Paragraphen in 14 W (pat) 703/14
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 703/14 Verkündet am 28. Juli 2015
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BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 10 2005 059 217 …
BPatG 154 05.11
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hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, des Richters Schell sowie der Richterinnen Dr. Münzberg und Dr. Wagner beschlossen:
Das Patent wird widerrufen.
Gründe I.
Die Erteilung des Patents 10 2005 059 217 mit der Bezeichnung „Verfahren und Testkit zur Trennung, Aufreinigung und Wiedergewinnung von lang- und kurzkettigen Nukleinsäuren“
ist am 17. März 2011 veröffentlicht worden. Gegen dieses Patent wurde am 17. Juni 2011 Einspruch erhoben. Der Einspruch ist im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Dazu verweist die Einsprechende insbesondere auf die Druckschriften D1 EP 1 388 588 A1 D2 DE 197 46 874 A1 D3 WO 01/21632 A1 D4 WO 00/34463 A1 D5 WO 02/04620 A2 D8a A. Eon-Duval et al., Biotechnology and Bioengineering,
Bd. 83, No. 5, 2003, S. 544 bis 553 und D11a Römpp Lexikon Chemie, 10. Auflage, Band 3, 1997,
S. 1972.
Die Patentinhaberin verfolgt ihr Patentbegehren auf der Grundlage der am 26. November 2014 schriftsätzlich eingereichten Patentansprüche 1 bis 12 weiter.
Die unabhängigen Patentansprüche 1, 8, 10, 11 und 12 lauten wie folgt:
„1. Verfahren zur Trennung, Aufreinigung und Wiedergewinnung von lang- und / oder kurzkettigen Nukleinsäuren mit folgenden Schritten: - Bindung der Nukleinsäuren an eine feste Phase mittels eines Bindungspuffers - Elution der gebundenen Nukleinsäuren von der festen Phase, dadurch gekennzeichnet, dass der Bindungspuffer a) als wirksame Komponente eine Zusammensetzung aus mindestens einem Salz der Zitronensäure mit einfach positiv geladenen Kationen und b) mindestens einen Alkohol umfasst und c) weder chaotrope Salze noch eine Kombination von Salzen mit monound multivalenten Kationen enthält und d) dass die Ionenstärken für die Anbindung an die feste Phase in Kombination mit einem Alkohol kleiner als 100 mM sind.
8. Verfahren zur Trennung, Aufreinigung und Wiedergewinnung von lang- und / oder kurzkettigen Nukleinsäuren gekennzeichnet durch folgende Schritte: - Zugabe der Bindungspuffer gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7 zu Reaktionsansätzen, die Nukleinsäuren enthalten - Überführung der Mischung aus den Reaktionsansätzen und den Bindungspuffern an eine feste Phase - Elution der an die feste Phase gebundenen Nukleinsäuren.
10. Testkit zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9, umfassend mindestens einen Alkohol, mindestens ein Salz der Zitronensäure mit einfach positiv geladenen Kationen, eine feste Phase, bekannte Elutionspuffer, dadurch gekennzeichnet, dass die Ionenstärken für die Anbindung an die feste Phase mittels eines Bindungspuffers in Kombination mit einem Alkohol kleiner als 100 mM sind und dass der Bindungspuffer weder chaotrope Salze noch eine Kombination von Salzen mit mono- und multivalenten Kationen enthält.
11. Verwendung von Salzen der Zitronensäure mit einfach positiv geladenen Kationen in Kombination mit mindestens einem Alkohol zur Trennung, Aufreinigung und Wiedergewinnung von lang- und / oder kurzkettigen Nukleinsäuren mittels einer festen Phase, wobei die Ionenstärken für die Anbindung an die feste Phase mittels eines Bindungspuffers in Kombination mit einem Alkohol kleiner als 100 mM sind und dass der Bindungspuffer weder chaotrope Salze noch eine Kombination von Salzen mit mono- und multivalenten Kationen enthält.
12. Verwendung des Verfahrens gemäß den Ansprüchen 1 bis 9 oder des Testkits gemäß Anspruch 10 zur Aufreinigung von PCR-Produkten, Restriktionsansätzen oder Sequenzieransätzen.“
Wegen des Wortlauts der jeweils rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 und 9 wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
Die Einsprechende beantragt,
das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Sie ist der Auffassung, dass dem Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 1 zur Folge der Bindungspuffer im beanspruchten Verfahren eine Doppelfunktion als Lyse- und Bindungspuffer übernehmen könne. In diesem Falle werde das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 durch den zitierten Stand der Technik neuheitsschädlich vorweggenommen. Unbeachtlich dessen beruhe das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da dem Fachmann zur Reinigung bzw. Trennung von Nukleinsäuren nicht nur citrathaltige Bindungspuffer ohne chaotrope Salze und Kombinationen von Salzen mit monound multivalenten Kationen bekannt seien, sondern hierfür durch den zitierten Stand der Technik auch entsprechende Bindungspuffer mit einer Ionenstärke von kleiner als 100mM nahe gelegt würden.
Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen der Einsprechenden entgegen und beantragt,
das Patent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 12 vom 26. November 2014 sowie Beschreibung gemäß Patentschrift aufrecht zu erhalten und den Einspruch im Übrigen zurückzuweisen.
Sie vertritt im Wesentlichen die Auffassung, dass im Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 als wirksame Komponente für die Bindung der Nukleinsäuren an die feste Phase nur Citratsalze eingesetzt würden und damit keine chaotropen Substanzen für eine Lyse zur Verfügung stünden, so dass es sich bei dem Bindungspuffer des geltenden Patenanspruchs 1 nicht um ein Lyse-/Bindungspuffersystem handeln könne. In Folge dessen werde das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 vom zitierten Stand der Technik nicht neuheitsschädlich getroffen. Aus ihrer Sicht finde sich im zitierten Stand der Technik ferner keine Anregung dafür, zur Bindung von Nukleinsäuren an eine feste Phase einen citrathaltigen Bindungspuffer mit einer Ionenstärke von kleiner als 100 mM zu verwenden. Zur Stütze ihres Vorbringens verweist die Patentinhaberin in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung zusätzlich auf die Gebrauchsmusterschrift DE 202 07 793 U1, aus der ihrer Ansicht nach hervorgehe, dass Citrate auch für die Desorption der Nukleinsäuren von Festphasen geeignet seien und daher bei der Adsorption von Nukleinsäuren an Festphasen nicht ohne weiteres im Blickfeld des Fachmanns lägen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
1. Die Zuständigkeit des Senats für die Entscheidung über den Einspruch ergibt sich im vorliegenden Fall aus dem zulässigen Antrag der Patentinhaberin gemäß § 61 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 PatG. Ausnahmen gemäß § 61 Abs. 2 S. 2 PatG sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und mit Gründen versehen. Er ist zulässig und hat auch Erfolg.
2. Die formale Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche 1 bis 12 kann dahin gestellt bleiben. Sie wurde im Übrigen von der Einsprechenden auch nicht in Frage gestellt.
3. Vor der Beurteilung der Patentfähigkeit ist der Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 1 auszulegen, zumal zwischen den Verfahrensbeteiligten strittig ist, ob der geltende Patentanspruch 1 außer den darin explizit genannten Verfahrensschritten der Bindung und Elution noch weitere Verfahrensschritte wie Lyseund/oder Waschschritte mit umfasst (vgl. BGH, GRUR 2012, 1124, 1. Ls. i. V. m. Rn. 27 - Polymerschaum). Der Beschreibung der Streitpatentschrift entnimmt der Fachmann, dass beim patentgemäßen Verfahren Waschschritte nicht erforderlich sind (vgl. Streitpatent, S. 4, Abs. [0020]). Darin erkennt der Fachmann kein Verbot von Waschschritten, sondern lediglich die Möglichkeit beim patentgemäßen Verfahren auf diese verzichten zu können, zumal Waschschritte in den vorangegangenen Absätzen des Streitpatents aufgrund der für diese Schritte erforderlichen Zeit sowie des damit verbundenen Arbeitsaufwandes bei den bekannten Verfahren des Standes der Technik als nachteilig beschrieben werden (vgl. Streitpatent, S. 3, Abs. [0011], letzter Satz). Die Möglichkeit Waschschritte im Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 optional durchführen zu können, entnimmt der Fachmann auch dem Wortlaut der geltenden Patentansprüche 8 und 9, von denen der Patentanspruch 8 einen direkten und der Patentanspruch 9 einen indirekten Rückbezug auf Patentanspruch 1 enthält. Ein Verfahren ohne das Waschen der an die feste Phase gebundenen Nukleinsäuren definiert von diesen nur der geltende Patentanspruch 9, so dass im Verfahren des geltenden Patentanspruchs 8 analog zum geltenden Patentanspruch 1 nach wie vor Waschschritte möglich sind. Einen kategorischen Ausschluss von Wasch- und Lyseschritten wird der Fachmann im Wortlaut des Patentanspruchs 1 auch deshalb nicht erkennen, da die nukleinsäurehaltige Probe darin nicht näher definiert wird. Demzufolge wird der Fachmann darunter nicht nur die im Ausführungsbeispiel der Streitpatentschrift genannten PCR-Ansätze subsumieren, sondern auch komplexere Proben mit zellulären Bestandteilen und unerwünschten Nebenprodukten, die zwangsläufig Lyse- und Waschschritte erfordern. Derartige Proben wird der Fachmann für das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 auch deshalb in Betracht ziehen, da im Absatz [0002] der Streitpatentschrift von „komplexen Reaktionsansätzen“ die Rede ist, die nur beispielhaft als PCR-, Restriktions- oder Sequenzieransätze definiert werden. Auch dem Absatz [0017] entnimmt der Fachmann, dass das Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 auf sämtliche Proben anwendbar ist, da die Aufreinigung von PCR-Produkten darin ebenfalls nur als eine bevorzugte Variante genannt wird (vgl. Streitpatent, S. 3, Abs. [0017], letzter Satz).
