V ZB 26/23
BUNDESGERICHTSHOF V ZB 26/23 BESCHLUSS vom 13. Februar 2025 in der Grundbuchsache Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: JNEU:
ja nein ja nein GBO § 53 Abs. 1 Satz 2, § 84 Die grundbuchrechtliche Unzulässigkeit einer Eintragung im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO vermag nicht deren Gegenstandslosigkeit im Sinne des § 84 Abs. 2 lit. a GBO zu begründen.
GBO § 53 Abs. 1 Satz 2 a) Ob eine Eintragung (hier: Rechte einer Ritterschaft) inhaltlich unzulässig ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt der Eintragung geltenden Recht und dem Rechtsverständnis, wie es in der damaligen Verkehrsübung seinen Niederschlag gefunden hat.
b) Eine Amtslöschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO kommt nur in Betracht, wenn feststeht, dass die Eintragung im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt inhaltlich unzulässig ist; bloße Zweifel an der inhaltlichen Zulässigkeit einer Eintragung reichen nicht aus.
BGH, Beschluss vom 13. Februar 2025 - V ZB 26/23 - OLG Celle AG Dannenberg (Elbe)
ECLI:DE:BGH:2025:130225BVZB26.23.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterinnen Haberkamp, Laube und Dr. Grau beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 22. März 2023 und des Amtsgerichts - Grundbuchamt Dannenberg (Elbe) vom 6. Dezember 2022 aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1 ist die Ritterschaft des vormaligen Fürstentums Lüneburg. Der Beteiligte zu 2 ist Eigentümer des im Eingang des Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes. In Abteilung II des Grundbuchs ist - wie bei einer Vielzahl anderer, hier nicht verfahrensgegenständlicher Grundstücke - unter der laufenden Nr. 1 Folgendes eingetragen:
„Dieser Grundbesitz bildet den Bestand des Lehn- und Ritterguts G. . Bestandteile desselben dürfen ohne Genehmigung des Ritterschaftlichen Kollegiums des Fürstentums Lüneburg nicht veräußert werden, widrigenfalls die sämtlichen ritterschaftlichen Rechte aufgrund der Bestimmung des Artikels 17 der ritterschaftlichen Statuten vom 14. Juni 1863 beruhen werden. Eingetragen bei Anlegung des Grundbuchs am 10. September 1888.“
Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat durch Beschluss nach § 87 lit. c GBO von Amts wegen festgestellt, dass die Eintragung gegenstandslos ist. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, die das Oberlandesgericht zurückgewiesen hat. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Beteiligte zu 1 weiterhin die Aufhebung des Feststellungsbeschlusses erreichen. Der Senat hat die Sache in einem Termin erörtert.
II.
Das Beschwerdegericht erachtet die Beschwerde als zulässig. Die Beteiligte zu 1, bei der es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handele, sei beschwerdeberechtigt, weil das Grundbuchamt die Löschung einer zu ihren Gunsten bestehenden Verfügungsbeschränkung beabsichtige. Die Beschwerde sei aber unbegründet. Zutreffend gehe das Grundbuchamt davon aus, dass die Eintragung im Sinne des § 84 Abs. 2 lit. a GBO, der auf alle Eintragungen in der zweiten und dritten Abteilung des Grundbuchs Anwendung finde, gegenstandslos sei. Die Eintragung bezeichne keine Last oder Beschränkung, wie sie in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen werden könne. Bei dem ersten Satz der Eintragung sei schon nicht erkennbar, dass es sich um ein Recht handele; er gebe lediglich die Feststellung wieder, dass der Grundbesitz einem Rittergut zugehörig und der Eigentümer gemäß Art. 19 der ritterschaftlichen Statuten in die Ritterschaft aufgenommen worden sei. Satz 2 der Eintragung, wonach Bestandteile des Grundbesitzes nicht ohne die Genehmigung des ritterschaftlichen Kollegiums veräußert werden dürften, stelle keine in Abteilung II eintragungsfähige relative Verfügungsbeschränkung dar. Denn Folge einer genehmigungslosen Veräußerung sei nicht die Unwirksamkeit der Verfügung gegenüber der Ritterschaft, sondern lediglich das Ruhen der ritterschaftlichen Rechte nach Maßgabe des Art. 17 der ritterschaftlichen Statuten. Ein Verstoß wirke sich damit - unabhängig von einer Grundbucheintragung - nur auf das Verhältnis des Eigentümers zu der Ritterschaft aus.
