Paragraphen in 17 W (pat) 24/16
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 24/16 Verkündet am 12. April 2018
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2014 011 201.2 - 53 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richter Dipl.-Ing. Baumgardt und Dipl.-Ing. Hoffmann sowie der Richterin Akintche ECLI:DE:BPatG:2018:120418B17Wpat24.16.0 beschlossen:
Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Februar 2016 wird aufgehoben und das nachgesuchte Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen erteilt:
- Ansprüche 1 bis 28, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2018,
- Beschreibung Seiten 1, 1a, 1b, 2, 6 bis 9, 12 und 20, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2018, sowie Seiten 3 bis 5, 10, 11, 13 bis 19 und 21 bis 24 vom Anmeldetag 28. Juli 2014,
- 9 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8 vom Anmeldetag 28. Juli 2014 und Figur 9 wie in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2018 überreicht.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 28. Juli 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:
„Verfahren zum Erfassen eines Zustandes eines Objekts“.
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06Q des Deutschen Patent- und Markenamtes in der Anhörung vom 2. Februar 2016 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des damals geltenden Hauptanspruchs kein technisches Problem mit technischen Mitteln löse und sonach von der Patentierbarkeit gemäß §1 Abs. 3 und 4 PatG ausgeschlossen sei.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Sie führt in der Beschwerdebegründung (vom 10. Mai 2016) aus, dass dem Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 eine technische Aufgabe zugrunde liege. Diese Aufgabe werde durch technische Mittel gelöst. Insbesondere werde die Aufgabe durch die Bestimmung eines Abstandsschätzwertes für einen Abstand zwischen dem aktuellen Standort des Objekts und einer Soll-Position des Objekts basierend auf den Positionsdaten und durch die Bestimmung eines Zeitschätzwertes für eine Zeitdauer, welche zwischen dem Bestimmen der aktuellen Position und dem Aufnehmen des Bildes vergangen ist, gelöst. Darüberhinaus sei der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 neu und erfinderisch gegenüber den Druckschriften D1 und D2 (s. u.).
Auf einen Hinweis des Senats hin hat die Anmelderin ihr Patentbegehren klargestellt und die Beschreibung angepasst.
Der Vertreter der Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Februar 2016 aufzuheben und das nachgesuchte Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche 1 bis 28, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2018, Beschreibung Seiten 1, 1a, 1b, 2, 6 bis 9, 12 und 20, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2018, sowie Seiten 3 bis 5, 10, 11, 13 bis 19 und 21 bis 24 vom Anmeldetag 28. Juli 2014,
Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8 vom Anmeldetag 28. Juli 2014 und Figur 9 wie in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2018 überreicht.
Das geltende Patentbegehren, hier bezüglich des Hauptanspruchs mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet:
M1.0 1. Verfahren (1) zum Erfassen eines Zustands eines Objekts, umfassend:
M1.1 Senden eines Auftrags an einen Auftragnehmer (3) durch einen Auftraggeber; M1.2 Bereitstellen eines Softwaremoduls (5), welches, wenn es auf einem mobilen Datenerfassungsgerät, welches wenigstens eine Kamera und ein Positionserfassungssystem umfasst, ausgeführt wird,
M1.2.1 das Positionserfassungssystem veranlasst, eine aktuelle Position des mobilen Datenerfassungsgeräts zu bestimmen und die aktuelle Position repräsentierende Positionsdaten zu erzeugen (9),
M1.2.2 die Kamera veranlasst, ein Bild des Objekts aufzunehmen und das Bild repräsentierende Bilddaten zu erzeugen (7), und M1.2.3 wenigstens die Bilddaten ausgibt (11); M1.3 Empfangen wenigstens der ausgegebenen Bilddaten durch den Auftraggeber (13); M1.4 Bestimmen eines Zeitschätzwertes (17), welcher eine Zeitdauer abschätzt,
welche zwischen dem Bestimmen der aktuellen Position und dem Aufnehmen des Bildes vergangen ist; M1.5 Bestimmen eines Abstandsschätzwertes (19) für einen Abstand zwischen der durch die Positionsdaten repräsentierten Position des mobilen Datenerfassungsgeräts und einer Soll-Position des Objekts; M1.6 Bestimmen eines ersten Teilzustands des Objekts (21), welcher wenigstens den Standort des Objekts relativ zu der Soll-Position repräsentiert, in Abhängigkeit von dem bestimmten Abstandsschätzwert und dem bestimmten Zeitschätzwert; M1.7 Bestimmen eines zweiten Teilzustands des Objekts (21), welcher durch eine Analyse des Bildes bestimmbar ist; und M1.8 Klassifizieren des Zustands des Objekts (27) basierend auf dem ersten Teilzustand und dem zweiten Teilzustand.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei der erste Teilzustand des Objekts durch einen Funktionswert einer Funktion mit dem bestimmten Abstandsschätzwert und dem bestimmten Zeitschätzwert als Argumenten repräsentiert ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei der erste Teilzustand des Objekts ein erstes Ergebnis (I) aufweist, wenn der Zeitschätzwert kleiner als ein vorbestimmter Zeitwert ist und wenn der Abstandsschätzwert kleiner als ein vorbestimmter Abstandswert ist; und ein zweites Ergebnis (II) aufweist, wenn der Zeitschätzwert nicht kleiner als ein vorbestimmter Zeitwert ist und/oder wenn der Abstandsschätzwert nicht kleiner als ein vorbestimmter Abstandswert ist.