Nach alledem schließt der Fachmann beim Verfahren des geltenden Patentanspruchs 1 somit Lyse- und Waschschritte nicht aus. Ausgehend davon interpretiert der Fachmann den im geltenden Patentanspruch 1 genannten „Bindungspuffer“ nicht als reinen Bindungspuffer mit Citraten als wirksamer Komponente, sondern auch als ein Lyse-/Bindungspuffersystem, das ohne chaotrope Salze und ohne Kombination von Salzen mit mono- und multivalenten Kationen auskommt. Das Argument der Patentinhaberin, der Fachmann verstehe unter dem im geltenden Patentanspruch 1 verwendeten Begriff „Bindungspuffer“ nur einen für die Bindung von Nukleinsäuren an feste Phasen geeigneten Puffer, da für die Lyse der Zellen stets chaotrope Salze erforderlich seien, die der geltende Patentanspruch 1 im Merkmal c) jedoch ausdrücklich ausschließe, vermag nicht zu überzeugen. Denn aufgrund seiner allgemeinen Fachkenntnis ist dem Fachmann bekannt, dass die Lyse von Zellen auch ohne chaotrope Salze z. B. mit Hilfe von Enzymen erreicht werden kann (vgl. D1, Anspruch 1 oder D4, Patentanspruch 1 i. V. m. S. 5, Z. 29 bis 32).
Unstrittig ist zwischen den Verfahrensbeteiligten, dass die im Merkmal d) des geltenden Patentanspruchs 1 angegebene „Ionenstärke“ nicht der Salzkonzentration des Bindungspuffers entspricht, sondern sich aus der Konzentration der einzelnen Ionensorten und ihrer Ladungszahlen entsprechend der im Dokument D11a angegebenen, allgemein bekannten mathematischen Formel errechnen lässt und somit nur der im Streitpatent als P4 bezeichnete Bindungspuffer mit 75 mM eine Ionenstärke von kleiner als 100 mM entsprechend dem patentgemäßen Merkmal d) aufweist (vgl. D11a, S. 1972, re. Sp., Stichwort „Ionenstärke“) (vgl. Streitpatent; S. 5, Abs. [0031], Tabelle). Im Zusammenhang mit den Ionenstärken ist des Weiteren festzustellen, dass das Streitpatent Angaben enthält, die deutlich machen, dass die Ionenstärken des patentgemäßen Merkmals d) allein für den Bindungspuffer und nicht für eine Kombination aus Bindungspuffer und Probe gelten, da im Streitpatent strikt zwischen den Reaktionsansätzen und dem Bindungspuffer unterschieden wird. So findet sich im Absatz [0019] der Streitpatentschrift der Hinweis, dass die Reaktionsansätze, aus denen die Nukleinsäuren aufgereinigt werden sollen, mit dem patentgemäßen Bindungspuffer gemischt werden (vgl. Streitpatent, S. 4, Abs. [0019]). Auch im Ausführungsbeispiel des Streitpatents werden jeweils 500 µl des Bindungspuffers mit jeweils 50 µl eines PCR-Ansatzes gemischt (vgl. Streitpatent, S. 4, Abs. [0027]). Demnach geht der Fachmann beim Bindungspuffer des geltenden Patentanspruchs 1 von einem alkoholhaltigen Bindungspuffer aus, der per se eine Ionenstärke von kleiner als 100 mM ausweist.