III.
Die gemäß § 78 Abs. 1 GBO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässig.
1. Die Beteiligte zu 1 ist verfahrensfähig (§ 9 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 56 Abs. 1 ZPO). Sie ist - wovon das Beschwerdegericht zutreffend ausgeht - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.
a) Die Ritterschaft des Fürstentums Lüneburg war schon vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Körperschaft des öffentlichen Rechts rechtsfähig (vgl. Stodolkowitz, Die Rechtsstellung und Bedeutung der Landschaften und Ritterschaften, 1970, S. 26 ff.; Reinicke, Landstände im Verfassungsstaat, 1975, S. 319). Gemäß § 62 des Landesverfassungs-Gesetzes des Königreichs Hannover vom 6. August 1840 (Hannoversche Gesetzsammlung 1840 Abt. 1 S. 141) waren die bereits zuvor bestehenden statutenmäßige Rechte der Ritterschaften im Königreich Hannover aufrechterhalten worden; zudem war den Ritterschaften in dieser Vorschrift die Befugnis eingeräumt worden, ihre Statuten mit königlicher Genehmigung abzuändern oder neue Statuten einzuführen. Nach § 2 Ziffer 1 des Gesetzes vom 3. Juni 1863 betreffend Abänderungen in der landschaftlichen Verfassung des Fürstenthums Lüneburg (Hannoversche Gesetzsammlung 1863 Abt. 1 S. 253) war der Stand der Ritterschaft Mitglied der Provinziallandschaft und hatte damit eine öffentliche Funktion (vgl. Reinicke, aaO, S. 320). Mit Verordnung vom 14. Juni 1863 genehmigte der König von Hannover gemäß § 62 des Landesverfassungs-Gesetzes die neuen Statuten der Ritterschaft des Fürstentums Lüneburg (Verordnung betreffend die Genehmigung der Statuten der Lüneburgschen Ritterschaft, Hannoversche Gesetzsammlung 1863 Abt. 1 S. 269). Nach Art. 1 der Statuten besteht die Ritterschaft des Fürstentums Lüneburg aus den „in dieselbe aufgenommenen Besitzern der im Fürstenthum Lüneburg […] belegenen landtagsfähigen Güter […] sowie der denselben […] gleichgestellten Pertinenzien und Stammcapitalien“. Die Güter waren gemäß Art. 9 der Statuten in die ritterschaftliche Matrikel einzutragen.
Nach § 1 der Verordnung betreffend die Provinziallandschaften im Gebiete des vormaligen Königreichs Hannover vom 22. September 1867 (Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten 1867 S. 1635) blieben öffentlichrechtliche Befugnisse der Ritterschaft auch nach der Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen bestehen (vgl. Reinicke, Landstände im Verfassungsstaat, 1975, S. 319).
b) Die Ritterschaft des Fürstentums Lüneburg besteht in Gestalt der Beteiligten zu 1 in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts in heutiger Zeit fort (vgl. Stodolkowitz, Die Rechtsstellung und Bedeutung der Landschaften und Ritterschaften, 1970, S. 26 ff.; Reinicke, Landstände im Verfassungsstaat, 1975, S. 319 ff.). § 62 des Landesverfassungs-Gesetzes des Königreichs Hannover vom 6. August 1840 und die im Jahr 1863 beschlossenen ritterschaftlichen Statuten gelten, mit jeweils von dem - nunmehr die Aufsicht über die Beteiligte zu 1 führenden - Niedersächsischen Ministerium für Inneres genehmigten Änderungen weiterhin (vgl. Reinicke, aaO, S. 322; Abdruck der Statuten in der Fassung vom 3. Dezember 1992 in Verordnungen und Regulative, die Verhältnisse der Ritterschaft und der Landschaft des vormaligen Fürstenthums Lüneburg betreffend, 2006). Der Bestand der Beteiligten zu 1 ist nach Art. 72 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung als überkommene Einrichtung geschützt (vgl. Butzer in Butzer/Epping/Brosius-Gersdorf/Germelmann/Mehde/Rademacher/ Waechter, Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2. Aufl., Art. 72 Rn. 41; Ipsen, Niedersächsische Verfassung, 2011, 3. Bestandsschutz überkommener Einrichtungen [Art. 72 Abs. 2 NV] Rn. 22; Korte, Verfassung und Verwaltung des Landes Niedersachsens, 2. Aufl., S. 519). Dass die Adelsvorrechte mit Art. 109 Abs. 3 der am 14. August 1919 in Kraft getretenen Weimarer Reichverfassung abgeschafft worden sind, steht dem rechtlichen Fortbestehen der Beteiligten zu 1 nicht entgegen. Denn die Mitgliedschaft in der Beteiligten zu 1 ist nach deren Statuten nicht auf Adlige beschränkt; vielmehr sind nach Art. 18 der Statuten adlige und nichtadlige Mitglieder der Ritterschaft in ihren Rechten gleichgestellt.
