35 W (pat) 8/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 8/13
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(Aktenzeichen)
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache BPatG 152 08.05
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betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Beschwerde gegen Kostenentscheidung)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 2. Juni 2016 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch beschlossen:
1. Die Beschwerde des Löschungsantragsgegners wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Löschungsantragsgegner zu tragen.
Gründe I.
Der Löschungsantragsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsgegner) war Inhaber des am 13. August 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldeten und am 14. Dezember 2011 in das Gebrauchsmusterregister eingetragenen Gebrauchsmusters … (Streitgebrauchsmuster) mit der Bezeichnung „…“.
Mit Verzichtsaufforderung nebst Androhung der Löschung durch die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragstellerin) vom
22. Februar 2012 war dem Antragsgegner im Wesentlichen anhand von 5 Druckschriften erläutert worden, weshalb das Streitgebrauchsmuster löschungsreif sei. Auf die Verzichtsaufforderung hatte der Antragsgegner mit Schreiben vom 6. März 2012 reagiert und sinngemäß mitgeteilt, er ziehe es vor, dass über die Schutzfähigkeit seines Gebrauchsmusters die zuständige Behörde entscheide.
Infolge hat die Antragstellerin mit Löschungsantrag vom 22. März 2012, der dem Antragsgegner am 12. April 2012 vom DPMA zugestellt worden war, die Löschung des Streitgebrauchsmusters wegen mangelnder Schutzfähigkeit beantragt, wobei sie zusätzlich zu den bisher genannten 5 Druckschriften auch die Druckschrift US 7,926,393 A2 in Feld geführt hat. Hierauf hat der Antragsgegner mit einem am 3. Mai 2012 beim DPMA eingegangenen Schreiben erklärt, dass er auf einen Widerspruch gegen den Löschungsantrag verzichte und der Löschung seines Gebrauchsmusters zustimme.
Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2012 hat die Antragstellerin beantragt, dem Antragsgegner die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, da sich dieser durch den Nichtwiderspruch in die Rolle der unterliegenden Partei begeben habe. Der Antragsgegner hat dagegen mit Schriftsatz vom 4. Juli 2012 beantragt, der Antragstellerin die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, da er seinerzeit von der Antragstellerin nicht ordnungsgemäß, nämlich nicht von Anfang an unter Nennung der einzig relevanten Druckschriften zum Verzicht auf das Streitgebrauchsmuster aufgefordert worden sei. Sofern die Druckschrift US 7,926,393 A2 bereits bei Verzichtsaufforderung ins Feld geführt worden wäre, hätte der Antragsteller ohne weiteres auf das Streitgebrauchsmuster verzichtet. Seiner Meinung nach sei daher zu Lasten der Antragstellerin der Sondertatbestand des § 93 ZPO einschlägig.
Mit Beschluss vom 12. November 2012 hat die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA die Kosten des Löschungsverfahrens dem Antragsgegner auferlegt. Es liege ein Fall des § 91 ZPO vor, da kein Widerspruch gegen den Löschungsantrag erhoben worden sei. Hiernach habe der Antragsgegner die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens zu tragen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sein Begehren einer Kostenentscheidung zu Lasten der Antragstellerin weiterverfolgt. Er wiederholt im Wesentlichen seinen vor dem DPMA gemachten Vortrag. Im Übrigen ist er der Meinung, dass es der Antragstellerin nicht erlaubt gewesen sei, zwischen der Verzichtsaufforderung und dem Löschungsantrag die von ihr genannten, nachprüfbaren Fakten „auszutauschen“.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. November 2012 aufzuheben und der Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist auch sie auf ihren bisherigen Vortrag. Die in Streit stehende patentamtliche Entscheidung habe zu Recht berücksichtigt, dass für die vorliegend Kostengrundentscheidung allein entscheidend sei, dass der Antragsgegner nicht widersprochen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Zu Recht hat die Gebrauchsmusterabteilung des DPMA mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. November 2012 die Kosten des patentamtlichen Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens dem Antragsgegner auferlegt.
Der Kostenausspruch zu Lasten des Antragsgegners, wie er in dem angefochtenen Beschluss getroffen wurde, folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Dies ergibt sich aus einer Verweisung aus § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG. Hiernach gilt grundsätzlich das Unterliegensprinzip, wie es in § 91 Abs. 1 ZPO zum Ausdruck kommt, sofern nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert.