4. Über die Neuheit des Verfahrens nach dem geltenden Patentanspruch 1 muss nicht entschieden werden, da die Bereitstellung des Verfahrens jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5. In der Streitpatentschrift wird eingangs ausgeführt, dass für die Aufreinigung und Rückgewinnung von spezifischen DNA-Fragmenten im Stand der Technik eine Vielzahl von kommerziell verfügbaren Kits existiert. Alle diese bekannten Verfahren basieren auf einer von Vogelstein und Gillespie entwickelten Methode, bei der durch die Störung übergeordneter Strukturen des wässrigen Milieus die Nukleinsäuren an der Oberfläche von mineralischen Materialien adsorbiert werden. Die Störung der übergeordneten Strukturen des wässrigen Milieus erfolgt dabei unter Anwesenheit chaotroper Ionen. Zur Realisierung dieses physiko-chemischen Prinzips enthalten daher alle kommerziell verfügbaren Systeme zur Isolierung von Nukleinsäuren Pufferkompositionen mit hohen Ionenstärken chaotroper Salze. Chaotrope Salze sind jedoch hoch toxisch, was ein erhebliches gesundheitliches Risiko sowie eine erhebliche Umweltbelastung durch die ins Abwasser eingebrachten Schadstofflasten darstellt. Die hohen Ionenstärken bewirken zudem oftmals ein Verschleppen von Salzkontaminationen, die sich für eine Reihe von down-stream-Applikationen als problematisch erweisen. Bei den bekannten Verfahren sind außerdem Waschschritte mit alkohol- oder acetonhaltigen Salzlösungen essentieller Bestandteil der Extraktionsprotokolle. Zur Vermeidung der Waschschritte wurden Verfahren entwickelt, bei denen die Adsorption der Nukleinsäuren an die feste Phase durch die Kombination eines monovalenten und eines multivalenten Salzes mit sehr geringen Ionenstärken erreicht wird. Mit die- sen Verfahren konnte allerdings keine selektive Entfernung von unerwünschten PCR-Nebenprodukten erreicht werden. Zur Immobilisierung von Proteinen werden im Stand der Technik Citrate eingesetzt, die als antichaotrope Salze bezeichnet werden. Im Stand der Technik wird ferner das Phänomen beschrieben, dass ein Puffer mit nur einem monovalenten oder mit nur einem divalenten Kation eine Anbindung von Nukleinsäuren ermöglicht, wenn die Ionenstärken dabei sehr viel höher sind als bei entsprechenden Salzkombinationen. Die hohen Ionenstärken sind dabei jedoch mit den bereits zuvor beschriebenen Nachteilen verbunden und sollen daher vermieden werden. Außerdem bieten alle im Stand der Technik bekannten Verfahren nur die generelle Möglichkeit der Rückgewinnung von DNAFragmenten, nicht aber deren effiziente Aufreinigung (vgl. Streitpatent, S. 2 und 3, Abs. [0003 bis 0014]).
Ausgehend davon liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur schnellen Trennung, Aufreinigung und hocheffizienten Rückgewinnung von langund/oder kurzkettigen Nukleinsäuren bereitzustellen, das die Nachteile des Standes der Technik beseitigt und damit weder chaotrope Salze benötigt, noch Salze in hohen Ionenstärken (vgl. Streitpatent, S. 2, Abs. [0002] i. V. m. S. 3, Abs. [0015] und [0017]).
Gelöst wird diese Aufgabe u. a. mit dem im geltenden Patentanspruch 1 beschriebenen Verfahren, bei dem ein Bindungspuffer ohne chaotrope Salze und ohne eine Kombination von Salzen mit mono- und multivalenten Kationen verwendet wird, der für die Anbindung der Nukleinsäuren an die feste Phase jedoch mindestens ein Salz der Zitronensäure mit einem einfach positiv geladenen Kation enthält, das in Kombination mit einem Alkohol in einer Ionenstärke von kleiner als 100 mM vorliegt.
Für die Lösung der patentgemäßen Aufgabe stellt die Druckschrift D4 einen möglichen Ausgangspunkt dar, da ihr - wie dem Streitpatent - die Aufgabe zugrunde liegt, ein Verfahren zur Isolierung von Nukleinsäuren bereitzustellen, bei dem die Nukleinsäuren an feste Trägermaterialien ohne den Einsatz von chaotropen Salzen gebunden werden sollen (vgl. D4, S. 1 Z. 6 bis 10). Die D4 präsentiert dem Fachmann - einem promovierten Chemiker oder Biochemiker mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Nukleinsäurechemie und mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Verfahren zur Isolierung von Nukleinsäuren - hierfür ein Verfahren, bei dem für die Bindung der Nukleinsäuren an die Festphase im Lyse-/Bindungspuffersystem an Stelle der bisher üblichen chaotropen Salze, antichaotrope Salzkomponenten eingesetzt werden (vgl. D4, Anspruch 1 i. V. m. S. 6, Z. 30 bis 33). Über die dabei zu verwendenden antichaotropen Salze erfährt der Fachmann in der D4, dass es auf deren monovalente Kationen wie Ammonium, Cäsium, Kalium oder Natrium ankommt, da die antichaotropen Komponenten in der D4 ausschließlich