Paragraphen in 14 W (pat) 33/09
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 33/09 Verkündet am 15. November 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent DE 102 97 513 …
BPatG 154 05.11
-2…
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, des Richters Dr. Kortbein sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Patentinhaberinnen wird der Beschluss der Patentabteilung 1.41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Juli 2009 aufgehoben.
2. Das Patent DE 102 97 513 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Bezeichnung Patentansprüche Beschreibung In vitro Herstellung von dendritischen Zellen aus CD14+-Monozyten 1 bis 59 gemäß neuem Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2013, Seiten 2 bis 22 gemäß angepasster Patentschrift, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 15. November 2013
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe I.
Die Patentabteilung 1.41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das am 10. Dezember 2002 als internationale Patentanmeldung PCT/EP02/14874 angemeldete, die Priorität der französischen Anmeldung FR 01/15942 vom 10. Dezember 2001 in Anspruch nehmende und mit der Bezeichnung
„In vitro Herstellung von dendritischen Zellen aus CD14+-Monozyten“
erteilte Patent durch Beschluss vom 14. Juli 2009 gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG widerrufen.
Der Widerruf des Patents wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die im jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 und 2 beschriebene Verwendung von CD14+-Monozyten zur Erzeugung einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen gegenüber der Druckschrift D1 S. Jaksits et al., The Journal of Immunology, 1999, 163, 4869 bis 4877 nicht neu sei. Des Weiteren unterscheide sich die Verwendung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nur dadurch von der Lehre der D1, dass bei der Kultivierung der Zellen anstelle von IL-4 das Cytokin IL-13 eingesetzt werde. Aus der Druckschrift E2 L. Piemonti et al., Eur. Cytokine Netw., 1995, 6(4), 245 bis 252 sei jedoch bekannt, dass IL-4 und IL-13 bei der Kultivierung und Differenzierung von CD14+-Monozyten gleichwirkend sei, so dass der Zellkulturfachmann in Kenntnis der E2 IL-13 anstelle von IL-4 mit hinreichender Ausschicht auf Erfolg habe einsetzen können. Eine Zusammenschau der Druckschriften D1 und E2 lege demzufolge die im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 angegebene Verwendung nahe.
Gegen diesen Beschluss haben die Patentinhaberinnen Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung als neuen Hauptantrag die Patentansprüche 1 bis 59 eingereicht, von denen die nebengeordneten Patentansprüche 1, 23, 43, 46, 51 bis 54 und 56 bis 59 wie folgt lauten:
„1. Verwendung von CD14+ Monocyten, isoliert aus peripher zirkulierendem Blut, um durch Differenzierung mindestens eine gemischte Population aus Langerhansschen und interstitiellen dendritischen Zellen zu erhalten, wobei sowohl die Langerhansschen Zellen als auch die interstitiellen dendritischen Zellen präkonditioniert und undifferenziert oder differenziert und unreif sind, und wobei die Differenzierung durch Kultivieren in einem Kulturmedium bewirkt wird, welches mindestens die zwei Cytokine GM-CSF und TGFβ enthält und in Gegenwart des dritten Cytokins IL-13 erfolgt.
23. Prozess zur in vitro Kultivierung von CD14+ Monocyten, welcher umfasst: a) die Extraktion von CD14+ Monocyten aus peripher zirkulierendem Blut und b) die Kultivierung der separierten CD14+ Monocyten in einem Kulturmedium, welches mehrere Cytokine für einen ausreichenden Zeitraum enthält, um eine Doppelpopulation aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen zu erhalten, und wobei die Kultivierung in der Gegenwart von mindestens den Cytokinen GM-CSF und TGFβ und in der Gegenwart des dritten Cytokins IL-13 erfolgt.
43. Verwendung von mindestens der gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen, welche aus der Verwendung von CD14+ Monocyten nach einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 22 oder durch einen Kultivierungsprozess nach einem beliebigen der Ansprüche 23 bis 42 erhalten wird, für die Fertigung eines Suspensions-, einschichtigen oder dreidimensionalen, multizellulären Untersuchungsmodells.
46. Vollständiges Modell aus rekonstruierter Haut oder rekonstruierter Schleimhaut oder ein Modell aus rekonstruierter Dermis oder rekonstruiertem Chorion oder ein Modell aus rekonstruiertem Epithel oder ein Epidermis-Modell oder jedes beliebige andere Suspensions-, einschichtige oder dreidimensionale, multizelluläre Modell, welches mindestens eine gemischte Population aus LC/IDC, erhalten aus CD14+ Monocyten, umfasst, wie sie aus einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 42 erhalten wird.
51. Verwendung einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen, wie nach einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 42 und 43 bis 50 erhalten, als ein Modell für die Untersuchung und/oder Selektion von Wirkprinzipien.
52. Verwendung eines Modells nach einem beliebigen der Ansprüche 43 bis 50, für den Zweck, die immunstimulierende oder immunsupprimierende Aktivität eines Wirkprinzips zu untersuchen oder eine Immuntoleranz durch das Wirkprinzip zu beurteilen oder zu induzieren.
53. Verwendung eines Modells nach einem beliebigen der Ansprüche 43 bis 50 zum Untersuchen der Physiopathologie von epithelialen Barrieren; der Irritation der Haut oder Schleimhäuten; der Angriffe von biologischer Natur, Viren, Retroviren, HIV, Bakterien, Pilzen, Mikroorganismen und Antigenen; der Phototoxizität; der Photoprotektion; des Effekts von Wirkprinzipien, insbesondere kosmetischen oder pharmazeutischen Wirkprinzipien; und des Effekts von Endprodukten, kosmetischen oder pharmazeutischen Produkten; und zum Untersuchen der Infektionsmechanismen durch einen pathogenen Erreger.
54. Verwendung eines Modells nach einem der beliebigen Ansprüche 43 bis 50 zum Detektieren der Gegenwart eines pathogenen Erregers.
56. Verwendung eines Modells nach einem der beliebigen Ansprüche 43 bis 50 für eine kosmetische Anwendung.
57. Verwendung einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen, welche aus der Verwendung von CD14+ Monocyten nach einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 22 oder durch einen Kultivierungsprozess nach einem beliebigen der Ansprüche 23 bis 42 erhalten werden, zur Fertigung eines Suspensions-, einschichtigen oder dreidimensionalen, multizellulären Modells zum Modulieren der Immun- oder Toleranzantwort, einem Umwelteinfluss folgend zum Zweck präventiver und heilender Therapie.
