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12 W (pat) 13/16

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 13/16 Verkündet am 4. Februar 2020

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2008 062 829 …

ECLI:DE:BPatG:2020:040220B12Wpat13.16.0 hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Univ. Ganzenmüller, der Richterin Bayer sowie der Richter Dr.- Ing. Krüger und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. September 2015 aufgehoben und das Patent 10 2008 062 829 widerrufen.

Gründe I.

Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des Patents 10 2008 062 829 mit der Bezeichnung „Hydrauliksystemsteuerplatte“, das am 23. Dezember 2008 angemeldet wurde und dessen Erteilung am 13. Juni 2013 veröffentlicht wurde.

Gegen das Patent hatte die jetzige Beschwerdeführerin Einspruch eingelegt und als Widerrufsgrund geltend gemacht, der Gegenstand des Patents sei nicht patentfähig. Mit am Ende der Anhörung vom 23. September 2015 verkündetem Beschluss hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 15. März 2016 eingelegte Beschwerde der Einsprechenden. Sie ist der Auffassung, der Gegenstand des Patents sei neuheitsschädlich vorbenutzt und ergebe sich weiterhin für den Fachmann in naheliegender Weise aus druckschriftlichem Stand der Technik. Sie hat dazu unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen genannt:

E1 DE 197 02 382 A1 E5 TIETZE Wolfgang (Hrsg.): Handbuch Dichtungspraxis; 2. Auflage 2000,

Vulkan Verlag Essen, Seiten 116 - 118 und Seiten 170 – 182.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellte den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. September 2015 aufzuheben und das Patent 10 2008 062 829 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellte den Antrag,

die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen,

hilfsweise den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. September 2015 aufzuheben und das Patent 10 2008 062 829 mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 20 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 4. Februar 2020, Beschreibung Seite 2/11 bis 7/11 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 4. Februar 2020, und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Der erteilte Anspruch 1 lautet mit hinzugefügten Gliederungszeichen 1.1 bis 1.5:

1.1 HydrauIiksystemsteuerplatte (20), umfassend eine erste Dichtungslage (30) mit ersten Dichtabschnitten (40),

1.2 eine zweite Dichtungslage (34) mit zweiten Dichtabschnitten (42), 1.3 und mindestens eine zwischen den Dichtungslagen (30, 34) angeordnete Zwischenlage (32), dadurch gekennzeichnet, 1.4 dass die Dichtabschnitte (40, 42) mindestens einer Dichtungslage (30, 34)

in die Dichtungslage (30, 34) eingeformte und mittels der mindestens einen Zwischenlage (32) abgestützte, randseitig offene und/oder geschlossene Sicken (44, 46) aufweisen, 1.5 wobei zumindest eine Teilmenge (70) der Sicken (44, 46) einen umfangsseitig offenen Verlauf aufweist, so dass ein abzudichtender Bereich nicht vollständig von einer Sicke (44, 46) umgeben ist.

Auf diesen Anspruch sind die erteilten Ansprüche 2 bis 21 direkt oder indirekt rückbezogen, der erteilte nebengeordnete Anspruch 22 betrifft ein Hydrauliksystem mit einer Hydrauliksystemsteuerplatte nach einem der voranstehenden Ansprüche.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet mit hinzugefügten Gliederungszeichen und durch Unterstreichung bzw. Durchstreichung gekennzeichneten Ergänzungen bzw. Streichungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1:

1.1 HydrauIiksystemsteuerplatte (20), umfassend eine erste Dichtungslage (30) mit ersten Dichtabschnitten (40),

1.2 eine zweite Dichtungslage (34) mit zweiten Dichtabschnitten (42), 1.3 und mindestens eine zwischen den Dichtungslagen (30, 34) angeordnete Zwischenlage (32), 1.6 wobei die erste Dichtungslage (30) und die zweite Dichtungslage (34)

aus einem metallischen Werkstoff hergestellt ist, 1,7 und wobei die mindestens eine Zwischenlage (32)

aus einem metallischen Werkstoff hergestellt ist, dadurch gekennzeichnet, 1.4H dass die Dichtabschnitte (40, 42) mindestens einer Dichtungslage (30, 34)

dass die Dichtabschnitte (40) der ersten Dichtungslage (30) und die Dichtabschnitte (42) der zweiten Dichtungslage (34) in die Dichtungslage (30, 34) eingeformte und mittels der mindestens einen Zwischenlage (32) abgestützte, randseitig offene und/oder geschlossene Sicken (44, 46) aufweisen, 1.5 wobei zumindest eine Teilmenge (70) der Sicken (44, 46) einen umfangsseitig offenen Verlauf aufweist, so dass ein abzudichtender Bereich nicht vollständig von einer Sicke (44, 46) umgeben ist.

Auf diesen Anspruch sind die Ansprüche 2 bis 19 nach Hilfsantrag 1 direkt oder indirekt rückbezogen, der nebengeordnete Anspruch 20 nach Hilfsantrag 1 betrifft ein Hydrauliksystem mit einer Hydrauliksystemsteuerplatte nach einem der voranstehenden Ansprüche.

Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden führt zum Widerruf des Patents, da der mit dem zulässigen Einspruch geltend gemachte Widerrufsgrund, der Gegenstand des Patents ergebe sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (§ 21 (1) 1. i.V.m. §§ 1 (1), 4 PatG), sich sowohl für den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 als auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 als zutreffend erweist.

1) Die Erfindung betrifft laut Absatz 0001 der Patentschrift (PS) eine Hydrauliksystemsteuerplatte gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

Im Fall des einzigen Ausführungsbeispiels ist das Hydrauliksystem als Getriebesteuerblock ausgebildet, mit zwei Gehäuseteilen, zwischen denen die Steuerplatte angeordnet ist, so dass sich zwei Abdichtflächen ergeben, siehe Abs. 0041, 0042 PS. Die Steuerplatte weist Mediendurchgangsöffnungen zum Durchtritt des Getriebeöls auf, siehe Abs. 0048.

Als Aufgabe ist im Abs. 0005 PS angegeben, eine Hydrauliksystemsteuerplatte der eingangs genannten Art zu schaffen, welche auch bei hohen Hydrauliksystemdrücken eine gute Dichtwirkung aufweist.

2) Als Fachmann zuständig ist ein Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit einschlägigen Kenntnissen im Bereich der Konstruktion von Dichtungssystemen.

3) Die Merkmale des Anspruchs 1 bedürfen der Erläuterung.

Die Merkmale 1.1 bis 1.3, 1.6 und 1.7 beschreiben die Hydrauliksystemsteuerplatte grundsätzlich als dreilagig, wobei eine Zwischenlage zwischen zwei Dichtungslagen mit Dichtabschnitten angeordnet ist und alle drei Lagen jeweils aus einem metallischen Werkstoff hergestellt sind. Gemäß Abs. 0023 PS können die Dichtungslagen darüber hinaus mit einer Kunststoffbeschichtung versehen sein. Weiterhin ist auch mehr als eine Zwischenlage zulässig, darauf kommt es jedoch hier nicht an.

