Paragraphen in 8 W (pat) 39/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 39/08
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2004 036 188 …
BPatG 152 08.05 hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner sowie die Richter Kätker, Dipl.-Ing. Rippel und Dr.-Ing. Dorfschmidt beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen 2. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
Gründe I.
Das Patent 10 2004 036 188 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Düsenkopf für Innensprühgeräte“ ist am 26. Juli 2004 angemeldet worden. Mit Beschluss vom 1. Februar 2006 ist das Patent erteilt und am 8. Juni 2006 ist die Erteilung veröffentlicht worden.
Gegen das Patent hat die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) mit Schriftsatz vom 7. September 2006 Einspruch erhoben und den vollständigen Widerruf beantragt.
Zur Stützung des Einspruchsvorbringens hat sie dabei u.a. auf folgendes Dokument verwiesen:
D1: DE 102 08 237 C1 Mit Beschluss vom 1. April 2008 hat die Patentabteilung 51 des Deutschen Patentund Markenamts daraufhin das Patent widerrufen. Ihrer Auffassung nach beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Patentinhabers vom 20. Mai 2008. Er hat neue Unterlagen nach Haupt- und Hilfsanträgen eingereicht und sieht neben der Neuheit auch die erfinderische Tätigkeit des jeweiligen Gegenstands des Patentanspruchs 1 als gegeben an.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag weist ein gegenüber der erteilten Fassung zusätzliches Merkmal auf (kursiv) und lautet:
Düsenkopf eines Innensprühgerätes mit einem an der Sprühmittelzuführleitung befestigbaren Statorrohr (20) und mit einem an mindestens zwei zueinander beabstandeten Lagerstellen (80, 100) auf dem Statorrohr (20) rotierbar gelagerten, direkt mittels eines Fremdantriebs oder indirekt mittels mindestens eines strömungstechnischen Antriebselements (66; 65) angetriebenen Düsenträger (50),
- wobei der Innenraum (25) des Statorrohres (20) mit dem Innenraum (55) des Düsenträgers (50) kommuniziert,
- wobei die Düsen (66 - 69) den Innenraum (55) des Düsenträgers (50) mit der Umgebung (1) verbinden,
- wobei innerhalb des Düsenkopfs (10) in Zuflussrichtung (5) des Sprühmittels mindestens eine dieser Lagerstellen (100) hinter mindestens einem Antriebselement (66; 65) und/oder hinter mindestens einer Reinigungsdüse (68) des Düsenkopfes (10) liegt,
- wobei der Düsenträger (50) beide Lagerstellen (80, 100) in Richtung der Rotationsachse (11) vollständig übergreift,
- wobei das Statorrohr (20) an seiner der Reinigungsmittelzuführleitung entgegengesetzt liegenden Stirnseite (24) eine Durchlassbohrung (37) aufweist und
- wobei der Düsenträger (50) in Richtung des Befestigungsabschnitts (21) mittels eines ringförmigen Deckels (70) verschlossen ist.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 weist ein gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzliches, an seinem Ende angefügtes Merkmal auf:
- und wobei der Düsenkopf eine gedachte Äquatorebene hat, die zwischen den Lagerstellen liegt.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 weist ein gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 geändertes Merkmal auf, wonach die Worte
„direkt mittels eines Fremdantriebs oder“
gestrichen werden und somit nur noch die indirekte Antriebsvariante umfasst sein soll.
Hinsichtlich der jeweils geltenden Unteransprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der Patentinhaber und Beschwerdeführer beantragt gemäß seiner Eingabe vom 29. Juni 2010, Eingang 1. Juli 2010, sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, im Übrigen gemäß der Patentschrift,
hilfsweise das Patent mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, den Patentansprüchen 2 bis 7 wie erteilt sowie die Patentansprüche 9 bis 11 mit angepasster Nummerierung, im Übrigen gemäß der Patentschrift, weiter hilfsweise das Patent mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, den Patentansprüchen 2 bis 7 wie erteilt sowie die Patentansprüche 9 bis 11 mit angepasster Nummerierung, ein geänderter Absatz [0013], im Übrigen gemäß der Patentschrift,
beschränkt aufrechtzuerhalten.
