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11 W (pat) 26/09

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 26/09 Verkündet am 14. August 2014

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

BPatG 154 05.11

…

betreffend das Patent 100 38 145 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. August 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Dr. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dipl.-Ing. Dr. Fritze und Dipl.-Ing. Univ. Fetterroll beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juni 2009 aufgehoben und das Patent DE 100 38 145 mit den Patentansprüchen 1 bis 18 nach Hilfsantrag 2a vom 14. August 2014 sowie der Beschreibung und den Zeichnungen gemäß Patentschrift beschränkt aufrechterhalten.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe I.

Das am 4. August 2000 angemeldete Patent 100 38 145, dessen Erteilung am 20. April 2006 veröffentlicht worden ist, betrifft eine

„Einrichtung zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen“.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden. Durch Beschluss vom 29. Juni 2009 hat die Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent widerrufen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie hält den Patentgegenstand für patentfähig.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin beantragt,

den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 18 nach Hilfsantrag 1 vom 5. August 2014, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 18 nach Hilfsanträgen 2 und 2a vom 14. August 2014, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 17 nach Hilfsanträgen 3 und 4 vom 14. August 2014, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 16 nach Hilfsantrag 5 vom 14. August 2014 sowie jeweils mit der Beschreibung und den Zeichnungen gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende I hat sinngemäß beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Einsprechende II beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Verfahren befinden sich die Druckschriften:

E1: DE 44 22 751 C1 E2: DD 214 717 E3: ZENKER, R. [u. a.]: „Electron beam - a modern energy source for surface treatment”, Firmenschrift der ETC ElektronenstrahI-Technologie GmbH, Chemnitz, September 1997 E4: Panzer, S. [u. a.]: „Eine Hochleistungsanlage zur Elektronenstrahlschmelzbehandlung von Dieselmotorenkolben“, ZIS-Mitteilungen, Halle 29 (1987) 1, S. 35 bis 41 E5: GB 2 072 938 A E6: US 3,602,685 E7: DE 31 05 831 A1.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet in gegliederter Fassung:

Einrichtung zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen, insbesondere zum Schweißen, Härten oder Umschmelzen von Nocken- oder Kurbelwellen,

mit einer Elektronenstrahlerzeugereinheit (1), 3 einer Strahlführungskammer (2) mit einem Strahlablenksystem (3), 4 Vakuumventilen (4, 4') und 5 Prozesskammern (5, 5') zur Aufnahme der Werkstücke,

dadurch gekennzeichnet, dass 5.1 das Strahlablenksystem (3) an einer Unterseite einer oberen Abdeckplatte der Strahlführungskammer (2) montiert ist und die Prozesskammern (5, 5') jeweils mit einer Prozessvorkammer (17, 17') jeweils eine Prozesskammereinheit bilden,

wobei die Prozesskammereinheiten unabhängig voneinander und getrennt von EIektronenstrahlerzeugereinheit (1) und Strahlführungskammer (2) evakuierbar und belüftbar sind.

Hieran schließen sich Unteransprüche 2 bis 18 an.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet in gegliederter Fassung:

Einrichtung zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen, insbesondere zum Schweißen, Härten oder Umschmelzen von Nocken- oder Kurbelwellen,

mit einer Elektronenstrahlerzeugereinheit (1), 3 einer Strahlführungskammer (2) mit einem Strahlablenksystem (3), 4 Vakuumventilen (4, 4') und 5 Prozesskammern (5, 5') zur Aufnahme der Werkstücke,

dadurch gekennzeichnet, dass 6 die Prozesskammern (5, 5') jeweils mit einer Prozessvorkammer (17, 17') jeweils eine Prozesskammereinheit bilden, 7 wobei die Prozesskammereinheiten unabhängig voneinander und getrennt von EIektronenstrahlerzeugereinheit (1) und Strahlführungskammer (2) evakuierbar und belüftbar sind und 8 durch Belüftungsvorrichtungen (12, 12‘) der Prozessvorkammern (17, 17') ein gerichteter Belüftungsstrom von der Prozessvorkammer (17, 17') in die mit dieser verbundene Prozesskammer (5, 5') herstellbar ist.

