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35 W (pat) 480/09

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 480/09 Verkündet am 30. April 2013

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

BPatG 154 05.11 betreffend das Gebrauchsmuster 20 2004 021 249 hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Baumgärtner sowie der Richter Dipl.-Ing. Küest und Dipl.-Ing. Univ. Richter beschlossen:

I. Auf die Beschwerde der Löschungsantragsgegnerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. April 2009 aufgehoben.

II. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen das Gebrauchsmuster 20 2004 021 249 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2013 überreichten Hauptantrag richtet.

III. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten beider Instanzen fallen der Beschwerdeführerin 2/3, der Beschwerdegegnerin 1/3 zur Last.

Gründe I.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ist Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2004 021 249 mit der Bezeichnung "Bremssattel für eine Scheibenbremse sowie Bremspad für eine Scheibenbremse“. Das Streitgebrauchsmuster mit dem Anmeldetag 31. März 2004, ist aus der europäischen Patentanmeldung EP 04 00 7759.6 abgezweigt worden, wobei die Prioritäten vom 28. April 2003 und 17. Januar 2004 zweier deutscher Patentanmeldungen in Anspruch genommen worden sind. Die Eintragung ist am 31. Mai 2007 mit 17 Schutzansprüchen erfolgt und die Schutzdauer mittlerweile auf 10 Jahre verlängert worden.

Die eingetragenen Schutzansprüche 1 und 17 haben folgenden Wortlaut:

„1. Bremssattel für eine Scheibenbremse mit einem die zu beiden Seiten der Bremsscheibe der Scheibenbremse angeordneten Bremspads (4a, 4b) in Ausnehmungen (13, 13a, 13b) aufnehmenden Bremsträger (1), der zur axialen Führung und/oder zur Abstützung der Bremspads (4a, 4b) in Drehrichtung mit Führungsflächen (10, 11) versehen ist, die sich über den Zustellweg der Bremspads erstrecken und an denen sich korrespondierende Führungsflächen (19) der Bremspads abstützen können, wobei im Bereich des der Drehachse (D) der Scheibenbremse zugewandten Innenrandes (14) der Bremspads (4a, 4b) die Ausnehmungen (13, 13a, 13b) des Bremsträgers (1) einerseits und die darin angeordneten Bremspads (4a, 4b) andererseits mit Strukturen in Form zueinander korrespondierender Vorsprünge und Aussparungen versehen sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Führungsflächen (19) der Bremspads (4a, 4b), bezogen auf die Mitte (23) der Bremspads in Drehrichtung, symmetrisch angeordnet und gestaltet sind, und daß die zueinander korrespondierenden Vorsprünge (20a, 20b) und Aussparungen (21) sich außerhalb der Führungsflächen (10, 11; 19) von Bremsträger (1) und Bremspads (4a, 4b) befinden.

17. Bremspad, dadurch gekennzeichnet, daß er in einen Bremssattel nach einem der Ansprüche 1 bis 16 einsetzbar ist.“

Wegen der eingetragenen untergeordneten Schutzansprüche 2 bis 16 wird auf die Streitgebrauchsmusterschrift verwiesen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) hat mit Schriftsatz vom 7. Juli 2008 die Löschung des Streitgebrauchsmusters wegen Schutzunfähigkeit beantragt.

Im Löschungsverfahren hat die Beschwerdeführerin mit einem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag in einer gegenüber der eingetragenen Fassung lediglich klargestellten Formulierung mit Umstellungen von Merkmalen im Oberbegriff und Kennzeichenteil und der Anspruch 17 mit konkretisierten Rückbeziehungen sowie mit zwei Hilfsanträgen verteidigt.

Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 30. April 2009 das Streitgebrauchsmuster gelöscht, da die Gegenstände nach Hauptantrag gegenüber der E11 nicht neu seien und die Gegenstände nach den beiden Hilfsanträgen ausgehend von der E11 sowie in Verbindung mit dem Fachwissen oder der E1 jeweils nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Gebrauchsmusterinhaberin, die das Streitgebrauchsmuster zuletzt mit neuen Ansprüchen 1 bis 5 verteidigt.