2. Nach Art. 36a Satz 1 der ritterschaftlichen Statuten wird die Beteiligte zu 1 im Verfahren durch den präsidierenden Landschaftsrat vertreten (§ 9 Abs. 3 FamFG). Ihre Beschwerdebefugnis folgt aus der Zurückweisung ihrer Beschwerde (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Februar 2005 - V ZB 44/04, BGHZ 162, 137, 138).
IV.
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht zunächst von der Zulässigkeit der Beschwerde gemäß § 89 GBO aus. Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1 ergibt sich daraus, dass die Löschung einer zu ihren Gunsten erfolgten Eintragung beabsichtigt ist. Das ritterschaftliche Kollegium, das ausweislich der Eintragung zur Genehmigung einer Veräußerung befugt ist, ist das gemäß Art. 36 der ritterschaftlichen Statuten gebildete Gremium, das nach Art. 11 Abs. 2 der Statuten für die Beteiligte zu 1 die Aufsicht über die Erhaltung der Güter in ihrem Bestand führt.
2. Richtig ist auch der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Das Grundbuchamt kann gemäß § 87 lit. c GBO durch Beschluss die Gegenstandslosigkeit einer Grundbucheintragung feststellen. Dabei ist nach § 84 Abs. 2 GBO eine Eintragung gegenstandslos, soweit das Recht, auf das sie sich bezieht, nicht besteht und seine Entstehung ausgeschlossen ist (lit. a) oder aus tatsächlichen Gründen dauernd nicht ausgeübt werden kann (lit. b). Es trifft auch zu, dass nicht nur Eintragungen, die sich auf ein Recht im engeren Sinne beziehen, nach den Vorschriften der §§ 84 ff. GBO als gegenstandslos gelöscht werden können, sondern der Anwendungsbereich der §§ 84 ff. GBO alle Eintragungen in der zweiten und dritten Abteilung des Grundbuchs umfasst. Gemäß § 84 Abs. 3 GBO gehören zu den Rechten in diesem Sinne auch Vormerkungen, Widersprüche, Verfügungsbeschränkungen, Enteignungsvermerke und ähnliches. Mit dem Begriff „ähnliches“ wird dabei zum Ausdruck gebracht, dass die Auflistung nicht erschöpfend ist, sondern alle Eintragungen in der zweiten und dritten Abteilung des Grundbuchs umfasst sein sollen (einhellige Meinung, vgl. nur Bauer/Schaub/Böhringer, GBO, 5. Aufl., § 84 Rn. 4; KEHE/Sternal, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 84 Rn. 5; BeckOK GBO/Zeiser [9.12.2024], § 84 Rn. 6; Lemke/Schmidt-Räntsch, GBO, 3. Aufl., § 84 Rn. 5; Meikel/Schneider, GBO, 12. Aufl., § 84 Rn. 3; Peter, BWNotZ 1983, 49).
3. Rechtsfehlerhaft bejaht das Beschwerdegericht aber die Gegenstandslosigkeit mit der Begründung, dass die Eintragung im Grundbuch nicht erfolgen dürfe, weil sie keine in Abteilung II eintragungsfähigen Rechte bezeichne. Das Beschwerdegericht geht damit davon aus, die Gegenstandslosigkeit der Eintragung ergebe sich aus ihrer grundbuchrechtlichen Unzulässigkeit. Dies trifft nicht zu. Die grundbuchrechtliche Unzulässigkeit einer Eintragung im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO vermag nicht deren Gegenstandslosigkeit im Sinne des § 84 Abs. 2 lit. a GBO zu begründen.
