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14 W (pat) 15/10

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 15/10

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2004 061 255 …

BPatG 152 08.05

…

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündlichen Verhandlungen vom 16. Februar 2016 und 12. Juli 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, des Richters Schell, der Richterin Dr. Münzberg und des Richters Dr. Jäger beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 4. März 2010 hat die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) das Patent 10 2004 061 255 mit der Bezeichnung

"Verfahren für den kontinuierlichen Betrieb von sauren oder alkalischen Zink- oder Zinklegierungsbädern und Vorrichtung zur Durchführung derselben" widerrufen.

Dem Beschluss liegen als Hauptantrag die erteilten Patentansprüche 1 bis 17 sowie die am 4. März 2010 überreichten Patentansprüche 1 bis 17 nach Hilfsantrag zugrunde. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"1. Verfahren zur Abscheidung funktionaler Schichten aus sauren oder alkalischen Zink- oder Zinklegierungsbädern, die organische Zusätze ausgewählt aus Glanzmitteln, Netzmitteln und Komplexbildnern, ein lösliches Zinksalz oder ein Gemisch aus löslichem Zinksalz und weiteren Metallsalzen ausgewählt aus Fe-, Ni-, Co-, Sn-Salzen enthalten, umfassend die folgenden Stufen: (i) Bereitstellen des Zink- oder Zinklegierungsbades enthaltend die vorgenannten Komponenten, (ii) Abscheiden einer Zink- oder Zinklegierungsschicht auf dem zu beschichtenden Werkstück nach an sich bekannten Verfahren, (iii) Entnahme eines Teils des Zink- oder Zinklegierungsbades und Überführen des entnommenen Teils in eine Einrichtung zur Phasentrennung, (iv) Zugabe einer Säure zu dem entnommenen Teil, wenn das Bad sauer ist, oder Zugabe einer Base zu dem entnommenen Teil, wenn das Bad basisch ist, (v) Einstellen der Temperatur zur Beschleunigung der Phasentrennung, (vi) Abtrennen der organischen Phase und auch fester Phasen, wenn diese in Stufe (iv) gebildet worden sind, (vii) Rückführen der wässrigen Phase in das Zink- oder Zinklegierungsbad in der Weise, dass der pH-Wert des Zink- oder Zinklegierungsbades in dessen Arbeitsbereich bleibt, so dass das Bad ohne Unterbrechung betrieben werden kann, und

(viii) Ergänzen verbrauchter Komponenten des Zink- oder Zinklegierungsbades." Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist im Punkt (vii) das Wort "dadurch" vor "in dessen Arbeitsbereich" eingefügt worden.

Der Widerruf des Patents ist im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag gegenüber dem Stand der Technik gemäß E1 EP 1 369 505 A2 und E19 DE 195 25 509 A1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Beide Entgegenhaltungen würden Verfahren zur Reinigung von galvanischen Prozessbädern mit den streitpatentgemäßen Merkmalen "Bereitstellen des Zink- oder Zinklegierungsbades", "Abscheiden einer Zink- oder Zinklegierungsschicht auf dem zu beschichtenden Werkstück nach an sich bekannten Verfahren" und "Entnahme eines Teils des Zink- oder Zinklegierungsbades und Überführen des entnommenen Teils in eine Einrichtung zur Phasentrennung" beschreiben. Es sei weiterhin bekannt, dass eine Phasentrennung durch pH- und/oder Temperaturänderung induziert und beschleunigt werden könne. Als Beleg dafür wird gutachterlich auf die E16 "Zn 08: Zinkbäder – konventionelle Galvanotechnik, Arbeitshinweise", Oktober 1990, S. 31 bis 32 verwiesen. Zudem gehöre es zum selbstverständlichen fachmännischen Handeln, den pH eines galvanischen Bades fortlaufend zu kontrollieren und konstant zu halten, weshalb der Fachmann dem entnommenen Teil eine Säure zugeben werde, wenn das Bad sauer sei, bzw. eine Base bei einem alkalischen Bad. Die Abtrennung der verschiedenen Phasen voneinander sei eine zwingende Notwendigkeit und bedürfe keiner erfinderischen Überlegungen. Aus E19 sei schließlich auch bekannt, dass nach der Reinigung des Teilstroms des verunreinigten Bades die verbrauchten Badbestandteile nachdosiert und der pH korrigiert werden müsse.

Erst danach könne die gereinigte Lösung in das Variationsgefäß zurückgeführt und die Beschichtung ungestört und ohne Unterbrechung fortgesetzt werden. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterstreiche mit der Einführung von "dadurch" lediglich die angestrebte Wirkung des Rückführschritts des gereinigten Teilstroms. Dadurch werde aber die erfinderische Tätigkeit des Streitgegenstands nicht belegt, da der pH-Wert des Beschichtungsbades fortlaufend kontrolliert werden müsse, weil dieser sich während des Beschichtungsvorganges zwangsläufig ändere. Der Fachmann müsse deshalb Säure bzw. Base nachdosieren damit der pH-Wert des Zink-oder Zinklegierungsbades in seinem Arbeitsbereich bleibe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie ihr Patentbegehren mit den mit Schriftsatz vom 17. Juni 2015 vorgelegten Patentansprüchen 1 bis 16 gemäß Hauptantrag, hilfsweise mit den ebenfalls im Schriftsatz vom 17. Juni 2015 vorgelegten Patentansprüchen 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1, Patentansprüchen 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag 2 und Patentansprüchen 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 3 verteidigt.

Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 8 nach Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Abscheidung funktionaler Schichten aus sauren Zink- oder Zinklegierungsbädern, die organische Zusätze ausgewählt aus Glanzmitteln, Netzmitteln und Komplexbildnern, ein lösliches Zinksalz oder ein Gemisch aus löslichem Zinksalz und weiteren Metallsalzen ausgewählt aus Fe-, Ni-, Co-, Sn-Salzen enthalten, umfassend die folgenden Stufen: (i) Bereitstellen des Zink- oder Zinklegierungsbades enthaltend die vorgenannten Komponenten, (ii) Abscheiden einer Zink- oder Zinklegierungsschicht auf dem zu beschichtenden Werkstück nach an sich bekannten Verfahren,

(iii) Entnahme eines Teils des Zink- oder Zinklegierungsbades und Überführen des entnommenen Teils in eine Einrichtung zur Phasentrennung,

(iv) Zugabe einer Säure zu dem entnommenen Teil, (v) Einstellen der Temperatur zur Beschleunigung der Phasentrennung, (vi) Abtrennen der organischen Phase und auch fester Phasen, wenn diese in Stufe (iv) gebildet worden sind, (vii) Rückführen der wässrigen Phase in das Zink- oder Zinklegierungsbad in der Weise, dass der pH-Wert des Zink- oder Zinklegierungsbades dadurch in dessen Arbeitsbereich bleibt, so dass das Bad ohne Unterbrechung betrieben werden kann, und (viii) Ergänzen verbrauchter Komponenten des Zink- oder Zinklegierungsbades.

8. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, umfassend einen Behälter (1) für die Aufnahme eines Zink- oder Zinklegierungsbades, eine damit verbundene Mischeinrichtung (2), die mit einer Dosiereinrichtung (7) für die Aufnahme einer sauren Lösung verbunden ist, mindestens eine Trenneinrichtung (3) und (3') zur Aufnahme des entnommenen Teils des Zink- oder Zinklegierungsbades, einen Behälter (8) für die Aufnahme der organischen Phase aus der Trenneinrichtung (3), wenn in der Stufe (iv) des Verfahrens nach Anspruch 1 eine feste Phase gebildet wird, einen Behälter (8') für die Aufnahme der festen Phase aus der Trenneinrichtung (3'), und für die Aufnahme benötigte Leitungen, die die Trennung der Phasen voneinander ermöglichen." Im Hilfsantrag 1 wird Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag im Verfahrensschritt (vi) durch die Formulierung

"in einer Trenneinrichtung (3) zur Aufnahme des entnommenen Teils des Zinklegierungsbades, die einen unteren Teil zur Abtrennung der wässrigen Phase (3a) und einen schmaleren oberen Teil zur Abtrennung der organischen Phase (3b) aufweist und mit einem oberen Abfluss für die organische Phase (3c) und einem unteren Abfluss für die gereinigte wässrige Phase (3d) versehen ist" ergänzt, die Patentansprüche 8, 9 und 15 gemäß Hauptantrag gestrichen und der Patentanspruch 10 gemäß Hauptantrag als neuer nebengeordneter Vorrichtungsanspruch 8 mit Aufnahme der Formulierung "zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1" aufgestellt.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass im Verfahrensschritt (vii) das Wort "dadurch" gestrichen und nach der Formulierung "in dessen Arbeitsbereich bleibt" der Nebensatz ", wobei zur Korrektur des pH-Werts in dem Zinklegierungsbad der behandelte Teil in das Zinklegierungsbad gepumpt wird," eingefügt worden ist. Die übrigen Patentansprüche des Hilfsantrags 2 sind gegenüber den entsprechenden Patentansprüchen des Hauptantrags unverändert.

Die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 3 entspricht der Anspruchsfassung des Hilfsantrags 1 mit der Maßgabe, dass in den Patentanspruch 1 unter Streichung des Wortes "dadurch" der Nebensatz ", wobei zur Korrektur des pH-Werts in dem Zinklegierungsbad der behandelte Teil in das Zinklegierungsbad gepumpt wird," nach der Formulierung "in dessen Arbeitsbereich bleibt" eingefügt wird.

Bezüglich der nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 7 und 9 bis 16 gemäß Haupt- und Hilfsantrag 2 sowie der nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 7 und 9 bis 13 nach Hilfsantrag 1 und 3 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Zur Stütze ihres Vorbringens verweist die Patentinhaberin zusätzlich auf die Druckschrift E29 Schlesinger, M., und Paunovic, M. (Eds.), "Modern Electroplating", 5. Aufl., John Wiley & Sons, Inc., New Jersey 2010, Kap. 10 "Electrodeposition Of Zinc And Zinc Alloys", S. 285 bis 307 Sie trägt zur Begründung der Beschwerde vor, dass die Anspruchsfassungen gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 sowohl den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als auch der Patentschrift zu entnehmen und somit nicht unzulässig erweitert seien. Zudem gehe aus der Streitpatentschrift klar und eindeutig hervor, was insbesondere mit dem Verfahrensschritt (vii) beabsichtigt sei. Nach ihrer Ansicht diene das streitpatentgemäße Verfahren, das nunmehr nur noch auf saure Zink- oder Zinklegierungsbäder gerichtet sei, insbesondere der Entfernung von störenden organischen Verbindungen aus dem galvanischen Bad unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des erforderlichen pH-Werts des Bads, also eine betriebsbedingt erforderliche Ersetzung von Säure zur Aufrechterhaltung des erforderlichen pH-Werts in einer solchen Weise, dass dadurch zugleich die Reinigung des Bades durch Bewirken einer Phasentrennung und Abtrennen der organischen und gegebenenfalls der festen Phase erfolgen könne. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sei daher gegenüber der Druckschrift E15 European Committee for Surface Treatment, BAT Reference Document, May 2002, Deckblatt und S. 54 bis 55 neu und beruhe auch gegenüber den von den Einsprechenden angeführten Kombinationen von Entgegenhaltungen auf einer erfinderischen Tätigkeit. Insbesondere unterscheide sich das streitpatentgemäße Verfahren von der E1 und der E19 dadurch, dass in diesen Druckschriften die Phasentrennung zur Entfernung von Verunreinigungen auf grundlegend andere Art und Weise herbeigeführt werde, so dass eine Phasentrennung durch Säurezugabe nicht nahe gelegt werde. Zudem sei in E19 keine Einrichtung zur Phasentrennung aufgezeigt. Der Fachmann habe somit keine Veranlassung gehabt, die Einrichtung zur Phasentrennung aus der E1 mit dem Verfahren gemäß E19 zu kombinieren, da in diesen Entgegenhaltungen unterschiedliche Verfahren zur Abtrennung der Verunreinigungen beschrieben seien. Auch die E15 könne den Streitgegenstand nicht nahelegen, da diese Druckschrift nur die pH-Tiefbehandlung von Zinklegierungsbädern als allgemeine Maßnahme ohne nähere Angaben vorsehe. Insbesondere spreche E15 nicht die Abtrennung von organischen Verunreinigungen durch Phasentrennung und damit einhergehender pH-Wert-Einstellung des Prozessbades an. Schließlich betreffe die E17 Schlötter Galvanotechnik, "Zink/Nickel-Legierungsbad SLOTOLOY ZN 80 – Arbeitsmappe Labor", 05. April 2004, 27 Seiten,