Gemäß dem Merkmal 1.4H des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weisen die Dichtabschnitte beider Dichtungslagen in die Dichtungslage eingeformte Sicken auf. Nach Merkmal 1.4 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag muss dies dagegen nur für eine der Dichtungslagen zutreffen. Zusätzlich bzw. alternativ zu randseitig geschlossenen Sicken, d.h. Vollsicken, können auch randseitig offene Sicken, d.h. Halbsicken, vorgesehen sein, darauf kommt es jedoch hier nicht an. Weiterhin ist im Merkmal 1.4H wie auch im Merkmal 1.4 angegeben, dass die Sicken mittels der Zwischenlage abgestützt sind. Dieser Formulierung entnimmt der Fachmann, dass die Sicken sich mit den Sickenfüßen an der Zwischenlage abstützen, dass sie sich also von der Zwischenlage weg wölben. Daraus ergibt sich von der Dichtungslage nach innen, zur Zwischenlage hin, eine flächige Anlage über die zwischen den Sicken liegenden Abschnitte der Dichtungslage. Von der Dichtungslage nach außen, zu dem jeweiligen Gehäuseteil hin, ergibt sich dagegen eine linienförmige Anlage über die von der Zwischenlage weg zu dem jeweiligen Gehäuseteil hin gewölbten Sicken. Dies ist für das Ausführungsbeispiel in Fig. 4 und Abs. 0051 am Beispiel einer Vollsicke 46 beschrieben, deren von der Zwischenplatte weggewölbter Materialabschnitt 48 sich mit den Füßen 50 und 52, im Patent Stützabschnitte genannt (Abs. 0051), an der Zwischenlage 32 abstützt. Auf diese Weise ergibt sich von der Dichtungslage nach innen, zur Zwischenlage 32 hin, eine flächige Anlage mittels der Anlageabschnitte 54 der Dichtungslage. Von der Dichtungslage nach außen, zu dem in der Figur 4 nicht dargestellten Gehäuseteil hin, ergibt sich dagegen eine linienförmige Anlage über den von der Zwischenlage weggewölbten Sickenabschnitt 48 der Sicke 46.

Ausschnitt aus Fig. 4 PS Im Merkmal 1.5 ist angegeben, dass zumindest eine Teilmenge der Sicken einen umfangsseitig offenen Verlauf aufweist. Dabei ist hinsichtlich der Größe der Teilmenge keine Mindestanzahl angegeben, so dass es auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ausreicht, wenn dies für eine der Sicken auf einer der Dichtungslagen zutrifft. Umfangsseitig offen ist der Verlauf der Sicke jedenfalls dann, wenn diese sich nicht zu einem Ring schließt, sondern ein Ende besitzt, wie in Abs. 0064 beschrieben und in Fig. 3 dargestellt, siehe die Position 70.

Ausschnitt aus Fig. 3 PS Aus der im Merkmal 1.5 weiter angegebenen Erläuterung „so dass ein abzudichtender Bereich nicht vollständig von einer Sicke umgeben ist“ ergibt sich keine Einschränkung hinsichtlich des Orts, an dem die eine oder mehreren umfangsseitig offenen Sicken vorgesehen sein müssen. Denn eine Unterscheidung von abzudichtenden zu nicht abzudichtenden Bereichen ist nur anhand der zwei Gehäuseteile möglich, zwischen denen die Hydrauliksystemsteuerplatte angeordnet ist. Diese zwei Gehäuseteile sind jedoch nicht Teil der beanspruchten Hydrauliksystemsteuerplatte.

4.) Der Gegenstand des erteilten und nach Hauptantrag geltenden Anspruchs 1 und der des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ergeben sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, so dass dahinstehen kann, ob der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zulässig ist.

Die Entgegenhaltung E1 befasst sich mit der Abdichtung einer Trenn- bzw. Zwischenscheibe 1, die zwischen die Ventilgehäuseteile 8 eines automatischen Kraftfahrzeuggetriebes eingefügt und eingeklemmt wird, siehe Spalte 1 Zeilen 3 bis 12 und Spalte 3 Zeilen 35 bis 37.

E1 geht dabei von einem Stand der Technik mit einem dreilagigen Aufbau aus, bei dem auf beiden Seiten der Trennscheibe, d.h. jeweils zwischen der Trennscheibe und dem oberen bzw. unteren Ventilgehäuseteil, Papierdichtungen angeordnet sind, siehe Spalte 1 Zeilen 6 bis 23. Nachteilig ist laut E1 an diesen Papierdichtungen, dass freiliegende Teile der Papierdichtungen abgetragen werden und in das Betriebsöl gelangen könnten. Ferner könnten sich die Papierdichtungen ausdehnen und so den Strom des Betriebsöls einschränken, siehe Spalte 1 Zeilen 24 bis 37.