4. Verfahren nach Anspruch 3, wobei der vorbestimmte Zeitwert kleiner als 5 Stunden, kleiner als 3 Stunden, kleiner als 1 Stunde, kleiner als 30 Minuten oder kleiner als 15 Minuten ist.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4, wobei der vorbestimmte Abstandswert kleiner als 10 km, kleiner als 5 km, kleiner als 2 km, kleiner als 1 km, kleiner als 500 m, kleiner als 200 m, kleiner als 100 m oder kleiner als 50 m ist.
6. Verfahren nach Anspruch 1, wobei der erste Teilzustand des Objekts durch einen Funktionswert einer Funktion mit einem einzigen Argument repräsentiert ist, wobei das Argument von dem bestimmten Abstandsschätzwert und dem bestimmten Zeitschätzwert abhängig ist.
7. Verfahren nach Anspruch 6, wobei die Funktion prüft, ob ein Quotient aus dem Abstandsschätzwert im Zähler und dem Zeitschätzwert im Nenner kleiner oder gleich einem Geschwindigkeitsschrankenwert ist, welcher kleiner als 200 km/h, kleiner als 100 km/h, kleiner als 75 km/h, kleiner als 50 km/h, kleiner als 30 km/h, kleiner als 10 km/k oder kleiner als 5 km/h ist.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei das Bestimmen des zweiten Teilzustands eine Analyse des Bildes umfasst, wobei der zweite Teilzustand davon abhängig ist, ob das Objekt eine definierte Beschaffenheit aufweist.
9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei der Auftraggeber den zweiten Teilzustand bestimmt.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1bis 9, wobei eine Zeitdauer (705), welche zwischen dem Senden des Auftrags (3) und dem Empfangen wenigstens der Bilddaten (13) verstreicht, als der Zeitschätzwert bestimmt wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei eine Zeitdauer (703), welche zwischen dem Senden des Auftrags (3) und dem Ausgeben wenigstens der Bilddaten (11) verstreicht, als der Zeitschätzwert bestimmt wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei eine Zeitdauer (701), welche zwischen dem Bestimmen der aktuellen Position (9) und dem Aufnehmen des Bildes (7) verstreicht, als der Zeitschätzwert bestimmt wird.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, wobei der Auftrag eine Aufforderung zum Beschaffen des Softwaremoduls (101) und/oder eine Aufforderung zum Beschaffen einer Bezeichnung des Objekts (103) umfasst.
14. Verfahren nach Anspruch 1 bis 13, ferner umfassend ein Beschaffen des Softwaremoduls (107), wobei das Beschaffen des Softwaremoduls insbesondere durch - Anmelden an einem Server des Auftraggebers und Beziehen des Softwaremoduls von dem Server des Auftraggebers erfolgt, oder - Beziehen des Softwaremoduls von einer Internetplattform oder einem Speichermedium erfolgt.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14, ferner umfassend ein Beschaffen einer Bezeichnung des Objekts (105), wobei das Beschaffen einer Bezeichnung des Objekts insbesondere durch Anmelden an einem Server des Auftraggebers und Beziehen einer Bezeichnung des Objekts von dem Server des Auftraggebers erfolgt.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 15, wobei der Auftrag das Softwaremodul und eine Bezeichnung des Objekts umfasst.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 16, ferner umfassend ein Installieren des Softwaremoduls (109) auf dem mobilen Datenerfassungsgerät.
18. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 17, ferner umfassend: Bereitstellen des mobilen Datenerfassungsgeräts durch den Auftraggeber an den Auftragnehmer.
19. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 18, wobei das Softwaremodul dazu konfiguriert ist, ab dem Senden des Auftrags nur für eine vorbestimmte Dauer wenigstens die Bilddaten auszugeben und insbesondere ausführbar zu sein.
20. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19, wobei ein Server des Auftraggebers dazu konfiguriert ist, das Empfangen wenigstens der Bilddaten ab dem Senden des Auftrags nur während einer vorbestimmten Dauer durchzuführen.
21. Verfahren nach Anspruch 19 oder 20, wobei die vorbestimmte Dauer kleiner als 14 Tage, kleiner als 7 Tage, kleiner als 3 Tage, kleiner als 1 Tag, kleiner als 12 Stunden, kleiner als 6 Stunden oder kleiner als 1 Stunde ist.
22. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 21, wobei der Auftraggeber den Zeitschätzwert und/oder den Abstandsschätzwert und/oder den ersten Teilzustand bestimmt und/oder den Zustand des Objekts klassifiziert.
23. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 21, wobei das Softwaremodul den Zeitschätzwert und/oder den Abstandsschätzwert und/oder den ersten Teilzustand bestimmt.
24. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 23, wobei das Ausgeben wenigstens der Bilddaten ferner ein Ausgeben der Positionsdaten und/oder des Zeitschätzwerts und/oder des Abstandsschätzwerts und/oder des ersten Teilzustands umfasst.
25. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 24, wobei das Ausgeben wenigstens der Bilddaten ein Ausgeben auf einen Datenspeicher, insbesondere ein optisches oder magnetisches Speichermedium, umfasst.
26. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 25, ferner umfassend Senden der ausgegebenen Bilddaten und/oder der ausgegebenen Positionsdaten und/oder des ausgegebenen Zeitschätzwerts und/oder des ausgegebenen Abstandsschätzwerts und/oder des ausgegebenen ersten Teilzustands durch den Auftragnehmer an den Auftraggeber.
27. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 26, wobei das Empfangen wenigstens der Bilddaten (13) ferner ein Empfangen der ausgegebenen Positionsdaten und/oder des ausgegebenen Zeitschätzwerts und/oder des ausgegebenen Abstandsschätzwerts und/oder des ausgegebenen ersten Teilzustands umfasst und/oder wobei das Empfangen wenigstens der Bilddaten insbesondere ein Auslesen eines Datenspeichers umfasst.
28. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 27, wobei das Senden des Auftrags durch eine SMS, eine E-Mail oder eine andere elektronische Nachricht erfolgt.
Dem Patentbegehren liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren vorzuschlagen, mit dem die Nachteile herkömmlicher Verfahren, insbesondere des Verfahrens der persönlichen Überprüfung durch einen Mitarbeiter des Interessenten, überwunden werden. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren vorzuschlagen, das hinsichtlich des Zeitaufwands, der Kosten und der Anzahl der möglichen Überprüfungen in einem bestimmen Zeitraum gegenüber den herkömmlichen Verfahren verbessert ist (siehe geltende Beschreibung Seite 1b).
II.
Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat Erfolg, da das geltende Patentbegehren dem Patentschutz zugänglich ist, durch den bekannt gewordenen Stand der Technik nicht vorweggenommen oder nahegelegt ist und auch die übrigen Kriterien für eine Patenterteilung erfüllt sind (PatG §§ 1 bis 5, § 34).
1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zum Erfassen eines Zustandes eines Objektes (s. geltende Beschreibung Seite 1).