deren Vorveröffentlichung sie bestreite, eine pH-Hochbehandlung von Zinklegierungsbädern im Labormaßstab, so dass der Fachmann diese Druckschrift für die streitpatentgemäße großtechnische Behandlung von sauren Zink- oder Zinklegierungsbädern schon aufgrund der unterschiedlichen Badbestandteile und deren chemischen Eigenschaften nicht berücksichtigt hätte.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung vom 4. März 2010 aufzuheben und das Patent im Umfang des Hauptantrags vom 17. Juni 2015 aufrechtzuerhalten, hilfsweise im Umfang eines der Hilfsanträge 1 bis 3 vom 17. Juni 2015, und die Einsprüche im Übrigen zurückzuweisen.

Die Einsprechenden 1 und 2 stellen jeweils den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Einsprechenden begründen ihre Anträge damit, dass sämtliche Verfahrensschritte des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag für die Bereitstellung eines Verfahrens für den kontinuierlichen Betrieb von sauren Zink- oder Zinklegierungsbädern aus dem Stand der Technik sowie sämtliche Vorrichtungsmerkmale des Patentanspruchs 8 gemäß Hauptantrag bekannt und nahe gelegt seien. So nehme die E15 das streitpatentgemäße Verfahren und die streitpatentgemäße Vorrichtung zumindest implizit neuheitsschädlich vorweg. Die Vorrichtung nach Patentanspruch 8 gemäß Hauptantrag sei zudem aus E1 bekannt, da dort sämtliche beanspruchten Vorrichtungsmerkmale beschrieben seien. Zudem lege insbesondere eine Zusammenschau der E19 mit der E15 und der E17 oder dem Fachwissen sowie eine Kombination der E15 mit der E1 oder der E19 das streitpatentgemäße Verfahren nahe. Weiterhin sei durch das im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgenommene Wort "dadurch" der Streitgegenstand unzulässig erweitert, da die angeführten Offenbarungsstellen nur spezifische Ausführungsformen beträfen, nicht aber als allgemeine technische Lehre zu verstehen seien. Zudem erfülle diese Formulierung nicht das Erfordernis der Klarheit, da damit keine konkreten technischen Maßnahmen verbunden seien.

Auch die zusätzlichen Merkmale in den jeweiligen Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 stellten unzulässige Erweiterungen dar, da diese Merkmale wiederum nur im Kontext einer speziellen Vorrichtung und im Zusammenhang mit weiteren Verfahrensmerkmalen, nicht aber als allgemeine technische Lehre offenbart seien. Im Übrigen könnten die zusätzlichen Merkmale auch keine erfinderische Tätigkeit begründen, da sie aus dem angeführten Stand der Technik bekannt bzw. durch diesen nahe gelegt seien.

Zum Nachweis der öffentlichen Zugänglichkeit der Druckschrift E17 hat die Einsprechende 2 Zeugenbeweis angeboten.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 22. Februar 2016 in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2016 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen J… Zu den Einzelheiten der Zeugeneinvernahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12. Juli 2016 verwiesen sowie wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Das Patent betrifft ein Verfahren zur Abscheidung funktionaler Schichten aus sauren Zink oder Zinklegierungsbädern, die organische Zusätze ausgewählt aus Glanzmitteln, Netzmitteln und Komplexbildnern, ein lösliches Zinksalz und gegebenenfalls weitere Metallsalze ausgewählt aus Fe-, Ni-, Co-, Sn-Salzen enthalten, bei dem das Bad kontinuierlich gereinigt werden kann, so dass das Verfahren unterbrechungsfrei betrieben werden kann, sowie eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens (vgl. geltende Patentansprüche 1 und 8 gemäß Hauptantrag sowie Streitpatenschrift S. 2 Abs. [0001]). In der Praxis kommt es dabei häufig zu stärkeren Anreicherungen von durch Abbauprozesse und Ausschleppung der Zusätze entstandenen organischen Verbindungen, die mit zunehmenden Gehalt zu dekorativen Problemen bei der Beschichtung und damit zu verminderter Produktivität führen (vgl. Streitpatentschrift S. 2 Abs. [0003], [0005] und [0006]). Bekannte Abhilfemaßnahmen sind allerdings mit Nachteilen, wie beispielsweise erhöhte Kosten durch kostenintensive Entsorgung und Zugabe erheblicher Mengen an organischen Komplexbildnern, erhöhter Arbeitsaufwand, erhöhter Energiebedarf und Wartungsanfälligkeit, verbunden (vgl. Streitpatentschrift S. 2/3 Abs. [0008] bis [0012]).