über ihre Kationen definiert werden (vgl. D4, Anspruch 2 i. V. m. S. 5, Z. 24/25 und S. 8, Z. 16 bis 18). Daran erkennt der Fachmann, dass es sich bei dem einzigen in der D4 konkret benannten antichaotropen Salz, dem Ammoniumchlorid, zwar um einen in der Druckschrift D4 bevorzugten Vertreter dieser Stoffklasse handelt, dieser aber keinesfalls die einzig wirksame antichaotrope Komponente darstellt, die nach der Lehre der D4 in Frage kommt (vgl. D4, Anspruch 2 i. V. m. S. 20/21, Beispiel 1, Z. 6, Beispiel 2, Z. 29 und Beispiel 3, Z. 10). In Kenntnis dessen zieht der Fachmann bei Verfahren zur Isolierung von Nukleinsäuren, wie in D4 beschrieben, auch andere antichaotrope Salze in Betracht, zu denen er aufgrund seiner allgemeinen Fachkenntnis u. a. die Citrate rechnet (vgl. D8a, S. 545, li. Sp., erster Abs., Zeilen 6 bis 11 von oben). Dabei mag der Fachmann zwar berücksichtigen, dass nicht alle antichaotropen Salze gleich wirksam sind und nicht jeder Austausch eines chaotropen Salzes durch ein antichaotropes Salz ohne weiteres möglich ist. Dem in der D4 enthaltenen Hinweis, dass im Lyse-/Bindungspuffersystem bei bestehender Konstanz aller anderen Parameter die chaotropen durch antichaotrope Salzkomponenten austauschbar sind, wird der Fachmann aber dennoch Beachtung schenken und folglich in reinen Routineversuchen außer Ammoniumchlorid auch andere antichaotrope Salze, wie z. B. die Salze der Citronensäure, testen (vgl. D4, S. 6, Z. 30 bis 33). Das patentgemäße Merkmal a) des geltenden Patentanspruchs 1 kommt für die Begründung einer erfinderischen Tätigkeit somit nicht in Betracht. Nachdem im Verfahren der D4 u. a. alkoholhaltige Lyse-/Bindungspuffersysteme zum Einsatz kommen, geht auch das patentgemäße Merkmal b) des geltenden Patentanspruchs 1 nicht über das allgemeine Können und Wissen des Fachmanns hinaus (vgl. D4, Anspruch 5 i. V. m. S. 5, Z. 29 bis 32). Der Kerngedanke der D4, die üblichen chaotropen Salze eines Bindungspuffers durch antichaotrope Salze mit einfach positiv geladenen Kationen auszutauschen, rückt des Weiteren das als Disclaimer formulierte Merkmal c) des geltenden Patentanspruchs 1 ins Blickfeld des Fachmanns, so dass auch dieses nicht in der Lage ist eine erfinderische Tätigkeit zu begründen (vgl. D4, Anspruch 1 i. V. m. S. 5, Z. 13 bis 23 und S. 6, Z. 3 bis 7). Aus der D4 ist dem Fachmann ferner bekannt, dass es bei den zur Bindung der Nukleinsäuren eingesetzten antichaotropen Salze nicht auf deren Konzentration im Bindungspuffer, sondern vielmehr auf deren Ionenstärke ankommt (vgl. D4, Anspruch 15 i. V. m. S. 8, Z. 18/19). Als geeigneten Bereich für die Ionenstärke nennt die Druckschrift D4 100 mM bis 8 M und damit einen sehr weiten Bereich, den der Fachmann versuchen wird weiter zu optimieren, zumal er diese Angaben nicht als verbindliche Grenzwerte sondern eher als Richtwerte ansehen wird (vgl. D4, S. 8, Z. 18/19 und Anspruch 15). Denn in der D4 selbst findet sich der Hinweis, dass z. B. für die Bindung von DNA schon geringe Konzentrationen an antichaotropen Salzen ausreichend sein können, wobei diese mit einem nach unten offenen Bereich von bis zu 1 M bzw. bis zu 500 mM angegeben werden (vgl. D4, S. 8, Z. 21 bis 25). Demzufolge wird sich der Fachmann vorrangig an der unteren Grenze der in der D4 genannten Ionenstärken orientieren. Die Anregung, antichaotrope Salze in geringen Ionenstärken einzusetzen, wird der Fachmann auch deshalb aufgreifen, weil er die Nachteile hoher Salzkonzentrationen kennt und diese daher grundsätzlich zu vermeiden sucht (vgl. Streitpatent, S. 2, Abs. [0006], vorletzter Satz). Davon wird ihn selbst die Tatsache nicht abhalten, dass in den Beispielen 1, 2, 8 und 9 der D4 Bindungspuffer mit jeweils 1,3 M (Beispiel 1), 3 M (Beispiel 9) oder 5 M Ammoniumchlorid (Beispiel 2) bzw. 3 M Kaliumchlorid (Beispiel 8) eingesetzt werden (vgl. D4, S. 20, Z. 5/6 und 28/29, S. 25, Z. 6/7 und S. 26, Z. 28 bis 30), da der bereits zuvor definierte Fachmann in den Beispielen der D4 zum einen nur Ausführungsvarianten erkennt, die die Lehre der D4 nicht beschränken und ihn die D4 zum anderen selbst lehrt, dass ein Unterschreiten dieser Konzentrationen prinzipiell möglich ist (vgl. D4, S. 8, Z. 21 bis 25). Um geeignete Ionenstärken für die in der D4 genannten antichaotropen Salze ermitteln zu können, wird sich der Fachmann demzufolge im Stand der Technik informieren, in welchen Ionenstärken bzw. Konzentrationen chaotrope Salze in Bindungspuffern bei der Nukleinsäureisolierung üblicher Weise eingesetzt werden, die gemäß der Lehre der D4 ohne weitere Veränderungen durch antichaotrope Salze ersetzt werden können.