Die geltenden Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:

„1. Bremssattel einer Scheibenbremse mit einem die zu beiden Seiten der Bremsscheibe der Scheibenbremse angeordneten, identisch gestalteten Bremspads (4a, 4b) in Ausnehmungen (13, 13a, 13b) aufnehmenden Bremsträger (1), der nach Art einer Doppelbrücke gestaltet ist und mit zwei parallel zueinander verlaufenden Streben (7), zwischen denen sich im Betrieb die Bremsscheibe befindet, wobei der Bremsträger (1) zur axialen Führung und/oder zur Abstützung der Bremspads (4a, 4b) in Drehrichtung mit an der Ausnehmung (13, 13a, 13b) ausgebildeten, paarweise ersten und zweiten Führungsflächen (10, 11) versehen ist, die sich über den Zustellweg der Bremspads erstrecken und an denen sich korrespondierende und, bezogen auf die Mitte (23) der Bremspads in Drehrichtung, symmetrisch angeordnete und gestaltete Führungsflächen (19 ) der Bremspads abstützen können, wobei die ersten Führungsflächen (10) zueinander fluchten und im wesentlichen radial nach außen weisen, und die zweiten Führungsflächen (11) aufeinander zu gerichtet sind, und wobei im Bereich des der Drehachse (D) der Scheibenbremse zugewandten Innenrandes (14) der Bremspads (4a, 4b) die Ausnehmungen (13, 13a, 13b) des Bremsträgers (1) einerseits und die darin angeordneten Bremspads (4a , 4b ) andererseits mit Strukturen in Form zueinander korrespondierender Vorsprünge und Aussparungen versehen sind, dadurch gekennzeichnet, daß die zueinander korrespondierenden Vorsprünge (20a, 20b) und Aussparungen (21) sich im Abstand zu und außerhalb der Führungsflächen (10, 11; 19) von Bremsträger (1) und Bremspads (4a, 4b) befinden, daß, bezogen auf die Mitte (23) der Bremspads (41,4b) in Drehrichtung, die zueinander korrespondierenden Vorsprünge (20a,20b) und Aussparungen (21) unsymmetrisch angeordnet sind, daß die Vorsprünge (20a, 20b) Nocken sind, die zwischen den ersten Führungsflächen (10) einstückig an den Streben (7) des Bremsträgers (1) angeformt sind, und daß die Aussparungen (21) Nuten (21) im Bremspad (4a, 4b) sind, die sich in Fluchtung sowohl durch den Reibbelag (16) des jeweiligen Bremspads (4a, 4b) wie auch durch dessen Belagplatte (16a) hindurch erstrecken.

2. Bremssattel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Aussparung (21) berührungsfrei gegenüber dem Vorsprung (20a,20b) ist.

3. Bremssattel nach einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausnehmungen (13, 13a, 13b) des Bremsträgers (1) zur Aufnahme der Bremspads (4a, 4b) an den Umriß des Bremspads angepaßt ist.

4. Bremssattel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sich der Vorsprung (20a, 20b) und die Aussparung (21) auf der Verbindungslinie der das erste Paar bildenden ersten Führungsflächen (10) befinden.

5. Bremssattel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die unsymmetrische Anordnung der Vorsprünge (20a, 20b) bzw. Aussparungen (21) an beiden Ausnehmungen (13a, 13b) des Bremsträgers gleich, jedoch spiegelbildlich verkehrt ist.“

Die Beschwerdeführerin hält die verteidigten Schutzansprüche für schutzfähig.

Sie beantragt,

den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. April 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen, soweit er sich gegen das Streitgebrauchsmuster mit den Ansprüchen 1 bis 5 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Hauptantrag richtet.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass der Streitgegenstand gemäß Hauptantrag nicht schutzfähig sei, da er ausgehend von der E29 in Kenntnis des Dokuments E6 und/oder der E1 oder E11, nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Neben den vorgenannten, nachfolgend fett gedruckten Druckschriften hat sie im Löschungsverfahren insgesamt folgende Druckschriften und Dokumente herangezogen:

E1: EP 0 752 541 A1 (dt. Übersetzung E1’ : DE 696 26 572 T2) E2: DE 699 02 450 T2 E3: DE 22 55 678 A E4: US 6,039,155 A E5: EP 0 641 949 A1 E6: Ausdruck der WVA-Nummer 29165 (mit Zeichnung aus dem WVA-Nummer-System des Verbandes der Reibbelagindustrie e.V.) E7: Ausdruck der WVA-Nummer 29167, dto. E8: Ausdruck der WVA-Nummer 29171, dto. E9: JP 57-40128 A (mit dt. Parallelanmeldung E9a: DE 31 32 796 A1)

E10: DE 43 32 709 A1 E11: EP 0 347 523 A2 E12: US 5,472,068 A E13: DE 44 35 669 A1 E14: WO 03/006843 A1 E15: EP 0 341 610 A1 E16: DE 43 18 747 A1 E17: DE 100 18 523 A1 E18: DE 25 49 865 A1 E19: EP 0 352 559 A1 E20: DE 28 04 808 A1 E21: DE 100 41 294 A1 E22: DE 89 08 249 U1 E23: WO 02/02963 A1 E24: DE 198 23 034 C1 E25: DE 43 34 839 A1 E26: EP 1 069 332 A2 E29: US 6,032,768 A.