2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren für den kontinuierlichen Betrieb von sauren Zink- oder Zinklegierungsbädern und einer Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens bereitzustellen, mit dem bzw. mit der der Zeit- und Arbeitsaufwand der Badreinigung bei dauer- hafter Gewährleistung konstant guter Badqualität und minimalem Chemikalieneinsatz herabgesetzt werden kann (vgl. Streitpatentschrift S. 3 Abs. [0013]).

3. Diese Aufgabe wird gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gelöst durch ein

1.1 Verfahren zur Abscheidung funktionaler Schichten aus sauren Zinkoder Zinklegierungsbädern, die

1.1.1 organische Zusätze ausgewählt aus Glanzmitteln, Netzmitteln und Komplexbildners sowie

1.1.2 ein lösliches Zinksalz oder ein Gemisch aus löslichem Zinksalz und weiteren Metallsalzen ausgewählt aus Fe-, Ni-, Co- und Sn-Salzen enthalten, wobei das Verfahren folgende Stufen umfasst:

1.2 Bereitstellen des Zink- oder Zinklegierungsbades enthaltend die vorgenannten Komponenten,

1.3 Abscheiden einer Zink- oder Zinklegierungsschicht auf dem zu beschichtenden Werkstück nach an sich bekannten Verfahren,

1.4 Entnahme eines Teils des Zink- oder Zinklegierungsbades und Überführen des entnommenen Teils in eine Einrichtung zur Phasentrennung,

1.5 Zugabe einer Säure zu dem entnommenen Teil, 1.6 Einstellen der Temperatur zur Beschleunigung der Phasentrennung, 1.7 Abtrennen der organischen Phase und auch fester Phasen, wenn diese in Stufe 1.5 gebildet worden sind, 1.8 Rückführen der wässrigen Phase in das Zink- oder Zinklegierungsbad in der Weise, dass der pH-Wert des Zink- oder Zinklegierungsbades dadurch in dessen Arbeitsbereich bleibt, so dass das Bad ohne Unterbrechung betrieben werden kann, und 1.9 Ergänzen verbrauchter Komponenten des Zink- oder Zinklegierungsbades.

4. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag bedarf hinsichtlich des Merkmals 1.8 der Auslegung, da zwischen den Parteien strittig ist, ob der pH-Wert des Zink- oder Zinklegierungsbades im beanspruchten Verfahren ausschließlich durch die rückgeführte wässrige Phase während des Betriebs im Arbeitsbereich gehalten wird. Dabei ist zu ermitteln, was sich aus der Sicht des angesprochenen Fachmanns unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt (vgl. BGH, GRUR, 2007, 859 – Informationsübermittlungsverfahren I).

Unter Beachtung dieser Grundsätze erschließt sich für den Fachmann, einem Ingenieur der Fachrichtung chemische Verfahrenstechnik mit vertieften Kenntnissen in der Galvanotechnik und den dafür erforderlichen Vorrichtungsbau, dass mit dieser Verfahrensstufe der pH-Wert des Arbeitsbades kontrolliert wird. Denn durch die im Patentanspruch 1 verwendeten Formulierungen "in der Weise" und "dadurch" wird ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Rückführen der wässrigen Phase, dem Verbleib des pH-Werts des Zink- oder Zinklegierungsbades im Arbeitsbereich und dem unterbrechungsfreien Betrieb des Bades hergestellt. Für die Kontrolle des pH-Wertes durch diesen Verfahrensschritt spricht auch die Verfahrensmaßnahme im Patentanspruch 6 gemäß Hauptantrag, wonach der pHWert in dem Zink- oder Zinklegierungsbad durch die Rückführung der wässrigen Phase konstant bleibt. Zudem wird in der Beschreibung ausgeführt, dass die wässrige Phase zur Einstellung des pH-Werts des Bades auf den Sollwert dem Bad zugeführt wird und dass für einen konstanten pH-Wert die wässrige Phase in einem Behälter gespeichert werden und nach Bedarf zudosiert werden kann (vgl. Streitpatentschrift S. 6/7 Abs. [0040], [0041], [0047] und [0049]).

Die Ausführungen in den zitierten Absätzen der Streitpatentschrift sind dabei als allgemeine technische Lehre des Streitpatents zu verstehen, die in Figur 1 graphisch dargestellt ist, während die Figuren 2 und 3 bevorzugte Ausführungsformen zeigen, so dass der Fachmann Merkmale und Eigenschaften, die in Bezug auf die Figur 1 offenbart sind, als allgemeine Beschreibung der streitpatentgemäßen Lehre ansieht (vgl. Streitpatentschrift S. 3 Abs. [0015] bis [0017] und S. 6 Abs. [0040] Satz 1). Weitere Maßnahmen zur pH-Einstellung sind nach der streitpatentgemäßen Lehre somit weder erforderlich noch vorgesehen.

III.

Die Einsprechende 2 hat zur öffentlichen Zugänglichkeit der Druckschrift E17 Zeugenbeweis angeboten.

1. Die öffentliche Zugänglichkeit einer Druckschrift ist dann zu bejahen, wenn ein unbestimmter, wegen der Beliebigkeit seiner Zusammensetzung für den Urheber nicht mehr kontrollierbarer Personenkreis auf die Schrift zugreifen kann und somit in der Lage ist, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen (Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 3 Rdn. 36 ff. m. w. N., insbesondere Rdn. 45). Dabei genügt bereits die objektive Möglichkeit der Kenntnisnahme (vgl. Benkard/Melullis, PatG, 11. Aufl., § 3 Rdn. 85 m. w. N.).

