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5 StR 457/17

BUNDESGERICHTSHOF StR 457/17 (alt: 5 StR 599/15)

BESCHLUSS vom 24. Januar 2018 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen ECLI:DE:BGH:2018:240118B5STR457.17.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Januar 2018 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 13. April 2017 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Jugendschutzkammer des Landgerichts Leipzig zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Mit Urteil vom 8. September 2015 hatte dasselbe Gericht den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in 17 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hatte der Senat dieses Urteil wegen Mängeln in der Beweiswürdigung bei einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation aufgehoben (Beschluss vom 15. Februar 2016 – 5 StR 599/15). Die gegen das nunmehr ergangene Urteil gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge erneut Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts nahm der Angeklagte an nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten vom 29. Oktober 2010 bis 31. Juli 2012 sexuelle Handlungen an der am 29. Oktober 1996 geborenen Tochter seiner früheren Lebensgefährtin S. I.

vor. Das Landgericht hat den insgesamt zu den Tatvorwürfen schweigenden Angeklagten aufgrund der Angaben der Nebenklägerin als überführt angesehen.

2. Die der Verurteilung zugrundeliegende Beweiswürdigung hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (§ 261 StPO). Die Würdigung der Aussage der Nebenklägerin als einziger Belastungszeugin erfüllt die strengen Anforderungen in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen nicht (vgl. zum Maßstab nur BGH, Beschlüsse vom 5. April 2016 – 1 StR 53/16; vom 19. Juli 2016 – 5 StR 231/16, NStZ-RR 2016, 382; vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16, StV 2017, 367; vom 20. April 2017 – 2 StR 346/16, NStZ-RR 2017, 288, und vom 13. Dezember 2017 – 2 StR 273/17; Miebach in MüKo-StPO, § 261 Rn. 230 ff. mwN):

a) Das Landgericht hat ausweislich der Urteilsgründe einen Teil der angeklagten Tatvorwürfe (Taten 23, 28 und 29 der Anklageschrift, UA S. 21) gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, ohne – wie geboten – die Gründe hierfür mitzuteilen. Dessen bedarf es aber, weil diese im Rahmen der notwendigen umfassenden Glaubhaftigkeitsbeurteilung von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 160; Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 53/16).

b) Den Ausführungen des Landgerichts lässt sich auch nicht entnehmen, welche Angaben die Nebenklägerin gegenüber den Mitarbeiterinnen der Kinder- und Jugendnothilfe und des Jugendamts über sexuelle Übergriffe des Angeklagten konkret getätigt hat, insbesondere ob sie lediglich pauschal auf „sexuelle Übergriffe“ des Angeklagten verwiesen oder insoweit Einzelheiten berichtet hat (vgl. demgegenüber den Beschluss des Senats vom 15. Februar 2015 – 5 StR 599/15 Rn. 7). Ebenso bleibt offen, welche Angaben die jüngere Schwester C. in diesem Zusammenhang getätigt haben soll. Nähere Ausführungen zum Inhalt derartiger erster Belastungen sind bei Konstellationen wie der vorliegenden indes geboten (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16 und vom 13. Dezember 2017 – 2 StR 273/17).

c) Soweit die Strafkammer als ein wesentliches gegen den Angeklagten sprechendes Indiz wertet, dass Tathandlungen wie gegen die Nebenklägerin

„systemisch“ seien, weil auch deren Schwestern Sa. und C.

davon betroffen gewesen seien, beruht dies auf einer lückenhaften Beweiswürdigung.

Nach den Angaben von C. in der Hauptverhandlung habe die Nebenklägerin ihr einmal gesagt, dass der Angeklagte sie angefasst habe. Sie selbst habe gesagt, dass sie dies nicht glauben könne. Der Angeklagte habe sie bei Umarmungen an den Brüsten berührt, sich dafür aber entschuldigt. Sonstige sexuelle Handlungen des Angeklagten ihr gegenüber hat C. nicht bestätigt. Sa. hat in der Hauptverhandlung keine sexuellen Übergriffe des Angeklagten bekundet.

Seine Überzeugung, es habe doch sexuelle Übergriffe auf die beiden Schwestern der Nebenklägerin gegeben, hat das Landgericht auf die Angaben von zwei Mitarbeiterinnen der Kinder- und Jugendhilfe und des Jugendamts gestützt. Danach habe sich C.

im Wesentlichen wie die Nebenklägerin geäußert. Die an einem Borderline-Syndrom leidende Sa. habe einer Therapeutin im Frühjahr 2009 in einem therapeutischen Setting mitgeteilt, dass sie vom Angeklagten mehrfach sexuell missbraucht sowie beim Duschen beobachtet worden sei und der Angeklagte sich zu ihr ins Bett gelegt habe. C. die Nebenklägerin hätten berichtet, dass es Sa. auch passiert sei.

und Angesichts dieser Beweislage wäre es erforderlich gewesen, die Einzelheiten früherer Angaben der Schwestern mitzuteilen. Wie sich aus den Urteilsgründen ergibt, sind beide polizeilich vernommen worden. Zum Inhalt der Vernehmung wurde die Vernehmungsbeamtin gehört. Was die beiden Schwestern in ihren Vernehmungen zu etwaigen sexuellen Übergriffen des Angeklagten gesagt haben, teilt die Kammer nicht mit (vgl. demgegenüber den Beschluss des Senats vom 15. Februar 2015 – 5 StR 599/15 Rn. 6 und 8).

d) Der Senat vermisst vor diesem Hintergrund zudem erneut (vgl. aaO, Rn. 9) eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob etwaige gegenseitige suggestive Beeinflussungen der Nebenklägerin und ihrer Schwestern Sa. und C. in Betracht zu ziehen sind.

e) Es mangelt schließlich an der gebotenen Gesamtwürdigung aller für und gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin sprechenden Gesichtspunkte (vgl. hierzu nur BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2017 – 2 StR 273/17 mwN). Insbesondere hat sich das Landgericht nicht erkennbar damit auseinandergesetzt, dass die Mutter der Nebenklägerin nach ihren Angaben keine sexuellen Übergriffe des Angeklagten bemerkt haben will, obwohl S. bei den ersten beiden Taten zwischen ihr und dem Angeklagten auf der Schlafcouch gelegen und sich nach ihren Angaben in einem Fall auch verbal zu dem Übergriff geäußert haben will (UA S. 8). Ohne ersichtliche Würdigung bleibt auch, dass weder die Mutter noch der von dieser lange getrennte Vater noch ihre Tante S.

glauben und dies teilweise auch mit konkreten Umständen begründet haben (UA S. 11, 14).

3. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 StPO).

Mutzbauer Berger Sander Mosbacher Dölp

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