Paragraphen in 6 W (pat) 62/09
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 62/09 Verkündet am 27. November 2012
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2005 035 837.3 …
hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Dr. Kortbein, Dipl.-Ing. Hildebrandt und Dipl.-Ing. Richter beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Juli 2009 aufgehoben und das Patent 10 2005 035 837 erteilt.
Bezeichnung: Wälzlagerung Anmeldetag:
30. Juli 2005 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde: Patentansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2012, Beschreibung, Seiten 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2012.
Gründe I.
Die Patentanmeldung ist am 30. Juli 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 10 2005 035 837.3 erfolgt.
In der Anhörung vom 21. Juli 2009 hat die Prüfungsstelle für Klasse F 16 C die Zurückweisung der Anmeldung beschlossen, da eine Wälzlagerung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 in der Fassung vom 30. Juli 2005 nicht patentfähig sei. In der Begründung hierzu wird ausgeführt, dass dem Fachmann der beanspruchte Anmeldungsgegenstand ausgehend von der DE 100 80 396 T1 und in Kenntnis der DE 198 49 681 C1 i. V. m. dem Fachwissen nahegelegt sei.
Im Prüfungsverfahren sind dabei insgesamt folgende Druckschriften herangezogen worden:
D1: DE 102 16 492 A1 (von Anmelderin genannt) D2: DE 10 2004 037 074 B3 (nachveröffentlicht) D3: DE 10 2004 037 067 B3 (nachveröffentlicht) D4: DE 698 08 916 T2 D5: DE 600 03 553 T2 D6: DE 198 49 681 C1 D7: DE 102 09 264 B4 D8: EP 08 96 068 A1 D9: DE 100 80 396 T5 D10: GB 15 90 113 A D11: US 64 75 309 B1 D12: JP 11 10 6824 A (Abstract).
Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die am 21. August 2009 eingegangene Beschwerde der Anmelderin. Die Beschwerdeführerin legt in der mündlichen Verhandlung neue Ansprüche vor, deren Gegenstände durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt seien.
Der Vertreter der Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss vom 21. Juli 2009 aufzuheben und das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüchen 1 bis 5 und der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung eingereichten Beschreibung Seiten 1 bis 4 zu erteilen.
Der geltende Anspruch 1 lautet:
„Wälzlagerung einer zum Antrieb durch einen Hauptantrieb eines Fahrzeugs vorgesehenen Welle eines Nebenaggregats des Fahrzeugs mit wenigstens einer Laufbahnoberfläche für Wälzkörper der Wälzlagerung, wobei die Welle des Nebenaggregats über eine Kette oder einen Riemen mit dem Hauptantrieb gekoppelt ist, wobei wenigstens eine Schicht unmittelbar unter der Laufbahnoberfläche mit einem bainitischen Gefüge ausgebildet ist und wenigstens in der Schicht ein Restaustenitgehalt kleiner in etwa 3% ist, wobei die Schicht von der Laufbahnoberfläche ausgehend wenigstens eine Tiefe von größer in etwa 100 µm aufweist, und wobei die Schicht mit Druckeigenspannungen ausgebildet ist, die Druckeigenspannungen größer in etwa 50 MPa und kleiner in etwa 250 MPa sind.“
Zu den Unteransprüchen 2 bis 5 sowie hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist auch insoweit erfolgreich, als sie zur Erteilung eines Patents im beantragten Umfang führt.
2. Die geltenden Unterlagen sind zulässig. Die geltenden Ansprüche wurden auf Grundlage der ursprünglich eingereichten Ansprüche gebildet. So wurden zur Bildung des geltenden Anspruchs 1 die ursprünglichen Ansprüche 1 bis 5, 8 und 9 zusammengefasst; bei den verbleibenden Ansprüchen wurden lediglich die Nummerierungen und die Rückbezüge angepasst. Die Änderungen in der Beschreibung betreffen Anpassungen an die geltende Anspruchsfassung sowie die Richtigstellung der anmelderseits zitierten D1 = DE 102 14 492 A1.
3. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist patentfähig. Die Anmeldung betrifft die Wälzlagerung einer Welle eines Nebenaggregats eines Fahrzeugs, die über eine Kette oder einen Riemen durch den Hauptantrieb des Fahrzeugs angetrieben wird, wobei die Wälzlagerung wenigstens eine Schicht mit einem bainitischen Gefüge unterhalb einer Laufbahnoberfläche für Wälzkörper mit den anspruchsgemäßen Eigenschaften aufweist. Ein solcher Gegenstand ist gegenüber dem Stand der Technik bereits deshalb neu, da aus keiner der entgegengehaltenen Druckschriften die konkrete Wälzlagerung einer Welle für ein Nebenaggregat eines Fahrzeugs in Verbindung mit einer Laufbahnoberfläche mit einem bainitischen Gefüge hervorgeht. Er ist in seiner beanspruchten Ausgestaltung auch wie nachfolgend dargelegt nicht durch den Stand der Technik nahegelegt. Als Fachmann wird im vorliegenden Fall ein Diplomingenieur (FH) Maschinenbau mit Kenntnissen der Werkstofftechnik sowie mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Fertigung von Wälzlagern angesehen. Ausgehend von zunehmenden Problemen bei den anspruchsgemäßen Wälzlagerungen, die zu einer vorzeitigen Schädigung der Wälzlagerung führen (siehe Abs. 2 der OS) besteht gemäß Absatz 3 der Offenlegungsschrift die Aufgabe darin, für den beanspruchten Anwendungsfall eine Wälzlagerung zu schaffen, die eine einfache und damit kostengünstige Herstellbarkeit, eine hohe Belastbarkeit und eine lange Lebensdauer miteinander vereint. Eine anspruchsgemäß eingesetzte Wälzlagerung wird in der D9 = DE 100 80 396 T1 beschrieben. Die D9 beschäftigt sich dabei mit Wälzlagern, die großen Lasten und starken Vibrationen unterliegen, beispielsweise Wälzlager zum Einsatz in Nebeneinheiten und Motorzusatzgeräten wie Lichtmaschinen, Nebeneinheiten, zwischengeschalteten Riemenscheiben etc. von Kraftfahrzeugen (vgl. S. 1, 1. Absatz sowie S. 32, letzter Abs.). Die der D9 zugrundeliegende Aufgabe besteht darin, ein Wälzelement, d. h. hier einen Wälzkörper, mit einer verbesserten Beständigkeit gegenüber Wälzkontaktermüdung unter Aufrechterhaltung der Härte zu schaffen (vgl. S. 5, 2. Abs.). Die D9 ist somit speziell auf die Verbesserung der Wälzkörper und nicht der Laufbahnoberflächen bzw. Wälzringe ausgerichtet; vielmehr führt die D9 weg von der anmeldungsgemäßen Lösung, da als Verbesserungsmaßnahmen für die Wälzringe hochreine Ausgangsmaterialien und eine gewöhnliche Wärmebehandlung vorgeschlagen bzw. als ausreichend angesehen werden (vgl. Brückenabsatz S. 1 zu S. 2 sowie S. 19, 3. Abs.). Zur Steigerung der Lebensdauer, auf die sich insbesondere auch die dynamische Belastung auswirkt, ist allerdings aus der D11 ein Wälzlagerring („steel roller bearing ring“) mit einer Laufbahnoberfläche bekannt, der ein bainitisches Gefüge aufweist (vgl. insb. Anspruch 1). Dieser Laufring zeichnet sich durch eine verringerte Wälzkontaktermüdung („rolling contact fatigue“) und verbesserte Zähigkeit („toughness“) aus (vgl. Sp. 1, Z. 29 bis 31). Auf Grund dieser Eigenschaften und der kostengünstigen Herstellbarkeit (s. Sp. 1, Z. 21 bis 28) ist der Fachmann bei der vorliegenden Aufgabenstellung veranlasst und es ist ihm auch nahegelegt, bei dem anspruchsgemäßen Last- bzw. Anwendungsfall mit hohen Lasten und dynamischer Belastung eine Wälzlagerung mit einem Wälzlagerring