• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

10 Ni 50/10 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 50/10 (EP) (Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am 13. September 2012

…

In der Patentnichtigkeitssache

…

BPatG 253 08.05

…

betreffend das europäische Patent 1 396 593 (DE 600 40 762)

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch und der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Dipl.-Ing. Küest, Prof. Dr. Dr. Ensthaler und Dipl.-Ing. Univ. Richter für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 396 593 wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von

% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 396 593 (Streitpatent), das unter Inanspruchnahme einer Priorität aus der schwedischen Patentanmeldung 9901574 vom 30. April 1999 auf eine - durch Teilung aus der europäischen Patentanmeldung 1 177 355 entstandenen - Anmeldung vom 26. April 2000 zurückgeht und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 600 40 762 geführt wird. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent betrifft ein „Fußbodensystem mit mechanisch verbindbaren, rechteckigen Laminatoder Holzfurnierbodenplatten“. Es umfasst elf Patentansprüche, die alle angegriffen sind. Patentanspruch 1 lautet in deutscher Übersetzung:

„1. Fußbodensystem, das eine Vielzahl rechteckiger Laminatoder Holzfurnier-Bodenplatten mit einer Abmessung von ungefähr 1,2 m x 0,2 m umfasst, die ein Verriegelungssystem zum mechanischen Verbinden der Bodenplatten (1) aufweisen, wobei die Bodenplatten eine Dicke (T) von 7 - 10 mm haben, eine obere Oberflächenschicht mit einer Dicke von 0,2 - 0,8 mm, einen 6 - 9 mm dicken Körper (30) aus Faserplatte, einander gegenüberliegende erste und zweite Verbindungskantenabschnitte (4a, 4b) und eine 0,1 - 0,6 mm dicke Ausgleichsschicht (34) an der Rückseite des Körpers (30) aufweisen, und die ersten und zweiten Verbindungskantenabschnitte (4a, 4b) aneinandergrenzender Bodenplatten (1, 1‘) in einer mechanisch verbundenen Position an einer vertikalen Verbindungsebene (F) verbunden sind, wobei das Verriegelungssystem umfasst: a) zum vertikalen Verbinden des ersten Verbindungskantenabschnitts (4a) einer ersten Bodenplatte (1) und des zweiten Verbindungsabschnitts (4a, 4b) einer angrenzenden zweiten Bodenplatte (1‘) mechanisch zusammenwirkende Einrichtungen (36, 38) in Form einer Federnut (36), die in dem ersten Verbindungskantenabschnitt (4a) ausgebildet ist, und einer Feder (38), die in dem zweiten Verbindungskantenabschnitt (4b) ausgebildet ist, und b) zum horizontalen Verbinden des ersten Verbindungskantenabschnitts (4a) der ersten Bodenplatte (1) und des zweiten Verbindungskantenabschnitts (4a, 4b) der angrenzenden zweiten Bodenplatte (1‘) mechanisch zusammenwirkende Einrichtungen (6, 8, 14), die umfassen: eine Verriegelungsnut (14), die in der Unterseite (3) der zweiten Platte (1‘) ausgebildet ist und parallel zu der vertikalen Verbindungsebene (F) und in einem Abstand dazu an dem zweiten Verbindungskantenabschnitt (4) verläuft und eine nach unten gerichtete Öffnung aufweist, und einen Streifen (6), der integral mit dem Körper (30) der ersten Bodenplatte (1) ausgebildet ist, wobei der Streifen an dem ersten Verbindungskantenabschnitt (4a) von der vertikalen Verbindungsebene (F) vorsteht und in einem Abstand zu der Verbindungsebene (F) ein Verriegelungselement (8) aufweist, das auf eine Ebene zu vorsteht, die die Oberseite (2) der ersten Bodenplatte (1) einschließt, und das wenigstens eine funktionelle Verriegelungsfläche (10) zum Zusammenwirken mit der Verriegelungsnut (14) aufweist, wobei der Streifen (6) eine horizontale Verlängerung des ersten Verbindungskantenabschnitts (4) unterhalb der Federnut (36) bildet, und die Verriegelungsfläche (10) des Verriegelungselementes (8) relativ zu der horizontalen Ebene in einem Winkel (A) von wenigstens 45º geneigt ist,

dadurch gekennzeichnet, dass die Tiefe (G) der Federnut, gemessen von der Verbindungsebene (F) und nach innen auf die Platte (1) zu bis zu einer vertikalen Begrenzungsebene, die mit dem Boden der Federnut (36) übereinstimmt, weniger als das 0,4-fache der Dicke (T) der Platte (1) beträgt, und dass die Streifenbreite (W), gemessen von der Verbindungsebene (F) nach außen bis zu einer vertikalen Begrenzungsebene,

die mit der äußersten Spitze des Streifens übereinstimmt, weniger als das 1,3-fache der Dicke (T) der Platte (1) beträgt.“