a) Gemäß § 84 Abs. 2 lit. a GBO ist eine Eintragung gegenstandslos, soweit das Recht im oben genannten weitesten Sinne (s.o. Rn. 12), auf das sie sich bezieht, nicht besteht und seine Entstehung ausgeschlossen ist. Voraussetzung dafür ist, dass das Recht dauerhaft materiell-rechtlich nicht (mehr) besteht und auch nicht mehr zur Entstehung gelangen kann. Nach dem Wortlaut des § 84 Abs. 2 lit. a GBO umfasst die Gegenstandslosigkeit damit nicht die grundbuchrechtliche Unzulässigkeit. Das Verfahren bei Vorliegen einer unzulässigen Eintragung ist vielmehr in § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO geregelt.
b) Ob § 84 Abs. 2 lit. a GBO gleichwohl auf Eintragungen, die ihrem Inhalt nach unzulässig sind, anzuwenden ist, ist umstritten. Zum Teil wird dies angenommen (vgl. KEHE/Sternal, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 84 Rn. 14; Lemke/ Schmidt-Räntsch, GBO, 3. Aufl., § 84 Rn. 19), wobei die Anwendung des § 84 Abs. 2 lit. a GBO teils nur bejaht wird, wenn eine Amtslöschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO nicht möglich ist (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 84 Rn. 5; Bauer/Schaub/Böhringer, GBO, 5. Aufl., § 84 Rn. 14). Andere verneinen die Anwendbarkeit des § 84 Abs. 2 lit. a GBO auf grundbuchrechtlich unzulässige Eintragungen und halten allein das Verfahren nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO für einschlägig (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 19. Juni 2008 - 5 Wx 48/07, juris Rn. 22; OLG Karlsruhe, Rpfleger 1993, 192, 193; BeckOK GBO/Holzer [9.12.2024], § 53 Rn. 91; BeckOK GBO/Zeiser [9.12.2024], § 84 Rn. 9; Meikel/Schneider, GBO, 12. Aufl., § 84 Rn. 13).
c) Die besseren Argumente sprechen für die letztgenannte Ansicht. Zwar haben die Verfahren nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO und §§ 84 ff. GBO ein gleichartiges Ziel, nämlich die Amtslöschung. Sie haben aber unterschiedliche Anwendungsbereiche und geben unterschiedliche Verfahrensweisen vor. Während § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO auf die grundbuchrechtliche Unzulässigkeit einer Eintragung abstellt, ist Grund für die Amtslöschung nach § 84 Abs. 2 lit. a GBO, dass die bezeichneten Rechte oder Umstände nicht (mehr) bestehen und auch nicht zur Entstehung gelangen können. Ein Recht kann aber bestehen, obwohl seine Eintragung im Grundbuch nicht zulässig ist. So ist eine Eintragung im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO unzulässig, wenn die Eintragung in das Grundbuch nicht zugelassen ist, etwa, weil keine dinglichen Rechtsverhältnisse betroffen sind (vgl. Bauer/Schaub/Bauer, GBO, 5. Aufl., § 53 Rn. 72). Dies bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass das unzulässig eingetragene Recht nicht besteht.
d) Mit der Begründung, die Eintragung sei grundbuchrechtlich unzulässig, kann sie daher nicht als gegenstandslos angesehen werden. Darauf, dass das Beschwerdegericht - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - zudem einen Verfahrensfehler begangen hat, indem es - ebenso wie das Grundbuchamt - dem Beteiligten zu 2 als dem betroffenen Eigentümer kein rechtliches Gehör gewährt hat, kommt es daher nicht mehr an.
4. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 2 FamFG). Dabei kann offenbleiben, ob im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 84 ff. GBO zu dem Verfahren einer Amtslöschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO übergegangen werden kann. Denn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO liegen nicht vor.
a) Erweist sich eine Eintragung im Grundbuch nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amts wegen zu löschen (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO).