Dabei handelt es sich bei den Dokumenten E6 bis E8 um Vorbenutzungen, deren Zugehörigkeit zum Stand der Technik bzw. deren Offenkundigkeit und Zeitrang von der Beschwerdeführerin mit Hinweis auf die zusätzlich zum Prioritätszeitrang geltend gemachte Neuheitsschonfrist bestritten wird.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache insoweit begründet, als sie zu einer Aufhebung des angefochtenen Löschungsbeschlusses im zuletzt beantragten Umfang führt.

1. Die Schutzansprüche gemäß Hauptantrag sind zulässig, insbesondere sind sie gegenüber den Ursprungsunterlagen nicht unzulässig erweitert.

Der Schutzanspruch 1 beruht auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1, der zunächst im Löschungsverfahren in der Weise geändert worden ist, dass die Formulierung „Bremssattel für eine Scheibenbremse“ durch „Bremssattel einer Scheibenbremse“ ersetzt worden und der erste Merkmalskomplex des Kennzeichenteils in den Oberbegriff verschoben worden ist. Diese Änderungen stellen zwar keine Beschränkungen der Ansprüche dar, sie sind aber in Verbindung mit den nachfolgenden zuläsigen Beschränkungen unproblematisch. Des Weiteren wurde die Bauweise des Bremsträgers durch die Ausführung der Führungsflächen entsprechend den Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 7 sowie mit beidseitig vorgesehenen Streben nach Art einer Doppelbrücke konkretisiert. Letzteres ist in den letzten beiden vollständigen Sätzen der ursprünglichen Beschreibungsseite 6 offenbart (s.a. Absatz 30, 2. Drittel der Gebrauchsmusterschrift). Die Ausführung der Bremspads ist zudem auf identisch gestaltete Bremspads beschränkt worden, was auf der ursprünglichen Beschreibungsseite 5, 3. Absatz, als vorteilhaft hervorgehoben wird (s.a. Abs. [0020] der Gbm-Schrift). In den Kennzeichenteil ist das beschränkende Merkmal aufgenommen worden, dass sich die zueinander korrespondierenden Vorsprünge (20a, 20b) und Aussparungen (21) im Abstand zu den Führungsflächen (10, 11; 19) von Bremsträger (1) und Bremspads (4a, 4b) befinden. Das Merkmal der Beabstandung der Vorsprünge 20a und 20b von den Führungsflächen ist wörtlich auf der ursprünglichen Beschreibungsseite 11, 2. Absatz, im Hinblick auf eine räumliche Trennung zu den Führungsflächen zur Vermeidung von jeglichen Beeinflussungen beschrieben und auch in der zugehörigen Figur 5 mit dem Bezugszeichen A’ gezeigt. Die Beabstandung der zu den Führungsflächen beabstandeten Ausnehmungen ergibt sich im Normalfall auf Grund der Tatsache, dass diese korrespondierend zu den Vorsprüngen und damit in Konsequenz beabstandet ausgebildet sein sollen, ist aber auch dem konkreten Ausführungsbeispiel nach den Figuren 2 und 3 eindeutig entnehmbar und damit ebenfalls ursprünglich offenbart. Dies betrifft ebenfalls die umgekehrte Ausführung, bei der die Ausnehmung im Bremsträger und der Vorsprung im Bremspad vorgesehen sind, was aus dem letzten Absatz der ursprünglichen Beschreibung hervorgeht (s.a. Abs. 48 der Gebrauchsmusterschrift). Die zweite bis vierte Merkmalsgruppe des Kennzeichenteils sind durch die Aufnahme der Merkmale aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 12, 5, 6, 14 und 15 in ebenfalls zulässiger Weise gebildet worden.