Dabei wird der Fachmann auf die D2 stoßen. Der direkte Rückbezug von Anspruch 12 auf die Ansprüche 1 bis 3 macht in der D2 deutlich, dass chaotrope Salze in den Verfahren der D2 lediglich alternativ zu den in den Ansprüchen 10 und 11 für die Immobilisierung von Nukleinsäuren empfohlenen Alkalisalzen der Zitronensäure verwendet werden können. Eine Kombination der Citrate mit chaotropen Salzen, wie sie von der Pateninhaberin angenommen wird, ist der D2 daher nicht zu entnehmen (vgl. D2, Ansprüche 10 und 11 i. V. m. S. 3, Z. 12 bis 15 im Vergleich zu Ansprüchen 12 bis 14 i. V. m S. 3, Z. 22 bis 29). Auch die im Zusammenhang mit den chaotropen Agenzien genannte untere Grenze von 10 mM wird der Fachmann beim Studium der D2 nicht außer Acht lassen (vgl. D2, S. 3, Z. 24/25). Denn in der D2 wird schon die alleinige Anwesenheit von Alkoholen für die Bindung von Nukleinsäuren an Festphasen als ausreichend erachtet, was durch die auf die Ansprüche 1 bis 3 rückbezogenen Ansprüche 18 bis 20 zum Ausdruck kommt, in denen die zur Immobilisierung der Nukleinsäuren geeigneten Alkohole genannt werden (vgl. D2, S. 3, Z. 5 bis 8 und Ansprüche 18 bis 20 i. V. m. S. 3, Z. 30 bis 33). Aus diesen Angaben gewinnt der Fachmann die Erkenntnis, dass schon geringe Konzentrationen von zusätzlich verwendeten chaotropen Salzen geeignet sind, um die Bindung von Nukleinsäuren an Festphasen zu unterstützen, während hohe Ionenstärken hierfür nur in speziellen Fällen erforderlich sind. Nachdem für die antichaotropen Salze in der D2 keine davon abweichenden Konzentrationen genannt werden, wird der Fachmann somit keinen Zwei- fel daran hegen, dass die Angaben für die chaotropen Salze auch auf antichaotrope Salze übertragbar sind (vgl. D2, Ansprüche 10 und 11) (vgl. BGH, GRUR 2014, 647, Ls. i. V. m. Rn. 26 - Farbversorgungssystem). Aus einer kombinierten Betrachtung der Druckschriften D4 und D2 erhält der Fachmann somit die Anregung, antichaotrope Salze, wie Citrate, in Ionenstärken von 10 mM in Bindungspuffern zur Anbindung von Nukleinsäuren an Festphasen auszuprobieren. Der Einwand der Patentinhaberin, der Inhalt der Druckschrift D2 führe von der Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 weg, da im Verfahren der D2 chaotrope Salze einerseits nicht ausgeschlossen seien und andererseits alkoholhaltige Bindungspuffer mit geringen Ionenstärken darin keine Erwähnung fänden, vermag somit nicht zu greifen.
Mit seiner auf die Reduzierung der Salzkomponenten in Bindungspuffern ausgerichteten Denk- und Vorgehensweise (vgl. Streitpatent, S. 2, Abs. [0006]) geht der Fachmann auch an die weiteren von der Einsprechenden zitierten Druckschriften D1, D3 und D5 heran und erhält ergänzend zum bereits zuvor erörterten Stand der Technik auch in diesen weitere Hinweise, die in Richtung des patentgemäßen Merkmals d) weisen.