58. Verwendung einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen, welche aus der Verwendung von CD14+ Monocyten nach einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 22 oder durch einen Kultivierungsprozess nach einem beliebigen der Ansprüche 23 bis 42 oder wie in Anspruch 43 definiert, erhalten werden, zur Fertigung eines Suspensions-, einschichtigen oder dreidimensionalen, multizellulären Modells zur AntiKrebszelltherapie; einer Zelltherapie in Fällen einer Autoimmunerkrankung durch die Erzeugung einer Immunotoleranzsituation; Gentherapie für Erkrankungen, die das Immunsystem betreffen oder die Entwicklung und Produktion von Vakzinen.
59. Verwendung einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen, welche aus der Verwendung von CD14+ Monocyten nach einem beliebigen der Ansprüche 1 bis 22 oder durch einen Kultivierungsprozess nach einem beliebigen der Ansprüche 23 bis 42 oder wie in Anspruch 43 definiert, erhalten werden, zur Fertigung eines Suspensions-, einschichtigen oder dreidimensionalen, multizellulären Modells für gewebs- und zellkonstruierte Anwendungen.“
Die Patentansprüche 2 bis 22 betreffen Weiterbildungen der Verwendung nach Patentanspruch 1, die Patentansprüche 24 bis 42 sind auf Weiterbildungen des Verfahrens nach Patentanspruch 23 gerichtet, die Patentansprüchen 44 und 45 sind auf den Verwendungsanspruch 43 rückbezogen, die Patentansprüche 47 bis 50 betreffen weitere Ausgestaltungen des vollständigen Modells nach Patentanspruch 46 und der Patentanspruch 55 ist auf den Verwendungsanspruch 54 rückbezogen.
Zur Begründung ihrer Beschwerde haben die Patentinhaberinnen im Wesentlichen vorgetragen, dass die Druckschrift D1 keine Doppelpopulation aus Langerhansschen und interstitiellen dendritischen Zellen offenbare und daher keine neuheitsschädliche Offenbarung enthalte. An der Interpretation der in D1 veröffentlichten Ergebnisse könnten auch die in der nachveröffentlichten Druckschrift D8 N. Bechetoille et al., Journal of Leukocyte Biology, 2006, 80, 45 bis 58 beschriebenen Versuche nichts ändern, da diese Versuche unter anderen Bedingungen als in D1 durchgeführt worden seien. Im Hinblick darauf, dass in jeder der Druckschriften D1 S. Jaksits et al., The Journal of Immunology, 1999, 163, 4869 bis 4877 D2 F. Grassi et al., Journal of Leukocyte Biology, 1998, 64, 484 bis 493 D3 C. Caux et al., Journal of Leukocyte Biology, 1999, 66, 781 bis 791 E1 F. Geissmann et al., J. of Exp. Med., 1998, 187(6), 961 bis 966 E2 L. Piemonti et al., Eur. Cytokine Netw., 1995, 6(4), 245 bis 252 E3 G. Guironnet et al., The Journal of Investigative Dermatology,
2001,116(6), 933 bis 939 für die darin genannten Versuche unterschiedliche Bedingungen verwendet, Zellen unterschiedlich bezeichnet und gegensätzliche Auffassungen hinsichtlich der Differenzierung von Vorläuferzellen in dendritische Zellen vertreten würden, werde der patentgemäße Gegenstand durch den zitierten Stand der Technik auch nicht nahegelegt. Neu und erfinderisch sei auch das im geltenden Patentanspruch 46 genannte vollständige Modell gegenüber dem Hautmodell der Druckschriften D4 Doktorarbeit von Frau Annie F. Black vom 22. Juni 2000 an der Universität Claude Bernard – Lyon 1, S. 25 bis 29, 45 bis 49, 62 bis 64, 111 bis 123 und D5 EP 0 789 074 B1.
So würden für das Hautmodell der D4 ausschließlich CD34+-Stammzellen in Langerhanssche Zellen (LCs) und dermale dendritische Zellen (DCs) differenziert. IDCs würden in D4 daher weder genannt, noch werde darin auf deren Bedeutung für ein vollständiges Hautmodell hingewiesen. Die in Druckschrift D5 vermittelte Lehre sei ausschließlich mit der Differenzierung von Vorläuferzellen in Langerhanssche Zellen befasst und enthalte daher keinerlei Hinweise auf die Bereitstellung einer gemischten Zellpopulation aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen. Nachdem das Modell in der D5 an keiner Stelle als nachteilig erachtet werde, habe für den Fachmann auch keine Veranlassung bestanden, dieses Hautmodell zu verändern.
Die Patentinhaberinnen beantragen sinngemäß,
den Beschluss der Patentabteilung 1.41 des Deutschen Patentund Markenamts vom 14. Juli 2009 aufzuheben und das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 59 gemäß Hilfsantrag 1, der von den Patentinhaberinnen zum neuen Hauptantrag gemacht wird, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 15. November 2013, Beschreibung Seiten 2 bis 22 gemäß geänderter Patentschrift, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 15. November 2013, beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tritt dem Vorbringen der Patentinhaberinnen in allen Punkten entgegen und hat im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei D1 um neuheitsschädlichen Stand der Technik handle, da der Fachmann im Western Blot der D1 aufgrund der dabei verwendeten spezifischen Marker eine gemischte Zellpopulation aus LCs und IDCs erkenne. Die Neuheitsschädlichkeit der D1 werde zudem durch die in D8 beschriebenen Versuche bestätigt. In Kenntnis des Standes der Technik, wie er in den Druckschriften D1 bis D3 und E1 bis E3 wiedergegeben werde, sei die im geltenden Patentanspruch 1 beschriebene Verwendung für den Fachmann ferner als naheliegend zu erachten. Der von der Klägerin als Dokument D10 Experimental Report von L`Oréal, Seiten 1 bis 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 16. Januar 2009,
vorgelegte Versuch bestätige des Weiteren, dass das vollständige Hautmodell des geltenden Patentanspruchs 46 durch die Offenbarung der Druckschrift D4 bzw. D5 neuheitsschädlich getroffen werde.
Zudem regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde über folgende Rechtsfrage an:
„Ist ein in einem Sach-, Verfahrens- oder Verwendungsanspruch als Merkmal enthaltenes Produkt, das durch bestimmte Verfahrensschritte erhalten wird, auf ein nach dem Verfahren erhaltenes Produkt beschränkt oder wird das Produkt ohne Beschränkung auf die Verfahrensschritte beschrieben?“
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (PatG § 73) und unter Zugrundelegung des neuen Hauptantrags auch begründet.
1. Bezüglich der Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche 1 bis 59 bestehen keine Bedenken. Deren Merkmale sind sowohl aus den ursprünglichen Unterlagen (vgl. Ansprüche 1 bis 9, 11 bis 25, 27 bis 29, 31 bis 36 und 43 bis 57)
als auch aus der Patentschrift (vgl. Patentansprüche 1 bis 5, 7 bis 12, 14 bis 29, 31 bis 36, 38 bis 43, 45 bis 51 und 62 bis 78 i. V. m. Beschreibung Abs. [0094]) herleitbar. Die Ansprüche sind auch sonst nicht zu beanstanden.
2. Die im geltenden Patentanspruch 1 angegebene Verwendung von CD14+Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut zum Erhalt einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen ist neu.
In der Studie der Druckschrift D1 untersuchen Jaksits et al. die TGF-β1Abhängigkeit der Differenzierung dendritischer Vorläuferzellen mit dem Ziel, einen zellulären Phänotyp identifizieren zu können, der in Gegenwart von TGF-β1 zu Langerhansschen Zellen (LCs) differenziert (vgl. D1, Titel i. V. m. S. 4869, re. Sp., dritter Abs.). Als Ausgangsmaterial verwenden die Autoren der D1 sowohl aus Nabelschnurblut gewonnene CD34+ hämatopoetische Vorläuferzellen als auch CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut (vgl. D1, S. 4870, li. Sp., dritter Abs. bis re. Sp., erster Abs.). Um die Differenzierung dieser Vorläuferzellen in unterschiedlichen Kulturmedien bestimmen zu können, führen die Autoren der D1 nach der Kultivierung der Zellen eine Western Blot-Analyse sowie eine Durchflusszytometrie durch, deren Ergebnisse in den Figuren 2A und 2B graphisch dargestellt sind. Wie Spalte 7 des in Figur 2A gezeigten Western Blots erkennen lässt, differenzieren CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut in Gegenwart von TGF-β1 in eine Zellpopulation, die phänotypisch durch die Expression von E-Cadherin und dem Gerinnungsfaktor XIIIa (FXIIIa) charakterisiert ist. Die in Abwesenheit von TGF-β1 kultivierten CD14+-Monozyten differenzieren dagegen in eine Zellpopulation, die – wie in Spalte 8 der Figur 2A gezeigt – lediglich den Faktor XIIIa exprimiert. Die fehlende Expression von ECadherin in Abwesenheit von TGF-β1 wird zusätzlich durch die in Figur 2B dargestellten Ergebnisse der Durchflusszytometrie bestätigt (vgl. D1, S. 4872, Fig. 2B, zweite Darstellung von links). Als bemerkenswert erachten die Autoren der D1 an diesem Ergebnis insbesondere die Tatsache, dass unabhängig davon, ob dem Kulturmedium TGF-β1 zugesetzt wird oder nicht, die aus peripher zirkulierendem Blut isolierten CD14+-Monozyten nach ihrer Differenzierung in jedem Fall den Faktor XIIIa sowie das Protein CD11b exprimieren und damit zwei Proteine, die zwar von dermalen Zellen, nicht aber von epidermalen Langerhansschen Zellen exprimiert werden, weshalb die Autoren der D1 diese Zellen als non-LC DCs bezeichnen (vgl. D1, S. 4872, li. Sp., dritter Abs., 4. bis 7. Satz). Ausgehend davon äußern Jaksits et al. die Vermutung, dass dendritische Zellen, die von CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut abgeleitet werden, keine vollständige Differenzierung zu Langerhansschen Zellen durchlaufen (vgl. D1, S. 4872, li Sp., dritter Abs., 8. Satz). Unter Berücksichtigung ihrer früheren Beobachtungen kommen sie daher zu dem Ergebnis, dass von CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut abgeleitete dendritische Zellen in Abhängigkeit von TGF-β1 zwar bereits den für Langerhanssche Zellen spezifischen Marker ECadherin exprimieren, TGF-β1 diesen Zellen aber dennoch keine vollständige Differenzierung in Langerhanssche Zellen ermöglicht, da die Zellen weiterhin die für Langerhanssche Zellen unspezifischen Marker FXIIIa und CD11b exprimieren (vgl. D1, S. 4876, li. Sp., letzter Abs.). Zum Zeitpunkt ihrer Studie gehen die Autoren der D1 daher davon aus, dass ein gemeinsamer Vorläufer für eine Zellpopulation aus epidermalen Langerhansschen Zellen und dermalen dendritischen Zellen noch nicht gefunden ist (vgl. D1, S. 4876, re. Sp., letzter Abs., erster Satz).
In Anbetracht dessen liest der Fachmann, selbst wenn er die im geltenden Patentanspruch 1 angegebene Zusammensetzung des Kulturmediums unbeachtet lässt, auch unter Einbeziehung seines Fachwissens in D1 keine Verwendung von CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut mit, die zum Erhalt einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen führt (vgl. BGH GRUR 2009, 382, Rn. 25 - Olanzapin).