aa) Inhaltlich unzulässig in diesem Sinne ist eine Eintragung, die ihrem - gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden - Inhalt nach einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbart, den es nicht geben kann, oder wenn sie etwas Widersprüchliches verlautbart und ihre Bedeutung auch bei zulässiger Auslegung nicht ermittelt werden kann; ebenfalls als nach ihrem Inhalt unzulässig ist eine Eintragung anzusehen, die ein an sich eintragungsfähiges Recht mit einem gesetzlich nicht erlaubten Inhalt verlautbart. Dabei muss sich die Unzulässigkeit aus dem Eintragungsvermerk selbst oder den zulässig in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Februar 2012 - V ZB 204/11, juris Rn. 13; Beschluss vom 17. Januar 2019 - V ZB 81/18, NJWRR 2019, 914 Rn. 6 mwN). Eine gesetzeswidrige, auf einer rechtsfehlerhaften Vorgehensweise des Grundbuchamts beruhende Eintragung führt hingegen nicht zu deren inhaltlicher Unzulässigkeit; ebenfalls nicht inhaltlich unzulässig ist eine Eintragung, deren zugrundeliegendes materielles Rechtsgeschäft nichtig oder unwirksam ist. In beiden Fällen mag die Eintragung die Unrichtigkeit des Grundbuchs herbeigeführt haben; die inhaltliche Zulässigkeit der Eintragung würde davon jedoch nicht berührt (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Februar 2012 - V ZB 204/11, aaO, Rn. 16).
bb) Ob eine Eintragung im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO inhaltlich unzulässig ist, beurteilt sich grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt der Eintragung geltenden Recht und dem Rechtsverständnis, wie es in der damaligen Verkehrsübung seinen Niederschlag gefunden hat (allgemeine Meinung, vgl. nur KG, OLGZ 1977, 6, 8; BWNotZ 2019, 283 Rn. 8; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 914; OLG München, FGPrax 2018, 12; KEHE/Meier, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 53 GBO Rn. 42; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 53 Rn. 50; Bauer/Schaub/Bauer, GBO, 5. Aufl., § 53 Rn. 68; Meikel/Schneider, GBO, 12. Aufl., § 53 Rn. 136; so zum gleichlautenden § 54 Abs. 1 Satz 2 RGBO auch bereits RGZ 98, 215, 220). Dies erklärt sich aus Folgendem: Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist bei Fehlern des Grundbuchamtes, die zu einem gutgläubigen Erwerb führen können, zur Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen ein Amtswiderspruch einzutragen. Die Löschung von Amts wegen nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO bezieht sich dagegen auf Eintragungsfehler, die nicht zu einem gutgläubigen Erwerb führen können, weil die Eintragungen bereits unzulässig sind (vgl. Senat, Urteil vom 30. Juni 1995 - V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 170 f.; Beschluss vom 4. Dezember 2014 - V ZB 7/13, NJW-RR 2015, 645 Rn. 13). Sie sichert das Grundbuchsystem gegen die Beeinträchtigung seiner Funktionsfähigkeit durch irreführende Buchungen (vgl. Bauer/Schaub/Bauer, GBO, 5. Aufl., § 53 Rn. 1; BeckOK GBO/Holzer [9.12.2024], § 53 Rn. 60; Meikel/Schneider, GBO, 12. Aufl., § 53 Rn. 5). Anknüpfungspunkt des Tätigwerdens von Amts wegen ist aber auch bei der Amtslöschung - wie bei der Eintragung des Amtswiderspruchs (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Februar 2012 - V ZB 204/11, juris Rn. 18) - ein Fehler des Grundbuchamtes bei der Eintragung. Es kommt also nicht darauf an, ob die Eintragung nach heutigen, bei einer Neueintragung zu stellenden Anforderungen unzulässig wäre, sondern es muss für die Beurteilung der inhaltlichen Unzulässig- keit einer Eintragung grundsätzlich auf den Eintragungszeitpunkt abgestellt werden. Ob dieser Zeitpunkt auch bei rückwirkenden Gesetzesänderungen maßgebend ist (vgl. hierzu Meikel/Schneider, GBO, 12. Aufl., § 53 Rn. 136; Schöner/Stöber Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 419; KEHE/Meier, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 53 GBO Rn. 43; jeweils mwN), kann hier offenbleiben.