Ursprünglich hat der Patentinhaber auch die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt (Antrag zu 2. aus der Beschwerdeschrift vom 20. Mai 2008). Dazu hat sein damaliger Vertreter ausgeführt, dass sein Schriftsatz vom 7. April 2008 noch vor dem 15. April 2008 (dem Datum, an dem der angefochtene Beschluss nach den ihm vorliegenden Daten an die Postabfertigungsstelle des Patentamts gegeben worden sein müsse) beim Patentamt eingegangen sei. Damit hätte der Schriftsatz bei der Entscheidung der Patentabteilung berücksichtigt werden müssen. Im angefochtenen Beschluss finde sich jedoch kein Hinweis hierauf. Auf seine Nachfrage nach Eingang und Berücksichtigung des Schriftsatzes habe ihm die Patentabteilung auch keine Auskunft gegeben. Der Rückzahlungsantrag ist nach einem Vertreterwechsel auf Seiten des Patentinhabers bei späteren Antragstellungen nicht mehr wiederholt worden.
Mit Schriftsatz vom 3. April 2014, Eingang 7. April 2014, hat der Patentinhaber den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.
Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schreiben vom 25. April 2014, Eingang 30. April 2014, hat auch sie ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und ebenso eine Entscheidung nach Aktenlage beantragt.
Im Übrigen sieht die Einsprechende die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen gegenüber dem Stand der Technik als nahegelegt an, so dass die erfinderische Tätigkeit nicht gegeben sei.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, in der Sache allerdings nicht begründet, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptund Hilfsanträgen ist nicht patentfähig.
1. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag lautet in gegliederter Form (in Anlehnung an die im Beschluss der Einspruchsabteilung verwandte und von den Parteien daraufhin übernommene Gliederung und damit unter Auslassung des Merkmals 1.f):
1. Düsenkopf eines Innensprühgerätes 1.a mit einem an der Sprühmittelzuführleitung befestigbaren Statorrohr und 1.b mit einem an mindestens zwei zueinander beabstandeten Lagerstellen auf dem Statorrohr rotierbar gelagerten Düsenträger, 1.b.1 wobei der Düsenträger direkt mittels eines Fremdantriebs oder indirekt mittels mindestens eines strömungstechnischen Antriebselements angetriebenen wird, 1.c wobei der Innenraum des Statorrohres mit dem Innenraum des Düsenträgers kommuniziert, 1.d wobei die Düsen den Innenraum des Düsenträgers mit der Umgebung verbinden, 1.e wobei innerhalb des Düsenkopfs in Zuflussrichtung des Sprühmittels mindestens eine dieser Lagerstellen hinter mindestens einem Antriebselement und/oder hinter mindestens einer Reinigungsdüse des Düsenkopfes liegt,
1.g wobei der Düsenträger beide Lagerstellen in Richtung der Rotationsachse vollständig übergreift,
1.h wobei das Statorrohr an seiner der Reinigungsmittelzuführleitung entgegengesetzt liegenden Stirnseite eine Durchlassbohrung aufweist und
1.i wobei der Düsenträger in Richtung des Befestigungsabschnitts mittels eines ringförmigen Deckels verschlossen ist.
Gegenstand des Streitpatents nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist ein Innensprühgerät zur Reinigung der Innenflächen von größeren Behältern (Fässer, Tanks, Container; Streitpatentschrift DE 10 2004 036 188 B4, Absatz [0002]). Das Innensprühgerät umfasst dabei einen Düsenkopf (Merkmal 1) sowie ein mit einer Sprühmittelzuführleitung zu befestigendes Statorrohr (Merkmal 1.a). Ferner weist das Innensprühgerät einen Düsenträger auf, der mittels zweier beabstandeter Lagerstellen auf dem Statorrohr rotierbar gelagert ist (Merkmal 1.b). Der Düsenträger wird dabei entweder direkt mittels eines Fremdantriebs oder indirekt mittels mindestens eines strömungstechnischen Antriebselements angetrieben.
Als Antrieb für den Düsenträger ist somit einerseits ein direkter Antrieb vorgesehen, der gemäß der Beschreibung [0001] und [0002] als Fremdantrieb z.B. in Form eines Elektromotors ausgebildet ist. Demgegenüber wird als indirekter Antrieb ein solcher bezeichnet, der strömungstechnisch durch den Durchfluss des Sprühmittels erfolgt und durch zumindest ein strömungstechnisches Antriebselement erzeugt wird. Als strömungstechnische Antriebselemente werden gemäß Streitpatent „Antriebstaschen (65)“ einer „Turbine (64)“ (Figur 3 sowie dazugehörige Beschreibung) sowie auch Düsen selbst bzw. „Antriebsdüsen 66“ angesehen (u.a. [0067] bis [0069]). Der indirekte Antrieb wird somit in Form eines „Dralls“ bzw. eines „Rückstoßes“ durch das Reinigungsmedium (Sprühmittel) erzeugt.