Bei einem weiteren in E1 genannten Stand der Technik, der diese Nachteile nicht aufweist, sind anstelle der zwei Papierdichtungen beidseitig auf die Zwischenscheibe aufgedruckte Dichtungsbereiche vorgesehen, deren Form mit dem Umriss der Endfläche des jeweiligen Ventilsteuergehäuses übereinstimmt, siehe Spalte 1, Zeilen 38 bis 55. Dabei kommt es laut E1 jedoch aufgrund der wechselnden Größe der Dichtungsbereiche auch zu Dickenschwankungen der Dichtungsbereiche und somit zu einer Beeinträchtigung der Dichtwirkung, siehe Spalte 1 Zeilen 55 bis 66.

Die E1 nennt als Aufgabe, die Dichtwirkung zu verbessern, siehe Spalte 2 Zeilen 5 bis 7, und schlägt zur Lösung dieser Aufgabe vor, die aufgedruckten Dichtungsbereiche durchgehend mit ein und derselben Breite und Dicke auszuführen, siehe Spalte 2 Zeilen 13 bis 33. Damit lasse sich weiterhin auch die Menge des benötigten Dichtmaterials verringern, siehe Spalte 2 Zeilen 8 bis 9. Fig. 1 zeigt in Draufsicht die von E1 vorgeschlagenen Dichtungsbereiche 3 auf einem Scheibenkörper 2 einer Trenn- bzw. Zwischenscheibe 1:

Ausschnitt aus Fig. 1 der E1 Die Entgegenhaltung E5 mit dem Titel „Handbuch Dichtungspraxis“ ist ein Lehrbuch und wird deshalb von einem mit der Konstruktion von Dichtungssystemen befassten Fachmann grundsätzlich beachtet. E5 vergleicht drei Dichtungstypen, nämlich - Flachdichtungen auf Faserbasis, entsprechend den in E1 genannten Papierdichtungen, siehe Abschnitt 3.2.2.4.4.1, Seiten 175, 176, - Dichtungen in Form gummibeschichteter Bleche,

siehe Abschnitt 3.2.2.4.4.2, Seite 177, und - Dichtungen in Form gummibeschichteter Bleche mit zusätzlichen Sicken,

genannt Retalldichtungen, siehe Abschnitt 3.2.2.4.4, Seite 174 ff. mit Bild 54:

Ausschnitt aus Bild 54 der E5 Vorteilhaft an der Retalldichtung ist dabei laut E5 ihr hohes Rückstellvermögen, das etwa zehnmal höher ist, als das von Flachdichtungen auf Faserbasis, nämlich 0,1 bis 0,2 mm bei der Retalldichtung statt 0,01 bis 0,02 mm bei der Flachdichtung auf Faserbasis. Das ermöglicht eine Abdichtung auch bei z.B. durch Durchbiegungen verursachten Dichtspaltänderungen, bei denen Flachdichtungen versagen, siehe Seite 179 ab Mitte und Bild 58 auf Seite 180 oben.

Aus E5 geht weiter auch hervor, dass Gummibeschichtungen auf ebenen Blechen aufgrund ihrer geringen Dicke ein noch geringeres Rückstellvermögen aufweisen als Flachdichtungen auf Faserbasis, und dass daher bei ihrem Einsatz noch höhere und dementsprechend kostenintensive Anforderungen an die Ebenheit und Glattheit der Dichtflächen zu stellen sind als bei Flachdichtungen auf Faserbasis. Durchbiegungen sind völlig unzulässig, siehe den ersten Absatz des Abschnitts 3.2.2.4.4.2 auf Seite 177. Die in E5 im Abschnitt 3.2.2.4.4.2 auf Seite 177 genannte geringe Dicke einer Gummibeschichtung von „vielleicht 0,1 mm“ entspricht dabei der in E1 genannten Beschichtungsdicke von 0,06 bis 0,18 mm, siehe Spalte 2 Zeilen 28 bis 30.