2. Die Vernehmung des Zeugen J… hat ergeben, dass die E17, einer Anleitung zur Analyse und Fehlerbehebung bei dem Zink/Nickel Legierungsbad SLOTOLOY ZN 80, nach Korrektur und Prüfung durch die zuständige Forschungsabteilung der Einsprechenden 2 am 5. April 2004 freigegeben und anschließend ohne Geheimhaltungsauflagen den in- und ausländischen Gebietsrepräsentanten des Unternehmens zugänglich gemacht wurde. Diese haben es dann ihrerseits in der Folgezeit – ebenfalls vorbehaltlos, d. h. ohne jegliche Geheimhaltungsvereinbarungen – an diejenigen der von ihnen betreuten Kunden weitergegeben, für die eine Anwendung des betreffenden Verfahrens grundsätzlich in Frage kam. Die Kunden wurden von den Gebietsrepräsentanten turnusgemäß mindestens einmal im Monat besucht, um sie über Neuheiten der Firma zu informieren bzw. um mit ihnen über bestehende Probleme oder offene Fragen zu sprechen. Der Zeuge hat ausgeführt, dass davon ausgegangen werden müsse, dass die E17 spätestens bei dem auf ihre Freigabe folgenden Besuchstermin den Kunden übergeben wurde, zumal es sich bei dem Verfahren SLOTOLOY ZN 80 um ein neu eingeführtes Verfahren handelte und die in der E17 enthaltene, grundlegende Anleitung für die Kunden, insbesondere großtechnisch produzierende, vor allem für die Automobilindustrie tätige Unternehmen, von erheblichem Interesse war. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die E17 spätestens im Verlauf des Monats Mai 2004 – und damit über ein halbes Jahr vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Streitpatents – der Öffentlichkeit vorbehaltlos zugänglich war. Auf die Möglichkeit von Aktualisierungen bzw. inhaltlichen Änderungen der E17 nach deren Freigabe angesprochen, hat der Zeuge erklärt, dass Aktualisierungen insbesondere in der Fehlertabelle erfolgten, die im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß ergänzt würden, nicht dagegen bei den grundlegende Analysen enthaltenden Seiten 2 bis 9.

3. Der Zeuge konnte auch konkret einen Kunden benennen, bei dem am 2. August 2004 eine Verfahrensumstellung von SLOTOLOY ZN 50 auf das hier maßgebliche Verfahren SLOTOLOY ZN 80 stattgefunden hatte. Das genannte Datum bzw. die Art der Verfahrensumstellung konnte er dabei anhand einer von der Einsprechenden 2 geführten Servicedatenbank belegen, in der diese Aktivität dokumentiert wurde. Eine Kopie des entsprechenden Datenbankauszugs hat der Zeuge während seiner Vernehmung überreicht (vgl. Anlage 2 zum Protokoll über die öffentliche Sitzung des 14. Senats vom 12.07.2016). Hierzu hat er ausgeführt, dass dem Kunden die Druckschrift E17 zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben muss, da darauf basierende Verfahrensumstellungen immer von den Technikern der Einsprechenden 2 begleitet würden, die den Kunden hierfür alle relevanten Dokumente, zu denen eben gerade auch die E17 zählte, vor dem Zeitpunkt der Verfahrensumstellung übergeben hätten.

4. Zudem hat der Zeuge eine weitere konkrete Verfahrensumstellung auf das Verfahren SLOTOLOY ZN 80 zum 11. Mai 2004 benennen können und sich insoweit auf den Bericht eines der Gebietsrepräsentanten der Einsprechenden 2 bzgl.

der Aktivitäten in dessen Bezirk gestützt, den er dem Senat in Kopie übergeben hat (vgl. Anlage 1 zum Protokoll über die öffentliche Sitzung des 14. Senats vom 12.07.2016). Die Patentinhaberin ist diesem Vortrag mit dem Vorhalt begegnet, dass ausweislich dieses Berichts bereits am 8. Dezember 2003 bei dem betreffenden Kunden ein Neuansatz SLOTOLOY ZN 80 erfolgt sei, und damit bereits deutlich vor dem hier maßgeblichen Freigabedatum der E17. Aus der Erwiderung des Zeugen, dass in derartigen Fällen den Kunden vorläufige Verfahrensanleitungen übermittelt worden seien, mit deren Hilfe diese das neu angesetzte Bad analysieren konnten, hat die Patentinhaberin den Schluss gezogen, dass dann möglicherweise in der Folgezeit auf eine Übergabe der erst später fertig gestellten E17 als endgültiger Analysevorschrift verzichtet worden sei und somit nicht feststehe, dass die E17 diesem Kunden tatsächlich übergeben wurde. Hierzu hat der Zeuge ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass die E17 nach ihrer Freigabe schon deshalb dem Kunden vom zuständigen Gebietsrepräsentant sofort übermittelt wurde, da dieser die E17 als erste offizielle Version der endgültigen Analysevorschrift benötigte, um die ihm obliegenden ISO-Zertifizierungsvorschriften 9001 und TS 16949 des Qualitätsmanagements zu erfüllen. Dieser Vortrag erscheint dem Senat schlüssig und überzeugend, zumal nach der allgemeinen Lebenserfahrung kein Grund ersichtlich ist, warum sich ein Kunde bereits mit dem Erhalt einer vorläufigen Verfahrensanleitung zufrieden geben und auf die Übergabe der letztendlich maßgeblichen endgültigen Analysevorschrift verzichten sollte. Letztlich kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, da sich bereits aus den unter Punkt III.2 und III.3 genannten Umständen mit der erforderlichen Sicherheit ergibt, dass die E17 vor dem maßgeblichen Zeitpunkt des Streitpatents der Öffentlichkeit ohne jegliche Vertraulichkeitsvereinbarungen zugänglich war.