Da der Innenraum des Statorrohres mit dem Innenraum des Düsenträgers „kommuniziert“ (Merkmal 1.c) und die Düsen den Innenraum des Düsenträgers mit der Umgebung verbinden (Merkmal 1.d), ergibt sich ein (zwingender) Durchfluss der Reinigungsfluides vom Inneren des Statorrohres in die Umgebung und somit ins Innere des zu reinigenden Behälters. Dazu weist das Statorrohr an seiner der Reinigungsmittelzuführleitung entgegengesetzten Stirnseite eine Durchlassbohrung auf (Merkmal 1.h).
Das Merkmal 1.e definiert weiter, dass in Durchflussrichtung mindestens eine der Lagerstellen hinter mindestens einem Antriebselement oder einer Reinigungsdüse liegt. Gleichzeitig soll der Düsenträger die beiden Lagerstellen (in Achsrichtung) vollständig übergreifen (Merkmal 1.g). Als weiteres konstruktives Merkmal (1.i) ist gefordert, dass der Düsenträger in Richtung des Befestigungsabschnitts mittels eines ringförmigen Deckels verschlossen ist. Damit begrenzt der Deckel das in dieser Richtung äußere Lager des rotierbar gelagerten Düsenträgers (s. Figuren).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weist gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein zusätzliches Merkmal 1.j auf:
1.j und wobei der Düsenkopf eine gedachte Äquatorebene hat, die zwischen den Lagerstellen liegt.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 weist gegenüber dem des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 anstatt Merkmal 1.b.1 ein geändertes Merkmal 1.b.2 auf (nur eine Antriebsvariante der "oder"-Kombination):
1.b.2 wobei der Düsenträger indirekt mittels mindestens eines strömungstechnischen Antriebselements angetriebenen wird.
Damit liegt eine weitere Einschränkung des Gegenstands des Streitpatents vor, wonach nun nur noch die indirekte Antriebsvariante umfasst sein soll, nicht mehr hingegen ein motorischer Direktantrieb.
2. Die Änderungen der jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen mögen in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sein, sie sind auch gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu, wie dies auch von der Einsprechenden nicht bestritten wird. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen beruhen jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2.a Zum Hauptantrag und zum Hilfsantrag 1:
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsantrag 1 umfassen jeweils den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2. Nachdem letzterer – wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 2 zeigen – nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sind auch die Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht bestandsfähig.
2.b Zum Hilfsantrag 2:
Als nächstkommende Druckschrift sieht der Senat, ebenso wie die Beteiligten, das Dokument D1 (DE 102 08 237 C1) an. Aus der D1 ist eine Vorrichtung zur Sprühoder Spritz-Innenreinigung von Behältern bekannt (Patentanspruch 1), die gemäß den Figuren einen kugelförmigen Düsenträger (Düsenhalter 1) aufweist (Merkmal 1). Nach Patentanspruch 1 ist ein (feststehendes) Statorrohr (rohrförmiges Gehäuseteil 2a) mit einer Zuführleitung für eine Reinigungsflüssigkeit verbunden (Merkmal 1.a).
Eine Unterscheidung in Bezug auf das Druckniveau bei der Vorrichtung der D1 gegenüber der im Streitpatent ist dabei nicht zu erkennen ("sprühen" im Gegen- satz zu "spritzen"), so dass dem Patentinhaber (z.B. Eingabe vom 7. April 2008 zum DPMA, Seite 5 zu Merkmal a)) insoweit nicht gefolgt wird. Im Streitpatent selbst ist in der Beschreibung [0015] auch von "Spritzen" die Rede, so dass beide Begriffe als Synonyme verwendet werden. Darüber hinaus ist der Druckbereich bei der streitpatentgemäßen Sprühvorrichtung nicht weiter eingegrenzt; in der Aufgabenstellung ist lediglich gesagt, dass der Düsenkopf auch bei hohen Drücken eingesetzt werden kann. Daraus leitet sich lediglich eine grundsätzlich kompakte und robuste Konstruktion der Vorrichtung ab, um bei technisch relevanten hohen Drücken eingesetzt werden zu können.