Hieran schließen sich Unteransprüche 2 bis 18 an.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a lautet in gegliederter Fassung:

Einrichtung zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen, insbesondere zum Schweißen, Härten oder Umschmelzen von Nocken- oder Kurbelwellen,

mit einer Elektronenstrahlerzeugereinheit (1), 3 einer Strahlführungskammer (2) mit einem Strahlablenksystem (3), 4 Vakuumventilen (4, 4') und 5 Prozesskammern (5, 5') zur Aufnahme der Werkstücke,

dadurch gekennzeichnet, dass 6 die Prozesskammern (5, 5') jeweils mit einer Prozessvorkammer (17, 17') jeweils eine Prozesskammereinheit bilden, 6.1 die Prozessvorkammern (17, 17') zwischen der Strahlführungskammer (2) und den Prozesskammern (5, 5') angeordnet sind, 7 wobei die Prozesskammereinheiten unabhängig voneinander und getrennt von EIektronenstrahlerzeugereinheit (1) und Strahlführungskammer (2) evakuierbar und belüftbar sind und 8 durch Belüftungsvorrichtungen (12, 12‘) der Prozessvorkammern (17, 17') ein gerichteter Belüftungsstrom von der Prozessvorkammer (17, 17') in die mit dieser verbundene Prozesskammer (5, 5') herstellbar ist.

Hieran schließen sich Unteransprüche 2 bis 18 an.

Wegen des Wortlauts der jeweiligen Unteransprüche 2 bis 18 sowie weiterer Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist insoweit begründet als sie zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents nach Hilfsantrag 2a führt. Hinsichtlich der Hilfsanträge 1 und 2 ist die Beschwerde jedoch unbegründet.

Die Einsprüche sind zulässig.

Nachdem die Patentinhaberin ihren vormaligen Hauptantrag in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen hat, ist der weiterhin sogenannte Hilfsantrag 1 nunmehr der Hauptantrag.

A.

Bei dem Patentgegenstand handelt es sich um eine Einrichtung zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen, insbesondere zum Schweißen, Härten oder Umschmelzen von Nocken- oder Kurbelwellen, mit einer Elektronenstrahlerzeugereinheit, einer Strahlführungskammer mit einem Strahlablenksystem, Vakuumventilen und Prozesskammern zur Aufnahme der Werkstücke.

Zum Stand der Technik wird in der Patentbeschreibung angegeben, dass bei der Behandlungseinrichtung nach der DE 44 22 751 C1 (E1) Verunreinigungen aus dem Elektronenstrahl-Behandlungs-Prozess auf direktem Wege auf den Elektronenauffänger in den Prozesskammern, in der nicht magnetischen, geknickten Führung, in der Ventilbaugruppe auf den Ventilen mit ihren Bewegungselementen (Schlupfbewegung der Dichtelemente, Deformation der Kraftübertragungselemente) und im Elektronenstrahlerzeuger im Bereich der Strahlführung und im Strahlerzeugerraum abgelagert werden könnten (vgl. Abs. [0004]).

Außerdem resultiere aus der besonderen Unzulänglichkeit der Vakuumdichtflächen und Vakuumräume eine nicht unbeachtliche Störanfälligkeit sowie ein verhältnismäßig hoher Wartungs- und Serviceaufwand der Einrichtung. Zudem verursache die Evakuierung aller vorhandenen Vakuumkammern ohne Berücksichtigung funktioneller Verbindungen über getrennte Pumpstände einen beträchtlichen vakuumtechnischen Aufwand (vgl. Abs. [0005]).

Der Erfindung liege daher die Aufgabe zugrunde, eine Einrichtung zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen zu verbessern derart, dass für die Elektronenstrahlbearbeitung von Werkstücken, insbesondere als Massenteile, die das hochenergetische Aufschmelzen von verunreinigten Werkstoffen im Vakuum beinhaltet, eine im wesentlichen ununterbrochene Bearbeitung in leistungsfähiger, servicefreundlicher und wartungsarmer Weise gewährleistet ist (vgl. Abs. [0006]).