5. Nach alldem und unter umfassender Würdigung der glaubwürdigen, in sich schlüssigen Aussage des Zeugen, der vorgelegten Dokumente sowie der hierzu vorgetragenen Argumente der Parteien steht für den Senat mit der gebotenen Sicherheit fest, dass die E17 deutlich vor dem maßgeblichen Zeitpunkt des Streitpatents der Öffentlichkeit ohne jegliche Vertraulichkeits- bzw. Geheimhaltungsver- einbarungen zugänglich war. Soweit die Patentinhaberin sinngemäß geltend gemacht hat, die Beweisaufnahme habe jedenfalls keinen eindeutigen Beleg für eine Vorveröffentlichung der E17 erbracht, bleibt festzuhalten, dass insoweit ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit erforderlich aber auch ausreichend ist, der nach der Lebenserfahrung der Gewissheit gleichkommt, so dass vernünftige Zweifel schweigen (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Auf., § 93, Rdn. 4). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senats erfüllt.

6. Der Einsprechenden 2 ist somit der von ihr zu führende Nachweis einer öffentlichen Zugänglichkeit der E17 gelungen.

IV.

1. Das Verfahren zur Abscheidung funktionaler Zink- oder Zinklegierungsschichten nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1.1. Zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe, ein Verfahren für den kontinuierlichen Betrieb von sauren Zink- oder Zinklegierungsbädern und einer Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens bereitzustellen, mit dem bzw. mit der der Zeit- und Arbeitsaufwand der Badreinigung bei dauerhafter Gewährleistung konstant guter Badqualität und minimalem Chemikalieneinsatz herabgesetzt werden kann, geht der Fachmann von der E15 aus. Denn E15 stellt ein Kompendium des European Committee for Surface Treatment dar, das der in der Galvanotechnik kundige Fachmann als Standardwerk zu Rate zieht und darin enthaltene Informationen entsprechend seinem Fachwissen umsetzt, da von ihm ein Herangehen an die Lösung des technischen Problems mit seinem Fachwissen erwartet wird (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 34 Rn. 345 i. V. m. § 4 Rn. 53; vgl. Benkard, PatG, 11. Aufl., § 4 Rn. 75). Dieses Kompendium beschäftigt sich im Abschnitt 4.7 mit der Regeneration von großtechnischen galvanischen Prozesslösungen (vgl. E15 S. 54 Kopfzeile und Überschrift zum Abschnitt 4.7). Dazu führt dieses Kompendium aus, dass eine einheitliche Zusammensetzung der Prozesslösungen Vorbedingung für eine hohe Qualität bei elektrochemischen Oberflächenbehandlungen ist. Da sich dabei störende Verunreinigungen aus Umwandlungs- und Abbauprodukten anreichern, ist eine batchweise oder kontinuierliche Wartung/Pflege und Regeneration der Prozesslösungen notwendig (vgl. E15 S. 54 Abschnitt 4.7 Abs. 1). Bei der anschließenden tabellarischen Auflistung von betroffenen Prozesslösungen wird unter der Nummer 17 ein saures Zinkbad aufgeführt (vgl. E15 S. 55 Tab. No. 17). Zu diesem erfährt der Fachmann, dass als störende Verunreinigungen hier insbesondere Abbauprodukte von organischen Zusätzen anfallen. Zu deren Beseitigung schlägt E15 vier Regenerationsverfahren vor, nämlich Einsatz von Membrananoden mit einzelner Gleichstromversorgung, Behandlung mit Aktivkohle, Oxidationsbehandlung mit Wasserstoffperoxid und Luft sowie pH-Tiefbehandlung. Da diese Regenerationsverfahren in E15 nicht gewichtet sind, ergeben sich somit für den Fachmann aus dieser Druckschrift vier gleichwertige Lösungsansätze und damit eine überschaubare Anzahl von Möglichkeiten, von denen jeder spezifische Vor- und Nachteile haben mag, dies aber dennoch Veranlassung gibt, jeden dieser Lösungsansätze in Betracht zu ziehen (vgl. BGH, GRUR, 2012, 261 – E-Mail via SMS).

Im Hinblick auf einen möglichst geringen Aufwand bei der technischen Umsetzung greift der Fachmann in erster Linie die pH-Tiefbehandlung auf, weil diese mit sehr gut verfügbarer und billiger Säure, die er in der Regel auch beim Ansatz des Prozessbades benötigt und damit bereits zur Hand hat, durchgeführt werden kann. Da die E15 keine Angaben zur technischen Realisierung der pH-Tiefbehandlung – wie im Übrigen auch nicht zu den anderen Regenerationsverfahren – enthält, außer dass die Druckschrift auf die Möglichkeit einer batchweisen oder kontinuierlichen Regeneration des Prozessbades hinweist, schaut sich der Fachmann diesbezüglich im Stand der Technik um. Dabei wird er auf die – gemäß III. als Stand der Technik zu berücksichtigende – E17 treffen. Diese Druckschrift betrifft zwar die pH-Hochbehandlung eines alkalischen Zinklegierungsbades (vgl. E17 S. 1 Bezeichnung und S. 27 Abschnitt "pH-Hochbehandlung – Entfernung von Abbauprodukten"). Da sich aber bei der Regeneration eines sauren und eines alkalischen Zink- oder Zinklegierungsbades dieselben Probleme stellen – insbesondere Qualitätseinbußen durch Verunreinigung des Prozessbades aufgrund von Abbauprodukten der organischen Zusätze und durch Schwankungen des pH-Werts außerhalb des Arbeitsbereichs –, wird der Fachmann sich auch damit beschäftigen, wie diese Probleme bei alkalischen Prozessbädern gelöst werden (vgl. BGH, GRUR 2010, 41 – Diodenbeleuchtung). E17 offenbart, dass immer nur ein Teil des Bades gereinigt wird und anschließend wieder mit dem Originalbad vermischt wird (vgl. E17 S. 27 Abschnitt "pH-Hochbehandlung – Entfernung von Abbauprodukten" 4. Satz). Dazu muss der zu reinigende Teil wie in Merkmal 1.4 aus dem Prozessbad entnommen und in eine separate Einrichtung überführt werden. Dies ist zwar in E17 expressis verbis nicht offenbart, ergibt sich aber für den Fachmann unmittelbar und eindeutig, da eine andere Realisierung der pH-Hochbehandlung nicht möglich ist. Zugleich regt E17 an, die pH-Hochbehandlung durchzuführen, wenn der pH-Wert unter den Sollwert gesunken ist und daher wieder angehoben werden muss (vgl. E17 S. 27 Abschnitt "pH-Hochbehandlung – Entfernung von Abbauprodukten" 5. Satz). Die Reinigung mittels pH-Hochbehandlung erfolgt dabei durch Zugabe von Natriumhydroxid und anschließender Phasentrennung (vgl. E17 S. 27 Abschnitt "pH-Hochbehandlung – Entfernung von Abbauprodukten" Spiegelpunkte 4 und 10). Da dem Fachmann zudem aus seinem Fachwissen geläufig ist, dass durch pH-Wert-Änderungen eine Emulsion gespalten werden kann, wobei die abzutrennenden organischen Verunreinigungen fein in dem wässrigen Zink- oder Zinklegierungsbad verteilt sind und somit eine Emulsion darstellen (vgl. gutachtlich E25 Römpp Chemie Lexikon, Thieme-Verlag, 10. Aufl., 1997, Stichwort "Emulsionen",