Hinsichtlich der auf Anspruch 1 unmittelbar bzw. mittelbar rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 11 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 396 593 B1 Bezug genommen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage machen die Klägerinnen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig, da er nicht neu sei, sich aber jedenfalls für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. Auch die Gegenstände nach den Hilfsanträgen seien nicht patentfähig, weil sie lediglich im Stand der Technik übliche Maßnahmen beträfen. Darüber hinaus sei die Fassung des Hilfsantrags 8 unzulässig, weil sie unklar sei und auf einer unzulässigen Erweiterung beruhe.

Die fehlende Neuheit begründen die Klägerinnen mit der Druckschrift CH 562 377 (D1).

Zur fehlenden erfinderischen Tätigkeit beziehen sich die Klägerinnen darüber hinaus u. a. auf die in der Beschreibung des Streitpatents (Figuren 4a und 4b, Beschreibung Abschnitte [0016], [0018]) als Stand der Technik genannten Systeme Uniclic und Fiboloc.

Die Klägerinnen stellen den Antrag,

das europäische Patent 1 396 593 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen, hilfsweise nach Maßgabe der mit Schriftsätzen vom 4. April 2012 (Bl. 93 d. A.) und vom 13. Juli 2012 (Bl. 140 d. A.) eingereichten, in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1 bis 9.

Gemäß den Hilfsanträgen soll Patentanspruch 1 wie folgt geändert werden:

Gemäß Hilfsantrag 1 soll der Anspruchswortlaut nach den Worten „in einer mechanisch verbundenen Position an einer vertikalen Verbindungsebene (F) verbunden sind“ und vor den Worten „, wobei das Verriegelungssystem umfasst: a)…“ um folgenden Einschub ergänzt werden: „, an der die Verbindungskantenabschnitte (4a, 4b) an vertikalen Flächen (41, 42) aneinander angrenzen“.

Gemäß Hilfsantrag 2 sollen dem Anspruchswortlaut zusätzlich zu der in Hilfsantrag 1 vorgesehenen Ergänzung die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 3 hinzugefügt werden. Diese Hinzufügung lautet: „, wobei das Verriegelungssystem so ausgeführt ist, dass die Feder (38) in die Federnut (36) hineingewinkelt werden kann und das Verriegelungselement mittels einer gegenseitigen Winkelbewegung der ersten und der zweiten Bodenplatte (1 ,1') in die Verriegelungsnut (14) eingeführt werden kann, während Kontakt zwischen den Verbindungskantenabschnitten (41, 42) der Bodenplatten nahe an der Grenzlinie zwischen der Verbindungsebene (F) und der Oberseite (2) der Bodenplatten aufrechterhalten wird“.

Gemäß Hilfsantrag 3 sollen dem Anspruchswortlaut zusätzlich zu den in Hilfsantrag 2 vorgesehenen Ergänzungen die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 2 eingefügt werden. Diese Hinzufügung lautet: „, wobei die Tiefe (G) der Federnut, gemessen von der Verbindungsebene (F) nach außen bis zu einer vertikalen Begrenzungsebene, die mit der Spitze der Zunge (38) übereinstimmt, größer ist als die Breite der Feder (38)“.

Gemäß Hilfsantrag 4 sollen dem Anspruchswortlaut zusätzlich zu den in Hilfsantrag 3 vorgesehenen Ergänzungen die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 5 hinzugefügt werden. Diese Hinzufügung lautet: „, wobei die Bodenplatten (1,1') an der Oberseite (2) des Körpers (30) eine Ober schicht (32) haben, die mit der Ausgleichsschicht (34) zusammenwirkt“.

Gemäß Hilfsantrag 5 sollen dem Anspruchswortlaut zusätzlich zu den in Hilfsantrag 4 vorgesehenen Ergänzungen die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 11 hinzugefügt werden. Diese Hinzufügung lautet: „, wobei die Verriegelungsnut (14) eine größere Breite hat als das Verriegelungselement (8)“.

In der Fassung des Hilfsantrags 6 sollen in Patentanspruch 1 die Worte „oder Holzfurnier-“ gestrichen werden.

Gemäß Hilfsantrag 7 sollen dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 die Merkmale der Patentansprüche 2, 3, 5, 8 und 11 hinzugefügt werden. Die Merkmale des Anspruchs 8 lauten wie folgt: „, wobei die Verriegelungs

(10) des Verriegelungselementes (8) eine vertikale Ausdehnung (LH) hat, die weniger als das 0,2 fache der Dicke (T) der Platte beträgt“.

