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5 StR 439/14

BUNDESGERICHTSHOF StR 439/14 BESCHLUSS vom 21. Oktober 2014 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Oktober 2014 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 13. Mai 2014 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben. Ausgenommen sind die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen; insoweit wird die weitergehende Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG), des Besitzes von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG) sowie des unerlaubten Besitzes einer Waffe (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG) freigesprochen. Es hat jedoch seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist im Wesentlichen begründet.

1. Der Freispruch des Angeklagten und die Anordnung seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus haben keinen Bestand, da die Voraussetzungen der §§ 20, 21, 63 StGB im angefochtenen Urteil nicht hinlänglich dargelegt sind.

a) Die Überzeugung von der verminderten Schuldfähigkeit als Voraussetzung für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kann regelmäßig nicht – wie in dem angefochtenen Urteil geschehen – auf die (sicher) „erheblich verminderte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit“ (UA S. 14, 28) gestützt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 3 StR 535/94, BGHR StGB § 21 Einsichtsfähigkeit 6; Beschlüsse vom 27. Oktober 2010 – 2 StR 505/10, NStZ 2011, 336 und vom 5. August 2014 – 3 StR 271/14).

Abgesehen davon ist ein die Schuldfähigkeit des Angeklagten im Tatzeitpunkt zumindest erheblich vermindernder Zustand im Sinne der §§ 20, 21 StGB auch tatsächlich nicht hinreichend belegt. Nach den im Urteil wiedergegebenen Ausführungen des vom Landgericht hinzugezogenen psychiatrischen Sachverständigen leidet der Angeklagte zum einen an einer drogeninduzierten Psychose und zum anderen als Grunderkrankung an einer paranoidhalluzinatorischen Psychose. Die Grunderkrankung führe zu einer schweren Persönlichkeitsstörung, die nicht nur Einfluss auf Handlungsabläufe des Angeklagten habe, sondern bereits in dessen Entscheidungsfindung eingreife. „In akuten Phasen“ müsse davon ausgegangen werden, „dass die Fähigkeit des Angeklagten das Unrecht seines Handelns zu erkennen und auch danach zu handeln zumindest erheblich vermindert, wenn nicht sogar ausgeschlossen sei“ (UA S. 26). Dass bei dem Angeklagten im Zeitpunkt der Taten am 9. Juni 2012 eine solche akute Krankheitsphase bestand, ist jedoch nicht dargelegt. Zwar wurde der Angeklagte vom 21. bis zum 25. Juni 2012 mit der Diagnose einer „akut polymorphen psychotischen Episode und einer drogeninduzierten Psychose“ in einer psychiatrischen Klinik behandelt. Angesichts des dargestellten Zeitablaufs zwischen den Taten und dem Behandlungszeitraum kann indes die Beurteilung des Sachverständigen nicht nachvollzogen werden, die Taten seien der Behandlung „zeitlich unmittelbar vorgelagert“ gewesen (UA S. 26). Weder aus den Taten selbst noch aus dem Nachtatgeschehen lässt sich schließen,

dass der Angeklagte sich dabei in einem akut psychotischen Zustand befand. Vielmehr ließ sich der Angeklagte, der in einem Lokal beim Handel mit Amphetaminen aufgefallen war, von einem „Türsteher“ durchsuchen und verhielt sich dabei ruhig (UA S. 21). Dem Urteil sind auch keinerlei Hinweise zu entnehmen, dass der Angeklagte bei dem anschließenden Polizeieinsatz und bei seiner vorläufigen Festnahme Verhaltensauffälligkeiten gezeigt hätte, die auf einen akut psychotischen Zustand schließen lassen könnten.

b) Darüber hinaus begegnet auch die Gefährlichkeitsprognose durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Eine Unterbringung nach § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass der Täter infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird und deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Zwar ist das im Höchstmaß mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bedrohte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) bereits der mittleren Kriminalität zuzurechnen (hinsichtlich der Bedeutung der angedrohten Höchststrafe vgl. BVerfG – Kammer –, RuP 2014, 31, 32); ob es den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen, hängt indes von den Umständen ab. Jedenfalls ist die nicht näher konkretisierte Gefahr weiterer „Drogendelikte“ nicht geeignet, die Unterbringung nach § 63 StGB zu tragen.

Soweit das Landgericht im Anschluss an den Sachverständigen daneben auch mit „sexuellen Übergriffen“ des am 16. September 2011 rechtskräftig wegen schwerer Vergewaltigung zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Angeklagten und mit „Drogen- und Gewaltdelikten mit gefährlichen Gegenständen“ (UA S. 30) rechnet, sind diese Gefahren nicht ausreichend belegt. In seinem Urteil vom 16. September 2011 ist das Landgericht Hamburg nicht von einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen. Die zum Beleg der Gefahr weiterer Gewaltdelikte herangezogene Feststellung, der Angeklagte habe im März 2013 seinen Vater mit einem Messer bedroht und im Flur seines Elternhauses Feuerwerkskörper gezündet, wird nicht näher konkretisiert und ist im Rahmen der Beweiswürdigung nicht belegt. Dieser Vorfall, der unter Umständen eine Unterbringung nach § 63 StGB rechtfertigen könnte, ist im Übrigen – soweit aus dem angefochtenen Urteil ersichtlich – nicht zum Anlass für die Einleitung eines Straf- oder Sicherungsverfahrens genommen worden, sondern hat lediglich zu einer einmonatigen Unterbringung nach landesrechtlichen Vorschriften geführt.

2. Die Rechtsfehler zwingen zur Aufhebung des Urteils; durch den Umstand, dass allein der Angeklagte Revision eingelegt hatte, war der Senat nicht gehindert, auch den Freispruch aufzuheben (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO). Frei von Rechtsfehlern sind allerdings die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen (Abschnitt II Nr. 1 bis 3 der Urteilsgründe); diese können demgemäß aufrecht erhalten bleiben.

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Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
4 63 StGB
3 29 BtMG
2 20 StGB
2 21 StGB
2 349 StPO
1 358 StPO
1 52 WaffG

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