S. 1151 li. Sp. Stichwort "Emulsion" Abs. 1 und S. 1152 li. Sp. Abs. 2), entnimmt der Fachmann der E17 damit für die aus E15 angeregte pH-Tiefbehandlung, dass er den zu reinigenden Teil aus dem Arbeitsbad entnehmen, den pH-Wert analog zur Basenzugabe bei der pH-Hochbehandlung mit Säure absenken und anschließend die wässrige Phase durch Phasentrennung isolieren kann. Diese wässrige Phase führt er dann zur pH-Wert-Einstellung dem Prozessbad wieder zu. Damit sind ihm die Merkmale 1.4, 1.5, 1.7 und 1.8 aus der E17 an die Hand gegeben.

Der Fachmann berücksichtigt mit seinem Fachwissen weiterhin, dass abgesehen von pH-Wert-Änderungen auch durch Hitzeeinwirkungen, also durch Temperatureinstellungen, eine Emulsion gespalten werden kann (vgl. E25 S. 1152 li. Sp. Abs. 2 und 3), so dass das Merkmal 1.6 ein fachübliche Maßnahme darstellt. Dasselbe gilt auch für die weiteren Merkmale. So sind organische Zusätze aus Glanzmitteln, Netzmitteln und Komplexbildnern gemäß Merkmal 1.1.1 bei diesen Verfahren ebenso standardmäßig gebräuchlich wie lösliche Zinksalze nach Merkmal 1.1.2 und das Ergänzen verbrauchter Komponenten, wie z. B. Glanz- und Netzmittel, gemäß Merkmal 1.9 (vgl. gutachtlich die ebenfalls ein Verfahren zu Abscheidung funktionaler Schichten aus sauren Zinkbädern betreffende Druckschrift E19 Sp. 4/5 Ausführungsbeispiel 4). Da die Merkmale 1.2 und 1.3 lediglich selbstverständliche Verfahrensmaßnahmen bei galvanotechnischen Abscheideverfahren darstellen, sind somit sämtliche Verfahrensmaßnahmen des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag aus der Zusammenschau der E15 mit der E17 und dem Fachwissen nahe gelegt.

1.2. Der Einwand, dass die E17 die pH-Hochbehandlung im Labormaßstab anhand einer 900 ml Elektrolytprobe beschreibe und damit in einer Größenordnung, in der man nicht ohne Weiteres auf eine großtechnische Lösung schließen könne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn E17 beschreibt nur die Analyse von Badproben im Labormaßstab (vgl. E17 S. 1 bis 9). Bei der Beschreibung der einzelnen Korrekturmaßnahmen gibt E17 dagegen zuerst eine allgemeine Anweisung für die Entfernung von Abbauprodukten aus den Bädern, bevor im Folgeabsatz die Einzelmaßnahmen für den Labormaßstab detailliert aufgezeigt werden (vgl. E17 S. 27 Abschnitt "pH-Hochbehandlung – Entfernung von Abbauproduk- ten"). Da das in E17 betroffene Zink/Nickel-Legierungsbad "SLOTOLOY ZN 80" an Kunden vertrieben wird, die dieses in großtechnischen Verfahren einsetzen (vgl. Zeugenaussage von J…, Protokoll über die öffentliche Sitzung des 14. Senats vom 12.07.2016, S. 3 mittl. Abs. und Anlage 2 zu diesem Protokoll, S. 1 oberer Screenshot, S. 3 unterer Screenshot, S. 5 unterer Screenshot jeweils "Badvolumen"), erschließt sich dem Fachmann unmittelbar und eindeutig, dass die auf S. 27 dieser Druckschrift angegebenen Korrekturmaßnahmen nicht nur den Labormaßstab beschreiben, sondern insbesondere auch den großtechnischen Betrieb betreffen. Der Fachmann wird daher die Korrekturmaßnahmen der E17 bei seinen Überlegungen berücksichtigen.