Der in den Figuren gezeigte rotierbare Düsenträger besitzt in Bezug auf den äußeren feststehenden Lagerträger (2b) zwei zueinander beabstandete Lagerstellen (Düsenhalterlager 6a und 6b; Merkmal 1.b), wobei der Düsenträger indirekt mittels eines strömungstechnischen Antriebselements (Turbine 3) angetrieben wird (Patentanspruch 1 und Figuren). Damit ist neben dem Merkmal 1.b.1 auch das im Hinblick auf den strömungstechnischen Antrieb eingeschränkte Merkmal 1.b.2 (Hilfsantrag 2) bekannt. Selbstverständlich ist der Innenraum des Statorrohrs mit dem Innenraum des Düsenträgers verbunden (Merkmal 1.c), hierzu dienen die Bohrungen in dem äußeren Lagerträger (2b) und in dem Lagerteil (1c) sowie die zentralen Öffnungen am stirnseitigen Ende des rohrförmigen Gehäuseteils und des Lagerteils (1c). Ebenso verbinden die Düsen bestimmungsgemäß den Innenraum des Düsenträgers mit der Umgebung (Merkmal 1.d).
Das Merkmal 1.e ist in seinen beiden Varianten aus der D1 ebenfalls bekannt, da mindestens eine Lagerstelle sowohl hinter dem Antriebselement (Turbine 3) als auch hinter einer der Reinigungsdüsen (zweite Düse 1b) angeordnet ist (Figuren 1 und 2). Da beide entsprechenden Lagerstellen der D1 von dem Düsenträger vollumfänglich umschlossen und damit "übergriffen" sind, ist auch das Merkmal 1.g umfasst. Das rohrförmige Gehäuseteil (Statorrohr) weist auf seiner der Reinigungsmittelzuführleitung entgegengesetzt liegenden Stirnseite eine Durchlassbohrung auf, die gemäß den Figuren durch eine Öffnung gekennzeichnet ist, deren innerer Rand durch eine Innenverzahnung gebildet wird (zweites innenverzahntes Außenrad 2d) und auf der das Planetenrad (5) abrollt (Merkmal 1.h). Durch diese Öffnung tritt Reinigungsmittel in den unteren Bereich des Düsenträgers ein, wie gleichfalls durch die seitlichen Bohrungen in dem äußeren Lagerträger (2b) und dem Lagerteil (1c).
Darüber hinaus ist auch das Merkmal 1.j aus der D1 als bekannt zu entnehmen. In der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels – mit Bezug auf die Figur 1 – ist in Absatz [0020] hinsichtlich der Lagerung des Düsenträgers auf bzw. an dem Statorrohr formuliert, dass „über diese beiden Lagerstellen 6a, 6b…der Düsenhalter 1 drehbeweglich auf dem Gehäuse 2 gelagert und geführt“ wird, „wobei das erste Düsenhalterlager 6a dem oberen Bereich des Düsenhalters 1…und das zweite Düsenhalterlager 6b dem unteren Bereich des Düsenhalters 1 in Gestalt eines Lagerteils 1c zugeordnet sind“. Da zu Beginn des Absatzes der Düsenhalter 1 als „Hohlkugel“ definiert ist und die beiden Lager einerseits dem oberen, andererseits dem unteren Bereich des hohlkugelförmigen Düsenhalters zugeordnet sind, liegen beide Lagerstellen nach dieser Beschreibung somit einerseits oberhalb, andererseits unterhalb der Äquatorialebene, die durch die Umfangs-Verbindungslinie des ersten und zweiten Düsenhalterteils (1.1 und 1.2) gekennzeichnet ist („Meridianebene“). Dass die Zeichnung in der Figur 1 gegenüber der schriftlichen Offenbarung auch das zweite, untere Lager (6b) im oberen Bereich und damit beide Lagerstellen oberhalb der Äquatorialebene des Düsenhalters zeigt, erscheint widersprüchlich gegenüber der Beschreibung; offenbart sind jedoch insofern beide Alternativen.
Somit sind alle Merkmale 1 bis 1.h - unter Einbeziehung von 1.b.2 - sowie 1.j aus der D1 bekannt. In der D1 nicht offenbart ist lediglich das Merkmal 1.i, wonach der Düsenträger in Richtung des Befestigungsabschnitts mittels eines ringförmigen Deckels befestigt ist.