Der Fachmann entnimmt somit der E5, dass die in E1 genannte mögliche Dickenschwankung der als Beschichtung auf dem Scheibenkörper 2 ausgeführten Dichtungsbereiche 3 nicht die einzige Ursache der in E1 festgestellten mangelhaften Dichtwirkung ist – vielmehr entstehen Undichtigkeiten auch durch die beim Einklemmen der Trenn- bzw. Zwischenscheibe prinzipiell unvermeidlichen Durchbiegungen der Ventilgehäuseteile 8 und der Trenn- bzw. Zwischenscheibe 1 in Verbindung mit dem extrem geringen Rückstellvermögen der als Beschichtungen ausgeführten Dichtbereiche 3.

Für den Fachmann war es daher unter Berücksichtigung der Lehre des Fachbuchs E5 naheliegend, für die beidseitige Abdichtung des Scheibenkörpers 2 der Trennbzw. Zwischenscheibe 1 aus E1 weder zwei Papierdichtungen noch beidseitig aufgedruckte Dichtbereiche in Form von Beschichtungen vorzusehen, sondern zwei Retalldichtungen, da diese das Dichtproblem lösen.

Der Verlauf der Sicken muss dabei dem Verlauf der Dichtungsbereiche 3 gemäß E1 entsprechen, siehe den oben wiedergegebenen Ausschnitt aus Fig. 1 der E1.

Die Orientierung der Sicken ergibt sich für den Fachmann ohne erfinderisches Zutun daraus, dass bei der in E1 gegebenen Einbausituation, wie in Fig. 2 dargestellt, für die Retalldichtungen jeweils auf der Seite zum zwischen den Ventilgehäuseteilen 8 angeordneten Scheibenkörper 2 hin dieser eine flächige Anlage zur Verfügung stellt, wohingegen auf der Seite zum oberen und auch unteren Ventilgehäuseteil 8 hin diese jeweils teils nur schmale, linienförmige Dichtbereiche zwischen den Hydraulikdurchlässen zur Abstützung zur Verfügung stellen. Für den Fachmann ist daher ohne weiteres ersichtlich, dass die schmalen, linienförmigen Sicken der Retalldichtung aus E5 zu den schmalen, linienförmige Dichtbereichen der Ventilgehäuseteile 8 aus E1 hin gewölbt sein müssen, die dazwischen liegenden flächigen Abschnitte der Retalldichtung dagegen zu dem flächigen Scheibenkörper 2 aus E1 zeigen müssen, da nur bei dieser Orientierung das in E5 beschriebene Rückstellvermögen der Sicke genutzt werden kann. Die folgende vom Senat angefertigte Zusammenstellung von Ausschnitten aus Fig. 2 der E1 und Bild 54 der E5 zeigt, was der Fachmann dabei vor Augen hat:

zusammengefügte Ausschnitte aus E1 Fig. 2 und E5 Bild 54 Bei umgekehrtem Einbau dagegen würden die schmalen Dichtbereiche des Ventilgehäuses in den Sickengrund hineingepresst, so dass die Sicken wirkungslos wären, wie die folgende Zusammenstellung derselben Ausschnitte aus Fig. 2 der E1 und Bild 54 der E5 zeigt:

zusammengefügte Ausschnitte aus E1 Fig. 2 und E5 Bild 54 Der Fachmann gelangt so ohne erfinderisches Zutun zu einer HydrauIiksystemsteuerplatte (der Trenn- bzw. Zwischenplatte 1 aus E1), die eine Zwischenlage umfasst (den Scheibenkörper 2 der Trenn- bzw. Zwischenplatte 1 aus E1), die zwischen zwei Dichtungslagen mit Dichtabschnitten angeordnet ist (den von E5 vorgeschlagenen Retalldichtungen). Das entspricht den Merkmalen 1.1 bis 1.3 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1.

Sowohl die Zwischenlage als auch die Dichtungslagen sind aus einem metallischen Werkstoff hergestellt (der Scheibenkörper aus E1 ist metallisch, siehe Spalte 3 Zeile 39, die Retalldichtungen sind aus Stahl, siehe Tabelle 8 in E5 Seite 178 oben). Das entspricht auch den Merkmalen 1.6 und 1.7 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.

Die Dichtabschnitte beider Dichtungslagen (beider Retalldichtungen) weisen in die Dichtungslage eingeformte, geschlossene Sicken auf, die sich von der Zwischenlage (dem Scheibenkörper 2 der Trenn- bzw. Zwischenplatte 1 aus E1) wegwölben, die also mittels der mindestens einen Zwischenlage abgestützt sind. Das entspricht sowohl dem Merkmal 1.4 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag als auch dem Merkmal 1.4H des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.

Da der Verlauf der Sicken dem Verlauf der Dichtungsbereiche 3 gemäß E1 entsprechen muss, weist mindestens eine Sicke ein Ende und somit einen umfangsseitig offenen Verlauf auf, siehe Fig. 1 der E1.

Ausschnitt aus E1 Fig. 1 Das entspricht dem letzten noch verbleibenden Merkmal 1.5 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1.

Der Fachmann ist so ohne erfinderisches Zutun zu einer Hydrauliksystemsteuerplatte mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 gelangt.

Die Patentinhaberin hat dagegen ausgeführt, aufgrund der Lehre der E5, nämlich zum Abdichten von Dichtflächen Retalldichtungen vorzusehen, wäre der Fachmann ausgehend von E1 nicht zu einer dreilagigen Trenn- bzw. Zwischenscheibe 1 gelangt. Denn er hätte zur Abdichtung der Dichtflächen auf beiden Seiten des Scheibenkörpers 2 nicht zwei Retalldichtungen vorgesehen, also auf jeder Seite des Scheibenkörpers eine, wie im Fall der zwei in E1 erwähnten Papierdichtungen. Nach Auffassung der Patentinhaberin hätte der Fachmann vielmehr den aus E1 bekannten, beidseitig mit Dichtungsbereichen 3 beschichteten Scheibenkörper 2 aufgrund der Lehre der E5 durch eine einzige beidseitig elastomerbeschichtete Retalldichtung mit Sicken ersetzt. Dieser Darstellung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Denn in Figur 2 der E1 ist ersichtlich, dass die teils schmalen, linienförmigen Dichtbereiche zwischen den Hydraulikdurchlässen 9 des oberen und des unteren Ventilgehäuseteils 8 oberhalb und unterhalb des Scheibenkörpers 2 an voneinander abweichenden Orten angeordnet sind. Dementsprechend sind auch die Dichtbereiche 3 auf der Oberund Unterseite des Scheibenkörpers 2 an voneinander abweichenden Orten angeordnet.

E1 Fig. 2 Da der Verlauf der Sicken einer einzigen dazwischen angeordneten gesickten Retalldichtung somit nur entweder zu den Dichtbereichen des oberen Ventilgehäuseteils oder zu den Dichtbereichen des unteren Ventilgehäuseteils passend angeordnet sein kann, nicht aber zu beiden, ist für den Fachmann ohne Weiteres erkennbar, dass mit einer einzigen gesickten Retalldichtung eine Abdichtung nicht möglich ist, sondern vielmehr auf jeder Seite des Scheibenkörpers 2 eine zu dem jeweiligen Ventilgehäuseteil 8 passend ausgebildete Retalldichtung angeordnet werden muss.