Gemäß der Beschreibungseinleitung sei es zum Erfassen oder Überprüfen eines Zustands eines Objekts herkömmlicherweise erforderlich, dass sich eine Person zu dem Objekt begibt und anschließend den Zustand des Objekts erfasst oder überprüft. Eine solche Vorgehensweise werde herkömmlicherweise von Interessenten des Objekts, beispielsweise Banken oder Versicherungsgesellschaften, praktiziert. Eine Übereinstimmung zwischen dem erfassten Zustand und dem tatsächlichen Zustand des Objekts sei für die Interessenten lediglich dann mit hinreichender Sicherheit gewährleistet, wenn die Person, die den Zustand des Objekts erfasst, eine vertrauenswürdige Person ist. In der Regel würden daher Mitarbeiter der Interessenten den Zustand der jeweiligen Objekte erfassen. Das Erfassen eines Zustands eines Objekts sei daher für die Interessenten zeitaufwendig und kostenintensiv. Darüber hinaus könne in der Regel nur ein Bruchteil der zu überprüfenden Objekte regelmäßig überprüft werden, da die Anzahl der zu überprüfenden Objekte im Verhältnis zu der Anzahl der zur Überprüfung bereitgestellten Mitarbeiter sehr groß sei. Zur Überprüfung bzw. zu dem Zustand eines Objekts zählten insbesondere der aktuelle Standort des Objekts, die Beschaffenheit des Objekts, beispielsweise äußeres Erscheinungsbild, Abnutzung, Betriebsleistung und -stunden und dergleichen, aber auch die Existenz des Objekts (vgl. geltende Beschreibung Seite 1, Z. 6-29).
In der vorliegenden Anmeldung wird ein verbessertes und kostengünstigeres Verfahren zur Erfassung des Zustands eines Objekts vorgestellt.
Nach dem Verfahren des nunmehr geltenden Anspruch 1 wird der Zustand eines Objektes von einem Auftragnehmer, der von einem Auftraggeber einen Auftrag erhält, erfasst (Merkmale M1.0 und M1.1). Für die Erfassung verwendet der Auftragnehmer ein mobiles Datenerfassungsgerät mit einem Softwaremodul, einer Kamera und einem Positionserfassungssystem (Merkmal M1.2). Das Softwaremodul ermöglicht über das Positionserfassungssystem, eine aktuelle Position des mobilen Datenerfassungsgeräts zu bestimmen und die aktuelle Position repräsentierende Positionsdaten zu erzeugen, und über die Kamera ein Bild des Objekts aufzunehmen und das Bild repräsentierende Bilddaten zu erzeugen sowie die Bilddaten auszugeben (Merkmale M1.2.1 bis M1.2.3). Der Auftraggeber empfängt die Bild- und Positionsdaten (Fig. 1 „13“ und „15“). Aus diesen Daten wird ein Zeitschätzwert und ein Abstandsschätzwert bestimmt, wobei der Zeitschätzwert eine Zeitdauer abschätzt, welche zwischen dem Bestimmen der aktuellen Position und dem Aufnehmen des Bildes vergangen ist, und der Abstandsschätzwert einem Abstand zwischen der durch die Positionsdaten repräsentierten Position des mobilen Datenerfassungsgeräts und einer Soll-Position des Objekts entspricht (Merkmale M1.3 bis M1.5). In Abhängigkeit von dem Abstandsschätzwert und dem Zeitschätzwert wird ein erster Teilzustand des Objekts bestimmt, welcher wenigstens den Standort des Objekts relativ zu der Soll-Position repräsentiert (Merkmal M1.6). Und mittels einer Analyse des Bildes wird ein zweiter Teilzustands des Objekts bestimmt (Merkmal M1.7). Schließlich erfolgt basierend auf dem ersten Teilzustand und dem zweiten Teilzustand die Klassifizierung des Zustands des Objekts (Merkmal M1.8).
Als Fachmann für eine derartige Lehre sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der Implementierung der Erfassung, Übertragung und Auswertung von Messgrößen an.
2. Der Erteilungsantrag verlässt nicht den Rahmen der ursprünglichen Offenbarung.
Der neue Anspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 8 und 13 sowie aus den Absätzen [0026], [0074] und [0082] der Offenlegungsschrift. Die Ansprüche 2 bis 12 gehen aus den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 12 hervor. Die Ansprüche 13 bis 28 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 14 bis 29, wobei die Rückbeziehungen angepasst wurden.
Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche angepasst, redaktionell überarbeitet und der Stand der Technik wurde aufgenommen. In der neuen Figur 9 wurde ein offensichtlicher Fehler korrigiert.
3. Der Schlussfolgerung im Zurückweisungsbeschluss, wonach der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 kein technisches Problem mit technischen Mitteln löse und somit von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei, kann nicht gefolgt werden.
3.1 Zu Recht hat die Prüfungsstelle festgestellt, dass der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 auf technischem Gebiet liegt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt ein Verfahren, dessen Gegenstand die Abarbeitung von Verfahrensschritten mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung ist, dem Technizitätserfordernis bereits dann, wenn es der Verarbeitung, Speicherung oder Übermittlung von Daten mittels eines technischen Gerätes dient (vgl. BGH GRUR 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen). Im vorliegenden Fall werden Daten, die eine aktuelle Position eines mobilen Datenerfassungsgeräts repräsentieren, bestimmt. Weiterhin werden ein Zeit- und ein Abstandschätzwert bestimmt und es erfolgt die Übertragung von Daten. Damit ist das Technizitätserfordernis gegeben. Ebenfalls zu Recht hat sie ihre weitere Prüfung daran orientiert, dass ein auf dem Gebiet der Technik eingesetztes Verfahren nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schon deswegen dem Patentschutz zugänglich ist, weil es zur Herbeiführung des angestrebten Erfolgs auch den Einsatz eines Programms zur Steuerung einer Datenverarbeitungsanlage vorsieht. Da nämlich das Gesetz Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche vom Patentschutz ausschließt, muss die beanspruchte Lehre vielmehr über die für die Patentfähigkeit unabdingbare Technizität hinaus Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (vgl. BGH GRUR 2011, 610 – Webseitenanzeige).
3.2 Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 enthalten jedoch, entgegen der Ansicht der Prüfungsstelle, Anweisungen, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.
Der Anmeldung liegt das konkrete technische Problem zugrunde, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme eines Bildes am Ort der Aufnahme kein GPS-Signal verfügbar ist und somit dem Bild keine Positionsdaten zugeordnet werden können (vgl. Offenlegungsschrift Absatz [0022]). Gelöst wird dieses Problem indem der Benutzer nach der Aufnahme des Bildes seinen Standort wechselt, um in einen Bereich zu gelangen in dem der Empfang eines GPS-Signals wieder möglich ist. Anschließend erfolgt mit technischen Mitteln eine Bestimmung eines Zeit- und eines Abstandsschätzwertes (Merkmale M1.4 und M1.5). Dabei entspricht der Zeitschätzwert der Zeitdauer die zwischen der Bildaufnahme und dem Wiedererlangen des GPS-Signals verstrichen ist und der Abstandsschätzwert entspricht einem Abstand zwischen der Position des Gerätes bei der Bildaufnahme und der Position an der wieder ein GPS-Signal verfügbar ist. Somit erlauben beide Schätzwerte eine Beurteilung, ob die Positionsbestimmung in der Nähe der Soll-Position des Objektes und die Aufnahme des Bildes zeitnah zur Positionsbestimmung erfolgte (Offenlegungsschrift Absatz [0025] – Merkmal M1.6), und lösen dadurch das Problem der fehlenden exakten Positionsdaten.
Dabei stellt schon allein die beanspruchte Positionsbestimmung einen technischen Beitrag dar (vgl. BGH GRUR 2011, 125 – Wiedergabe topografischer Informationen, Rn. 38).
Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist somit auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit zu prüfen, wobei insbesondere auch die erfindungswesentlichen Merkmale M1.4 bis M1.6 zu berücksichtigen sind.
4. Das Verfahren des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem belegten Stand der Technik und beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
4.1 Im Verfahren wurden folgende Druckschriften genannt:
D1: DE 10 2010 061 491 A1 D2: Wikipedia-Artikel „Exchangeable Image File Format“ vom 25: 07: 2014,
abrufbar unter http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Exchangeable_Image_File_Format &oldid=132474627 D3: WO 2011/005513 A1.
4.2 Das Verfahren des Anspruchs 1 ist neu gegenüber dem Stand der Technik.
Die Druckschrift D1 beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Ermittlung des Sanierungsbedarfs an Gebäuden (Absatz [0001]). Dazu setzt sich ein Kunde (bspw. der Eigentümer eines Gebäudes) mit einem Unternehmen in Verbindung (bspw. Aufruf der Webseite des Unternehmens) und gibt die Adresse des Gebäudes sowie die Daten seiner Anfrage (bspw. die Dachsanierung) an (Absatz [0032], Fig.1). Die Daten des Kunden werden anschließend an den Rechner des Anbieters übertragen (Absatz [0034]). Das Unternehmen greift anhand der Adresse auf (Bild-)Daten im Internet (bspw. Google-Earth) zu und erstellt ein Angebot für die angefragte Sanierung, wobei für das Angebot der Materialbedarf bereits berechnet wird, und übermittelt das Angebot an den Rechner des Kunden (Absätze [0035]-[0040]).