Die D1 offenbart ein Verfahren zur Isolierung von Nukleinsäuren ohne chaotrope Salze, bei dem Enzyme und nichtionische Tenside zur Lyse sowie Alkohole zur Nukleinsäurebindung verwendet werden (vgl. D1, Anspruch 1 i. V. m. S. 2, Abs. [0009], S. 5, Abs. [0034], erster Satz und S. 6, Abs. [0048]). Optional kann zur Nukleinsäurebindung ein Puffer, z. B. in Form einer Citratpufferlösung sowie ein Salz eingesetzt werden (vgl. D1, S. 5. Abs. [0035]). Für den Fall, dass die Pufferlösung in einer nicht näher definierten Kombination zum Einsatz kommt, wird für diese Kombination eine Konzentration von einigen mM bis einigen 100 mM angegeben (vgl. D1, S. 5, Abs. [0035], letzter Satz). Im Hinblick auf die Salzkonzentration rät die D1 allerdings zur Vorsicht. So empfiehlt die D1 eine Konzentration von 0,1 bis 50 mM mit dem Hinweis, dass eine Konzentration von weniger als 0,1 mM zu einer zu niedrigen Ausfällung der Nukleinsäuren führt, während eine Konzen- tration von mehr als 50 mM zur Ausfällung von unerwünschten Nebenprodukten führt, wodurch die Ausfällung von Nukleinsäuren reduziert wird (vgl. D1, S. 6, Abs. [0051]). Somit veranlasst auch diese Aussage den Fachmann - der nach geeigneten Ionenstärken für antichaotrope Salze zur Bindungen von Nukleinsäuren an Festphasen sucht - dazu, seine Routinetests mit Bindungspuffern zu beginnen, die niedrige Ionenstärken von wenigen mM aufweisen.
Entsprechendes ergibt sich auch aus der D3. Für das darin offenbarte Verfahren zur Nukleinsäureisolierung werden zur Verstärkung der Bindung der Nukleinsäuren an Festphasen Bindungspuffer als hilfreich erachtet, denen Salze wie Citrate in einer Konzentration von bis zu 400 mM oder 1 M zugesetzt werden können (vgl. D3, Ansprüche 1 und 13 i. V. m. S. 7, Z. 18 bis 33). Salzkonzentrationen von weniger als 400 mM wird der Fachmann dabei durchaus als vielversprechend erachten, da in den Beispielen 4 und 5 der D3 10 mM Phosphatpuffer bereits erfolgreich eingesetzt werden (vgl. D3, S. 17 bis 19, Bsp. 4 und 5). In Anbetracht dessen wird der Fachmann - anders als von der Patentinhaberin angenommen - die im Zusammenhang mit der Salzkonzentration verwendete Formulierung „…up to about 400 mM“ auch nicht mit „...mindestens 400 mM“ sondern korrekt mit „…bis zu 400 mM“ übersetzten (vgl. D3, S. 7, Z. 32). In Folge dessen legt auch die Lehre der D3 Bindungspuffer mit Ionenstärken nahe, die unterhalb von 100 mM liegen.
Bei fachmännischer Betrachtung liefert auch die D5 einen Anreiz dafür, bei der Immobilisierung von Nukleinsäuren an Festphasen auf Ionenstärken von weniger als 100 mM zurückzugreifen. Um die bei der Isolierung von Nukleinsäuren üblichen chaotropen Salze zu vermeiden, lehrt die D5 ein Verfahren, bei dem die Nukleinsäuren in Gegenwart von Alkalihalogeniden in einer Konzentration von 100 mM bis 3 M und eines Alkohols in einer Konzentration von 37 bis 70 Vol.% an SiO2-haltige Oberflächen gebunden werden (vgl. D5, S. 3, Z. 16 bis S. 4, Z. 25 i. V. m. Anspruch 1). Bei näherer Betrachtung des Beispiels 6 erkennt der Fachmann, dass die Konzentration einer 100 mM NaCl-Lösung mit 50 mM Tris (340 µl)
durch die Zugabe von 350 µl Isopropanol auf eine Konzentration von 50 mM NaCl und 25 mM Tris reduziert wird, was einer Ionenstärke im Bindungspuffer von 75 mM entspricht. Diesem Ansatz wird der Fachmann in jedem Fall Aufmerksamkeit schenken, da bereits mit diesen geringen Konzentrationen/Ionenstärken eine 100 %-ige Rückgewinnung der in der Probe enthaltenen DNA erreicht wird (vgl. D5, S. 14, Tabelle 6, dritte Zeile von oben i. V. m. Z. 6 bis 19). Dem Argument der Patentinhaberin, der Fachmann erkenne im Beispiel 6 lediglich einen unteren Grenzwert von 100 mM für die antichaotropen Salze, wie er auch im Anspruch 1 der D5 genannt werde, kann nicht gefolgt werden. Denn wie die in der Tabelle 6 der D5 genannten Stammlösungen, die unterschiedliche Konzentrationen an NaCl aufweisen, gehört auch die Ermittlung der in den einzelnen Ansätzen tatsächlich vorhandenen Konzentrationen der jeweiligen Komponenten, wie NaCl und Tris, zum allgemeinen Handwerkszeug des Fachmanns. Demzufolge wird der Fachmann die oben genannte Berechnung anstellen und in Folge dessen ohne Weiteres erkennen, dass die für die Bindung der Nukleinsäuren verantwortliche Konzentration bzw. Ionenstärke des antichaotropen Salzes im Beispiel 6 der D5 sogar unter 100 mM liegt. Wie bereits zuvor die D1, D2 oder D3 liefert somit auch die D5 eine Anregung dafür, die bei der Bindung von Nukleinsäuren an feste Phasen wirksamen Salze, in Ionenstärken von weniger als 100 mM zu testen. Aus diesem Grund erfordert das patentgemäße Merkmal d) keinesfalls erfinderisches Zutun.