cc) Eine Amtslöschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO kommt zudem nur in Betracht, wenn feststeht, dass die Eintragung im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (s.o. Rn. 21) inhaltlich unzulässig ist; bloße Zweifel an der inhaltlichen Zulässigkeit einer Eintragung reichen nicht aus (allgemeine Meinung, vgl. nur KG, JW 1931, 3455; OLG Frankfurt, OLGZ 1983, 165, 166; BayObLGZ 2001, 301, 303; OLG München, NJOZ 2014, 685, 686; FGPrax 2019, 203; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 417; BeckOK GBO/Holzer [9.12.2024], § 53 Rn. 80; Meikel/Schneider, GBO, 12. Aufl., § 53 Rn. 138; Lemke/Wagner, GBO, 3. Aufl., § 53 Rn. 54). § 53 Abs. 1 GBO stellt eine Ausnahme von dem grundsätzlich im Grundbuchverfahren geltenden Antragsgrundsatz dar (vgl. Denkschrift zur GBO, in Hahn/Mugdan, Bd. V, Neudruck der Ausgabe Berlin 1897, 1983, S. 169 f. zu § 52 GBO-E), und zwar für den Fall, dass das Grundbuchamt bei der Eintragung gesetzliche Vorschriften verletzt hat (s.o. Rn. 21). Aus der Funktion der Amtslöschung als verfahrensrechtliche ultima ratio ergibt sich zugleich der hohe Grad der für eine Amtslöschung notwendigen Überzeugung des Grundbuchamts (vgl. BeckOK GBO/Holzer [9.12.2024], § 53 Rn. 80; BayObLGZ 1961, 23, 35). Bestehen lediglich Zweifel an der inhaltlichen Zulässigkeit, muss es den Beteiligten überlassen bleiben, die Richtigstellung der - vermeintlichen - Unrichtigkeit des Grundbuchs gemäß § 13 Abs. 1, § 22 GBO herbeizuführen (so schon RGZ 113, 223, 231).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Eintragung inhaltlich unzulässig ist.
aa) Die Eintragung in Abteilung II des Grundbuchs erfolgte am 10. September 1888. Es steht nicht fest, dass die Eintragung zu diesem Zeitpunkt inhaltlich unzulässig war.
(1) Gemäß § 1 des Gesetzes über das Grundbuchwesen in der Provinz Hannover mit Ausschluss des Jadegebiets vom 28. Mai 1873 (Gesetzsammlung für die Königlich-Preußischen Staaten 1873 S. 253) galt im Gebiet des verfahrensgegenständlichen Grundbuchs die preußische Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872. Nach deren § 11 waren in der zweiten Abteilung des Grundbuchs dauernde Lasten und wiederkehrende Geld- und Naturalleistungen sowie Beschränkungen des Eigentums und des Verfügungsrechts des Eigentümers einzutragen.
(2) Dass mit der Eintragung eine Beschränkung des Verfügungsrechts des Eigentümers verlautbart wird, ist entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht ausgeschlossen.
(a) Bei der Auslegung des Inhaltes einer Grundbucheintragung ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt; Umstände außerhalb der Grundbucheintragung und einer ggf. nach § 874 BGB in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung dürfen jedoch insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Urteil vom 18. September 2020 - V ZR 28/20, NJW
2021, 1397 Rn. 5 mwN). Handelt es sich - wie hier - um eine altrechtliche Eintragung, sind, wie Art. 184 Satz 1 EGBGB zu entnehmen ist, bei deren Auslegung auch die zur damaligen Zeit bestehenden Rechtsverhältnisse (vgl. Senat, Urteil vom 21. Oktober 2011 - V ZR 10/11, NJW-RR 2012, 346 Rn. 14) und der seinerzeit übliche Sprachgebrauch mit zu berücksichtigen (vgl. BayObLGZ 1997, 266, 275; OLG Nürnberg, Beschluss vom 2. Juni 2017 - 15 W 1995/16, juris Rn. 79). Dabei ist auch das schutzwürdige Vertrauen auf die Zulässigkeit von Eintragungen, die jahrzehntelang Bestand gehabt haben, zu beachten (vgl. BayObLGZ 1987, 121, 129).
(b) Danach lässt sich nicht ausschließen, dass die Eintragung eine Verfügungsbeschränkung bezeichnet.
(aa) Sowohl die Formulierung im ersten Satz der Eintragung, dass das Grundstück zum Bestand des Ritterguts gehört, als auch der erste Halbsatz des zweiten Satzes der Eintragung, wonach die Bestandteile des Ritterguts nicht ohne Genehmigung des ritterschaftlichen Kollegiums veräußert werden dürfen, legen nahe, dass insoweit eine Verfügungsbeschränkung verlautbart wird. Die Formulierung, dass eine Veräußerung des Grundstücks ohne Genehmigung nicht erfolgen darf, macht eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Eigentümers deutlich. Diese Beschränkung findet ihre Entsprechung in Art. 14 der ritterschaftlichen Statuten, wonach der Verkauf oder Vertausch einzelner „Zubehörungen“ der Güter nur gestattet ist, sofern dem ritterschaftlichen Kollegium die Beschaffung eines „zureichenden Aequivalents in Grund und Boden nachgewiesen wird“, wobei die Ritterschaft allerdings „[v]on der Beschaffung solchen Aequivalents“ bei „unbedeutenden Gegenständen dispensiren“ kann.