Das Argument der Einsprechenden, aus der D1 gehe eindeutig hervor, dass mit CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut eine gemischte Population aus LCs und IDCs erhalten werde, da mit dem in D1 gezeigten Western Blot sowohl der für LCs spezifische Marker E-Cadherin als auch der für dermale dendritische Zellen (DDCs) - die den patentgemäßen IDCs entsprächen – spezifische Marker FXIIIa nachgewiesen werde, vermag nicht zu überzeugen. Bei der in D1 gezeigten Western Blot-Analyse wird nämlich aus den kultivierten Zellen zunächst ein Proteinextrakt hergestellt, der anschließend auf einem SDS-Gel in einzelne Proteine aufgetrennt wird, diese werden danach auf eine NitrocelluloseMembran übertragen und dort mit spezifischen Antikörpern nachgewiesen (vgl. D1, S. 4872, re. Sp., Beschreibung zu Figur 2). Folglich kann mit einer WesternBlot Analyse, wie sie in der Studie der D1 zur Analyse der Differenzierungsversuche durchgeführt wird, lediglich die Anwesenheit bestimmter Proteine in der Zellpopulation detektiert werden, die Proteine können nachträglich aber nicht mehr einzelnen Zelltypen zugeordnet werden.
Zu keiner anderen Sichtweise der Sachlage führt auch der Hinweis der Einsprechenden, dass dem Fachmann kein Zelltyp bekannt gewesen sei, der beide Marker exprimiere und auch nicht alle im Western Blot der D1 untersuchten Zellen doppelt positiv sein könnten, so dass der Fachmann darin in jedem Fall eine gemischte Population aus LCs und IDCs erkenne. Wie nämlich die Studie der D1 oder andere wissenschaftliche Veröffentlichungen wie D3 oder E3 belegen, war die Differenzierung dendritischer Zellen zu dem für das Streitpatent relevanten Zeitrang noch nicht in allen Details geklärt und folglich waren auch noch nicht alle immunchemischen Phänotypen der daran beteiligten Zellen bekannt. So können Jaksits et al. in Bezug auf ihre mit CD34+-Stammzellen durchgeführten Versuche nur Vermutungen darüber anstellen, ob am Tag 6 der Stammzellkultur eine bestimmte, schwach differenzierte Vorläuferzelle dafür verantwortlich sein könnte, dass entweder LC-Vorläuferzellen oder aber non-LC DC-Vorläuferzellen entstehen (vgl. D1, S. 4876, re. Sp., fünfter Satz). In Analogie dazu führen die Autoren der D1 auch das nach der Differenzierung von CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut im Western Blot der Figur 2 nachgewiesene E-Cadherin auf die Anwesenheit einer ihnen noch unbekannten LC-Vorläuferzelle zurück, die zwar bereits den für LC typischen Marker E-Cadherin exprimiert, aber aufgrund der gleichzeitigen für LC untypischen Expression von FXIIIa und CD11b noch keine vollständige LC-Differenzierung durchlaufen hat, weshalb dieser Zelltyp von Jaksits et al. auch als non-LC DC bezeichnet wird. Ausgehend davon, lässt das in D1 gezeigte Ergebnis der Western Blot-Analyse sowie der Durchflusszytometrie folglich nur den Schluss zu, dass die darin detektierten Proteine von einem doppelt positiven Zelltyp stammen. Druckschrift D1 offenbart daher trotz der im Western Blot nachgewiesenen, für LCs und DDCs sepzifischen Marker ECadherin und FXIIIa keine gemischte Population aus LCs und IDCs, die unter Verwendung von CD14+-Mononzyten aus peripher zirkulierendem Blut erhalten wird, zumal aus der Offenbarung der D1 auch nicht unmittelbar und eindeutig hervorgeht, dass es sich bei DDCs und IDCs um immunchemisch identische zelluläre Phänotypen handelt (vgl. D1, S. 4872, li. Sp., dritter Abs., 8. Satz i. V. m. re. Sp., Fig. 2A).
Auch die Berücksichtigung der in der nachveröffentlichten Druckschrift D8 beschriebenen Versuche führt zu keiner anderen Lesart der in D1 offenbarten Ergebnisse. Es mag zwar – wie von der Einsprechenden ausgeführt - zutreffend sein, dass mit den in D8 beschriebenen Versuchen durch Kultivierung von CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut eine gemischte Population aus LCs und IDCs erhalten wird (vgl. D8, S. 46, re. Sp., vorletzter Abs. und S. 50, Fig. 4 i. V. m. li. Sp., zweiter Abs.). Dennoch beinhaltet die D8 keine Belege dafür, dass die in den Versuchen der D1 nachgewiesenen Marker E-Cadherin und FXIIIa nur bei einer derart gemischten Zellpopulation auftreten. Die in D8 beschriebene Zellpopulation enthält außer LCs und IDCs nämlich zusätzlich einen kleinen Anteil an doppelt positiven Zellen, die beide Marker exprimieren (vgl. D8, S. 50, li. Sp., zweiter Abs. i. V. m. Fig. 4). Mithin belegen die Angaben in D8 vielmehr, dass ECadherin und FXIIIa tatsächlich von einer einzigen Vorläuferzelle stammen können und bestätigen damit die von den Autoren der D1 geäußerte Theorie, dass CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut nicht in LCs und IDCs,
sondern in Vorläuferzellen differenzieren, die sowohl E-Cadherin als auch FXIIIa exprimieren. Die Angaben in der Druckschrift D8 können an der Lesart der in der D1 offenbarten Ergebnisse auch deshalb nichts ändern, weil die in D8 beschriebenen Versuche unter anderen Bedingungen als in D1 durchgeführt werden. Anders als in den Versuchen der D1 werden die CD14+-Monozyten in der D8 nämlich in Gegenwart von TNF-α kultiviert (vgl. D1, S. 4870, spaltenübergreifender Abs. und D8, S. 46, re. Sp., letzter vollständiger Abs.). Zudem werden die CD14+Monozyten in der D1 für 7 Tage in X-VIVO 15 Medium kultiviert, das GM-CSF, TGF-β1 und IL-4 enthält, während in den Versuchen der D8 ein Medium mit der Bezeichnung RPMI 1640 verwendet wird, das GM-CSF, TGF-β1 und IL-13 enthält und in dem die Zellen zunächst 6 Tage kultiviert werden, bevor dem Medium am Tag 6 TNF-α für 6, 12, 18, 24 oder 48 Stunden zugesetzt wird (vgl. D1, S. 4872, re. Sp., Beschreibung zu Fig. 2 und D8, S. 46, re. Sp., zweiter Abs., erster Satz und letzter vollständiger Abs.). Aufgrund unterschiedlicher Kulturmedien, Kultivierungszeiten sowie des Einsatzes unterschiedlicher Cytokine, lassen sich die Ergebnisse der D8 daher nicht 1:1 auf die in D1 beschriebenen Versuche übertragen. Daran ändert auch das Argument der Einsprechenden nichts, dass der Einsatz von TNF-α in den Versuchen der D8 - wie den Protokollen 1 bis 3 der Streitpatentschrift zu entnehmen sei - keinen Einfluss auf den Differenzierungszustand der Zellpopulation habe. Denn wie bereits zuvor dargelegt, weichen die Versuchsbedingungen in D1 und D8 nicht nur in der Verwendung unterschiedlicher Cytokine, sondern auch in weiteren Punkten voneinander ab, was eine Vergleichbarkeit der in beiden Studien ermittelten Ergebnisse unmöglich macht.