Als zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Fachhochschulingenieur der Vertiefungsrichtung Fertigungstechnik oder Absolventen einer Hochschule mit vergleichbarem akademischen Grad an, der seit mehreren Jahren mit der Entwicklung und Konstruktion von Einrichtungen zur Bearbeitung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen betraut ist.

B.

Auslegung des Begriffs Prozessvorkammer Der Patentanspruch selbst definiert die Prozessvorkammer nicht. Laut Beschreibung kann es sich um eine zwischen der Strahlführungskammer und der Prozesskammer angeordnete Kammer mit einer Belüftungseinrichtung handeln, durch die ein gerichteter Teilchenstrom in Richtung der Prozesskammern erzeugt werden kann. Ein entsprechend enges Verständnis ergibt sich aus dem Patentanspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2 jedoch nicht.

Es ist daher von einem allgemeineren Verständnis des Begriffs „Prozessvorkammer“ auszugehen, welches bei der Beurteilung der Patentfähigkeit der nach den Hilfsanträgen 1 und 2 verteidigten Einrichtung zugrunde zu legen ist. Es wird daher davon ausgegangen, dass die nach dem jeweiligen Patentanspruch 1 mit der Prozesskammer eine Kammereinheit bildende Prozessvorkammer ein wie auch immer angeordneter Hohlraum unbestimmter Form und Funktion ist, der gewollt oder ungewollt lediglich zu einer Erweiterung des Volumens der Prozesskammer führt.

Der Einwand der Patentinhaberin, dass diese Interpretation in Bezug auf die Prozessvorkammer falsch sei, da an die Prozesskammern ganz andere Anforderungen gestellt würden, als an die Prozessvorkammern, kann nicht gefolgt werden, da dies weder aus der Beschreibung noch aus den Ansprüchen 1 der jeweiligen Hilfsanträge 1 oder 2 selbst hervorgeht. Ihr Argument, die Prozesskammern des Streitpatents seien jeweils über schnelle Vakuumventile mit Evakuierungseinheiten verbunden, während die Prozessvorkammern über Steuerventile als Teil einer Belüftungseinrichtung mit einer solchen verbunden seien und daher an die jeweilige Kammer unterschiedliche Anforderungen zu stellen seien, muss ins Leere gehen. So sind aufgrund der beanspruchten Einheit, die die Prozessvorkammern mit den jeweiligen Prozesskammern bilden, beide Kammern stets denselben Bedingungen ausgesetzt, weshalb an sie auch dieselben Anforderungen zu stellen sind.

Zum Hilfsantrag 1 Der nach dem Hilfsantrag 1 geltende Patentanspruch 1 ist zulässig, da seine Merkmale aus den erteilten Ansprüchen 1 und 17 hervorgehen.

Die Einrichtung gemäß dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 mag zwar neu und gewerblich anwendbar sein, jedoch beruht sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Den Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bildet die Druckschrift E4. Diese betrifft ebenfalls eine Einrichtung zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen (vgl. S. 36, Kapitel: „Aufgabenstellung“).

Die Einrichtung gemäß der E4 besteht aus einer Elektronenkanone 1, einer Strahlführungskammer 2 mit einem magnetischen Weitwinkel-Ablenksystem 4, Vakuumventilen 5, Arbeitskammern 3 zur Aufnahme der Werkstücke (hier Kolben 6), wobei zwischen der jeweiligen Arbeitskammer 3 und der Strahlführungskammer 2 je eine weitere Kammer (Raum durch den ein Draht der Arbeitskammer zugeführt wird) angeordnet ist, die mit der Arbeitskammer 3 eine Prozesskammereinheit bildet (vgl. Bild 1, S. 37).

Die Prozesskammereinheiten sind dabei unabhängig voneinander und getrennt von EIektronenkanone 1 und Strahlführungskammer 2 evakuierbar und belüftbar. Dies folgt aus der Beschreibung Seite 36 im Kapitel „Das Anlagenprinzip“, wonach die Strahlführungskammer (und auch die Elektronenkanone, vgl. S. 38, re. Sp.) ständig evakuiert ist, während die Arbeitskammern getrennt evakuiert und belüftet werden können.

Hiervon unterscheidet sich die streitige Einrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 allenfalls dadurch, dass das Strahlablenksystem (3) an einer Unterseite einer oberen Abdeckplatte der Strahlführungskammer (2) montiert ist.

Wie aus Bild 1 der E4 ersichtlich, ist das magnetische Weitwinkel-Ablenksystem 4 in unmittelbarer Nähe der oberen Abdeckplatte der Strahlführungskammer 2 angeordnet. Die Befestigung dieses Ablenksystems 4 ist – wie die Patentinhaberin zu Recht einwendet – dem Bild 1 nicht zu entnehmen. Diese konstruktive Einzelheit ist aber nicht dazu angetan, die Patentierbarkeit der Einrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zu begründen. So bestehen nur drei Möglichkeiten der Aufhängung in der Strahlführungskammer, nämlich Decke, Boden oder Seitenwände. Die Wahl des Ortes für die Befestigung des Ablenksystems kann daher nicht als Er- gebnis einer erfinderischen Tätigkeit anerkannt werden. Zumal es, aufgrund der unmittelbaren Nähe des Ablenksystems 4 zur Decke der Strahlführungskammer 2 für den Fachmann naheliegend ist, die Decke auch als Ort der Befestigung auszuwählen, weil damit der geringste konstruktive Aufwand verbunden ist.

Zum Hilfsantrag 2 Auslegung des Merkmals 8 Gemäß Merkmal 8 ist durch Belüftungsvorrichtungen (12, 12‘) der Prozessvorkammern (17, 17') ein gerichteter Belüftungsstrom von der Prozessvorkammer (17, 17') in die mit dieser verbundene Prozesskammer (5, 5') herstellbar. Dies bedeutet, dass die Einrichtung konstruktiv so ausgestaltet sein muss, dass eine Belüftung der Prozesskammern über jeweils zugeordnete Prozessvorkammern möglich ist.

Die Einrichtung gemäß dem Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 mag zwar neu und gewerblich anwendbar sein, jedoch beruht auch sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der Druckschrift E1 ist eine Einrichtung zur Bearbeitung von Werkstücken mit dem Elektronenstrahl bekannt, insbesondere zur thermischen Oberflächenmodifikation (Sp. 1, Z. 3 bis 5). Vorzugsweise dient die Einrichtung zur Behandlung gleichartiger Bauteile in hohen Stückzahlen, wie beispielsweise die Härtung von Nockenwellen (Sp. 1, Z. 6 bis 8). Diese Einrichtung ist ausgestattet mit einer Elektronenkanone 1, einer Vorkammer 4, mit einem Strahlablenksystem 3, Vakuumventilen 6 und Prozesskammern 8 zur Aufnahme der Werkstücke 15. Die Prozesskammern 8 weisen an ihrer Seite jeweils eine mit ihnen verbundene Kammer (das Volumen welches sich zwischen Prozesskammer 8 und den Anschlüssen 11 befindet, vgl. Fig.) auf, mit denen sie eine Prozesskammereinheit bilden. Wobei die Prozesskammereinheiten unabhängig voneinander und getrennt von Elektronenkanone 1 und Vorkammer 4 evakuierbar (Sp. 2, Z. 19 bis 21) und belüft- bar sind (ergibt sich aus der Aufgabe, dass mit mindestens zwei Prozesskammern gearbeitet wird, die wechselweise beschickt werden, vgl. Sp. 1, Z. 65 bis 67).

Die Prozesskammern 8 werden - wie gezeigt - für den Bearbeitungsschritt evakuiert und müssen daher für die Entnahme des bearbeiteten Werkstücks 15 belüftet werden. Aufgrund der Anschlüsse 11, welche zum Evakuieren an die Prozesskammern 8 angesetzt werden (Sp. 2, Z. 57 bis 59), kann auch die Belüftung derselben erfolgen. Dass dabei ein gerichteter Belüftungsstrom von der Prozessvorkammer (das Volumen welches sich zwischen Prozesskammer 8 und den Anschlüssen 11 befindet, vgl. Fig.) in die mit dieser verbundene Prozesskammer 8 herstellbar ist, ergibt sich zwangsläufig.

Die Einlassung der Patentinhaberin, die Vorkammer 4 der E1 sei keine Strahlführungskammer im Sinne des Streitpatents, die bar jeder Strahlführungsmittel auch keine Strahlführung leisten könne, vermag nicht zu überzeugen, denn dieses steht im Widerspruch zum Offenbarungsgehalt der E1. Wie der Fachmann der Figur entnimmt, befindet sich innerhalb der Vorkammer 4 in ihrem oberen Bereich das Ablenksystem 3. Dass das Strahlablenksystem 3 auch fest mit der Strahlführungskammer 2 verbunden sein müsse, findet im Merkmal 3 keine Stütze. Darüber hinaus ist es – unabhängig davon, wie die Kammer, die zwischen Elektronenstrahlerzeuger und Rezipienten angeordnet ist, genannt wird - nicht die Kammer, welche den Elektronenstrahl ablenkt, sondern das Strahlablenksystem. Aufgabe dieser Kammer ist es lediglich, für eine hinreichende Beabstandung des Elektronenstrahlerzeugers von den Rezipienten (Arbeitskammern), in denen der Elektronenstahl auf die Werkstücke trifft, und für ausreichend Raum für die ungestörte Ausbreitung des Elektronenstrahls zu sorgen, um so eine Ablenkung des Elektronenstrahls zu ermöglichen.

Auch der Einwand der Patentinhaberin, die Interpretation der Evakuierungsanschlüsse 11 an den Prozesskammern 8, 8' als Prozessvorkammer mit Belüftungsvorrichtungen, durch die ein gerichteter Belüftungsstrom von der Prozessvorkam- mer in die mit diesen verbundene Prozesskammern herstellbar sei, sei abenteuerlich und abwegig, kann nicht durchgreifen. Wie bereits dargelegt, ist hier unter dem Begriff „Prozessvorkammer“ ein wie auch immer angeordneter Hohlraum unbestimmter Form und Funktion zu verstehen, der gewollt oder ungewollt lediglich zu einer Erweiterung des Volumens der Prozesskammer führt. Des Weiteren muss der gerichtete Belüftungsstrom gemäß Merkmal 8 nur herstellbar sein, was bedeutet, dass die Einrichtung lediglich konstruktiv so ausgestaltet sein muss, dass eine Belüftung der Prozesskammern über jeweils zugeordnete Prozessvorkammern möglich ist. Darüber hinaus ist die weitere Druckschrift E2, Beleg dafür, dass diese Interpretation keineswegs abenteuerlich und abwegig ist. So erkennt der Fachmann in der Figur 1 der E2, dass dort die Prozesskammern 5, 5´ je nach Stellung der Ventile 11, 11´ und 12, 12´ über dieselben Anschlüsse belüftet werden, über die sie auch evakuiert werden.

Zum Hilfsantrag 2a Die Einrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a erweist sich als patentfähig.

Die Einrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a unterscheidet sich von der des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 durch das Merkmal 6.1, wonach die Prozessvorkammern (17, 17') zwischen der Strahlführungskammer (2) und den Prozesskammern (5, 5') angeordnet sind.

Die streitige Einrichtung beruht auf der Überlegung, dass aus der besonderen Unzulänglichkeit der Vakuumdichtflächen und Vakuumräume eine nicht unbeachtliche Störanfälligkeit sowie ein verhältnismäßig hoher Wartungs- und Serviceaufwand der Einrichtung resultiere (vgl. Patentschrift Abs. [0005]).