Die Regelung des § 91 Abs. 1 ZPO ist vorliegend einschlägig, weil der Antragsgegner dem Löschungsantrag nicht widersprochen hat und sich auf diese Weise mit der Löschung des Streitgebrauchsmusters einverstanden erklärt hat. Hierdurch hat sich der Antragsgegner in die Rolle der unterlegenen Partei begeben. Dies rechtfertigt es, ihm vorliegend die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens aufzuerlegen (vgl. BPatGE 14, 55, 57; 30, 177, 178).
Zwar geht der Antragsgegner zu Recht davon aus, dass er von der Tragung der Kosten dann zu befreien wäre, wenn der vorliegende Sachverhalt ausnahmsweise die entsprechende Anwendung des § 93 ZPO als billig erscheinen ließe. § 93 ZPO bestimmt hierzu, dass die Kosten einem Antragsteller zur Last fallen, wenn der Antragsgegner und Gebrauchsmusterinhaber den Löschungsanspruch sofort anerkannt und keinen Anlass zum Löschungsantrag gegeben hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht erkennbar.
Der Antragsgegner irrt insoweit, als er meint, der Umstand, dass die Antragstellerin die von ihr genannten, nachprüfbaren Fakten zwischen der Verzichtsaufforderung und dem Löschungsantrag teilweise geändert hat und insbesondere erstmals im Löschungsantrag auch die Druckschrift US 7,926,393 A2 genannt hat, die zu seinen Lasten getroffene Kostenentscheidung angreifbar machen würde. Der Antragsgegner verkennt hierbei, dass es einem Gebrauchsmusterinhaber im Falle eines ernsthaft drohenden, gegen sein Schutzrecht gerichteten Angriffs in erster Linie selbst obliegt, sich über dessen Rechtbeständigkeit Klarheit zu verschaffen und ggf. entsprechende Konsequenzen zu ziehen (vgl. Benkard/Goebel/Engel, GebrMG, 11. Aufl., § 17 Rn. 22; Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 92). Ausnahmsweise kann eine Verzichtsaufforderung dann nicht als ausreichend mit Begründung versehen betrachtet werden und die Anwendung des § 93 ZPO rechtfertigen, wenn mit dem späteren Löschungsantrag ein weiterer Löschungsgrund oder eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht werden (vgl. Benkard/Goebel/Engel, GebrMG, 11. Aufl., § 17 Rn. 24). Der vorliegende Fall dagegen, der sich im Wesentlichen nur dadurch auszeichnet, dass eine einzelne, vorveröffentlichte Druckschrift nachbenannt worden ist, kann dagegen die Annahme einer mangelhaften Verzichtsaufforderung nicht rechtfertigen (vgl. Bühring/ Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 82 – m. w. N.). Für einen ernsthaften Angriff bedarf es keines im Einzelnen ausgeführten Nachweises, warum das Gebrauchsmuster keinen Bestand hat. Es genügt vielmehr, dass der geltend gemachte Löschungsgrund nebst den vorgebrachten, nachprüfbaren Tatsachen nicht völlig abwegig erscheint (vgl. BPatGE 30, 177, 179 = GRUR 1989, 587, 588).
Die Verzichtsaufforderung vom 22. Februar 2016 genügte den vorstehend genannten Anforderungen, indem die Antragstellerin anhand von im Wesentlichen 5 Druckschriften in nachvollziehbarer Weise dargelegt hatte, warum sie die in den Schutzansprüchen des Streitgebrauchsmusters niedergelegte Lehre für nicht schutzfähig erachte und daher vom Vorliegen des Löschungsgrundes der mangelnden Schutzfähigkeit gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG auszugehen sei. Hiernach wäre es Sache des Antragsgegners gewesen, eigene Ermittlungen anzustellen und sich über die ggf. fehlende Erfolgsaussicht des drohenden Löschungsantrags Gewissheit zu verschaffen.
2. Als die im vorliegenden Beschwerdeverfahren unterlegene Partei trägt der Antragsgegner zusätzlich die Kosten des Beschwerdeverfahrens, was aus § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. §§ 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, 97, 91 Abs. 1 ZPO folgt.
III.
Die Beteiligten haben zwar in ihren Schriftsätzen Ausführungen zu Höhe des Gegenstandswertes des patentamtlichen Löschungsverfahrens gemacht; hierzu hat der erkennende Senat jedoch keine Entscheidung getroffen. Der Gegenstandswert ist – sofern sich die Parteien auf einen solchen nicht verständigen können – im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahren inzident als Bemessungsfaktor der erstattungsfähigen anwaltlichen Vergütung zu bestimmen (vgl. BPatGE 51, 55, 59 f.).
IV.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zu unterzeichnen und beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzureichen. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Werner Bayer Eisenrauch Fa