Die Unteransprüche 2 bis 5 entsprechen, abgesehen von erforderlichen Anpassungen von Rückbeziehungen, den ursprünglichen Unteransprüchen 2, 3, 13 und 16.

Da somit alle neu aufgenommenen Merkmale ursprünglich offenbart sind und diese den Schutzgegenstand auch gegenüber den früheren Fassungen weiter beschränken, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Schutzansprüche gemäß Hauptantrag.

2. Zum Verständnis des Streitgebrauchsmusters:

Gegenstand des Streitgebrauchsmusters ist ein Bremssattel einer Scheibenbremse mit einem Bremsträger, in dessen Ausnehmungen zu beiden Seiten der Bremsscheibe identisch gestaltete Bremspads eingeschoben werden.

Entsprechend Absatz [0006] der Gebrauchsmusterschrift wird dabei angestrebt, dass sowohl erkennbar ist, ob der jeweilige Bremspad überhaupt für die Bremse bestimmt ist, als auch, ob dieser in richtiger Einbaulage (Reibbelag zur Bremsscheibe gerichtet) montiert ist. Zur Reduzierung des Entwicklungsaufwandes soll der Bremssattel im Vergleich zum Stand der Technik dieselbe, weitgehend unabhängig von der Hauptdrehrichtung der Bremse arbeitende Grundkonstruktion aufweisen.

Ausgehend von einer solchen Bremse, die im Hinblick auf die erwünschte Unabhängigkeit der Wirkungsweise von der Drehrichtung der Bremse insbesondere symmetrisch angeordnete und gestaltete Führungsflächen für die Bremspads aufweist, wird die Aufgabenstellung dadurch gelöst, dass auf den Streben des Bremsträgers unsymmetrisch angeordnete Nocken als Vorsprünge vorgesehen sind, die mit als Nuten ausgeführten Aussparungen in den Bremspads korrespondieren.

Dabei sind nach dem Verständnis der hier zuständigen Durchschnittsfachmanns, einem Maschinenbauingenieur (FH) mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Scheibenbremsen, die Führungsflächen jene Flächenbereiche am Umfang der Belagplatte, welche beim Bremsvorgang die Bremskräfte und -momente auf die dazu korrespondierenden Führungsflächen des Bremsträgers in tangentialer und radialer Richtung abführen (vgl. Abs. 34, letzter Satz). Des Weiteren versteht der Fachmann unter dem der Drehachse der Scheibenbremse zugewandten Innenrand des Bremspads, der aus einer Trägerplatte und einem darauf befestigten Reibbelag besteht, die vollständige, der Drehachse zugewandte Innenkontur des kompletten Bremspads, die seitlich durch die Stirnseiten des Bremspads begrenzt wird. Für die Auslegung der Beschwerdeführerin, dass unter dem Innenrand nur der radial um die Drehachse gekrümmte Innenbereich des Pads zu verstehen sei, findet sich in der Beschreibung keinerlei Stütze; vielmehr steht diese zu deren Interpretation sogar im Widerspruch (siehe Anordnung der Ausnehmungen in Figur 5).

3. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Schutzanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu.

Die E11 zeigt in Figur 1 einen Bremssattel einer Scheibenbremse, bei der zwei Bremspads 4 und 5 in Ausnehmungen des Bremsträgers aufgenommen werden. Zur axialen Führung und zur Abstützung der Bremspads 4, 5 ist der Bremsträger in Drehrichtung mit Führungsflächen (15, 16, korrespondierende Flächen zu 9 bzw. 10) versehen, die sich über den Zustellweg der Bremspads erstrecken. An diesen Führungsflächen des Bremsträgers können sich korrespondierende und, bezogen auf die Mitte der Bremspads in Drehrichtung, symmetrisch angeordnete und gestaltete Führungsflächen (9, 10, korrespondierende Flächen zu 15 bzw. 16) der Bremspads abstützen. Im Bereich des der Drehachse der Scheibenbremse zugewandten Innenrandes der Bremspads sind die Ausnehmungen des Bremsträgers einerseits und die darin angeordneten Bremspads andererseits mit Strukturen in Form zueinander korrespondierender Vorsprüngen 13, 14 und Aussparungen 11, 12 vorgesehen (s.a. Figuren 2 und 3). Die zueinander korrespondierenden Vorsprünge 13, 14 und Aussparungen 11, 12 befinden sich dabei am Rand der Führungsflächen 15, 16 (vgl. auch Anspruch 4 i.V.m. Figur 2 der E11) bzw. Führungsflächen der Bremspads (vgl. Figuren 1 und 3 der E11). Durch diese Bauweise soll sichergestellt werden, dass nur die vorgesehenen Bremspads an der vorgesehenen Stelle eingebaut werden können (siehe Sp. 1, Z. 27 bis 31), wobei die Maßnahme entweder seitenspezifisch mit zwei verschieden gestalteten Bremspads durchgeführt oder aber zwei gleichartige, d.h. identische, Bremspads vorgesehen werden können (vgl. Sp. 4, Z. 4 bis 14). Der Bremsträger 1 nach der E11 weist jedoch nur bremskolbenseitig eine Strebe auf, so dass auf der gegenüberliegenden Seite kein entsprechender Ansatz bzw. Nocke vorgesehen werden kann; des Weiteren wird auch weder eine von den Führungsflächen beabstandete noch eine asymmetrische Anordnung der Ansätze bzw. Nocken offenbart.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist somit neu gegenüber der Vorrichtung nach der E11.