(bb) Anders als das Beschwerdegericht meint, kann auch in Zusammenschau mit dem zweiten Halbsatz des zweiten Satzes der Eintragung, wonach „widrigenfalls die sämtlichen ritterschaftlichen Rechte aufgrund der Bestimmung des Artikels 17 der ritterschaftlichen Statuten vom 14. Juni 1863 beruhen werden“, nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass die Eintragung keine Verfügungsbeschränkung verlautbaren, sondern lediglich auf die Folgen für die ritterschaftlichen Rechte des Eigentümers verweisen soll. Vielmehr kann diese Formulierung auch als Hinweis auf die weiteren Folgen einer genehmigungslosen Veräußerung für die ritterschaftlichen Rechte verstanden werden. Für ein solches Verständnis sprechen sogar überwiegende Gründe. Insbesondere könnte das ritterschaftliche Kollegium seiner in Art. 11 Abs. 2 der ritterschaftlichen Statuten geregelten Aufgabe, über den Erhalt der Güter die Aufsicht zu führen, nicht effektiv nachkommen, wenn ein Verstoß gegen das in Art. 14 der Statuten geregelte und in der Grundbucheintragung wiedergegebene Gestattungserfordernis lediglich Folgen für die mitgliedschaftlichen Rechte des Eigentümers und keine dingliche Wirkung hätte. Damit würde zugleich - worauf die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 in dem Erörterungstermin vor dem Senat zutreffend hingewiesen hat - die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Beteiligten zu 1 in der Landschaft des vormaligen Fürstentums Lüneburg (vgl. zur Verfassung der Landschaft das Gesetz vom 3. Juni 1863 betreffend die Abänderungen in der landschaftlichen Verfassung des Fürstenthums Lüneburg in der Fassung vom 26. Mai 1975 und unter Berücksichtigung der Änderungsbeschlüsse des Allgemeinen Landtages vom 8. November 2006, abgedruckt in Verordnung und Regulative, die Verhältnisse der Landschaft des vormaligen Fürstenthums Lüneburg betreffend, 2006) in Frage gestellt. Auch legt die Tatsache, dass sich entsprechende Eintragungen in einer Vielzahl von Grundbüchern finden, nahe, dass das Genehmigungserfordernis nach dem damaligen Rechtsverständnis als Verfügungsbeschränkung aufgefasst wurde.
(cc) Steht danach nicht zweifelsfrei fest, dass mit der Eintragung nach dem Rechtsverständnis zum Zeitpunkt der Eintragung im Jahr 1888 keine Verfügungsbeschränkung bezeichnet wird, kommt eine Amtslöschung der Eintragung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO nicht deswegen in Betracht, weil die Eintragung ursprünglich inhaltlich unzulässig war.
bb) Die inhaltliche Unzulässigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass die Eintragung am 2. Februar 1999 auf den neuen Blattvordruck übertragen worden ist. Verfügungsbeschränkungen sind auch nach § 10 Abs. 1 GBV in Abteilung II einzutragen. Soweit die Verfügungsbeschränkung im Jahr 1888 bestand, blieb sie gemäß Art. 168 EGBGB bestehen, unabhängig davon, ob sie im Jahr 1999 neu hätte begründet werden können. Sollte sich - was hier nicht zu entscheiden ist - aus Art. 14 der landesrechtlich genehmigten ritterschaftlichen Statuten eine Verfügungsbeschränkung ergeben, bezöge sich diese im Übrigen nach Art. 119 Nr. 1 EGBGB auch auf Grundstücke, die nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Bestandteile von Rittergütern geworden sind oder werden sollten.
V.
Da von Amts wegen die Eintragung nicht zu beanstanden ist, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen ersatzlos aufzuheben (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG).
Brückner Laube Göbel Grau Haberkamp Vorinstanzen:
AG Dannenberg (Elbe), Entscheidung vom 06.12.2022 - GA-1560-35OLG Celle, Entscheidung vom 22.03.2023 - 18 W 10/23 -