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V ZB 18/17

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 18/17 BESCHLUSS vom 21. September 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:210917BVZB18.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. September 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I - 36. Zivilkammer - vom 14. Dezember 2016 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 4.438,99 €.

Gründe:

I.

Mit am 4. April 2016 zugestelltem Urteil hat das Amtsgericht ein Versäumnisurteil aufrechterhalten, mit welchem die auf Ersatz von Aufwendungen gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Die Frist zur Begründung der rechtzeitig eingelegten Berufung ist bis zum 27. Juni 2016 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist am 4. Juli 2016 bei dem Landgericht eingegangen.

Durch das Landgericht auf die Verspätung hingewiesen, hat der Kläger, der sich als Rechtsanwalt selbst vertritt, am 19. Juli 2016 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und diese zunächst damit begründet, innerhalb der Monatsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO könne auch dreimal Verlängerung der Begründungsfrist beantragt werden. Auf den weiteren Hinweis, dass dem Gericht ein dritter Verlängerungsantrag nicht vorliege, hat der Kläger vorgetragen, er habe einen Schriftsatz mit einem dritten Verlängerungsantrag am 27. Juni 2016 diktiert, von seiner Sekretärin schreiben lassen und lose in einer Klarsichthülle zusammen mit anderen Schriftsätzen gegen 16:00 Uhr auf dem Weg zu einem Verhandlungstermin bei dem Landgericht in den Nachtbriefkasten der gemeinsamen Postannahmestelle der Münchener Justizbehörden eingeworfen. Er bezeichnete als Mittel der Glaubhaftmachung eidesstattliche Versicherungen seiner selbst und seiner Sekretärin und kündigte an, die eidesstattliche Versicherung seiner Sekretärin, das Ergebnis von Erkundigungen nach dem Verbleib der übrigen in der Klarsichthülle enthaltenen Schriftsätze sowie die Kopie einer „Postausgangsliste“ nachzureichen, aus welcher sich ergebe, dass er den Schriftsatz selbst habe einwerfen sollen.

Das Landgericht hat dem Kläger zunächst mit Verfügung vom 8. September 2016 und sodann mit Verfügung vom 27. Oktober 2016 unter Setzung einer Frist von zwei Wochen Gelegenheit gegeben, die angekündigten Ergänzungen vorzunehmen. Die zweite Verfügung ist dem Kläger zunächst formlos zugeleitet und am 25. November 2016 förmlich zugestellt worden. Nach Ausbleiben einer Reaktion des Klägers hat das Landgericht am 14. Dezember 2016 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Danach hat der Kläger eine Kopie der Postausgangsliste und des Protokolls des Termins, an dem er am 27. Juni 2016 hatte teilnehmen wollen, vorgelegt und mitgeteilt, eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin könne er wegen deren Ausscheidens nicht mehr vorlegen; seine eigene reiche aus.

Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, möchte der Kläger weiterhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen.

II.

Das Berufungsgericht meint, dem Kläger sei die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu versagen, weil er eine ohne sein Verschulden eingetretene Versäumung der Frist nicht glaubhaft gemacht habe. Er habe den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung sicherzustellen gehabt und die alleinige Verantwortung dafür übernommen, dass der Schriftsatz rechtzeitig in den Nachtbriefkasten eingeworfen würde. Er müsse zwar nicht glaubhaft machen, dass und auf welche Weise der Schriftsatz verloren gegangen sei. Ihm sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vielmehr schon dann zu gewähren, wenn er glaubhaft gemacht habe, dass der Verlust des Schriftsatzes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht in seinem Verantwortungsbereich eingetreten sei. Das sei hier aber nicht geschehen. Die vorgelegte Terminsladung erlaube keine Aussage darüber, ob der Kläger den Schriftsatz auf dem Weg zum Termin tatsächlich in den Gerichtsbriefkasten eingeworfen habe. Innerhalb der ihm gesetzten Frist habe der Kläger weder die angekündigte eidesstattliche Versicherung der Sekretärin noch die anderen Mittel der Glaubhaftmachung vorgelegt. Bei Würdigung aller Umstände spreche keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Brief tatsächlich in den Gerichtsbriefkasten eingeworfen worden sei.

III.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Sie ist zwar gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO ohne Zulassung statthaft. Zulässig ist sie aber gemäß § 574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Insbesondere hat das Berufungsgericht keine überzogenen Anforderungen gestellt, die dem Kläger den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschweren (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 12. April 2010 - V ZB 224/09, NJW-RR 2010, 1096 Rn. 4 und vom 26. September 2013 - V ZB 94/13, NJW 2014, 228 Rn. 5).

2. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht dem Kläger die fristgerecht beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist versagt hat, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die weder fortzubilden noch zu ergänzen ist.

a) Der Kläger hat die Frist versäumt, weil er die Berufungsbegründung nach Ablauf der bis zum 27. Juni 2016 verlängerten Frist abgefasst und eingereicht hat. Gegen die Versäumung dieser Frist wäre ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht hätte, dass er am letzten Tag der Frist, dem 27. Juni 2016, einen dritten Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist abgefasst und in den Gerichtsbriefkasten eingeworfen hat, und wenn die beantragte Verlängerung mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (zur zweiten Voraussetzung: BGH, Beschluss vom 9. Mai 2017 - VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 11). Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass eine Partei in der von dem Kläger behaupteten Konstellation - Einwurf des Fristverlängerungsantrags in den Gerichtsbriefkasten durch den Prozessbevollmächtigten bzw. hier die sich selbst vertretende Partei - den Verlust des Antrags in der Sphäre des Gerichts regelmäßig nicht anders glaubhaft machen kann als durch die Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Einwurfs in den Gerichtsbriefkasten. Es hat zutreffend angenommen, dass es dazu ausreicht, wenn die Partei auf der Grundlage einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zum Einwurf glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht in ihrem bzw. im Verantwortungsbereich ihres Prozessbevollmächtigten eingetreten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. September 2015 - III ZB 56/14, WM 2015, 2161 Rn. 14, vom 1. Dezember 2015 - II ZB 7/15, JurBüro 2016, 446 = juris Rn. 15 und vom 2. Februar 2017 - VII ZB 41/16, NJW-RR 2017, 627 Rn. 14; ähnlich auch Senat, Versäumnisurteil vom 17. Februar 2012 - V ZR 254/10, NJW-RR 2012, 701 Rn. 9 und BGH, Urteil vom 31. Mai 2017 - VIII ZR 224/16, juris Rn. 20 f.).

b) Bei seiner tatrichterlichen Würdigung, der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass er noch am 27. Juni 2016 einen dritten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist in den Gerichtsbriefkasten eingeworfen habe, ist das Berufungsgericht von diesen Grundsätzen ausgegangen. Die Würdigung, die bei einer Sachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren zudem nur eingeschränkt überprüfbar wäre, weist keine Fehler auf, die zur Zulässigkeit des Rechtsmittels führten.

aa) Im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung, am 14. Dezember 2016, hatte der Kläger schon den äußeren Ablauf des Geschehens nicht vollständig vorgetragen. Er will den Fristverlängerungsantrag nämlich mit drei Schriftsätzen in anderen Verfahren lose in einer Klarsichthülle in den Gerichtsbriefkasten geworfen haben, hatte aber den angekündigten Vortrag, ob die anderen Schriftsätze bei ihren Adressaten eingegangen sind, nicht gehalten. Der einzige Beleg für seine Darstellung war die Ladung zu dem Gerichtstermin, dessen Wahrnehmung der Kläger zum Einwurf der Schriftsätze in den Gerichtsbriefkasten hatte nutzen wollen. Diese Terminsladung war für sich genommen zur Glaubhaftmachung nicht geeignet. Die angebotene eidesstattliche Versicherung seiner Sekretärin und die angekündigte Postausgangsliste waren nicht nachgereicht worden. Der bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts einzig vorgelegte Schriftsatz vom 3. August 2016 enthielt die als Mittel der Glaubhaftmachung angebotene eigene eidesstattliche Versicherung des Klägers nicht. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei muss dazu zwar keine eigenständige eidesstattliche Versicherung abgeben und vorlegen wie bei der Glaubhaftmachung durch eidesstaatliche Versicherung anderer Personen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass er die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 - XII ZB 463/16, FamRZ 2017, 1704 Rn. 14). Das gilt auch für einen Rechtsanwalt, der sich - wie hier - selbst vertritt. Eine solche Versicherung ist dem Schriftsatz vom 3. August 2016 nicht zu entnehmen. Er enthält nur die Ankündigung einer eidesstattlichen Versicherung, aber keine diesen Anforderungen entsprechende anwaltliche Versicherung.

bb) Anders als der Kläger meint, ist für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung weder die nach Erlass des Verwerfungsbeschlusses durch das Berufungsgericht mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2016 vorgelegte Kopie der Postausgangsliste noch seine Erklärung zu berücksichtigen, sein Schriftsatz vom 3. August 2016 sei als eigene eidesstattliche Versicherung zu verstehen. Es trifft zwar zu, dass erkennbar unklare und ergänzungsbedürftige Angaben in einem Wiedereinsetzungsantrag, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, auch nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist - hier nach dem 29. August 2016 - und gegebenenfalls noch mit der Rechtsbeschwerde ergänzt werden können (BGH, Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 19/16, NJW 2016, 3312 Rn. 10). Fordert das Gericht die Partei aber auf, ihren Vortrag zu ergänzen, muss diese so rechtzeitig reagieren, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf die Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2007 - VIII ZB 109/05, BGHReport 2007, 722 Rn. 7). Ergänzender Vortrag bleibt unberücksichtigt, wenn die Partei eine ihr dazu gesetzte, angemessene Frist verstreichen lässt und den Vortrag erst hält, nachdem das Gericht entschieden hat. So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat den Kläger insgesamt dreimal an die Vorlage des mit Schriftsatz vom 3. August 2016 angekündigten Vortrags erinnert und nach Ablauf von insgesamt etwa dreieinhalb Monaten entschieden. Erst danach hat der Kläger ergänzend Stellung genommen. Dieser Vortrag ist verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens bestimmt sich nach der Höhe der geltend gemachten Forderung.

Stresemann Schmidt-Räntsch Haberkamp Kazele Hamdorf Vorinstanzen:

AG München, Entscheidung vom 16.02.2016 - 484 C 29771/12 WEG LG München I, Entscheidung vom 14.12.2016 - 36 S 6640/16 WEG -

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