Die E1 beschäftigt sich ebenfalls mit dem korrekten Einbau von Bremspads bei Scheibenbremsen. Dabei wird durch eine asymmetrische Kontur der Bremspads und entsprechend korrespondierende Flächen in der Bremsträgeröffnung sichergestellt, dass die identischen Bremspads auf jeder Seite nur lagerichtig, d.h. mit der Belagseite zur Bremsscheibe gerichtet, eingebaut werden können (siehe Sp.1, 2. Abs.). In den Ausführungsbeispielen gemäß den Figuren 2 und 3 wird dies durch einen einseitigen Höhenversatz der Führungsflächen 7/11 bzw. 8/12 und in den Figuren 4 und 5 durch zusätzliche Schrägflächen 140 bzw. 160, die z.B. zwischen den Führungsflächen 40A und 60 quasi „eingeschoben“ werden, umgesetzt. Im Gegensatz zum Streitgebrauchsmuster werden somit bei der E1 die Führungsflächen der Bremsträgeröffnungen an die asymmetrische Kontur der Bremspads angepasst (siehe Sp. 4, 3. Abs. der E1), so dass zumindest bei den Ausführungsbeispielen die Führungsflächen des Bremsträgers keine paarweise Symmetrie aufweisen. Außerdem gehen aus der E1 die Merkmale von nockenförmig ausgebildeten Fortsätzen, die zudem auf den Streben des Bremsträgers angeordnet sind, nicht hervor, so dass dieser Stand der Technik ebenfalls nicht neuheitsschädlich ist.

Die Scheibenbremse nach der E29 weist die größte Übereinstimmung im Hinblick auf die Grundkonstruktion der streitgebrauchsmustergemäßen Bremse auf. So zeigt die Figur 8 einen Bremsträger 6, der nach Art einer Doppelbrücke mit zwei parallel zueinander verlaufenden Streben 6b, 6c ausgebildet ist. Diese Bauweise zeichnet sich durch eine hohe Belastbarkeit auf beiden Seiten aus und eignet sich deshalb für schwere Kraftfahrzeuge bzw. Nutzfahrzeuge. In den U-förmigen Ausnehmungen des Bremsträgers sind zur Aufnahme der Bremspads anspruchsgemäße, insb. symmetrisch angeordnete, Führungsflächen ausgebildet, so dass der Bremssattel wie beim Streitgebrauchsmuster eine weitgehend unabhängig von der Hauptdrehrichtung der Bremse arbeitende Konstruktion aufweist (vgl. Abs. [0006],

letzter Satz des Streitgbm.). Der Schwerpunkt liegt bei der E29 darin, den Austausch der Bremsscheibe ohne Ausbau des Bremsträgers zu ermöglichen (vgl. Sp.1, Z. 52 ff.). Zur Erleichterung hierfür ist, wie in Figur 5 gezeigt, die rechte Strebe 6c um den Betrag „V“ seitlich ausgespart und etwas niedriger als die linke Strebe 6b positioniert, wodurch die Bremsscheibe 4 leichter herausgekippt werden kann (siehe Figur 2 iVm Sp. 6, Z. 21 bis 26). Aus diesem Höhenversatz der Streben resultiert, - wie die Beschwerdeführerin nachvollziehbar dargelegt hat -, dass der der Strebe 6c zugeordnete Bremsklotz 7 zum Höhenausgleich an der Unterseite einen Fortsatz zur Führung des Bremspads auf der horizontalen Führungsfläche aufweisen muss (siehe kleines Rechteck in der Figur 2). Damit ist allerdings das innere Bremspad 7 anders als das äußere Bremspad 7a, 7b, d.h. nicht identisch, ausgestaltet. Des Weiteren werden in der E29 auch keine Maßnahmen zur Belagverschlüsselung, insb. Nocken an den Streben, die mit Nuten in den Bremspads korrespondieren, offenbart.