1.3. Auch das unter Hinweis auf die E29 von der Patentinhaberin angeführte Argument, zwischen sauren und alkalischen Zink- oder Zinklegierungsbädern bestünden grundlegende Unterschiede bezüglich der Badzusammensetzung, wobei ein wesentlicher Unterschied mindestens darin bestehe, dass saure Bäder keine Cyanide, basische Bäder keine Chloride und beide Bäder entsprechend der verschiedenen Abscheidemechanismen jeweils andere Zusatzstoffe enthielten, weshalb der Fachmann nicht ohne Weiteres Erfahrungen mit basischen Bädern auf saure Bäder übertrage, da diese ganz unterschiedlich reagierten und deren Inhaltsstoffe unterschiedliche Haltbarkeiten und Wirkungsweisen aufwiesen, kann nicht durchgreifen. Denn – wie bereits ausgeführt – betreffen sowohl pH-Hochbehandlung als auch pH-Tiefbehandlung galvanische Bäder zum Verzinken, bei denen die auftretende Problemstellung dieselbe ist, nämlich die Abreinigung von qualitätssenkenden Verunreinigungen sowie der Verbrauch an Hydroxidionen einerseits und an Protonen andererseits, der jeweils zu ergänzen ist. Auch die Badaufbereitungsmaßnahmen sind analog, da die Verunreinigungen durch Zugabe von Base bzw. Säure ausgefällt werden und das gereinigte Bad danach stärker basisch bzw. stärker sauer ist als das Prozessbad. Es gibt somit keine prinzipiellen Unterschiede, die den Fachmann an einer Berücksichtigung der Lösungsansätze aus der pH-Hochbehandlung bei der pH-Tiefbehandlung hindern würden. Die Unterschiede im Abscheideverhalten und in den sonstigen Eigen- schaften der eingesetzten Salze und Zusatzstoffe sind dem Fachmann dabei bewusst und er wird diese in seine Überlegungen einbeziehen.

2. Die von der Patentinhaberin hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 erweisen sich aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit gleichfalls als nicht patentfähig.

2.1. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass das Merkmal 1.7 (gemäß Merkmalsgliederung in II.3. dieses Beschlusses) durch folgende Merkmale ergänzt wird:

1.7.1 in einer Trenneinrichtung (3) zur Aufnahme des entnommenen Teils des Zinklegierungsbades,

1.7.2 die einen unteren Teil zur Abtrennung der wässrigen Phase (3a) und 1.7.3 einen schmaleren oberen Teil zur Abtrennung der organischen Phase

(3b) aufweist und 1.7.4 mit einem oberen Abfluss für die organische Phase (3c) und 1.7.5 mit einem unteren Abfluss für die gereinigte Phase (3d) versehen ist.

Die neu hinzugekommenen Vorrichtungsmerkmale 1.7.1 bis 1.7.5 sind übliche Merkmale für die Phasentrennung und insbesondere auch für die Phasentrennung zur Aufreinigung von Zink- oder Zinklegierungsbädern. So offenbart beispielsweise die ebenfalls die Reinigung eines Zink-Nickel-Elektrolyten eines galvanischen Prozesses und die anschließende Rückführung des anfallenden Spülwassers betreffende E1 eine Trenneinrichtung 4 mit einem unteren Teil für die Abtrennung der wässrigen Phase und einem oberen Teil für die Abtrennung der organischen Phase und den dazugehörigen Ableitungen 28 und 30 (vgl. E1 Sp. 1 Abs. [0001] und Fig. 1 i. V. m. Sp. 4 Abs. [0028] und Sp. 5 [0039]). Des Weiteren ist dem Fachmann aus der E1 bekannt, dass die die Verunreinigungen enthaltende organische Phase im Vergleich zur wässrigen Phase nur ein geringes Volumen ein- nimmt (vgl. E1 Sp. 5 Abs. [0038]). Für eine effiziente Abtrennung kleiner Volumina gehört es aber zum Fachwissen, die Trennvorrichtung im Bereich der Phasengrenze zu verjüngen, weshalb die Verschmälerung des oberen Teils der Trenneinrichtung gemäß Merkmal 1.7.3 eine fachübliche Ausgestaltung derartiger Vorrichtungen darstellt. Daher können die neu in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale das Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit des streitpatentgemäßen Verfahrens nicht begründen.

2.2. Im Merkmal 1.7 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 wurde anstelle der Formulierung "dadurch in dessen Arbeitsbereich bleibt" im Merkmal 1.7 des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag die Formulierung "in dessen Arbeitsbereich bleibt, wobei zur Korrektur des pH-Werts in dem Zinklegierungsbad der behandelte Teil in das Zinklegierungsbad gepumpt wird," eingefügt.

Auch in dieser Formulierung ist das streitpatentgemäße Verfahren durch die Kombination der E15 mit der E17 und dem Fachwissen nahe gelegt. Denn E17 gibt den Hinweis, dass die dort beschriebene pH-Hochbehandlung sich anbietet, wenn der Hydroxidionengehalt des Bades abgesunken ist und wieder auf den Sollwert angehoben werden muss (vgl. E17 S. 27 Abschnitt "pH-Hochbehandlung – Entfernung von Abbauprodukten" 5. Satz). Damit erhält der Fachmann aus der E17 unmittelbar die Anregung, die pH-Wert-Einstellung mit der gereinigten wässrigen Phase aus der streitpatentgemäßen pH-Tiefbehandlung durchzuführen.

2.3. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 basiert auf dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und enthält zusätzlich die Merkmale 1.7.1 bis 1.7.5, die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber dem Hauptantrag hinzugefügt worden sind. Für den damit beanspruchten Gegenstand gelten sinngemäß dieselben Argumente wie für die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 nach Hilfsantrag 1 und 2, so dass auch das streitpatentgemäße Verfahren in der Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 mangels Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist.

3. Die neben- und nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 16 gemäß Hauptantrag, 2 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1, 3 bis 16 gemäß Hilfsantrag 2 und 2 bis 13 gemäß Hilfsantrag 3 teilen das Schicksal des jeweiligen Patentanspruchs 1 (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).

V.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.

Dr. Maksymiw Schell Dr. Münzberg Dr. Jäger Fa

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