26 W (pat) 514/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 514/15
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 028 940.7 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. September 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Jacobi und Schödel beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
ECLI:DE:BPatG:2018:240918B26Wpat514.15.0 Gründe I.
Das Wortzeichen SportTube ist am 6. Mai 2014 unter der Nummer 30 2014 028 940.7 zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für Waren und Dienstleistungen der Klasse 9:
Aus dem Internet herunterladbare Computerprogramme; Bildübertragungsapparate; Internet-Server; Klasse 38:
Analoge Übertragung von Daten und audio-visuellen Bildern über ein globales Computernetzwerk oder das Internet; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen für Abonnenten; Ausstrahlung von pay-per-view Fernsehprogrammen; Ausstrahlung von Programmen über das Internet; Ausstrahlung von Radio- und Fernsehprogrammen, auch über Kabelnetze; Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale; Bereitstellung einer Telekommunikations-verbindung zum Internet oder zu Datenbanken; Bereitstellung einer Zugangsberechtigung zur Telekommunikation und zu Links zu Datenbanken und zum Internet; Bereitstellung von Diskussionsforen [Internet-Chatrooms] für soziale Netzwerke; Bereitstellung von interaktiven Internetforen; Bereitstellung von Zugangsberechtigungen zum Internet [Serviceprovider]; Computerkommunikations- und Internetzugriffsdienste; Dienste eines Internet-Providers; Drahtlose Übertragung und Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Elektrische Datenübertragung über ein globales Netzwerk zur Datenfernverarbeitung, einschließlich das Internet; Fernseh-programmübertragungsdienste; Geschützte Daten-, Ton- und Bildübertragungsdienstleistungen; Interaktive Kommunika-tionsdienste zur Erleichterung der Aufzeichnung von Fernsehprogrammen; Interaktive Kommunikationsdienste zur Erleichterung der Vorauswahl von Fernsehprogrammen für Zuschauer; Internetbasierte Telekommunikationsdienste; Live-Übertragungen mit Abrufmöglichkeit über eine Homepage im Internet [WEBCAM]; Streaming von Tonmaterial im Internet; Streaming von Videomaterial im Internet; Verbreitung von Daten oder audiovisuellen Bildern über ein globales Computernetz oder das Internet; Vermittlung von Zugriffen auf Datenbanken im Internet; Übertragung von Video- und Audioprogrammen über das Internet; Klasse 41:
Aufzeichnung von Videoaufnahmen; Bereitstellen von OnlineInformationen in Bezug auf Unterhaltung aus einer Computerdatenbank oder dem Internet; Bereitstellung von Online-Videos, nicht herunterladbar; Darbietung von Fernsehprogrammen; Dienstleistungen der Radio- und Fernsehunterhaltung; Dienstleistungen im Bereich der Radio- und Fernsehunterhaltung; Erstellen von Bildreportagen; Fernsehunterhaltung; Online-Ausbildung mittels einer Computerdatenbank oder über das Internet; Produktion von Fernsehunterhaltungsprogrammen; Produktion von Fernsehunterhaltungssendungen; Produktion von Rundfunk- und/oder Fernsehprogrammen; Produktion von Videoaufnahmen, Radio- und Fernsehunterhaltung; Radio- und Fernsehunterhaltungsdienste; Radio- und Fernsehunterhaltungsdienstleistungen; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; TV-Programmführerdienste [Zusam-menstellen von Fernsehprogrammen]; Unterhaltung mittels einer online zur Verfügung gestellten Computerdatenbank oder dem Internet; Veröffentlichung von Materialien, auf die über Datenbanken oder das Internet zugegriffen werden kann; Vorführung von Videoaufnahmen; Über das Internet bereitgestellte Unterhaltung.
Mit Beschluss vom 23. Februar 2015 hat die Markenstelle für Klasse 38 des DPMA die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Wortzeichen setze sich aus den beiden Bestandteilen „Sport“ und „Tube“ zusammen. Der Begriff „Sport“ sei dem allgemein verständlichen Wortschatz der deutschen Sprache entnommen. Das englische Wort „Tube“ werde über seine ursprüngliche Bedeutung „Rohr, Röhre“ hinaus vielfach als Bezeichnung für Internetportale verwendet, über die Videos, Bilder und andere Beiträge zu bestimmten Themenbereichen von Nutzern abgerufen oder ins Internet gestellt werden könnten. Letztere sei den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen durch das Internetportal „YouTube“ bekannt. Zudem reihe sich das Anmeldezeichen in üblich gebildete Internetportalnamen wie „Werkstatt Tube“, „KanuTube“, „Medien-Tube“, „CruiseTube“, „Anime-Tube“, „Get Tube“ oder „SozialTube“ (Anlagen 1 bis 7 zum angefochtenen Beschluss) ein. Es werde daher vom Verkehr als Sachhinweis auf ein Internetportal zu Themen rund um den Sport, also im Sinne von „Sport-Internetportal“ verstanden. Bei der beanspruchten Softund Hardware der Klasse 9 gebe das Anmeldezeichen an, dass diese der Bereitstellung von Sportinformationen in einem Internetportal dienen könnten. Hinsichtlich der angemeldeten Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 entnehme das Publikum dem Zeichen die beschreibende Angabe, dass diese zur Übertragung von Sportinformationen in Internetportalen angeboten bzw. erbracht würden. Die Unterhaltungs- und Ausbildungsdienstleistungen sowie die Produktion und Veröffentlichung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen und Videos in Klasse 41 könnten sich auf die Informationsvermittlung über Sport mittels Internetportalen beziehen. Auch die fehlende lexikalische Nachweisbarkeit des Begriffs „SportTube“ sei nicht schutzbegründend.