Gemäß Hilfsantrag 8 sollen dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 folgende Worte angefügt werden: „und, dass der obere Teil der Feder und der Nut im Wesentlichen horizontal sind“.

Gemäß Hilfsantrag 9 sollen dem Anspruchswortlaut zusätzlich zu der in Hilfsantrag 8 vorgesehenen Ergänzung die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 10 hinzugefügt werden. Diese Hinzufügung lautet: „, wobei die Bodenplatten mittels des Verriegelungssystems mechanisch mit angrenzenden Platten an allen vier Seiten verbunden werden können“.

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerinnen in allen Punkten entgegen. Sie hält das Streitpatent, zumindest in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen, gegenüber dem Stand der Technik für patentfähig.

Entscheidungsgründe Die zulässige Klage erweist sich als begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ) führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland.

I.

1. Gemäß der Beschreibung des Streitpatents betrifft die Erfindung ein System zur mechanischen Verriegelung dünner, schwimmend verlegter Bodenplatten mit Abmessungen von etwa 1,2 m × 0,2 m und einer Dicke von etwa 7 bis 10 mm, die aus einer oberen Oberflächenschicht, einem Faserplattenzwischenkörper und einer unteren Ausgleichsschicht bestehen, wie z. B. Laminatfußböden und Furnierfußböden mit einem Faserplattenkörper. Dem Streitpatent geht es um die Optimierung eines solchen Fußbodensystems aus im Verbund verlegten Bodenpaneelen hinsichtlich einer einfachen Handhabung beim Verlegen und hoher mechanischer Festigkeit des fertig verlegten Fußbodens.

Im Gegensatz zur früher üblichen Verleimung der Paneele längs einer Nut-FederVerbindung an ihren Verbindungskanten haben sich heute Verriegelungssysteme durchgesetzt, welche allein auf Grund der entsprechend räumlich ausgebildeten Paneelkanten ein relativ einfaches Verlegen ohne Verkleben ermöglichen und dennoch einen mehr oder weniger stabilen Verbund des Fußbodens ergeben. Die Streitpatentschrift setzt sich in der Beschreibungseinleitung ausführlich mit entsprechend gestalteten Systemen auseinander und verweist zu diesem einschlägigen Stand der Technik nicht nur auf einige vorveröffentlichte Druckschriften (siehe Absätze [0003] bis [0017]), sondern stellt anhand bemaßter Zeichnungen (Figuren 4a bis 4c) auch drei konkrete am Markt befindliche Produkte vor (siehe Absätze [0018] und [0019]; Firmen- bzw. Handelsnamen „Fibolok - NSF“, „Uniclic - Unilin“ und „Isilock - Kronotex“). An diesen bekannten Systeme wird bemängelt, dass sie noch keine hinreichend befriedigenden Lösungen hinsichtlich der mechanischen Festigkeit der Verbindung, einer einfachen Handhabung beim Verlegen sowie der Eigenschaften des fertig verlegten Bodens (Abs. [0020] ff.) erbrächten. Auch falle bei den dort gegebenen Abmessungen in der Fertigung unnötig viel Verschnitt an, was sich in der Summe der Vielzahl von gefertigten Paneelen wirtschaftlich nachteilig bemerkbar mache.

Zur Verbesserung dieser Punkte gibt der Patentanspruch 1 des Streitpatents bei einem bekannten Fußbodensystem gemäß dem Oberbegriff (Merkmale 0 bis 2.2.5 der nachfolgenden Merkmalsgliederung) bestimmte Bemessungsbereiche für die relativen Werte der Tiefe (G) der Federnut und die Streifenbreite (W), jeweils bezogen auf die Plattendicke (T), an (kennzeichnende Merkmale 3 und 4).

2. Als hier zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Holz- und Bautechnik mit Erfahrung in Konstruktion und Fertigung von Bodenplatten, wie Holz- oder Kunststoffpaneelen an.

II.