Die Figuren 1 und 2 stellen vereinfachte Zeichnungen dar, die zwar im Wesentlichen alle wichtigen Elemente einer derartigen Vorrichtung zur Innenreinigung von Behältern zeigen und deren prinzipielle Funktionsweisen verdeutlichen. In den Figuren sind jedoch beispielsweise die Lager lediglich symbolisch – „skizziert“ – dargestellt, indem für alle Lager als Darstellung jeweils nur ein „Kreis“ dient und zumindest die sonst üblichen Lagerschalen nicht gezeichnet sind. Für den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Machinenbau mit mehreren Jahren Berufserfahrung im Bereich der konstruktiven Gestaltung von Spüh- und Spritzvorrichtungen, insbesondere im Bereich von Reinigungsanlagen, reicht diese prinzipielle Darstellung jedoch völlig aus, da er die Auslegung der Lager (z.B. kombinierte oder getrennte Radial-/Axiallager, Lagertyp) sowie deren Anbindung an das Gehäuse und den Düsenhalter beanspruchungskonform entsprechend den jeweiligen Anforderungen vornimmt. Der Fachmann, der stets auch eine wirtschaftliche Konstruktion im Blick hat und somit bekannte, standardmäßige LagerLösungen bevorzugt, wählt dabei die Lageranbindung, wie er sie bei entsprechenden Getriebevorrichtungen kennt. Diese sehen regelmäßig zum Befestigen eines Festlagers einer Fest-Los-Lagerung oder zum Anstellen einer Stützlagerung zumindest an einem Lager eines Lagerpaares einen Deckel vor, über den der (eine) Lagerring entweder fixiert oder entsprechend angestellt werden kann.
Jedenfalls ist die Darstellung der Lager nicht bewusst ohne Lagerschalen oder sogar ohne Lagerkäfig erfolgt, wie der Patentinhaber gemeint hat (Einspruchserwiderung vom 26. April 2007 auf Seite 3 oben), ebenso wird der Fachmann keine X-Anordnung der Lager ("Schräglager") mit einem Anstellwinkel von 45° vornehmen (Anlage 1 der Einspruchserwiderung), dazu besteht seitens der Belastungsgeometrie keine (zwingende) Veranlassung. Die axiale und radiale Begrenzungsflächen der Lagersymbole sollen lediglich beanspruchungskonform eine axiale und radiale Lagerung offenbaren, wie sie beispielsweise prinzipiell bereits mit Kugellagern oder auch mit getrenntem Axial- und Radiallager (jeweils ohne Schrägstellung) realisiert werden könnte.
Eine derartige Lösung, das Lager über einen Deckel zugänglich und nach außen abgeschlossen auszuführen und mit dem Deckel den Lagerring - insbesondere bei der von dem Patentinhaber unterstellten Schräglagerung - anzustellen (vorzuspannen), ist eine übliche, sogar standardmäßige Lösung solcher Lageranordnungen. Das Vorsehen eines Deckels beim Lager des Düsenträgers in Richtung des Befestigungsabschnitts gemäß Streitpatent ist somit eine dem Fachmann bekannte und geläufige Ausgestaltung, die für ihn nahegelegen hat. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist somit nicht bestandsfähig.
3. Nach Wegfall des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen sind aufgrund des Antragsprinzips auch die weiteren Patentansprüche nicht gewährbar.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
4. Die Beschwerdegebühr wird aus Gründen der Billigkeit zurückgezahlt (§ 80 Abs. 3 PatG). Zwar ist der dahingehende Antrag des Patentinhabers aus der Beschwerdeschrift inzwischen nicht mehr (zumindest ausdrücklich) aufrechterhalten worden, über die Rückzahlung ist jedoch von Amts wegen zu entscheiden (vgl. Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 80, Rdn. 88). Die Billigkeit ergibt sich aus der fehlerhaften Sachbehandlung durch das Patentamt, die auch für die Erhebung der Beschwerde ursächlich war, zumindest ursächlich gewesen sein konnte.
Die Patentabteilung hat bei Abgabe ihres vom 1. April 2008 datierenden Widerrufsbeschlusses an die Postabfertigungsstelle (am 15.04.08, vgl. Bl. 108 der Einspruchsakte des Patentamts) den zwischenzeitlich am 9. April 2008 (Perforationsstempel, Bl. 126) eingegangenen Schriftsatz des Patentinhabers vom 7. April 2008 nicht zur Kenntnis genommen und berücksichtigt, worin ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs zu sehen ist.
