Auffassung des Erstrichters nicht an jedem Anhaltspunkt in der protokollierten Aussage fehlt (BGH, Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500).

b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Das Landgericht hat ausgeführt, es sei aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass im Rahmen der Besichtigungstermine auch über die durchgeführten Trockenlegungsmaßnahmen gesprochen worden sei. Dies sei von der Zeugin D. bestätigt worden. Die Beklagten hätten nach deren Bekundungen offen gelegt, dass die Trockenlegungsarbeiten von dem Beklagten zu 1 in Eigenleistung vorgenommen worden seien. Es sei erläutert worden, um welche Arbeiten es sich dabei gehandelt habe. Dabei seien sogar Bilder von den damaligen Arbeiten vorgelegt worden. Für dieses Verständnis des Inhalts der Aussage der Zeugin D. ergeben sich Anhaltspunkte aus dem Protokoll der Sitzung des Landgerichts vom 16. Januar 2014. Dort ist nicht nur niedergelegt, dass Fotos von den Renovierungsarbeiten bei einem Besichtigungstermin angeschaut wurden. Dem Protokoll kann auch entnommen werden, dass es sich um einen umfangreichen und langen Termin gehandelt haben soll. Zudem sei darüber gesprochen worden, dass der Beklagte zu 1 die Arbeiten durchgeführt habe. Das lässt durchaus den Schluss zu, dass auch über den Umfang der Trockenlegungsmaßnahmen gesprochen wurde. Wenn das Berufungsgericht aus der protokollierten Formulierung darauf schließen will, dass lediglich Fotos gezeigt worden seien, war es nach den genannten Maßstäben verpflichtet, die Zeugin erneut zu hören.

c) Die Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist entscheidungserheblich. Sollten die Kläger vor Vertragsschluss über Art und Umfang der Trockenlegungsarbeiten informiert und damit die Angaben im Exposé richtiggestellt worden sein, lässt sich ein Schadensersatzanspruch nicht auf den Inhalt des Exposés stützen.

2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Zu der Frage, ob den Beklagten Feuchtigkeitserscheinungen und ein Schimmelbefall bekannt waren und sie dies vorsätzlich verschwiegen haben, sind von dem Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen worden.

IV.

Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Sofern das Berufungsgericht die Beklagten nach der Vernehmung der Zeugin D. für ihre Behauptung, die Käufer seien vor Vertragsschluss über den tatsächlichen Umfang der Trockenlegungsarbeiten aufgeklärt worden, als beweisfällig ansieht, wird es im Hinblick auf den vereinbarten Haftungsausschluss (vgl. zu dessen Auswirkungen auf einen Anspruch aus vorvertraglichem Verschulden: Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.) zu prüfen haben, ob die Beklagten selbst vorsätzlich gehandelt haben, indem sie etwa der Maklerin gegenüber falsche Angaben gemacht haben, oder ob die Maklerin vorsätzlich eine falsche Erklärung über den Umfang der Trockenlegung abgegeben hat und sich die Beklagten dies zurechnen lassen müssen. Eine Zurechnung des Verhaltens der Maklerin ist nach § 278 BGB möglich, wenn diese mit Wissen und Wollen der Beklagten als deren Repräsentantin aufgetreten und im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben tätig geworden ist, die typischerweise ihnen oblegen haben (Senat, Beschluss vom 18. April 2013 - V ZR 231/12, juris Rn. 18; Urteile vom 27. November 1998 - V ZR 344/97, NJW 1999, 638, 639 und vom 2. Juni 1995 - V ZR 52/94, NJW 1995, 2550, 2551; BGH, Urteil vom 14. November 2000 - XI ZR 336/99, NJW 2001, 358 f.). Hierzu sind bislang keine Feststellungen getroffen worden. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass entsprechende Feststellungen auch erforderlich sind, soweit der Schadensersatzanspruch auf § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 1 und 3 BGB gestützt wird; aus der von dem Berufungsgericht zitierten Entscheidung des Senats vom 16. März 2012 (V ZR 18/11, NJWRR 2012, 1078 Rn. 16) ergibt sich nichts anderes. Der von dem Berufungsgericht wiederholt verwendete Begriff der „Zusicherung“ gibt ferner Anlass zu dem Hinweis, dass das neue Schuldrecht die zugesicherte Eigenschaft im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB aF nicht mehr kennt; eine Garantie im Sinne des § 444 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 5. November 2010 - V ZR 228/09, NJW 2011, 1217 Rn. 11) haben die Beklagten nicht übernommen.

V.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3 ZPO. Maßgebend ist der Wert des Beschwerdegegenstands aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2008 - IV ZR 31/08, VersR 2009, 562 f.). Neben dem bezifferten Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.866,02 € war der Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weiter entstandene oder noch entstehende Schäden zu berücksichtigen, den der Senat mit 5.000 € bewertet.

Stresemann RiBGH Dr. Roth und RinBGH Dr. Brückner sind infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert Karlsruhe, den 26. August 2015 Die Vorsitzende Stresemann Weinland Kazele Vorinstanzen: LG Augsburg, Entscheidung vom 04.04.2014 - 32 O 2105/13 OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 24.09.2014 - 27 U 1811/14 -

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