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12 W (pat) 78/14

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 78/14 Verkündet am 7. Juni 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 100 66 343 …

BPatG 154 05.11

-2…

hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Univ. Ganzenmüller, der Richterin Bayer sowie der Richter Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder

-3beschlossen:

Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des Patents 100 66 343 mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Herstellung einer flexiblen Holzfaserdämmstoffmatte und nach diesem Verfahren hergestellte Dämmstoffmatte“,

das durch Teilung aus dem Patent 100 56 829 hervorgegangenen ist, welches am

16. November 2000 unter Inanspruchnahme der zwei inneren Prioritäten

27 497 vom 2. Juni 2000 und 100 29 042 vom 13. Juni 2000 angemeldet wurde, und dessen Erteilung am 3. Januar 2013 veröffentlicht wurde.

Gegen das Patent hatten die jetzigen Beschwerdegegnerinnen I bis IV Einspruch erhoben.

Mit in der Anhörung vom 15. Mai 2014 verkündetem Beschluss hat die Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent widerrufen und dabei zur Begründung angegeben, das Verfahren nach dem erteilten Anspruch 1 stelle eine unzulässige Erweiterung dar und sei durch den Stand der Technik E2 in Verbindung mit E15 nahegelegt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 30. September 2014 eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin.

-4Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, der Gegenstand des Patents in der nunmehr nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsanträgen 1 bis 3 jeweils verteidigten Fassung gehe nicht über den Inhalt der Stammanmeldung hinaus und sei patentfähig. Im nunmehr geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag ist gegenüber dem erteilten Anspruch 1 am Ende das kennzeichnende Merkmal des erteilten Anspruchs 7 betreffend die Länge und Dicke der eingesetzten Holzfasern ergänzt. Er lautet:

Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 kommen gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag im vierten und fünften Absatz Angaben hinzu:

-5Weiter schließt sich beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 am Ende an den neunten und letzten Absatz des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein zusätzlicher Absatz an:

Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ändern sich gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag die Angaben im fünften sowie im neunten und letzten Absatz:

[…]

Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ändern sich gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 nur die Angaben im neunten und vorletzten Absatz:

Der Anspruch 9 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 2 bzw. der entsprechende Anspruch 7 nach Hilfsantrag 1 und 3 ist gerichtet auf eine Dämmstoffmatte, hergestellt mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8 bzw. 1 bis 6. Die jeweiligen weiteren Ansprüche sind auf den Anspruch 1 bzw. auf den Anspruch 9 bzw. 7 direkt oder indirekt rückbezogen.

Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 2014 aufzuheben und das Patent 100 66 343 mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 13 gemäß Hauptantrag vom 9. April 2015, Beschreibung und Zeichnung jeweils gemäß Patentschrift,

hilfsweise mit folgenden Unterlagen:

Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 1 vom 10. Mai 2016, Beschreibung und Zeichnung jeweils gemäß Patentschrift,

weiter hilfsweise mit folgenden Unterlagen:

Patentansprüche 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 2 vom 10. Mai 2016, Beschreibung und Zeichnung jeweils gemäß Patentschrift,

weiter hilfsweise mit folgenden Unterlagen:

Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 3 vom 7. Juni 2016, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 7. Juni 2016, Beschreibung und Zeichnung jeweils gemäß Patentschrift.

Die Einsprechenden und Beschwerdegegnerinnen I, II, III und IV stellten jeweils den Antrag,

die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, der Gegenstand des Patents sei auch in den nunmehr nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsanträgen 1 bis 3 verteidigten Fassungen unzulässig erweitert und beruhe insbesondere gegenüber einer Zusammenschau der Entgegenhaltungen E2 und E15 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Verfahren sind unter anderem die folgenden Druckschriften:

E2 DE 196 35 410 A1 E15 US 5,516,580 A E17 Maloney, Th. M.: Modern Particleboard & Dry-Process Fiberboard Manufacturing, San Francisco, Miller Freeman Inc., 1993.

Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin war zurückzuweisen, weil auch in den nunmehr verteidigten Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 3 der Gegenstand des Anspruchs 1 jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 21 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 PatG).

1) Das Patent betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Dämmstoffmatte aus Holzfasern und eine nach diesem Verfahren hergestellte Dämmstoffmatte.

In der Beschreibungseinleitung, siehe die Patentschrift (PS), Absätze 0002 und 0003, ist als Nachteil bekannter Verfahren zur Herstellung von Dämmstoffmatten aus Holzfasern angegeben, dass damit nur vergleichsweise dünne Schichtdicken realisierbar seien.