Zwischen der Strahlführungskammer und den Prozesskammern sind Prozessvorkammern angeordnet, die es gestatten, eine gewünschte Konditionierung der Pro- zesskammern zu bewirken, so dass es möglich ist, eine Ausbreitung von Verunreinigungen aus den Prozesskammern in Richtung der Elektronenstrahlerzeuger praktisch auszuschließen (vgl. Patentschrift Abs. [0010]).

Da die Prozesskammern 5, 5´ mit Prozessvorkammern 17, 17´, die eine Belüftungseinrichtung 12, 12´ aufweisen, kommunizierend verbunden sind, wird während der Belüftung der Prozesskammern 5, 5´ ein gerichteter Luft- und Teilchenstrom in Richtung der Prozesskammern erzeugt, so dass der Verschmutzung der Vakuumventile, der Strahlführungskammer und der Elektronenstrahlerzeugereinheit durch Verdampfungsprodukte oder Materialpartikel aus dem ElektronenstrahlBehandlungs-Prozess in den Prozesskammern entgegengewirkt wird.

Die als Prozessvorkammern interpretierbaren Führungen 10 (Fig., E1) mit einer Belüftungseinrichtung auszustatten, durch die ein gerichteter Belüftungsstrom von der Prozessvorkammer in die mit diesen verbundene Prozesskammern herstellbar wäre, ist in der E1 weder offenbart noch wird dieser Gedanke durch sie nahegelegt.

Dies wird von dem Einsprechenden II offenbar ebenso gesehen, da er der Auffassung ist, dass es keiner Anregung aus dem Stand der Technik bedürfe, da der Fachmann stets mit der Verschmutzungsproblematik bei derartigen Anlagen konfrontiert sei und im Übrigen bei der Belüftung der Prozesskammer es immer zu einem gerichteten Belüftungsstrom komme.

Dem Einsprechenden II ist insoweit zuzustimmen, dass dem mit der Entwicklung von Einrichtungen zur Behandlung von Werkstücken mit Elektronenstrahlen betrauten Fachmann die Verschmutzungsproblematik derartiger Anlagen stets präsent ist. Dennoch hat dieses Wissen - wie der vorliegende Stand der Technik zeigt – nicht zur patentgemäßen Lösung geführt. So vermag der Lösungsansatz dieses Standes der Technik, das Problem der Verschmutzung in den Griff zu be- kommen, dem Fachmann keine Hinweise zu vermitteln, die ihn zum Auffinden der patentgemäßen Einrichtung führen könnten.

Die Prozesskammern der E1 sollen so ausgebildet sein, dass die Rückstreuelektronen erfassbar sind und eine leichte Reinigung der Kammern möglich ist (vgl. Sp. 2, Z. 5 bis 8). Zum Erreichen dieses Ziels ist lediglich vorgeschlagen, in jeder Prozesskammer 8, 8’ über dem gesamten Umfang ein Schutzblech 12 gegen Spritzer und Bedampfung anzuordnen, vor dem im Strahleintrittsbereich ein Elektronenauffänger 13 anzuordnen ist (vgl. Anspruch 1). Einen gerichteten Belüftungsstrom vorzusehen, der in die Prozesskammer in die Richtung strömt, in die der Elektronenstrahl gerichtet ist, ist nicht Teil der vorgeschlagenen Lösung der E1.

Druckschrift E1 legt daher aus sich heraus dem Fachmann die Merkmale der Einrichtung gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a nicht nahe.

Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften zeigen jeweils keine Prozessvorkammern, die zwischen einer Strahlführungskammer und Prozesskammern angeordnet und mit einer Belüftungsvorrichtung ausgestattet sind; zudem gehen sie in ihrem Offenbarungsgehalt nicht über den der E1 hinaus.

Die Einrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2a ist somit einem Fachmann aus dem Stand der Technik nicht nahe gelegt.

Die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 18 können auf der Grundlage des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2a ebenfalls fortbestehen.

III.

Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Höchst v. Zglinitzki Dr. Fritze Fetterroll Bb

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