Die Patentinhaberin hat in dieser Anordnung, nämlich eines Scheibenkörpers 2 mit auf beiden Seiten davon angeordneten einlagigen Retalldichtungen eine mehrlagige Retalldichtung gesehen und argumentiert, mehrlagige Retalldichtungen seien laut E5, Seite 181 letzter Absatz, lediglich für Zylinderkopfdichtungen vorgesehen, nicht dagegen für Hydraulikkomponenten. Deshalb habe eine Anwendung in einem automatischen Kraftfahrzeuggetriebe gemäß E1 nicht nahegelegen. Diese Argumentation ist jedoch nicht schlüssig, denn wenn in einem automatischen Kraftfahrzeuggetriebe zum Abdichten zweier Dichtflächen, zwischen einem Scheibenkörper 2 des Automatikgetriebes und beidseitig davon angeordneten Ventilgehäuseteilen 8 des Automatikgetriebes, auf beiden Seiten des Scheibenkörpers 2 einlagige Retalldichtungen vorgesehen werden, ist das Ergebnis nicht eine mehrlagige Retalldichtung, sondern ein Automatikgetriebe-Scheibenkörper 2 mit beidseitig davon angeordneten einlagigen Retalldichtungen. Für solche einlagigen Retalldichtungen sind in E5 ausdrücklich und aus Sicht des Fachmanns passend zu automatischen Kraftfahrzeuggetrieben „Hydraulikkomponenten mit vielen Steuerkanälen und filigranen Lochbildern“ als Einsatzgebiet genannt, siehe E5 Seite 182 unten.

Die Patentinhaberin hat weiter den Standpunkt vertreten, ausgehend von E1 habe es auch deshalb nicht naheliegen können, die auf dem Scheibenkörper 2 angeordneten, als Beschichtungen ausgeführten Dichtbereiche 3 durch Retalldichtungen zu ersetzen, d.h. durch beschichtete gesickte Bleche, da diese einen größeren Materialaufwand bedeuteten als bloße Beschichtungen. In E1 sei aber als Aufgabe genannt, die Menge des zur Bildung der Dichtung benötigten Dichtmaterials zu reduzieren, siehe Spalte 2 Zeilen 8, 9. Letzteres trifft jedoch so nicht zu. In E1 ist vielmehr zuvorderst als Aufgabe genannt, die Dichtwirkung der Dichtung zu verbessern, siehe Spalte 2, Zeilen 5 bis 7. Erst an zweiter Stelle ist danach als weitere Aufgabe genannt, die Menge des Dichtmaterials zu reduzieren. Diese zweite Aufgabe ordnet sich daher der ersten unter, denn eine Dichtung muss aus Sicht des Fachmanns vor allem ihre eigentliche Funktion erfüllen, d.h. dichten. Auch wenn dafür mehr Material aufgewendet werden muss, entscheidet sich der Fachmann jedenfalls dann nicht für eine weniger Material erfordernde Lösung, wenn diese nicht funktioniert, oder, um funktionieren zu können, insgesamt höhere Kosten verursacht, weil dafür sehr ebene glatte Dichtflächen erforderlich werden, siehe E5 Seite 177 Abschnitt 3.2.2.4.4.2.

Die Patentinhaberin hat schließlich ausgeführt, der Fachmann hätte selbst dann nicht ohne erfinderisches Zutun zu der im Merkmal 1.4 und 1.4H angegebenen Orientierung der Sicken gelangen können, nämlich von der Zwischenlage weg gewölbt bzw. in den Worten des Anspruchs 1 „mittels der Zwischenlage abgestützt“, da es bei zwei Retalldichtungen insgesamt vier Möglichkeiten gebe und eine Auswahl aus vier Möglichkeiten nicht ohne erfinderisches Zutun möglich sei. Es kann dahinstehen, ob eine Auswahl aus vier Möglichkeiten tatsächlich erfinderisches Zutun verlangt, da für den Fachmann, wie oben ausgeführt, ohne Weiteres ersichtlich ist, dass die schmalen linienförmigen Sicken der Retalldichtung aus E5 jeweils von dem Scheibenkörper 2 aus E1 weg zu den schmalen, linienförmige Dichtbereichen der Ventilgehäuseteile 8 aus E1 hin gewölbt sein müssen.

5) Mit dem Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 fallen auch die weiteren Ansprüche, da über ein Patent nur als Ganzes entschieden werden kann.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Ganzenmüller Bayer Krüger Ausfelder Fi

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