1. Zum Hauptantrag a) Gemäß der von den Klägerinnen vorgelegten Merkmalsgliederung, der sich die Beklagte in ihren Ausführungen anschließt, lässt sich der erteilte Patentanspruch 1 in folgende Merkmale aufgliedern:

0. Fußbodensystem, das eine Vielzahl rechteckiger Laminatoder Holzfurnier-Bodenplatten mit einer Abmessung von ungefähr 1,2 m × 0,2 m umfasst,

1. die ein Verriegelungssystem zum mechanischen Verbinden der Bodenplatten aufweisen, wobei

1.1 die Bodenplatten eine Dicke (T) von 7 - 10 mm haben, sowie

1.2 eine obere Oberflächenschicht mit einer Dicke von 0,2 - 0,8 mm,

1.3 einen 6 - 9 mm dicken Körper aus Faserplatte, 1.4 einander gegenüberliegende erste und zweite Verbindungskantenabschnitte und 1.5 eine etwa 0,1 - 0,6 mm dicke Ausgleichsschicht an der Rückseite des Körpers aufweisen, und

2. die ersten und zweiten Verbindungskantenabschnitte aneinandergrenzender Bodenplatten in einer mechanisch verbundenen Position an einer vertikalen Verbindungsebene (F) verbunden sind, wobei das Verriegelungssystem umfasst:

2.1 a) zum vertikalen Verbinden des ersten Verbindungskantenabschnitts einer ersten Bodenplatte und des zweiten Verbindungskantenabschnitts einer angrenzenden zweiten Bodenplatte mechanisch zusammenwirkende Einrichtungen in Form einer Federnut, die in dem ersten Verbindungskantenabschnitt ausgebildet ist, und einer Feder, die in dem zweiten Verbindungskantenabschnitt ausgebildet ist,

2.2 b) zum horizontalen Verbinden des ersten Verbindungskantenabschnitts der ersten Bodenplatte und des zweiten Verbindungskantenabschnitts der angrenzenden zweiten Bodenplatte mechanisch zusammenwirkende Einrichtungen, die umfassen:

2.2.1 eine Verriegelungsnut, die in der Unterseite der zweiten Platte ausgebildet ist und parallel zu der vertikalen Verbindungsebene (F) und in einem Abstand dazu an dem zweiten Verbindungskantenabschnitt verläuft und eine nach unten gerichtete Öffnung aufweist,

2.2.2 einen Streifen, der integral mit dem Körper der ersten Bodenplatte ausgebildet ist, wobei

2.2.3 der Streifen an dem ersten Verbindungskantenabschnitt von der vertikalen Verbindungsebene (F) vorsteht und in einem Abstand zu der Verbindungsebene (F) ein Verriegelungselement aufweist, das auf eine Ebene zu vorsteht, die die Oberseite der ersten Bodenplatte einschließt, und das wenigstens eine funktionelle Verriegelungsfläche zum Zusammenwirken mit der Verriegelungsnut aufweist, wobei

2.2.4 der Streifen eine horizontale Verlängerung des ersten Verbindungskantenabschnitts unterhalb der Federnut bildet und

2.2.5 die Verriegelungsfläche des Verriegelungselementes relativ zu der horizontalen Ebene in einem Winkel (A) von wenigstens 45º geneigt ist, - Oberbegriff - dadurch gekennzeichnet, dass

3. die Tiefe (G) der Federnut, gemessen von der Verbindungsebene (F) und nach innen auf die Platte zu bis zu einer vertikalen Begrenzungsebene, die mit dem Boden der Federnut übereinstimmt, weniger als das 0,4-fache der Dicke (T) der Platte beträgt und

4. die Streifenbreite (W), gemessen von der Verbindungsebene (F) nach außen bis zu einer vertikalen Begrenzungsebene, die mit der äußersten Spitze des Streifens übereinstimmt, weniger als das 1,3-fache der Dicke (T) der Platte beträgt. - Kennzeichen - b) Die Klägerinnen machen geltend, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der Druckschrift CH 562 377 (D1) nicht neu sei. Diese Auffassung ist aber schon deshalb unzutreffend, weil die in dieser Druckschrift gezeigten Bauelemente weder eine Oberflächenschicht noch eine Ausgleichsschicht (Merkmale 1.2 und 1.5) aufweisen und auch die in Merkmal 0 sowie in Merkmalsgruppe 1 vorgesehenen Bemessungen aus der Druckschrift nicht ersichtlich sind. Es kann auch nicht gesagt werden, dass der Fachmann diese Bemessungen - wie die Klägerinnen geltend machen - automatisch mitliest.

c) Die Druckschrift D1 eignet sich für den Fachmann auch nicht als Ausgangspunkt, um von ihr, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, zum Gegenstand der streitgegenständlichen Lehre zu gelangen. Denn schon aufgrund der dort fehlenden Ausgleichsschicht an der Unterseite der Platten sowie der aufgrund der weiterentwickelten Verriegelungstechnik unterschiedlichen Geometrie der Fugenverbindung mit einem federnden Streifen treten die Probleme, die der Fachmann bei den oben unter Punkt I geschilderten bekannten Systemen lösen möchte, bei der Plattenverbindung nach der D1 gar nicht auf.