Aus der Einspruchsakte des Patentamts ergibt sich, dass der o.g. Schriftsatz der Patentabteilung nicht mehr rechtzeitig zur Kenntnis gebracht und von ihr berücksichtigt werden konnte. Hierfür spricht zunächst die Aktenfolierung. Der fragliche Schriftsatz des Patentinhabers vom 9. April 2008 ist direkt hinter dem Original und dem Aktenexemplar der Reinschrift des Widerrufsbeschlusses und zugleich direkt vor dem Empfangsbekenntniss der Vertreter des Patentinhabers über den Empfang des angefochtenen Beschlusses einfoliert worden, was dafür spricht, dass er (erst) in der Zeit zwischen Absendung und Zustellung des Beschlusses zur Akte gelangt ist. Hierzu passt auch der Vermerk „Wurde mir erst heute vorgelegt“ einer Bediensteten des Patentamts, der mit Datum vom 17. April 2008 auf dem am 9. April 2008 eingegangenen Schriftsatz angebracht worden ist (vgl. Bl. 126 d.A.).
Zudem ist der Schriftsatz der Einsprechenden als Verfahrensgegnerin weder vor Erlass bzw. vor Absendung des angefochtenen Beschlusses noch wenigstens zugleich mit dem angefochtenen Beschluss, sondern erst mit Bescheid vom 19.05.2008 (also gegen Ende der Beschwerdefrist) zur Kenntnisnahme übersandt worden. Des Weiteren fällt auf, dass die Patentabteilung in dem Teil des angefochtenen Beschlusses, in dem sie auf die Argumentation des unterliegenden Patentinhabers eingeht, zwar seine Einspruchserwiderung vom 26. April 2007 unter Angabe mehrerer Detaildaten (Schriftsatzdatum, Eingangsdatum, Seiten der in Bezug genommenen Stellen) genannt hat, der fragliche Schriftsatz vom 7. April 2008 wird darin aber kein einziges Mal erwähnt, obwohl er sich über 14 Seiten mit der Bedeutung der Druckschrift DE 102 08 237 C1 für die Patentfähigkeit befasst, auf die auch die Patentabteilung entscheidungserheblich abgestellt hat.
Nach alledem geht der Senat davon aus, dass der fragliche Schriftsatz vom 7. April 2008 in der Zeit zwischen seinem Eingang (9. April 2008) und dem Eintritt der Bindungswirkung des Beschlusses durch Abgabe zur Postabfertigungsstelle (15. April 2008) der Patentabteilung nicht rechtzeitig zur Kenntnis gebracht und damit von ihr nicht mehr berücksichtigt werden konnte.
Damit liegt ein erheblicher Verfahrensfehler des Patentamts vor. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG) folgt, dass Vorbringen eines Beteiligten bei der Entscheidung zur Kenntnis genommen und berücksichtigt werden muss (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., Einl., Rdn. 249, 264). Dies ist zu Lasten des Patentinhabers nicht geschehen, worin ein wesentlicher Verfahrensverstoß liegt, der zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr führen kann (vgl. Schulte, a.a.O., Einl., Rdn. 287, Ziff. 8, 21 m.w.N.).
Dieser Verfahrensfehler ist auch kausal für die Einlegung der Beschwerde und damit für die Notwendigkeit der Zahlung der Beschwerdegebühr. Denn aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers (vgl. Schulte, a.a.O., § 73, Rdn. 139) ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre. In ihrem unberücksichtigt gebliebenen Schriftsatz vom 7. April 2008 hat sich die Patentinhaberin auf insgesamt 14 Seiten intensiv zum Offenbarungsgehalt der von den Beteiligten bis dahin als „D5“ bezeichneten Druckschrift DE 102 08 237 C1 geäußert. Auf diese Druckschrift hat sich aber die Patentabteilung bei der Verneinung der erfinderischen Tätigkeit maßgebend gestützt (im Beschluss als „D1“ bezeichnet). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Patentabteilung in Kenntnis des fraglichen Schriftsatzes zu einer anderen Auffassung gelangt wäre und die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Der Verfahrensverstoß war damit kausal für die Einlegung der Beschwerde und die Notwendigkeit der Zahlung der Beschwerdegebühr.
Damit ist die Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Gründen der Billigkeit gerechtfertigt.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Zehendner Kätker Rippel Dr. Dortschmidt Hu
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