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AnwZ (Brfg) 46/17

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AnwZ (Brfg) 46/17 vom

20. November 2017 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ECLI:DE:BGH:2017:201117BANWZ.BRFG.46.17.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, die Richter Dr. Bünger und Dr. Remmert sowie die Rechtsanwälte Dr. Braeuer und Dr. Lauer am 20. November 2017 beschlossen:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm am 8. August 2017 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs in der Freien und Hansestadt Hamburg wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit dem 24. August 1994 zur Rechtsanwaltschaft in H. zugelassen.

Mit Strafbefehl vom 11. Dezember 2007 in Verbindung mit Beschluss vom 8. Mai 2008 verurteilte das Amtsgericht H.

den Kläger wegen Veruntreuung von Mandantengeldern zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 45 €. Aufgrund desselben Sachverhaltes wurde er vom H.

Anwaltsgericht mit Urteil vom 24. Februar 2009 zu einem Verweis und einer Geldbuße in Höhe von 3.500 € verurteilt.

Mit Beschluss vom 29. Dezember 2015 eröffnete das Amtsgericht H. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Der Insolvenzverwalter gab mit Schreiben vom 7. Januar 2016 die selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt frei und erklärte gemäß § 35 Abs. 2 InsO, dass das Vermögen des Klägers aus einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden können.

Mit Bescheid vom 15. März 2016 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies sie mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 zurück. Die gegen den Widerrufsbescheid in Form des Widerspruchsbescheids gerichtete Klage des Klägers hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulas- sungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN). Daran fehlt es.

1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der Rechtsprechung des Senats allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; vom 9. Juni 2015 - AnwZ (Brfg) 16/15, juris Rn. 7 und vom 29. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 53/16, NJW 2017, 1181 Rn. 4; jeweils mwN).

2. Der Kläger hat sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2016 in Vermögensverfall befunden. Über sein Vermögen ist durch Beschluss des Amtsgerichts H.

vom 29. Dezember das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dies hat zur Folge, dass der Eintritt des Vermögensverfalls gesetzlich vermutet wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Hs. 2 BRAO).

Nach der Senatsrechtsprechung ist die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls im Fall eines Insolvenzverfahrens erst dann widerlegt beziehungsweise können die Vermögensverhältnisse wieder als geordnet angesehen werden, wenn dem Schuldner entweder - nach der bis zum 30. Juni 2014 geltenden Rechtslage - am Ende des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Insolvenzgerichts die Restschuldbefreiung angekündigt wurde (§ 291 InsO a.F.) oder ein vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan (§ 248 InsO) oder angenommener Schuldenbereinigungsplan (§ 308 InsO) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Dezember 2016, aaO Rn. 6; vom 9. Juni 2015, aaO Rn. 9; vom 18. Januar 2014 - AnwZ (Brfg) 53/13, juris Rn. 8; vom 9. Juli 2013 - AnwZ (Brfg) 20/13, juris Rn. 5; vom 23. Juni 2012 - AnwZ (Brfg) 23/12, juris Rn. 3 und vom 7. Dezember 2004 - AnwZ (B) 40/04, juris Rn. 10 ff.; jeweils mwN). Dagegen ist mit dem - auch vorliegend erfolgten Beschluss gemäß § 287a InsO n.F., mit dem das Insolvenzgericht bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss feststellt, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt, wenn er den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach den §§ 290, 297 bis 298 InsO nicht vorliegen, die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls nicht widerlegt (Senat, Beschluss vom 29. Dezember 2016, aaO Rn. 9 ff.).

Die vorgenannten Voraussetzungen für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des Vermögensverfalls sind vorliegend nicht gegeben. Ob darüber hinaus - wie der Senat bisher offen gelassen hat (Beschluss vom 29. Dezember 2016, aaO Rn. 12) - allein bei Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 InsO) wieder von hinreichend geordneten Vermögensverhältnissen des Rechtsanwalts ausgegangen werden kann, bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers dauert an.

3. Soweit der Kläger geltend macht, dass es einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden ermangele, ist der Anwaltsgerichtshof dieser Auffassung mit zutreffender Begründung entgegengetreten. Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kann sie nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 16. März 2015 - AnwZ (Brfg) 47/14, juris Rn. 5; vom 2. Oktober 2014 - AnwZ (Brfg) 30/14, juris Rn. 7 und vom 15. März 2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, juris Rn. 9). Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. März 2015, aaO; vom 2. Oktober 2014, aaO; vom 4. April 2012 - AnwZ (Brfg) 62/11, juris Rn. 6 und vom 5. September 2012 - AnwZ (Brfg) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche Ausnahmesituation ist hier nicht gegeben.

a) Der Kläger ist nach wie vor als Einzelanwalt tätig. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind - wie der Senat in ständiger Rechtsprechung annimmt (Beschlüsse vom 16. März 2016, aaO Rn. 6; vom 18. Januar 2014, aaO Rn. 6 und vom 15. März 2012, aaO Rn. 10; jeweils mwN) - nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen. Soweit der Kläger ausführt, er habe niemals die Interessen seiner Mandanten gefährdet, steht dem bereits seine Verurteilung wegen Veruntreuung von Mandantengeldern durch Strafbefehl des Amtsgerichts H. vom 11. Dezember 2007 entgegen. Im Übrigen bliebe, selbst wenn es in der Vergangenheit nicht zu Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Fremdgeldern gekommen wäre, dieser Umstand im Blick auf die gegebene abstrakte Gefährdungslage gleichfalls rechtlich ohne Belang (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. März 2016, aaO und vom 2. Oktober 2014, aaO Rn. 10).

b) Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass es nach Freigabe seiner selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter (§ 35 Abs. 2 Satz 1 InsO) an einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden fehle, kann dem nicht gefolgt werden. Eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden wird durch die Freigabe der selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter weder ausgeschlossen noch vermindert (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. September 2015 - AnwZ (Brfg) 29/15, juris Rn. 6; vom 3. Juni 2015 - AnwZ (Brfg) 11/15, juris Rn. 8 und vom 16. März 2015, aaO Rn. 7; jeweils mwN).

4. Der Kläger wird durch den Widerrufsbescheid auch nicht in seinem Recht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Anwaltsgerichtshofs Bezug genommen (S. 7 der Entscheidungsgründe).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Limperg Bünger Remmert Braeuer Lauer Vorinstanz: AGH Hamburg, Entscheidung vom 08.08.2017 - AGH I ZU 1/17 (I-10) -

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