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XI ZR 461/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES XI ZR 461/21 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 20. September 2022 Mazurkiewicz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2022:200922UXIZR461.21.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 9. August 2022 eingereicht werden konnten, durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt für Recht erkannt:

Der Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt. Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Juli 2021 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: bis 25.000 €

Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung der Klägerin. 2 Die Klägerin erwarb im November 2015 einen Gebrauchtwagen BMW

318d zum Kaufpreis von 21.980 €. Zur Finanzierung des über eine Anzahlung von 13.500 € hinausgehenden Kaufpreises und der Prämie für eine Ratenschutzversicherung Tod und AU in Höhe von 198,39 € schlossen die Parteien mit Datum vom 11. November 2015 einen Darlehensvertrag über 8.678,39 €. Das Darlehen sollte in 23 Monatsraten zu je 300,41 € und einer Schlussrate von 2.198 € zurückgezahlt werden. Seite 5 des Darlehensvertrags enthält folgende Angabe über die Verzugsfolgen:

"Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr … berechnet." Nummer 3.3 der Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten enthält eine gleichlautende Regelung nebst der Ergänzung, dass der Basiszinssatz jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres ermittelt und von der Deutschen Bundesbank im Bundesanzeiger bekannt gegeben wird.

Die Klägerin löste das Darlehen im Oktober 2017 vertragsgemäß vollständig ab, worauf die Beklagte die Sicherheiten freigab. Mit Schreiben vom 8. August 2019 erklärte die Klägerin den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Die Beklagte wies den Widerruf als verfristet zurück.

Mit der Klage hat die Klägerin (1.) die Zahlung von 22.607,43 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen (hilfsweise: nach) Herausgabe des finanzierten Fahrzeugs und (2.) die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde, begehrt. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Senat im Hinblick auf den Zahlungsantrag zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren insoweit weiter.

Entscheidungsgründe: 6 Die Revision ist unbegründet.

I. 7 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: 8 Die Klägerin habe ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen. Der Widerruf sei verfristet, weil sich die Beklagte im Hinblick auf die der Klägerin erteilte Widerrufsinformation auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB berufen könne und im Übrigen die ihr zur Verfügung gestellte Vertragsurkunde alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB enthalten habe. Dies gelte insbesondere für die Angaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, zum Verzugszinssatz und zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung des Vertrags.

II. 9 Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. 10 Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein wirksamer Widerruf des streitgegenständlichen, gemäß § 358 Abs. 3 BGB unter anderem mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen (Allgemein-)Verbraucherdarlehensvertrags nicht verneint werden. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor die Klägerin die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 (in der hier maßgeblichen, vom 11. Juni 2010 bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB resultierende Verpflichtung, über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung zu unterrichten, ordnungsgemäß erfüllt hat.

Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung entschieden und im Einzelnen begründet hat, erfordert zwar die Information über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nach den Maßstäben des nationalen Rechts nicht die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (vgl. Senatsurteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 52 mwN). Im Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46) genügt dies aber den Anforderungen des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB nicht, sondern verlangt die Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes (vgl. Senatsurteil vom 12. April 2022 - XI ZR 179/21, WM 2022, 979 Rn. 11 f.). Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.

III.

Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO).

Der von der Klägerin mit der Revision verfolgte Klageanspruch aus § 358 Abs. 4 Satz 1 BGB in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB auf Rückgewähr der von ihr an die Beklagte geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen ist jedenfalls derzeit unbegründet. Insoweit steht der Beklagten - was sie mit der Klageerwiderung geltend gemacht hat - nach § 358 Abs. 4 Satz 1 aF i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber der vorleistungspflichtigen Klägerin ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder die Klägerin den Nachweis erbracht hat, dass sie das Fahrzeug abgesandt hat. Dass die Beklagte angeboten hätte, das Fahrzeug bei der Klägerin abzuholen (§ 357 Abs. 4 Satz 2 BGB), ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit die Revision meint, die Beklagte könne sich auf das Leistungsverweigerungsrecht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht stützen, weil sie den Rückgewähranspruch der Klägerin bereits dem Grunde nach in Abrede stelle, trifft dies nicht zu. Für die Klägerin besteht in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, Zahlung "nach" Herausgabe des Fahrzeugs zu verlangen, was sie allerdings in ihrem Zahlungsantrag (lediglich) hilfsweise berücksichtigt hat. Des Weiteren setzt dies voraus, dass die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Verzug der Annahme ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 Rn. 29). Das ist hier nicht der Fall. Zwischen den Parteien steht aufgrund der rechtskräftigen Abweisung des Antrags der Klägerin auf Feststellung des Annahmeverzugs fest, dass sich die Beklagte nicht in Annahmeverzug befunden hat (§ 322 Abs. 1 ZPO).

Vorsorglich weist der Senat für ein etwaiges Folgeverfahren darauf hin, dass aus der Abweisung des Rückgewähranspruchs als derzeit unbegründet lediglich in Rechtskraft erwächst, dass die Klägerin gegen die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen zur Zahlung fälligen Anspruch hatte, nicht dagegen, dass die Beklagte einem solchen Anspruch nicht weitere Einreden und Einwendungen entgegenhalten kann (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2021 - XI ZR 193/20, BKR 2021, 371 Rn. 18 mwN).

IV.

Der Antrag der Klägerin auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg vom 8. Januar 2021 (2 O 160/20, 2 O 320/20, juris) und vom 19. März 2021 (2 O 282/19, 2 O 384/19, 2 O 474/20, 2 O 480/20, juris)

hat keinen Erfolg, weil sich die dort aufgeworfenen Fragen vorliegend nicht stellen oder - im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Käufers und Darlehensnehmers und eine diesbezügliche Vorlagepflicht - vom Senat bereits beantwortet worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2021 - XI ZR 608/20, WM 2021, 2248 Rn. 19 f.).

Ellenberger Menges Grüneberg Derstadt Matthias Vorinstanzen: LG München I, Entscheidung vom 16.04.2020 - 27 O 15073/19 OLG München, Entscheidung vom 22.07.2021 - 19 U 3022/20 -

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