d) Jedoch beruht der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber dem in der Streitpatentschrift aufgeführten Stand der Technik, der unstreitig als vorveröffentlicht anzusehen ist, nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Nicht nur weist nämlich insbesondere das in Fig. 4a der Streitpatentschrift dargestellte und u. a. in Abs. [0018] näher erläuterte Fußbodensystem „Fiboloc“ sämtliche Merkmale des Oberbegriffs (0 bis 2.2.5) des angegriffenen Patentanspruchs 1 auf, sondern es sind hierbei auch gerade diejenigen Parameter explizit angesprochen, auf die es bei der zu lösenden Aufgabe entscheidend ankommt, nämlich das Verhältnis der Tiefe G der Federnut und dem der Streifenbreite W, jeweils relativ zur Dicke T der Platte. Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 damit lediglich in den kennzeichnenden Merkmalen 3 und 4 konkret angegebenen Wertebereichen für diese Größen. Während sich aus den hierzu in der Streitpatentschrift a. a. O. angeführten Maßangaben für das „Fiboloc“-System die Werte zu G = 0,42 T und W = 1,39 T ergeben, werden im Kennzeichen des Patentanspruchs 1 die entsprechenden Relationen mit G 0,4 T (Merkmal 3) und W 1,3 T (Merkmal 4) beansprucht und liegen damit sehr dicht an den bekannten Größenverhältnissen.

Mögen diese geringfügigen Abweichungen vom Fachmann als vorteilhaft i. S. der erstreben Verbesserungen des Fußbodensystems erkannt worden sein, so entspringen diese nach Überzeugung des Senats aber lediglich routinemäßigen Überlegungen des Fachmanns, der zur Optimierung der relevanten Parameter entsprechende Versuchsreihen durchführt, und können daher eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 4 Rdn. 47, 123).

Dem steht nach Auffassung des Senats nicht entgegen, dass - wie die Beklagte anführt - solche Versuchsreihen im vorliegenden Fall nur unter großen Schwierigkeiten durchzuführen seien, was nach der vorstehend in Bezug genommenen Rechtsprechung (a. a. O. Rdn. 47) die gefundene Lösung nicht als naheliegend erscheinen lasse. Die Streitpatentschrift räumt selbst ein, dass Verlegetests mit entsprechenden Bodenplatten zur Verbesserung der Eigenschaften durchgeführt wurden (s. dort u. a. Abs. [0022]). Im Übrigen dürfte es diesbezüglich keinen außergewöhnlich hohen Aufwand erfordern, solche Testreihen wie branchenüblich beispielsweise in Klimakammern durchzuführen, wo zeitliche Schwankungen der Umgebungsverhältnisse auch in größeren Zyklen stark gerafft simuliert werden können. Somit kann hier auch nicht von einem „glücklichen Griff“ als Indiz für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit gesprochen werden.

Entsprechend diesen Überlegungen sieht der Senat das Streitpatent in der erteilten Fassung als nicht bestandsfähig an.

2. Zu den Hilfsanträgen Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass die zusätzlichen Merkmale, die im Patentanspruch 1 unter Zugrundelegung der Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 und 7 bis 9 enthalten sind, jeweils für sich genommen einen eigenständigen erfinderischen Gehalt aufweisen, oder dass sich durch die vorgesehenen Merkmalskombinationen ein synergetischer Effekt einstellen würde, wodurch eine erfinderische Tätigkeit begründet sein könnte. Auch der Senat sieht in den zusätzlichen Merkmalen lediglich einfache konstruktive Maßnahmen, die der Fachmann bei Bedarf ergreift. Die in Hilfsantrag 6 vorgesehene Beschränkung auf LaminatBodenplatten führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung.

Aus diesem Grund ist das Streitpatent auch in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 9 nicht bestandsfähig. Auf die Zulässigkeit der Fassung gemäß Hilfsantrag 8 kommt es hierbei nicht an.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Rauch Hildebrandt Küest Dr. Ensthaler Richter Cl

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in 10 Ni 50/10 (EP)

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
1 6 EPÜ
1 54 EPÜ
1 56 EPÜ
1 138 EPÜ
1 84 PatG
1 99 PatG
1 91 ZPO
1 709 ZPO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 6 EPÜ
1 54 EPÜ
1 56 EPÜ
1 138 EPÜ
1 84 PatG
1 99 PatG
1 91 ZPO
1 709 ZPO

Original von 10 Ni 50/10 (EP)

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von 10 Ni 50/10 (EP)

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum