II ZR 50/20
BUNDESGERICHTSHOF II ZR 50/20 BESCHLUSS vom 2. November 2021 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2021:021121BIIZR50.20.0 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. November 2021 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und den Richter Dr. Bernau, die Richterin B. Grüneberg, den Richter Dr. von Selle und die Richterin Dr. C. Fischer beschlossen:
Dem Kläger wird aufgegeben, innerhalb von sechs Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses eine weitere Prozesskostensicherheit in Höhe von 23.488,46 € zu stellen.
Gründe: I.
Der Kläger, der in Südkorea wohnt, ist Gesellschafter der G. GmbH i.L., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1 war. Er macht gegen ihn Schadensersatzansprüche der Gesellschaft aus Geschäftsführerhaftung geltend. 2 Mit Beschluss des Landgerichts vom 23. April 2014 und Zwischenurteil des Berufungsgerichts vom 17. April 2015 ist dem Kläger antragsgemäß die Erbringung einer Prozesskostensicherheit für die Prozesskosten des ersten und zweiten Rechtszugs aufgegeben worden.
Die Klage hatte im zweiten Rechtszug teilweise Erfolg. Das Berufungsurteil ist rechtskräftig, soweit der Beklagte zu 1 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 2 zur Zahlung von 233.000 € nebst Zinsen an die G. GmbH i.L. verurteilt worden ist. Auf die Beschwerde des Beklagten zu 1 hat der Senat die Revision zugelassen, soweit dieser weiterhin zur Zahlung von 963.780,40 € nebst Zinsen an die Gesellschaft verurteilt worden ist.
Nunmehr begehrt der Beklagte zu 1 die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit für das Revisionsverfahren.
II.
Die Voraussetzungen für die Anordnung einer ergänzenden Prozesskostensicherheit liegen vor (§§ 110, 112 Abs. 3 ZPO). Die Anordnung kann der Senat im Beschlusswege treffen, da der Kläger dem Sicherheitsverlangen nicht entgegen getreten ist, es nach Grund und Höhe unstreitig ist und ein Zwischenstreit im Sinne von § 303 ZPO mithin nicht vorliegt (BGH, Beschluss vom 24. März 2016 - III ZR 140/15, juris Rn. 1; RGZ 104, 189, 190).
1. Der Beklagte zu 1 ist mit dem Verlangen nach weiterer Sicherheitsleistung nicht nach §§ 565, 532 Satz 2 ZPO ausgeschlossen. Die Rüge der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten gehört zu den die Zulässigkeit der Klage betreffenden verzichtbaren Rügen, die gemäß § 282 Abs. 3 ZPO grundsätzlich vor der ersten Verhandlung zur Hauptsache, und zwar für alle Rechtszüge, erhoben werden müssen. Da das erstinstanzliche Verlangen des Beklagten zu 1 nach Sicherheitsleistung nicht eingeschränkt war, gilt es für die Kosten des gesamten Rechtsstreits einschließlich etwaiger Rechtsmittelzüge (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2020 - II ZR 33/20, juris Rn. 6 mwN).
2. Der Kläger ist prozesskostensicherungspflichtig.
a) Der Kläger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (§ 110 Abs. 1 ZPO). Wer Kläger ist, bestimmt sich nach der Parteirolle in erster Instanz; dabei bleibt es auch für den Fall eines Rechtsmittelverfahrens, bei dem der Kläger Rechtsmittelbeklagter ist (BGH, Urteil vom 20. November 1961 - VIII ZR 65/61, BGHZ 37, 264, 266; Beschluss vom 7. Oktober 1981 - VIII ZR 198/80, ZIP 1982, 113, 114).
b) Die Verpflichtung des Klägers zur Leistung weiterer Prozesskostensicherheit ist nicht gemäß § 110 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
Der Ausnahmetatbestand des § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann, greift im Verhältnis zur Republik Korea nicht ein. Das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits vom 6. Oktober 2010 (BGBl. 2012 II, S. 1483) und das zwischen denselben Vertragsparteien geschlossene Rahmenabkommen vom 10. Mai 2010 (BGBl. II 2013, S. 19) enthalten keine entsprechenden Regelungen (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2020 - I ZR 9/20, juris Rn. 17). Auch würde die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten nicht aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags vollstreckt werden können (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; Muthorst in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 110 Rn. 44 "Korea, Republik").
c) Es ist auch nicht ein zur Deckung der Prozesskosten ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten, da die vom Kläger im Wege der Gesellschafterklage für die G.
GmbH i.L. erstrittene Forderung über 233.000 € dem Kostenerstattungsanspruch des Beklagten zu 1 nicht aufrechenbar gegenübersteht (§ 387 BGB).
3. Die Höhe der weiteren Sicherheit bemisst der Senat auf Grundlage eines Streitwerts von bis zu 963.780,40 € nach den möglichen Anwaltskosten für die dritte Instanz (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 2014 - IV ZR 350/13, juris Rn. 2; Beschluss vom 23. Oktober 2018 - XI ZR 549/17, WM 2018, 2242 Rn. 16; Beschluss vom 13. Juli 2020 - II ZR 33/20, juris Rn. 8) auf insgesamt 23.488,46 € (2,3 Verfahrensgebühr in Höhe von 11.934,70 €, 1,5 Terminsgebühr in Höhe von 7.783,50 €, Auslagenpauschale in Höhe von 20 €, zzgl. 19 % Umsatzsteuer auf 19.738,20 € in Höhe von 3.750,26 €).
Drescher von Selle Bernau C. Fischer B. Grüneberg Vorinstanzen: LG Oldenburg, Entscheidung vom 18.11.2014 - 15 O 472/14 OLG Oldenburg, Entscheidung vom 24.01.2020 - 6 U 235/14 -