Dementsprechend ist als Aufgabe der Erfindung angegeben, ein Herstellungsverfahren im Trockenverfahren für eine Dämmstoffmatte aus Holzfasern zu schaffen, mit dem in einem Arbeitsgang vergleichsweise dicke Matten herstellbar sind, siehe PS, Abs. 0004.

Diese Aufgabe soll durch ein Trocken-Herstellungsverfahren mit den Verfahrensschritten nach Anspruch 1 gelöst werden, vergl. PS, Abs. 0005.

2) Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag lässt sich wie folgt gliedern:

a) Verfahren zur Trocken-Herstellung einer Dämmstoffmatte aus Holzfasern mit folgenden Schritten:

b) Herstellung von trockenen Holzfasern, c) Mischen der Holzfasern mit thermoaktivierbaren Kunststofffasern oder Klebstoffpartikeln, d) Aufstreuen des Fasergemisches in einer einzigen Lage, e) Komprimieren des locker aufgestreuten Fasergemisches auf eine Dicke von zumindest 20 mm, und f) Vernetzen der thermoaktivierbaren Kunststofffasern bzw. Klebstoffpartikel zu einer die Holzfasern durchdringenden Matrix in einem nachgeschalteten Heißluft-Trockentunnel bzw. Durchströmungstrockner, g) wobei die Dämmstoffmatte mit einem Raumgewicht von 20 kg/m3 bis 170 kg/m3 hergestellt wird, h) wobei als thermoaktivierbare Kunststofffasern bzw. Klebstoffpartikel thermoplastisch umhüllte Kunststofffasern mit einem Kern bzw. Tragfilament und einer Ummantelung eingesetzt werden, wobei der Kern bzw. das Tragfilament aus einem Kunststoff mit höherer Temperaturbeständigkeit besteht und die Ummantelung aus Kunststoff mit einem niedrigeren Schmelzpunkt zur Vernetzung der Fasern durch Aufschmelzen der Ummantelung besteht, i) wobei die eingesetzten Holzfasern eine Länge von 1,5 mm bis 20 mm und eine Dicke von 0,05 mm bis 1 mm aufweisen.

Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ändern sich gegenüber dem Hauptantrag die Merkmale d) und e) und es kommt das weitere Merkmal jH1) hinzu (Änderungen unterstrichen):

dH1) Aufstreuen des Fasergemisches in einer einzigen Lage auf ein erstes endloses Siebband,

eH1) Komprimieren des locker aufgestreuten Fasergemisches zwischen dem ersten endlosen Siebband und einem gegenüberliegenden zweiten endlosen Siebband auf eine Dicke von zumindest 20 mm, und jH1) wobei die losen Holzfasern direkt im Trocknungsverfahren mit Brandhemmern bezuschlagt werden und die brandgehemmten Holzfasern mit den thermoaktivierbaren Kunststofffasern gemischt werden.

Beim Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ändert sich gegenüber dem Hauptantrag in den Merkmalen e) und i):

eH2) Komprimieren des locker aufgestreuten Fasergemisches auf eine Dicke von zumindest 20 30 mm, und iH2) wobei die eingesetzten Holzfasern eine Länge von 1,5 10 mm bis 20 mm und eine Dicke von 0,05 0,1 mm bis 1 mm aufweisen.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 enthält die Merkmale a), b), c), dH1), eH1), f), g), h), iH2) und jH1) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2:

a) Verfahren zur Trocken-Herstellung einer Dämmstoffmatte aus Holzfasern mit folgenden Schritten:

b) Herstellung von trockenen Holzfasern, c) Mischen der Holzfasern mit thermoaktivierbaren Kunststofffasern oder Klebstoffpartikeln, dH1) Aufstreuen des Fasergemisches in einer einzigen Lage auf ein erstes endloses Siebband, eH1) Komprimieren des locker aufgestreuten Fasergemisches zwischen dem ersten endlosen Siebband und einem gegenüberliegenden zweiten endlosen Siebband auf eine Dicke von zumindest 20 mm, und f) Vernetzen der thermoaktivierbaren Kunststofffasern bzw. Klebstoffpartikel zu einer die Holzfasern durchdringenden Matrix in einem nachgeschalteten Heißluft-Trockentunnel bzw. Durchströmungstrockner, g) wobei die Dämmstoffmatte mit einem Raumgewicht von 20 kg/m3 bis 170 kg/m3 hergestellt wird, h) wobei als thermoaktivierbare Kunststofffasern bzw. Klebstoffpartikel thermoplastisch umhüllte Kunststofffasern mit einem Kern bzw. Tragfilament und einer Ummantelung eingesetzt werden, wobei der Kern bzw. das Tragfilament aus einem Kunststoff mit höherer Temperaturbeständigkeit besteht und die Ummantelung aus Kunststoff mit einem niedrigeren Schmelzpunkt zur Vernetzung der Fasern durch Aufschmelzen der Ummantelung besteht, iH2) wobei die eingesetzten Holzfasern eine Länge von 1,5 10 mm bis 20 mm und eine Dicke von 0,05 0,1 mm bis 1 mm aufweisen,

jH1) wobei die losen Holzfasern direkt im Trocknungsverfahren mit Brandhemmern bezuschlagt werden und die brandgehemmten Holzfasern mit den thermoaktivierbaren Kunststofffasern gemischt werden.

3) Als Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit einer mehrjährigen Erfahrung im Bereich der Entwicklung und der Fertigung von Dämmstoffmatten angesprochen.

4) Als Verfahren zur Herstellung von Dämmstoffmatten aus Holzfasern sind dem Fachmann das Trockenverfahren und das Nassverfahren als Alternativen bekannt, vergl. auch die PS, Abs. 0002 bis 0004, wo beide Verfahren als bekannt vorausgesetzt werden. Das Trockenverfahren, auf das der Anspruch 1 gemäß Merkmal a) gerichtet ist, umfasst nach dem Verständnis des Fachmanns das Beleimen der Holzfasern mit einem Bindemittel und weiter, nach dem Streuen der Fasern zu einem Vlies und dem Komprimieren des Vlieses auf eine gewünschte Dicke, das Vernetzen der beleimten Holzfasern durch Wärmezufuhr. Daher stellt sich das nach Merkmal c) vorgesehene Mischen der Holzfasern mit thermoaktivierbaren Kunststofffasern bzw. Klebstoffpartikeln gemäß Merkmal h) dem Fachmann als Alternative zu dem bekannten Beleimen der Holzfasern selbst dar.

5) Es kann dahinstehen, ob der Anspruch 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 zulässig ist, da sein jeweiliger Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Die Entgegenhaltung E2 offenbart ein Verfahren zur Herstellung von Dämmstoffplatten aus Holzpartikeln und einem Bindemittel, siehe den ersten Absatz der Beschreibung, Spalte 1, Zeilen 3 bis 6. Aus der Angabe der Verfahrensschritte in Spalte 2, Zeilen 34 bis 57, ergibt sich dabei, dass es sich um ein Verfahren zur Trocken-Herstellung handelt. Bei dem im ersten Absatz allgemein als Partikel bezeichneten Holzmaterial handelt es sich um Holzfasern, siehe Spalte 3, Zeilen 5 bis 7 und Spalte 4, Zeilen 22 bis 24. In Spalte 4, Zeilen 28 bis 31, ist weiter angegeben, dass die Dämmstoffplatten auch weich hergestellt werden können, d. h. in der Terminologie des Streitpatents als Dämmstoffmatten. Die E2 offenbart somit ein Verfahren zur Trocken-Herstellung einer Dämmstoffmatte aus Holzfasern entsprechend dem Merkmal a) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

Das in E2 offenbarte Verfahren umfasst den Schritt der Herstellung von trockenen Holzfasern, siehe Spalte 2, Zeilen 38 bis 40, in Verbindung mit Spalte 3, Zeilen 5 bis 7. Das entspricht dem Merkmal b) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

Gemäß E2 werden die Holzfasern beleimt, siehe Spalte 2, Zeilen 38 bis 40. Das entspricht nicht den Merkmalen c) und h) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3, wonach die Holzfasern stattdessen mit thermoaktivierbaren Kunststofffasern gemischt werden.

Abgesehen von diesem Unterschied entspricht jedoch das weitere Verfahren der E2 den Merkmalen d), e), f) und g) in ihren jeweiligen Fassungen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfsanträgen 1 bis 3:

Gemäß E2, Spalte 2, Zeilen 41 bis 42 und 59 bis 68, werden die Fasern in einer einzigen Lage auf ein erstes endloses Siebband zu einem Vlies aufgestreut, insoweit entsprechend den Merkmalen d) und dH1) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

Aus Spalte 2, Zeilen 46 bis 49 und 59 bis 68, ergibt sich, dass das noch nicht verdichtete, d. h. locker aufgestreute Vlies zwischen dem ersten endlosen Siebband und einem gegenüberliegenden zweiten endlosen Siebband auf die gewünschte Plattenstärke komprimiert wird. Diese kann laut Spalte 6, Zeilen 28 bis

33, z. B. 10 bis 30 mm oder 50 bis 200 mm betragen und umfasst somit jedenfalls eine Dicke von zumindest 20 mm und auch eine Dicke von zumindest 30 mm. Das entspricht insoweit den Merkmalen e), eH1) und eH2) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

Anschließend erfolgt das Vernetzen, siehe Spalte 3, Zeile 29 bis 55, und das Aushärten und Trocknen mit Hilfe eines Heißluftstromes, siehe Spalte 3, Zeilen 65 bis 69. Das entspricht insoweit dem Merkmal f) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

In Spalte 6, Zeilen 28 bis 33, sind Raumgewichte von 40 kg/m³ bis 200 kg/m³ vorgesehen. Das überlappt sich mit dem im Anspruch 1 angegebenen Bereich von 20 kg/m³ bis 170 kg/m³ und entspricht folglich insoweit dem Merkmal g) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

Gemäß Spalte 3, Zeilen 5 bis 7, sollen als Rohmaterial unter anderem fein und grob gemahlene Holzfasern eingesetzt werden, ausdrückliche Zahlenangaben zur Länge und Dicke der Holzfasern entsprechend dem Merkmal i) bzw. dem Merkmal iH2) offenbart die E2 jedoch nicht.

Von dem in der E2 offenbarten Verfahren unterscheidet sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 somit dadurch, dass anstelle einer Beleimung der Holzfasern das Mischen der Holzfasern mit thermoaktivierbaren Kunststofffasern gemäß Merkmalen c) und h) vorgesehen ist, weiter durch die expliziten Angaben zur Länge und Dicke der eingesetzten Holzfasern gemäß Merkmal i) bzw. iH2) und im Fall der Hilfsanträge 1 und 3 durch die Bezuschlagung mit Brandhemmern gemäß Merkmal jH1).

Diese Verfahrensmerkmale ergeben sich jedoch für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der E2 und der E15.

Auch die E15 betrifft die Herstellung von Dämmstoffmatten aus Zellulosefasern wie z. B. Holzfasern, siehe Spalte 1, Zeilen 7 bis 12, und weiter zur Ausbildung des Dämmstoffmaterials als Matte die Spalte 2, Zeilen 2 bis 3, und zur Verwendung von Holzfasern Spalte 3, Zeilen 60 bis 67.

Sowohl in E2 als auch in E15 wird angestrebt, aus Kostengründen die Bindemittelzugabe so gering wie möglich zu halten, siehe E2, Spalte 3, Zeilen 29 bis 32, und E15, Spalte 1, Zeilen 31 bis 39, insb. Zeilen 36 bis 39. Aufgrund dieser übereinstimmenden Zielsetzung beachtet der von einem Verfahren gemäß E2 ausgehende Fachmann auch die E15.

Die E2 schlägt zur Reduzierung der Bindemittelmenge vor, in das bereits gestreute und auf die gewünschte Dicke komprimierte Vlies vor dem mittels eines Heißluftstromes erfolgenden Aushärten und Trocknen ein Wasserdampf-LuftGemisch einzuleiten, um so ein Fließen und damit eine gute Verteilung des Bindemittels zu erreichen, siehe Spalte 2, Zeilen 38 bis 57, und Spalte 3, Zeilen 29 bis 55.

Die E15 hat neben der Reduzierung der Bindemittelmenge auch die Reduzierung der Kosten für das Trocknen im Blick, siehe Spalte 1, Zeilen 28 bis 43. Sie schlägt deshalb vor, anstelle eines Beleimens der Zellulosefasern mit Bindemitteln diese mit thermoaktivierbaren Kunststofffasern zu mischen, und dazu thermoplastisch umhüllte Kunststofffasern mit einem Kern bzw. Tragfilament und einer Ummantelung einzusetzen, bei denen der Kern bzw. das Tragfilament aus einem Kunststoff mit höherer Temperaturbeständigkeit besteht, und die Ummantelung aus Kunststoff mit einem niedrigeren Schmelzpunkt zur Vernetzung der Fasern durch Aufschmelzen der Ummantelung besteht, siehe Spalte 1, Zeile 54, bis Spalte 2, Zeile 7. Das entspricht den Merkmalen c) und h) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

Ausgehend von der Lehre der E2, nach der die Reduzierung der Bindemittelmenge durch die Zugabe eines Wasserdampf-Luft-Gemisches ermöglicht wird und somit eine Erhöhung der Kosten für das Trocknen in Kauf genommen werden muss, ist es daher für den Fachmann nahegelegt, anstelle der in E2 vorgesehenen Beleimung der Fasern ein Mischen der Fasern mit thermoaktivierbaren Kunststofffasern gemäß E15 vorzusehen. Dabei ergibt sich ohne Weiteres auch die nach den Merkmalen b) und c) vorgesehene Reihenfolge, das Zumischen der thermoaktivierbaren Kunststofffasern zu den Holzfasern nach dem Trocknen der Holzfasern vorzunehmen, da nur die Holzfasern, nicht jedoch die thermoaktivierbaren Kunststofffasern einer Trocknung bedürfen. Der Fachmann gelangt so ohne erfinderisches Zutun zu einem Verfahren entsprechend den Merkmalen a) bis h) in ihren jeweiligen Fassungen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfsanträgen 1 bis 3.

Zu dem im Merkmal i) bzw. iH2) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 angegeben Längenbereich der eingesetzten Holzfasern von 1,5 mm bis 20 mm bzw. 10 mm bis 20 mm hat die Patentinhaberin ausgeführt, dieser ergebe sich nicht in naheliegender Weise aus der Kombination der Lehren der E2 und E15, da die E15 verlange, dass die Zellulosefasern kurz sein müssten. Denn nur so funktioniere die Lehre der E15, siehe Spalte 1, Zeilen 7 bis 12 und Spalte 2, Zeilen 3 bis 9, wonach längere thermoaktivierbare Kunststofffasern mit den Zellulosefasern gemischt würden und dann beim Vernetzen der thermoaktivierbaren Kunststofffasern eine dreidimensionale Matrixstruktur gebildet werde, mit Zellen bzw. Taschen, in denen die Zellulosefasern eingeschlossen würden. Dies setze unabdingbar voraus, dass die Zellulosefasern kurz seien, wie auch in Fig. 5 und 6 erkennbar. Deshalb sei ihre Länge in E15 auf 1 mm bis 10 mm begrenzt, wie sich aus Anspruch 2 ergebe, und betrage beim Ausführungsbeispiel gemäß Spalte 3, Zeilen 9 bis 10, nur 1 mm bis 4 mm. Somit lege die E15 die Verwendung von Fasern mit einer Länge von 1,5 mm bis 20 mm und insbesondere von 10 mm bis 20 mm nicht nahe, sondern führe davon weg.

Anders als von der Patentinhaberin dargestellt, ergibt sich jedoch für den Fachmann aus der E15 nicht, dass das dort zur Herstellung von Dämmstoffmatten vorgeschlagene Verfahren die Verwendung kurzer Zellulosefasern voraussetzt:

In der Beschreibungseinleitung der E15 wird ausgeführt, dass Zellulosefasern aus Altpapier gewonnen werden können, dass diese Fasern aber mit dem Nachteil behaftet seien, sehr kurz zu sein, nämlich nur ungefähr 1 mm bis 10 mm lang, siehe Spalte 1, Zeilen 28 bis 38. Das im Folgenden vorgeschlagene Mischen dieser Zellulosefasern mit längeren thermoaktivierbaren Kunststofffasern setzt jedoch nicht etwa voraus, dass die Zellulosefasern kurz sind, sondern ermöglicht es, z. B. aus Altpapier gewonnene, nachteiliger Weise sehr kurze Fasern wirtschaftlich zur Herstellung von Dämmstoffmatten einzusetzen, obwohl sie so kurz sind, vergl. Spalte 1, Zeile 54, bis Spalte 2, Zeile 18.

Beim Ausführungsbeispiel werden sogar Zellulosefasern mit einer Länge von nur ungefähr 1 mm bis 4 mm Länge verwendet, siehe Spalte 3, Zeilen 9 bis 11. Die E15 stellt jedoch ausdrücklich klar, dass nicht nur kurze Zellulosefasern, sondern auch lange Zellulosefasern, z. B. Holzfasern oder Jutefasern, verwendet werden können, siehe Spalte 3, Zeilen 60 bis 67. Diese Aussage wird noch durch ein Beispiel unterstrichen, wonach eine Zugabe von Jutefasern, also langen Fasern, zu aus Altpapier erzeugten Fasern es ermöglicht, Dämmstoffmatten mit wirtschaftlich vorteilhafter, geringerer Dichte herzustellen, siehe Spalte 4, Zeilen 1 bis 6.

Der Fachmann entnimmt somit der E15, dass sich mit dem dort vorgeschlagenen Verfahren sogar sehr kurze, z. B. aus Altpapier gewonnene Zellulosefasern mit nur 1 mm bis 10 mm Länge zur Herstellung von Dämmstoffmatten verwenden lassen, dass jedoch die Verwendung längerer Fasern die Herstellung von Dämmstoffmatten mit besseren Eigenschaften ermöglicht.

Dies führt ohne erfinderisches Zutun zu einer Verwendung von Holzfasern mit 1,5 mm bis 20 mm bzw. 10 mm bis 20 mm Länge entsprechend dem im Merkmal i) bzw. iH2) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 angegebenen Längenbereich.

Holzfasern mit einer Länge von 1,5 mm bis 20 mm bzw. 10 mm bis 20 mm weisen typischerweise eine Dicke im Bereich von 0,05 mm bis 1 mm bzw. von 0,1 bis 1 mm auf, wie dem Lehrbuch E17, Seite 188, Fig. 6.5 und 6.6, zu entnehmen ist und auch von der Patentinhaberin nicht in Abrede gestellt wurde. Das entspricht dem im Merkmal i) bzw. iH2) des Anspruchs 1 in seinen Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 angegebenen Dickenbereich.

Anspruch 1 in seinen Fassungen nach Hilfsantrag 1 und 3 umfasst weiter das die Beaufschlagung mit Brandhemmern betreffende Merkmal jH1). In E2 ist vorgesehen, dass bei der Beleimung der Holzfasern diese zusätzlich mit Flammschutzmitteln, d.h. Brandhemmern, bezuschlagt werden können, und dass anschließend eine Trocknung erfolgt, siehe Spalte 3, Zeilen 5 bis 21, insbesondere Zeilen 9 bis 11 und 18 bis 21. Erfolgt nun, wie durch E15 nahegelegt, anstelle der Beleimung der Holzfasern ein Zumischen von thermoaktivierbaren Kunststofffasern, so verbleibt von dem Schritt der Beleimung und Bezuschlagung der Holzfasern mit Brandhemmern vor dem Trocknen die Bezuschlagung mit Brandhemmern vor dem Trocknen. Davon unterscheidet sich die Angabe des Merkmals jH1) zwar dem Wortlaut nach dadurch, dass die Bezuschlagung der Holzfasern mit Brandhemmern „direkt im Trocknungsverfahren“ erfolgt. Jedoch ist das Trocknungsverfahren außer in dem nun im Merkmal jH1) aufgegangenen erteilten Anspruch 2 an keiner Stelle des Patents erwähnt. Das Merkmal kann daher nicht so eng ausgelegt werden, dass sich aus der Formulierung des Merkmals jH1), dass die Bezuschlagung der Holzfasern mit Brandhemmern „direkt im Trocknungsverfahren“ erfolgt, eine Abgrenzung von einer Beaufschlagung „vor dem Trocknen“, wie sie durch E2 in Verbindung mit E15 nahegelegt wird, ergibt. Ein Trocknungsverfahren umfasst nicht nur das Trocknen als solches, sondern auch die Verfahrensschritte, die zum Trocknen hinführen. Daher gehört z. B. auch die Bezuschlagung der noch unvermischten Holzfasern mit Brandhemmern, damit sie an der Trocknung teilnehmen, zum Trocknungsverfahren im Sinne des Patents. Die Patentinhaberin hat bei der Darlegung ihrer Auffassung, eine Bezuschlagung der Holzfasern mit Brandhemmern „direkt im Trocknungsverfahren“ entsprechend dem Merkmal jH1) sei in dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik weder offenbart noch nahegelegt, ein Verständnis des Merkmals jH1) vorausgesetzt, nach dem sich aus der Formulierung „direkt im Trocknungsverfahren“ eine Abgrenzung gegenüber der Lehre „vor dem Trocknen“ ergibt. Dieses Verständnis, das im Übrigen wohl dann dazu führen würde, dass der Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung vorläge, teilt der Senat nicht.

Der Fachmann gelangt somit durch eine Zusammenschau der E2 und der E15 in naheliegender Weise zu einem Verfahren entsprechend dem Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3.

6) Mit dem Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 fallen auch die weiteren, auf den jeweiligen Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche.

III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Ganzenmüller Bayer Krüger Ausfelder Me

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