Entgegen der von der Einsprechenden vertretenen Ansicht erlaubt auch eine Berücksichtigung der in den Studien D3 und E3 veröffentlichten Ergebnisse keine Aussage darüber, von welchem zellulären Phänotyp die in D1 nachgewiesenen Proteine E-Cadherin und FXIIIa stammen. Denn die in E3 gezeigte Durch- flusszytometrie belegt lediglich, dass in Gegenwart von TGF-β1 differenzierte dendritische Zellen die Proteine E-Cadherin und FXIIIa exprimieren, was aus den bereits zuvor genannten Gründen über die in der untersuchten Zellpopulation vorhandenen zellulären Phänotypen allerdings nichts aussagt (vgl. E3, Fig. 1). Entsprechendes gilt für die D3. Aus der schematischen Übersicht in Figur 10 ist dem Fachmann zwar bekannt, dass CD34+-Stammzellen in Gegenwart von GMCSF und TNF-α zu CD14+-Monozyten differenzieren, die sich bei weiterer Kultivierung in einem IL-4-haltigen Medium zu interstitiellen dendritischen Zellen (IDCs) entwickeln. Zugleich lehrt die D3 den Fachmann, dass sich in einem davon getrennten Zellkulturansatz, in dem CD34+-Stammzellen in einem GM-CSF/TNFα-konditionierten Medium unter Zugabe von TGF-β kultiviert werden, Langerhanssche Zellen entwickeln (vgl. D3, S. 790, Figur 10). Der Einsprechenden ist folglich zwar dahingehend zuzustimmen, dass sowohl die Existenz von LCs und IDCs als auch die Differenzierung von CD34+-Stammzellen zu CD14+-Monozyten sowie die Stimulation der LC-Differenzierung mit Hilfe von TGF-β zum maßgeblichen Zeitpunkt zum maßgeblichen Zeitpunkt als bekannt vorauszusetzen ist. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Populationen von LCs und IDCs in D3 zum einen nur unter Verwendung zweier getrennter Kulturansätze erhalten und zum anderen hierfür keine CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut verwendet werden, sondern CD34+-Stammzellen bzw. davon abgeleitete CD14+-Monozyten, die nach allgemeiner Fachkenntnis den CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut allenfalls ähneln, mit diesen aufgrund ihrer Reifung aber keinesfalls identisch sind. Demzufolge enthält auch die D3 keine Informationen, die eine Zuordnung der im Western Blot der D1 nachgewiesenen Proteine E-Cadherin und FXIIIa zu einer gemischten Population aus LCs und IDCs ermöglichen würden.
Die weiteren im Verfahren genannten Druckschriften liegen weiter weg und wurden von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr als neuheitsschädlicher Stand der Technik diskutiert. Auch nach Ansicht des Senats vermag keine dieser Entgegenhaltungen die Neuheit der im geltenden Patentanspruch 1 beschriebenen Verwendung in Frage zu stellen.
3. Die im geltenden Patentanspruch 1 beschriebene Verwendung beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Bei dendritischen Zellen wie Langerhansschen Zellen (LCs) und interstitiellen dendritischen Zellen (IDCs) handelt es sich um Immunzellen der Haut, wobei LCs in der Epidermis und IDCs in der Dermis zu finden sind. Die in vitro Erzeugung dieser beiden dendritischen Zelltypen ist vor allem für die Konstruktion von Hautmodellen von besonderer Bedeutung. Allerdings werden in vitro erzeugte LCs und IDCs beim Aufbau von Hautmodellen derzeit nur begrenzt eingesetzt, da industriell zuverlässige Verfahren zum Erhalt dieser Zellen nicht vorhanden sind. Folglich weisen die bekannten Hautmodelle erhebliche Mängel auf (vgl. geltende Beschreibung, Abs. [0002 bis 0014]).
Ausgehend davon liegt dem Streitpatent die objektive technische Aufgabe zugrunde, einen einzigen zellulären Vorläufer für die in vitro Erzeugung einer lebendigen Population aus Langerhansschen Zellen (LC) und interstitiellen dendritischen Zellen (IDC) bereitzustellen (vgl. geltende Beschreibung Abs. [0015]).
Die Aufgabe wird entsprechend dem geltenden Patentanspruch 1 durch eine Verwendung mit folgenden Merkmalen gelöst:
1) Verwendung von aus peripher zirkulierendem Blut isolierten CD14+ Monozyten,
2) um daraus durch Differenzierung mindestens eine gemischte Population aus Langerhansschen und interstitiellen dendritischen Zellen zu erhalten,
2.1) wobei sowohl die Langerhansschen Zellen als auch die interstitiellen dendritischen Zellen präkonditioniert und undifferenziert oder differenziert und unreif sind, und
3) wobei die Differenzierung durch Kultivieren in einem Kulturmedium bewirkt wird,
3.1) welches mindestens die zwei Cytokine GM-CSF und TGFβ enthält und
3.2) in Gegenwart des dritten Cytokins IL-13 erfolgt.