Da auch aus den weiteren Druckschriften keine Scheibenbremse mit einem nach Art einer Doppelbrücke ausgestalteten Bremsträger hervorgeht, auf dessen Streben jeweils Nocken asymmetrisch so angeordnet sind, dass nur die mit einer entsprechenden Nut versehenen Bremspads in der richtigen Orientierung in die Bremsträgeröffnungen eingebaut werden können, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

4. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf einem erfinderischen Schritt.

Als nächstliegender Stand der Technik ist Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin von der Schrift E29 auszugehen, da diese eine mit dem Streitgegenstand vergleichbare Grundkonstruktion mit einem doppelbrückenartig ausgestalteten Bremsträger und paarweise symmetrisch angeordneten Führungsflächen aufweist. Dabei ist im Neuheitsvergleich bereits erwähnt worden, dass bei näherer Betrachtung des Ausführungsbeispiels in den Figuren 2 bis 5 ein Höhenversatz der Auflageflächen von linker und rechter Strebe erkennbar ist, der bei dem rechten Bremspad 7 Fortsätze zum Höhenausgleich erforderlich macht und damit zu verschiedenen Bremspads führt. Jedoch ist der Beschwerdegegnerin zuzustimmen, dass der Fachmann den Figuren 1 und 8 der E29 auf den ersten Blick identische Bremspads entnimmt bzw. die naheliegende Möglichkeit besteht, dass trotz des Vorliegens dieser optionalen Ausgestaltung zur zusätzlichen Erleichterung des Bremsscheibenwechsels nach Abwägen der Vor- und Nachteile der jeweiligen Ausführungsformen bei der E29 auch identische Bremspads vorgesehen werden können. Des Weiteren mag der Fachmann ausgehend von der Bremse nach der E29 auch durchaus veranlasst sein, zur Sicherstellung der Einbaulage nach Maßnahmen zu suchen, durch die ein falscher, d.h. ein um 180° verdrehter, Einbau der Bremspads vermieden werden kann. Dabei ist ihm aus der E1 bekannt, dass durch eine asymmetrische Kontur im Bereich der aufnehmenden Trägeröffnung ein verdrehter Einbau bei identischen Bremspads verhindert werden kann. Jedoch werden dem Fachmann in den Ausführungsbeispielen der E1 nur Maßnahmen offenbart, die eine Veränderung der Anordnung der Führungsflächen erfordern, d.h. entweder ein vertikales Absetzen der Führungsflächen 7 bzw. 8 gemäß den Figuren 2 und 3 oder ein horizontales Versetzen der Führungsflächen 60 bzw. 90 zwecks Einfügen der Schrägfläche 140 bzw. 150 nach den Figuren 4 und 5. Diese Veränderungen würden zum einen eine Abkehr von der im Streitgebrauchsmuster geforderten Symmetrie der Führungsflächen und zum anderen einen Eingriff in die Grundkonstruktion der Bremse mit einem entsprechenden Aufwand bedeuten, so dass der Fachmann von einer derartigen Änderungen eher abgehalten wird. Sollte der Fachmann zur Vermeidung eines solchen Aufwands veranlasst sein, hierzu alternative Ausgestaltungen in Betracht zu ziehen, so erhält er weder aus der E1 noch aus dem weiteren Stand der Technik Hinweise in Richtung der anspruchsgemäßen Ausgestaltung in Form von Nocken, die beabstandet von den Führungsflächen sowie asymmetrisch auf den Streben des Bremsträgers angeordnet sind.

So werden die Maßnahmen der E1 im Bereich der den Bremspad aufnehmenden, d.h. kontaktierenden (Führungs-) Flächen über eine entsprechende asymmetrische Anordnung der Flächen offenbart; eine Anordnung im Bereich der Streben, die bereits einen gewissen räumlichen Abstand zur Unterseite des Bremspads aufweisen, wird weder in der E1 angeregt noch bietet sie sich dem Fachmann in sonstiger Weise an (vgl. Figuren 4 und 5).

Hier führt auch die Einbeziehung der E11, die sich ebenfalls mit Maßnahmen zur Sicherstellung des korrekten Einbaus beschäftigt, nicht weiter. So können zwar deren Verschlüsselungsansätze 13, 14 in den Figuren 1 und 2 als Nocken angesehen werden, allerdings schließen sich diese ebenfalls direkt an die Führungsflächen an (vgl. Figuren 1 und 2 iVm Ansprüchen 2 und 4) und entsprechen damit nicht den anspruchsgemäß freistehenden, d.h. von den Führungsflächen beabstandeten, Nocken. Zudem kann auch die E11 keinen Hinweis auf eine (beidseitige) Anordnung auf den Streben liefern, da bei dieser nur bremskolbenseitig eine Strebe vorhanden ist. Schließlich führt auch die von der Beschwerdegegnerin angeführte Kombination der E29 mit der E6 - deren Offenkundigkeit unterstellt - nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1. Die Zeichnung der E6 zeigt dabei einen einzelnen Scheibenbremsbelag, der von der Außenkontur her gesehen geeignet ist, um bspw. in die symmetrische Öffnung des Bremsträgers nach der E29 eingeschoben werden zu können. Der Bremsbelag weist an der Oberseite eine rechts von der Mitte angeordnete, abgestufte Nut auf, die üblicherweise zur Aufnahme eine Verschleißsensors dient. Der Fachmann kann hierbei auch eine Zuordnung der Nut bei den Belagdaten im zugehörigen Ausdruck, konkret mit „Verschleißanzg. vorg: J“ bzw. „Verschleißanzg. Lage: R“ treffen(siehe rechte Spalte, Mitte). Eine solche eindeutige Zuordnung oder eine Zweckbestimmung ist nach Auffassung des Senats bei der an der Unterseite, links von der Belagmitte angeordneten Nut nicht gegeben. So wird zwar entsprechend dem Hinweis der Beschwerdegegnerin bei den Belagdaten eine „Belagfläche ohne Nut“ angeführt (siehe linke Spalte, erster großer Block), jedoch geht aus der E6 nicht eindeutig hervor, dass damit die vorgenannte Nut gemeint ist, da z.B. die Belagfläche auch durch die mittige Vertikalnut reduziert wird. Des Weiteren kann daraus auch nicht ein Hinweis dahingehend abgeleitet werden, dass die Nut der Belagverschlüsselung dient. So können Nuten an der Unterseite von Bremsbelägen auch anderen Zwecken als einer Verschlüsselung, z.B. als zusätzliche Führungsflächen (vgl. E3, Figur 3, Bez. 21) dienen; zudem ist noch anzumerken, dass Verschlüsselungsmaßnahmen an dieser Position, d.h. entfernt von den Führungsflächen und zur Belagmitte hin orientiert, dem Fachmann bis zum Zeitpunkt der Gebrauchsmusteranmeldung jedenfalls nicht aus dem übrigen Stand der Technik bekannt waren. Da der E6 somit keinerlei Hinweise entnehmbar sind, dass die untere Nut der Belagverschlüsselung dient, sondern auch andere Funktionen denkbar sind, wird der Fachmann die E6 im Hinblick auf den Aspekt einer Belagverschlüsselung nicht in Betracht ziehen; vielmehr käme deren Berücksichtigung einer ex-post Betrachtung in Kenntnis der Erfindung bzw. des Firmeninternas betreffenden Sachvortrags der Beschwerdeführerin gleich. Auf Grund dieses Sachverhalts bzw. der mangelnden Relevanz der E6 erübrigt sich ein weiteres Eingehen darauf, ob die Offenkundigkeit der E6 (oder auch E7, E8) überhaupt gegeben ist.

Somit liefert der vorgenannte wie auch der weitere im Verfahren befindliche umfangreiche Stand der Technik keinen Hinweis dahingehend, zur Gewährleistung des richtigen Einbaus der identischen Bremspads sowie unter Beibehaltung der symmetrischen Grundkonstruktion der Führungsflächen, Vorsprünge in Form von Nocken auf den Bremsträgerstreben asymmetrisch anzuordnen.

5. Der geltende Schutzanspruch 1 ist damit schutzfähig. Mit ihnen sind dies auch die rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs 2 S. 2 GebrMG i.V.m. § 84 Abs 2 S 1 und 2 PatG, § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Baumgärtner Küest Richter Hu

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