Hiergegen richtet sich die nicht weiter begründete Beschwerde der Anmelderin. Im Amtsverfahren hat sie die Ansicht vertreten, das Substantiv „tube“ zähle zu den anspruchsvolleren Wörtern der englischen Sprache. Ausschließlich im umgangssprachlichen amerikanischen Englisch, das nur einem äußerst geringen Teil der inländischen Bevölkerung geläufig sei, und nur zusammen mit dem bestimmten Artikel „the“ könne es mit „Fernsehen“ übersetzt werden. Das Wort „tube“ habe sich im Inland auch noch nicht zu einem Gattungsbegriff für Internetportale entwickelt, sondern bedürfe für eine sinnvolle Aussage eines Zusatzes, wie z. B. „Football“. Der überwiegende Teil der inländischen Verkehrskreise verstehe unter „SportTube“ ein Unternehmen, bei dem auf die Tube gedrückt werde.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des DPMA vom 23. Februar 2015 aufzuheben.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 25. Januar 2018 ist die Anmelderin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 2, Bl. 16 – 32 GA) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „SportTube“ als Marke steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem Anmeldezeichen daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – darferdas?; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – PippiLangstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/ HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – MatratzenConcord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).
Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – darferdas?; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – darferdas?; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – Düsseldorf Congress).
b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die angemeldete Wortkombination „SportTube“ nicht.
Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise haben ihr vielmehr schon zum Anmeldezeitpunkt, am 6. Mai 2014, ohne besonderen gedanklichen Aufwand eine schlagwortartig formulierte Sachaussage über die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnommen, so dass sich das Anmeldezeichen insoweit nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen eignet.
aa) Von den angemeldeten Waren und Dienstleistungen werden breite Verkehrskreise, nämlich sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der Telekommunikationsfachverkehr sowie Fachkreise der Rundfunk-, Fernseh- und Internetunterhaltungsbranche angesprochen.
bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Wörtern „Sport“ und „Tube“ zusammen.
aaa) Das – abgesehen von der Großschreibung am Anfang – mit dem englischen Wort „sport“ identische Substantiv „Sport“ ist in erster Linie eine „nach bestimmten Regeln [im Wettkampf] aus Freude an Bewegung und Spiel, zur körperlichen Ertüchtigung ausgeübte körperliche Betätigung“. Es kann sich aber auch um ein „Unterrichtsfach“, ein „sportliches Geschehen in seiner Gesamtheit“, eine „Sportart“ oder eine „Liebhaberei, Betätigung zum Vergnügen, zum Zeitvertreib, Hobby“ handeln (www.duden.de).
bbb) Das deutsche Nomen „Tube“ stammt vom lateinischen Wort „tubus“ für „Röhre“ ab und hat die Bedeutung „aus biegsamem Metall oder elastischem Kunststoff gefertigter, kleiner, röhrenförmiger Behälter mit Schraubverschluss für pastenartige Stoffe, die zur Entnahme in gewünschter Menge herausgedrückt werden“. In der Anatomie werden sowohl die „röhrenförmige Verbindung zwischen der Paukenhöhle des Ohrs und dem Rachen“ als auch der „Eileiter“ mit „Tube“ bezeichnet. Synonyme dazu sind „Kanal, Röhre“ (www.duden.de). Das englische Substantiv „tube“, das genauso wie „sport“ dem englischen Grundwortschatz angehört (Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 2. Aufl. 1977, Verlag Ernst Klett, Stuttgart, S. 96 u. 108; BPatG 26 W (pat) 13/83 – HOME TUBE), wird ebenfalls mit „Tunnel, Röhre, Kanal, Rohr, Schlauch, Tube, (Londoner) Untergrundbahn“ übersetzt. Abgeleitet von dem Ausdruck „cathode ray tube“ für „Kathodenstrahlröhre“ wird das Wort in der amerikanischen Umgangssprache auch für „Fernsehen, Fernseher, Glotze“ verwendet (www.leo.org, s. Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis; BPatG 24 W (pat) 535/14 – Buy Tube/You Tube).