Aus dem Titel der D1 geht hervor, dass das Ziel der darin beschriebenen Studie die Identifizierung einer Vorläuferzelle ist, die in Langerhanssche Zellen (LCs) differenziert. Eine gemischte Population aus LCs und IDCs, wie sie mit der im geltenden Patentanspruch 1 angegebenen Verwendung erhalten wird, streben die Autoren der D1 daher nicht an. Folglich liegt der D1 bereits eine vom Streitpatent abweichende Aufgabenstellung zugrunde. Aber auch die in der D1 veröffentlichten Forschungsergebnisse weisen nicht in Richtung der patentgemäßen Lösung. Die D1 lehrt den Fachmann vielmehr, dass aus Nabelschnurblut abgeleitete CD14-/CD1a+-Monozyten mit und ohne TGF-β1 in LCs differenzieren, während sich von den aus Nabelschnurblut abgeleiteten CD14+-Monozyten nur deren zelluläre CD11b--Phänotypen in Gegenwart von TGF-β1 zu LCs entwickeln (vgl. D1, S. 4869, Abstract i. V. m. S. 4872 Figur 2A und S. 4875 re. Sp., letzter Abs. bis S. 4876, li. Sp., zweiter Abs.). Die immunchemischen CD11b+-Phänotypen differenzieren in Gegenwart von TGF-β1 dagegen in einen als non-LC DC bezeichneten Zelltyp und damit nicht in Langerhanssche Zellen. Selbst wenn der Fachmann daher die non-LC DCs der D1 und die im Streitpatent genannten IDCs als identische Zellen erachten würde, liefern die Ergebnisse der in D1 beschriebenen Versuche, die mit aus Nabelschnurblut isolierten Zellen durchgeführten werden, dennoch keine Hinweise dahingehend, dass LCs und IDCs entsprechend den patentgemäßen Merkmalen 1) und 2) aus einer einzigen Vorläuferzelle - die in peripher zirkulierendem Blut enthalten ist – gewonnen werden können, da in D1 hierfür CD11b+- und CD11b-Vorläuferzellen aus Nabelschnurblut als erforderlich erachtet werden. Aber auch aus den weiteren in D1 beschriebenen Experimenten, in denen Jaksits et al. CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut als Ausgangsmaterial in ihren Differenzierungsversuchen einsetzen, erhält der Fachmann keine Hinweise die in Richtung der patentgemäßen Lösung weisen würden. In diesem Fall stellen die Autoren der D1 nämlich fest, dass die von CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut abgeleiteten dendritischen Zellen keine vollständige Differenzierung zu Langerhansschen Zellen durchlaufen (vgl. D1, S. 4872, li. Sp., 8. Satz und S. 4876, li. Sp., vierter Abs., 1. und 2. Satz). Den Einsatz von CD14+Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut für den Erhalt einer gemischten Zellpopulation aus LCs und IDCs wird der Fachmann in Kenntnis der D1 daher als wenig erfolgversprechend erachten. Zumal der Fachmann keine Veranlassung hat, an der Richtigkeit der in D1 veröffentlichten wissenschaftlichen Ergebnisse zu zweifeln, da die Autoren der D1 in ihrer Studie Analysemethoden anwenden, die sie zweifelsohne in die Lage versetzen, Langerhanssche Zellen anhand der für diese Zellen spezifischen Marker eindeutig identifizieren zu können (vgl. D1, S. 4872, li. Sp., dritter Abs., 7. Satz). Die abschließend von den Autoren der D1 getroffene Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Studie die biologisch relevante Vorläuferzelle von LCs und DDCs noch nicht identifiziert ist, wird der Fachmann daher nicht in Frage stellen (vgl. D1, S. 4876, re. Sp., letzter Abs., erster Satz). In Anbetracht dessen wird der vor die technische Aufgabe des Streitpatents gestellte Fachmann aus den Informationen der D1 auch keine darüber hinausgehenden wissenschaftlichen Theorien zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe ableiten, sondern sich dabei ausschließlich auf die in D1 getroffenen Aussagen stützen. Dementsprechend wird der Fachmann die von der Einsprechen in der mündlichen Verhandlung wiederholt zitierte Aussage in D1, dass CD11b-Monozyten eine Zwischenstufe darstellen, bei der es sich um die letzte Stufe während der Myelopoese handelt, von der aus in einer TGF-β abhängigen Weise eine Differenzierung zu LCs gestartet werden kann, als Teilaspekt der in D1 vermittelten wissenschaftlichen Lehre verstehen und dieser Aussage daher lediglich die Information entnehmen, dass sich von CD34+-Zellen aus Nabelschnurblut abgeleitete CD11b--Monozyten für die Differenzierung in LCs eignen (vgl. D1, S. 4876, li. Sp., letzter Satz und re. Sp., erster Abs., fünfter Satz von unten). Anderslautende Informationen, die z. B. eine Überführung der CD11b-- Monozyten in CD14+-Monozyten nahe legen würden, um diese anschließend in eine gemischte Population aus LCs und IDCs zu differenzieren, wird der Fachmann – daher selbst bei Einbeziehung seines allgemeinen Fachwissens – aus der zuvor zitierten Passage in D1 nicht ableiten. Anregungen in diese Richtung erhält der Fachmann durch diese Passage in D1 auch deshalb nicht, weil sich in der D1 nach wie vor der Hinweis findet, dass CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut in Gegenwart von TGF-β1 keine vollständige Differenzierung zu LCs durchlaufen (vgl. D1, S. 4872, li. Sp., dritter Abs., 8. Satz und S. 4876, li. Sp., vierter Abs., 1. und 2. Satz). Die im geltenden Patentanspruch 1 beschriebene Verwendung von CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut für den Erhalt einer gemischten Population aus LCs und IDCs entsprechend den patentgemäßen Merkmalen 1) und 2) wird durch die Druckschrift D1 daher nicht nahegelegt.
Anregungen, eine Verwendung wie im geltenden Patentanspruch 1 angegeben zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe in Betracht zu ziehen, erhält der Fachmann auch unter Berücksichtigung der in den Druckschriften D2 und D3 sowie E1 bis E3 angegebenen Lehren nicht.
Grassi et al. befassen sich in ihrer vorliegend als Dokument D2 bezeichneten Studie mit der Untersuchung der Verwandtschaft dendritischer Zellen, die zum einen von Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut abgeleitet sind und andererseits in vivo als epidermale und dermale dendritische Zellen vorliegen (vgl. D2, S. 484, re. Sp., dritter Abs.). Die Autoren der D2 stellen in dieser Studie fest, dass von Monozyten abgeleitete dendritische Zellen aufgrund ihres Phänotyps mehr den dermalen dendritischen Zellen als den epidermalen dendritischen Zellen ähneln (vgl. D2, S. 484, Abstract). Sie sehen mit den Ergebnissen ihrer Studie daher die Hypothese bestätigt, dass dendritische Zellen, die von Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut abgeleitet sind, ein Modell für dermale dendritische Zellen darstellen, da die Mehrheit dieser Zellen den Faktor XIIIa exprimiert, während die für LCs typischen Marker E-Cadherin und Birbeck Granula in diesen Zellen nicht nachgewiesen werden konnten (vgl. D2, S. 489, re. Sp., vierter Abs. und S. 490, seitenübergreifender Abs.). Daher wird der Fachmann auch in Kenntnis der D2 nicht daran denken, CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut als gemeinsame Vorläuferzellen für eine gemischte Population aus LCs und IDCs zu verwenden.
Auch eine Berücksichtigung der in D3 angegebenen Lehre ändert daran nichts. Denn die Autoren der D3 gehen ebenfalls davon aus, dass sich LCs nur aus CD34+-Stammzellen entwickeln, während aus Stammzellen abgeleitete Monozyten ebenso wie Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut in DCs oder Makrophagen, nicht aber in LCs differenzieren. Damit finden sich auch in der Druckschrift D3 keine Hinweise dafür, dass es sich bei CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut um geeignete Vorläuferzellen für die gleichzeitige Gewinnung von LCs und IDCs handelt (vgl. D3, S. 789, re. Sp., zweiter und dritter Abs. i. V. m. S. 790, Fig. 10).
Beim Studium der Druckschrift E1 erfährt der Fachmann, dass CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut unter bestimmten Kultivierungsbedingungen in Langerhanssche Zellen (LCs) differenzieren (vgl. E1, S, 961, Abstract und S. 965, li. Sp., zweiter Abs., 1. Satz). Darüber hinausgehende Informationen erhält er allerdings selbst durch die in Figur 4 der E1 dargestellten Ergebnisse nicht. Dem oberen Differenzierungsweg in Figur 4 entnimmt der Fachmann nämlich lediglich, dass eine CD14+-Monozytenkultur in Gegenwart von TGF-β in LCs differenziert, während sich ohne TGF-β kultivierte CD14+-Monozyten zu sog. monocyte-derived DCs (mdDCs) entwickeln, die die phänotypischen Merkmale der LCs nicht aufweisen. Da es den Autoren der E1 nicht gelungen ist, in vivo ein Äquivalent zu den mdDCs nachzuweisen, vermuten Geissmann et al., dass es sich dabei lediglich um eine Zwischenstufe handelt, die bei der Differenzierung der CD14+Monozyten zu LCs durchlaufen wird (vgl. E1, S. 964, Fig. 4 i. V. m. S. 962, re Sp. dritter Abs. bis S. 963, re. Sp. erster Abs.). Sie vertreten daher die Ansicht, dass CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut in Gegenwart von GM-CSF,
IL-4 und TGF-β ausschließlich zu LCs differenzieren, was allerdings im diametralen Gegensatz zu der von Jaksits et al. in D1 veröffentlichten wissenschaftlichen Lehre steht, die eine TGF-β abhängige Differenzierung von CD14+Monozyten in LCs ausschließt (vgl. D1, S. 4872, li. Sp., dritter Abs., 8. Satz und E1, S. 965, re Sp., letzter Satz). Gleichzeitig schließen Geissmann et al. mit ihren in E1 beschriebenen Forschungsergebnissen die Möglichkeit aus, dass sich CD14+-Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut in eine gemischte Population aus LCs und IDCs differenzieren, da sie davon ausgehen, dass die von ihnen während der Differenzierung beobachteten zellulären Phänotypen keine getrennten Zelllinien darstellen, sondern lediglich verschiedene Zwischenstufen, die während der Differenzierung zu LCs durchlaufen werden (vgl. E1, S. 965, spaltenübergreifender Abs.). Wie von den Patentinhaberinnen zutreffend festgestellt, werden in der Fachwelt LCs und IDCs aufgrund ihrer unterschiedlichen Proteinexpressions-Muster jedoch als zwei getrennte Zelllinien beschrieben (vgl. gutachtlich D14, S. 4, Tabelle 1). Das Argument der Einsprechenden, die E1 lege den Erhalt einer gemischten Population von LCs und IDCs, die aus CD14+-Monozyten des peripher zirkulierenden Bluts erhalten werde, nahe, vermag daher nicht zu greifen.
In der Druckschrift E2 wird davon berichtet, dass bei der Differenzierung von Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut in dendritische Zellen mit IL-13 in Gegenwart von GM-CSF identische Ergebnisse wie mit den sonst üblichen Cytokinen IL-4 und GM-CSF erhalten werden. Da die dendritischen Zellen in E2 nicht weiter charakterisiert werden, findet der Fachmann allerdings auch in E2 keine Hinweise, die eine Verwendung mit den patentgemäßen Merkmalen 1) und 2) nahe legt (vgl. E2, S. 248, erster Abs., letzter Satz und S. 249, re. Sp., letzter Satz).
Gegenstand der E3 ist eine Studie, bei der die phänotypische und funktionelle Wirkung von frisch isolierten humanen Monozyten im Vergleich zu dendritischen Zellen, die von Monozyten abgeleitet wurden (mdDC), in einem Hautmodell untersucht wird (vgl. E3, S. 933, Titel). Hierfür werden die Zellen entweder für 6 Tage in GM-CSF/IL-4-Medium oder in einem Medium mit GM-CSF/IL-4 und TGF-β1 kultiviert, danach in ein Hautmodell eingesetzt und dort 6 bzw. 7 Tage kultiviert, bevor die Zellen schließlich immunchemisch analysiert werden (vgl. E3, S. 933, Abstract und re. Sp., vierter Satz von unten bis S. 934, li. Sp. erster Satz). Aus der immunchemischen Analyse der differenzierten Zellen geht hervor, dass alle Zellen den für dermale dendritische Zellen charakteristischen Marker FXIIIa exprimieren, was gegen das Vorliegen von LCs spricht. Auch interstitielle dendritische Zellen weisen die Autoren der E3 in der von ihnen untersuchten Zellpopulation nicht nach (vgl. E3, S. 934, re. Sp., dritter Abs. von unten). Folglich lassen sich dieser Entgegenhaltung keine Hinweise dahingehend entnehmen, CD14+-Monozyten für den Erhalt einer gemischten Population aus LCs und IDCs zu verwenden.