vorzusehen, der ein bainitisches Gefüge aufweist. Weitere Anregungen oder Hinweise auf die zusätzlichen anspruchsgemäßen Ausgestaltungsmerkmale im Hinblick auf anmeldungsgemäße Anwendung finden sich allerdings weder in der D11 noch dem weiteren Stand der Technik: So weist die D10 = GB 1 590 113 A zwar ebenfalls auf die im Hinblick auf die Lebensdauer vorteilhaften Eigenschaften von bainitisch gehärteten Laufbahnen („raceways“) für Wälzlager hin, führt aber auch aus, dass ein vollständig umgewandeltes Bainitgefüge auf Grund der hieraus resultierenden geringeren Härte für bestimmte Anwendungsfälle nachteilig ist (s. S. 2, Z. 9 bis 18). Somit dürfte der Fachmann bei den hier vorliegenden hohen Lasten von einer Schicht mit einem nahezu vollständigen bainitischen Gefüge mit einem Restaustenitgehalt von weniger als etwa 3 % eher abgehalten werden. Die anmelderseits genannte D1 = DE 102 16 492 A1 hat die Verbesserung der Werkstoffeigenschaften von Wälzlagerbauteilen zum Ziel, die wie im anmeldungsgemäßen Fall eine höhere Lebensdauer aufweisen und erhöhte Belastungen aufnehmen sollen (vgl. Abs. 4). Dazu wird eine Kombination von Wärmebehandlung, die auch eine bainitische Härtung umfassen kann, und weiteren mechanischen Bearbeitungsschritten vorgeschlagen, um bestimmte Spannungszustände bzw. Druckeigenspannungen zu erzeugen, die eine Rissbildung oder Rissfortpflanzung ver- oder zumindest behindern sollen. Dabei liegen die in den Figuren 1 und 2 konkret dargestellten Druckeigenspannungen zumindest im Bereich nahe der Oberfläche außerhalb des anspruchsgemäßen Wertebereichs von 50 MPa bis 250 MPa, wobei gemäß Anspruch 1 die Schicht unmittelbar unter der Laufbahnoberfläche ausgebildet und von dieser ausgehend wenigstens bis in eine Tiefe von in etwa 100 µm festgelegt ist. Damit geht aus der D1 weder die anspruchsgemäße Spannungsverteilung hervor, noch sind Hinweise dahingehend entnehmbar, die Spannungsgrößen im Hinblick auf die vorliegende Verwendung in der konkret beanspruchten Art und Weise auszugestalten. Somit behandeln die beiden letztgenannten Druckschriften zwar grundsätzlich bekannte Ausgestaltungen bzw. (Einzel-)Maßnahmen zur Steigerung der Lebensdauer von Wälzlagerungen, liefern aber wie zuvor dargelegt keine konkrete Anregung dahingehend, diese bei der anmeldungsgemäßen Verwendung vorzusehen, und noch weniger dahingehend, diese so miteinander bzw. mit der D11 und/oder D9 zu kombinieren, um zum Anmeldungsgegenstand mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 zu gelangen. Beides käme nach Auffassung des Senats einer unzulässigen ex-post-Betrachtung in Kenntnis der Erfindung gleich. Der Senat hat sich abschließend noch davon überzeugt, dass auch der weitere im Verfahren befindliche Stand der Technik dem Anmeldungsgegenstand nicht näher kommt und damit dessen Patentierbarkeit ebenfalls nicht im Wege steht. Damit ist die zweifellos gewerblich anwendbare Wälzlagerung nach Anspruch 1 nicht nur neu, sondern sie beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der geltende Patentanspruch 1 ist daher gewährbar.
4. Mit dem gewährbaren Anspruch 1 sind auch die auf vorteilhafte Ausgestaltungen ausgerichteten Unteransprüche 2 bis 5 gewährbar.
Dr. Lischke Dr. Kortbein Hildebrandt Richter Cl
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