Die Bereitstellung des mit dem geltenden Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahrens zur Trennung, Aufreinigung und Wiedergewinnung von lang- und / oder kurzkettigen Nukleinsäuren beruht demzufolge nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Daran ändert auch die von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gebrauchsmusterschrift DE 202 07 793 U1 nichts, die nach Ansicht der Patentinhaberin belege, dass Komplexbildner wie Citrate vor dem Anmeldetag des Streitpatents im Stand der Technik auch für die Desorption der Nukleinsäuren von Trägermaterialien eingesetzt worden seien, weshalb der Fachmann Citrate für die Bindung von Nukleinsäuren nicht ohne Weiteres in Betracht ziehe. Dieser Einwand kann Citrate als geeignetes Reagenz für die Bindung von Nukleinsäuren jedoch nicht in Frage stellen. Denn im einschlägigen Stand der Technik, wie er vorliegend z. B. durch die Druckschriften D2 und D4 repräsentiert wird, werden antichaotrope Agenzien entweder ohne weitere Einschränkung oder aber sogar mit einem expliziten Hinweis auf die Alkalisalze der Zitronensäure, als wirksame Komponenten zur Bindung von Nukleinsäuren an Festphasen beschrieben (vgl. D2, Anspruch 11 i. V. m. S. 3, Z. 12 bis 15 und D4, Anspruch 1). In Anbetracht dessen besteht für den Fachmann somit selbst in Kenntnis der Gebrauchsmusterschrift DE 202 07 793 U1 kein Grund daran zu zweifeln, dass Citrate geeignet sind die Bindung von Nukleinsäuren an Festphasen zu unterstützten, zumal in der Gebrauchsmusterschrift DE 202 07 793 U1 Citrate an keiner Stelle als Desorptionsmittel genannt werden.
Auch Hilfskriterien, wie sie die Patentinhaberin sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, können eine erfinderische Tätigkeit für sich genommen weder begründen noch ersetzen. Hilfskriterien können lediglich im Einzelfall Anlass dazu geben, die im Stand der Technik bekannten Lösungen besonders kritisch daraufhin zu prüfen, ob sie vor dem Hintergrund des allgemeinen Fachwissens hinreichende Anhaltspunkte für ein Naheliegen des Gegenstandes der Erfindung bieten und nicht erst aus Ex-post-Sicht eine zur Erfindung führende Anregung zu enthalten scheinen (vgl. BGH, GRUR 2010, 44, 2. Ls i. V. m. Rn. 29 - Dreinahtschlauchfolienbeutel). Gegen ein Naheliegen des beanspruchten Verfahrens spreche nach Ansicht der Patentinhaberin vorliegend, - dass die Wirksamkeit des dreifach negativ geladenen Citrats bei der Bindung von Nukleinsäuren an Festphasen nur durch Zufall gefunden worden sei, - der Fachmann beim Einsatz von Citraten aufgrund ihrer von den chaotropen Salzen abweichenden Löslichkeit sowie ihrer Eigenschaft als Komplexbildner unüberwindbare Komplikationen erwartet habe und
- das beanspruchte Verfahren überraschender Weise keinerlei Waschschritte erfordere.
Allerdings können auch diese Hilfskriterien zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führen, da das beanspruchte Verfahren, aus den bereits zuvor dargelegten Gründen bereits durch die Zusammenschau der Druckschriften D4 und D2 nahegelegt ist, so dass die geltend gemachten Hilfserwägungen die erfinderische Tätigkeit nicht ersetzen können. Es erübrigt sich somit ein Eingehen darauf, da es auf sie nicht ankommt. Im Übrigen erlaubt das Nichteingehen nicht regelmäßig den Schluss, dass das Gericht die angeführten Umstände nicht auf ihre Bedeutung für die Entscheidung geprüft hat (vgl. BGH, GRUR 2007, 997, Ls. i. V. m. Rn. 18 - Wellnessgerät).
Da über den Antrag der Patentinhaberin nur insgesamt entschieden werden kann, fallen mit dem nicht gewährbaren Patentanspruch 1 auch die übrigen Ansprüche der geltenden Anspruchsfassung.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.
Dr. Maksymiw Schell Dr. Münzberg Dr. Wagner Fa
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