Die übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen, die in der mündlichen Verhandlung nicht mehr berücksichtigt wurden, gehen nicht über die Lehren der vorstehend abgehandelten Druckschriften hinaus und führen den Fachmann ebenfalls nicht zur vorliegend beanspruchten Verwendung. Auch eine Zusammenschau des Standes der Technik ergibt keine weiteren Gesichtspunkte.
Nach alledem ist der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Anspruch Bestand hat.
4. Die nebengeordneten Patentansprüche 23, 43, 51 und 57 bis 59 sind auf ein Verfahren zur in vitro Kultivierung von CD14+-Monozyten (vgl. Patentanspruch 23) sowie auf die Verwendung einer gemischten Population aus Langerhansschen Zellen und interstitiellen dendritischen Zellen zu unterschiedlichen Zwecken gerichtet (vgl. Patentansprüche 43, 51 und 57 bis 59).
Da sowohl das Verfahren als auch die Verwendungen der zuvor genannten nebengeordneten Patentansprüche ebenfalls auf dem Einsatz von CD14+Monozyten aus peripher zirkulierendem Blut zum Erhalt einer LC/IDC-Doppelpopulation basieren, gelten bezüglich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit für die Patentansprüche 23, 43, 51 und 57 bis 59 die vorstehend im Zusammenhang mit dem geltenden Patentanspruch 1 dargelegten Gesichtspunkte gleichermaßen, so dass diese Patentansprüche ebenfalls Bestand haben.
Durch ihren Rückbezug auf die nebengeordneten Patentansprüche 1, 23, 43, 51 und 57 bis 59 haben auch die Patentansprüche 2 bis 22 (Rückbezug auf Patentanspruch 1), die Patentansprüche 24 bis 42 (Rückbezug auf Patentanspruch 23) sowie die Patentansprüche 44 und 45 (Rückbezug auf Patentanspruch 43) mit diesen Bestand.
5. Die Kriterien der Patentfähigkeit erfüllt auch das im geltenden Patentanspruch 46 beschriebene vollständige Modell.
Weder in der Druckschrift D4 noch in der Druckschrift D5 wird ein Hautmodell beschrieben, das eine gemischte Population aus LCs und IDCs umfasst. So werden in das Hautmodell der D4 CD34+-Stammzellen eingesetzt, die dort in epidermale Langerhanssche Zellen (LCs) und dermale dendritische Zellen (DDCs) differenzieren (vgl. D4, S. 113, zweiter Abs. und S. 115, zweiter Abs.). Über die DDCs wird in D4 lediglich ausgesagt, dass diese den Faktor XIIIa exprimieren und sich eindeutig von epidermalen LCs unterscheiden (vgl. D4, S. 112, vierter Abs.). Eine darüber hinausgehende Charakterisierung der DDCs findet in D4 nicht statt. Damit werden interstitielle dendritische Zellen (IDCs) in der D4 weder expressis verbis genannt, noch wird auf das Erfordernis solcher Zellen für das darin beschriebene Hautmodell hingewiesen. Folglich offenbart die D4 kein Hautmodell, das eine gemischte Population von LCs und IDCs enthält.
In das Hautmodell der D5 werden neben Keratinozyten auch Melanozyten und Vorläuferzellen von Langerhansschen Zellen eingesetzt (vgl. D5, Abs. [0064] i. V. m. Ansprüchen 1 und 4). Weitere für das Hautmodell geeignete oder wichtige Zellen werden in D5 nicht angegeben. Es mag zwar zutreffend sein, dass die Einsprechende bei der Nacharbeitung der in D5 beschriebenen technischen Lehre neben LCs in einem Experiment auch DDCs nachweisen konnte (vgl. D10). Damit ist allerdings nach wie vor nicht belegt, dass im Hautmodell der D5 neben LCs auch IDCs vorliegen. Folglich wird das vollständige Modell des geltenden Patentanspruchs 46 durch die Druckschrift D5 ebenfalls nicht neuheitsschädlich getroffen.
Da somit kein Stand der Technik vorliegt, der die Neuheit des vollständigen Hautmodells mit einer gemischten Population aus LCs und IDCs nach Patentanspruch 46 in Frage zu stellen vermag, kann die Berücksichtigung der „product-by-process“-Merkmale im geltenden Patentanspruch 46 zu keinem anderen Ergebnis führen, denn – wie vorstehend dargelegt – ist die Bereitstellung der verwendeten Zellen neu. Nachdem IDCs weder als Bestandteile der in D4 und D5 beschriebenen Hautmodelle genannt werden, noch für diese Hautmodelle als geeignet oder erforderlich erachtet werden, findet der Fachmann in diesen Entgegenhaltungen auch keine Hinweise, die den Einsatz einer gemischten Population aus LCs und IDCs bei einem vollständigen Hautmodell nahe legen würden. Demzufolge beruht die Bereitstellung eines vollständigen Modells, wie im geltenden Patentanspruch 46 beschrieben, auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Durch ihren Rückbezug auf den Patentanspruch 46 haben mit diesem auch die Patentansprüche 47 bis 50 Bestand.
6. Für die auf die Verwendung des patentgemäßen Modells gerichteten Patentansprüche 52, 53, 54 und 56 gelten die vorangegangenen Ausführungen entsprechend. Das gleiche gilt für den auf den Patentanspruch 54 rückbezogenen Patentanspruch 55, der eine besondere Ausführungsform der Verwendung nach Patentanspruch 54 betrifft.
7. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 100 Abs. 2 PatG) ist nicht veranlasst, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Insbesondere zur grundsätzlichen Bewertung eines als product-by-process formulierten Anspruchs hat der Bundesgerichtshof bereits in mehreren Fällen Stellung genommen (vgl. BGH GRUR 1993, 651, Rn. 45 bis 48 - tetraploide Kamille; 2001, 1129, Rn. 70 und 71 – zipfelfreies Stahlband). Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht auch deshalb keine Veranlassung, da, wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, die product-by-process-Merkmale vorliegend nicht zum Tragen kommen und sich somit die von der Einsprechenden formulierte Rechtsfrage nicht stellt.
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