cc) In seiner Gesamtheit kommen dem Anmeldezeichen daher die Bedeutungen „Sportkanal“, „Sportrohr oder -röhre“, „Sporttunnel“, „Sportschlauch“, „Sporttube“, „Sportfernsehen“ oder „Sportfernseher“ zu.
dd) Im Zusammenhang mit den beanspruchten Soft- und Hardwareprodukten der Klasse 9, den Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 sowie den in Klasse 41 angemeldeten Unterhaltungs- und Ausbildungsdienstleistungen in Klasse 41 haben die breiten angesprochenen Verkehrskreise diese Wortkombination schon zum Anmeldezeitpunkt, also am 6. Mai 2014, bereits im Sinne von „Sportfernsehen“, „Sportkanal“ oder „Internet(video)portal rund um das Thema Sport“ verstanden. Denn seit 2005 gibt es eine Online-Videoplattform unter der Bezeichnung „YouTube“, die das kostenlose Einstellen, Suchen, Ansehen und Kommentieren von Videoclips aller Art ermöglicht und als eines der bekanntesten Internetportale für Videofilme in Deutschland den inländischen Verkehrskreisen schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt geläufig gewesen ist (https://de.wikipedia. org/wiki/YouTube; BPatG a. a. O. – Buy Tube/You Tube; 29 W (pat) 3/18 – You Pot/YouTube). Bereits im Jahr 2009 hatte „YouTube“ als „Internetportal für Videos“
mit dieser Bedeutung Eingang in den Duden gefunden (Duden – Die deutsche Rechtschreibung, 25. Aufl., S. 1189). Eine zeitraumbezogene Google-Recherche des Senats hat zudem ergeben, dass es bereits vor dem Anmeldezeitpunkt üblich war, nach dem Vorbild von „YouTube“ im Internet Videos zu bestimmten Thematiken auf Plattformen anzubieten, deren Name sich aus dem Bestandteil „Tube“ als Synonym für Internet(video)portal und einem vorangestellten individualisierenden oder beschreibenden Zusatz zusammensetzte. Dabei hat der Senat neben den von der Markenstelle angeführten Internetportalen „Werkstatt Tube“, „KanuTube“, „Medien-Tube“, „CruiseTube“, „Anime-Tube“, „Get Tube“ oder „SozialTube“ (Anlagen 1 bis 7 zum angefochtenen Beschluss) bei seiner Recherche auch die Internetportale „tractortube.com“, „mykuhtube.de, „MEDtube“, „ctube“, „RAD-TUBE, „IQ-TUBE“, „fussball-tube.com“ und „ZDF-SportTube“ gefunden (s. Anlagenkonvolut 2 zum gerichtlichen Hinweis).
ee) Das beanspruchte Kompositum „SportTube“ erschöpft sich somit in der schlagwortartigen Angabe des Bestimmungszwecks der in Klasse 9 beanspruchten Soft- und Hardwareprodukte „aus dem Internet herunterladbare Computerprogramme; Bildübertragungsapparate; Internet-Server“, weil sie zum Betrieb eines „Sportkanals“ bzw. „Sportinternetportals“ eingesetzt werden können.
ff) Dies gilt auch für die in Klasse 38 angemeldeten Datenübertragungs- und sonstigen Telekommunikationsdienstleistungen
„analoge Übertragung von Daten und audio-visuellen Bildern über ein globales Computernetzwerk oder das Internet; Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale; Bereitstellung einer Telekommunikationsverbindung zum Internet oder zu Datenbanken; Bereitstellung einer Zugangsberechtigung zur Telekommunikation und zu Links zu Datenbanken und zum Internet; Bereitstellung von Zugangsberechtigungen zum Internet [Serviceprovider]; Computerkommunikations- und Internetzugriffsdienste; Dienste eines Internet-Providers; Bereitstellung von Diskussionsfo- ren [Internet-Chatrooms] für soziale Netzwerke; Bereitstellung von interaktiven Internetforen; Elektrische Datenübertragung über ein globales Netzwerk zur Datenfernverarbeitung, einschließlich das Internet; Internetbasierte Telekommunikationsdienste; Vermittlung von Zugriffen auf Datenbanken im Internet“.
Denn das Anmeldezeichen gibt an, dass sie der Bereitstellung von Sportinformationen in einem Internetportal dienen.
gg) Bei den in der Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen
„Ausstrahlung von Fernsehprogrammen für Abonnenten; Ausstrahlung von pay-per-view Fernsehprogrammen; Ausstrahlung von Programmen über das Internet; Ausstrahlung von Radio- und Fernsehprogrammen, auch über Kabelnetze;; Drahtlose Übertragung und Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Fernsehprogrammübertragungsdienste; Geschützte Daten-, Tonund Bildübertragungsdienstleistungen; Interaktive Kommunikationsdienste zur Erleichterung der Aufzeichnung von Fernsehprogrammen; Interaktive Kommunikationsdienste zur Erleichterung der Vorauswahl von Fernsehprogrammen für Zuschauer; Live-Übertragungen mit Abrufmöglichkeit über eine Homepage im Internet [WEBCAM]; Streaming von Tonmaterial im Internet; Streaming von Videomaterial im Internet; Verbreitung von Daten oder audiovisuellen Bildern über ein globales Computernetz oder das Internet; Übertragung von Video- und Audioprogrammen über das Internet“
und den Dienstleistungen der Klasse 41 im Bereich der Unterhaltung sowie der Ausstrahlung und Produktion von Fernseh-, Rundfunk- und Internetprogrammen einschließlich Videos
„Aufzeichnung von Videoaufnahmen; Bereitstellen von Online-Informationen in Bezug auf Unterhaltung aus einer Computerdatenbank oder dem Internet; Bereitstellung von Online-Videos, nicht herunterladbar; Darbietung von Fernsehprogrammen; Dienstleistungen der Radio- und Fernsehunterhaltung; Dienstleistungen im Bereich der Radio- und Fernsehunterhaltung; Erstellen von Bildreportagen; Fernsehunterhaltung; Online-Ausbildung mittels einer Computerdatenbank oder über das Internet; Produktion von Fernsehunterhaltungsprogrammen; Produktion von Fernsehunterhaltungssendungen; Produktion von Rundfunk- und/oder Fernsehprogrammen; Produktion von Videoaufnahmen, Radio- und Fernsehunterhaltung; Radio- und Fernsehunterhaltungsdienste; Radio- und Fernsehunterhaltungsdienstleistungen; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; TV-Programmführerdienste [Zusammenstellen von Fernsehprogrammen]; Unterhaltung mittels einer online zur Verfügung gestellten Computerdatenbank oder dem Internet; Veröffentlichung von Materialien, auf die über Datenbanken oder das Internet zugegriffen werden kann; Vorführung von Videoaufnahmen; Über das Internet bereitgestellte Unterhaltung“
weist das Anmeldezeichen nur unmittelbar beschreibend darauf hin, dass sie von (irgend-)einem Sender oder Internet(video)portal erbracht werden, die Informationen rund über das Thema Sport vermitteln.
hh) Auch die Binnengroßschreibung kann keine Schutzfähigkeit bewirken. Denn ein Wortzeichen kann Schutz in jeder üblichen Schreibweise beanspruchen. Die Binnenmajuskel kann daher nur in einer Wort-/Bildmarke als graphische Ausgestaltung Berücksichtigung finden (BPatG 27 W (pat) 95/12 – Franco Musiques). Ungeachtet dessen ist die Binnengroßschreibung ein einfaches und werbeübliches Gestaltungsmittel, das nicht geeignet ist, Eintragungsfähigkeit zu vermitteln (BGH GRUR 2003, 963, 965 – Anti-Vir/AntiVirus; BPatG 24 W (pat) 23/14 – Preis Roboter; 29 W (pat) 550/12 – GoldHouSe24)
ii) Der Umstand, dass die Wortkombination „SportTube“ lexikalisch nicht nachweisbar ist, kann ihr ebenfalls nicht zur Schutzfähigkeit verhelfen. Der Ver- kehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen vermittelt werden sollen. Er wird daher auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 28 W (pat) 33/15 – Traumtomaten).
jj) Angesichts der bereits dargelegten Üblichkeit dieser Wortverbindung im einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich fehlt es auch an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die die gewählte Kombination als ungewöhnlich erscheinen lassen und eine Unterscheidungskraft begründen könnten (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 98 - 100 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World).
kk) Selbst wenn – nach der Ansicht der Anmelderin – der überwiegende Teil der inländischen Verkehrskreise unter „SportTube“ ein Unternehmen im Sportbereich verstünde, bei dem auf die Tube gedrückt werde, brächte das Anmeldezeichen nur zum Ausdruck, dass die beanspruchten Waren von jemandem vertrieben und die Dienstleistungen von jemandem erbracht werden, der für schnelle Lieferung bzw. beschleunigte Erledigung steht. Aber auch diese Bedeutung hätte beschreibenden Charakter. Für die Verneinung der Unterscheidungskraft reicht es zudem aus, wenn nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522 Rdnr. 13 – Deutschlands schönste Seiten).
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 2 MarkenG für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig ist.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Kortge Jacobi Schödel Pr