Von diesem Verfahren unterscheidet sich der Gegenstand der Anmeldung durch die Verwendung eines Datenerfassungsgeräts, die Bestimmung einer Position, eines Zeitschätzwertes und eines Abstandsschätzwertes. Dementsprechend sind die Merkmale M1.0, M1.2, M1.2.1 bis M1.2.3, M1.3 bis M1.6 und M1.8 nicht aus der Druckschrift zu entnehmen.
Gegenstand des Artikels der D2 ist das sogenannte „Exif-Format“ (Exchangeable Image File Format). Gemäß der Beschreibung werden von Digitalkameras zusätzlich zu den eigentlichen Bilddaten weitere Informationen gemeinsam mit dem Bild gespeichert. Diese Informationen können bspw. das Aufnahmedatum, die Uhrzeit, die Brennweiteneinstellung, die Ortskoordinaten umfassen (S.1 unten bis S.3). In Bezug auf den vorliegenden Anspruch 1 zeigt der Artikel die Grundlagen der Bildaufnahme und das Hinzufügen von weiteren Informationen zu den Bilddaten. Die Merkmale M1.0, M1.1, M1.3 bis M1.8 sind dem Artikel nicht zu entnehmen.
Aus der D3 geht ein Verfahren zur Inspektion von Objekten oder Geräten und somit zur Erfassung des Zustands eines Objekts hervor (Absätze [002], [0017]). Weiter ist beschrieben, dass es für die Inspektion notwendig ist, dass sich der Gutachter direkt vor Ort befindet (Absatz [0046]). Damit ist indirekt ein Auftrag angegeben, der den Gutachter anweist sich zu der Anlage zu begeben und die Inspektion durchzuführen (Absatz [0048]). Zur Durchführung der Inspektion wird ein Gerät oder eine Software-Anwendung bereitgestellt (Absatz [0046]). Bei dem verwendeten Gerät handelt es sich um ein mobiles Datenerfassungsgerät (Fig.5, Fig.8, Fig. 10, Absatz [0086]), welches eine Kamera (Absätze [0092], [0093]) und eine GPS-Funktion (Absatz [0099]) aufweist. Mit der GPS-Funktion wird die aktuelle Position bei der Inspektion bestimmt (Absatz [00118]) und mit der Kamera wird ein Bild des Objekts aufgenommen (bspw. Abstract). Die gesammelten Daten werden anschließend von dem Gerät an eine zentrale Datenbank übermittelt (Absatz [00123]). Im Falle eines fehlenden GPS-Signals wird ein Bild aufgenommen, dieses jedoch mit einem Eintrag des Gerätebenutzers anstatt der GPS-Koordinaten versehen (insbes.Absatz [00134]).
Damit unterscheidet sich der Gegenstand der D3 von dem Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 in den Merkmalen M1.4 bis M1.6 und M1.8.
4.3 Das Verfahren des Anspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus dem Stand der Technik sind zwar einzelne Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1 zu entnehmen. Jedoch zeigt keine der genannten Druckschriften die Bestimmung eines Abstandsschätzwertes, die Bestimmung eines Zeitschätzwertes, die Bestimmung eines ersten Teilzustands in Abhängigkeit dieser beiden Schätzwerte und die Klassifizierung des Zustandes des Objekts basierend auf dem ersten und dem zweiten Teilzustand (Merkmale M1.4 bis M1.6 und M1.8).
Die Verwendung dieser technischen Daten für die Durchführung der Bestimmung von Werten und die anschließende Auswertung mit dem Ziel auch bei einem fehlenden GPS-Signal die Durchführung des Verfahrens zu ermöglichen, war dem Fachmann durch diese Druckschriften auch nicht nahegelegt.
5. Der Anspruch 1 ist somit gewährbar. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 28 sind in Verbindung mit Anspruch 1 ebenfalls gewährbar. Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Patenterteilung sind erfüllt.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek Akintche Baumgardt Hoffmann Fi/Pr
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