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5 StR 173/14

BUNDESGERICHTSHOF StR 173/14 BESCHLUSS vom 20. Mai 2014 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Mai 2014 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Oktober 2013 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

soweit der Angeklagte im Fall 3 der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes und im Fall 4 wegen versuchten sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt worden ist,

in den Aussprüchen über die Gesamtstrafe und über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „sexuellen Missbrauchs“ in fünf Fällen, „davon einmal im Versuch begangen“, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen sowie wegen Sichverschaffens kinderpornografischer Schriften in vier Fällen – unter Freispruch im Übrigen – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge und Verfahrensrügen gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Nach den Feststellungen missbrauchte der nicht vorbestrafte Angeklagte die im Tatzeitraum (Oktober 2009 bis November 2010) acht- bis neunjährige Nebenklägerin V.

T. im Rahmen des von ihm erteilten Nachhilfeunterrichts in vier Fällen, indem er V.

jeweils an die unbedeckte Scheide fasste oder dies versuchte (Tat 4). In einem Fall (Tat 3) leckte er zusätzlich an ihrer Scheide. Darüber hinaus missbrauchte er im August 2010 die damals neun Jahre alte Nebenklägerin H. J.

, die sich zur Ferienbetreuung bei ihm befand, indem er ihr ebenfalls an die unbedeckte Scheide fasste. Bei drei weiteren Gelegenheiten schlug er Kinder, die er betreute, in das Gesicht. An vier verschiedenen Tagen der Jahre 2009 und 2010 speicherte er auf seinem Laptop kinderpornografische Fotos von Mädchen.

Die sachverständig beratene Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten „bei der Begehung der festgestellten Taten“ aufgrund seiner narzisstisch-histrionischen Persönlichkeitsstörung und seiner Pädophilie mit Orientierung auf vorpubertäre Mädchen erheblich vermindert war.

2. Der Schuldspruch in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Feststellungen des Landgerichts entbehren insoweit hinreichender Grundlage.

Ihre Überzeugung von den Taten zum Nachteil der Nebenklägerin V. T. hat sich die Strafkammer im Wesentlichen aufgrund der Aussagen der Nebenklägerin gebildet, die für sich genommen nach der von der Strafkammer für nachvollziehbar gehaltenen Beurteilung des hinzugezogenen aussagepsychologischen Gutachters „nicht den Anforderungen an einen erlebnisfundierten Bericht“ genügen (UA S. 26), die jedoch von Tagebuchaufzeichnungen des Angeklagten maßgeblich gestützt werden. Aus diesen geht hervor, dass der Angeklagte zu der Nebenklägerin eine stark erotisch besetzte Beziehung pflegte, in deren Rahmen er das Kind wiederholt an der unbedeckten Scheide berührte. Auch ein Oralverkehr an der Nebenklägerin ist beschrieben.

Dem Urteil ist allerdings nicht zu entnehmen, worauf das Landgericht die konkreten Feststellungen zu den Taten 3 und 4 gestützt hat. Zu Tat 3 ist ein Lecken an der Scheide des Kindes im Haus des Angeklagten festgestellt. Die inkonstant aussagende Nebenklägerin hat in der Hauptverhandlung zwar einen derartigen sexuellen Übergriff berichtet, der sich jedoch in ihrem Zimmer auf ihrem Bett abgespielt haben soll. Mögliche weitere Aussagen der Nebenklägerin zu einem Oralverkehr sind nicht wiedergegeben. Der Angeklagte schildert in seinem Tagebuch sehr detailliert einen Oralverkehr an der Nebenklägerin, der sich indes in Gegenwart eines anderen Kindes „C.

“ ereignet haben soll.

Keine der wiedergegebenen Darstellungen stimmt mit den Feststellungen zu Tat 3 überein.

Nach den Feststellungen zu Tat 4 hat sich die Nebenklägerin den Berührungen durch den Angeklagten widersetzt und ihm gedroht, „das“ zu sagen. In der Hauptverhandlung hat sie einen Übergriff geschildert, der in seinem Ablauf diesen Feststellungen ähnelt; jedoch wird die konkret festgestellte Tatsituation (Nebenklägerin lag bei Bearbeitung eines Übungsblattes bäuchlings auf dem Boden des Arbeitszimmers des Angeklagten) nicht berichtet. In der Exploration durch den Sachverständigen hat die Nebenklägerin Gegenwehrversuche und Äußerungen, die zur Beendigung der inkriminierten Handlung führten, stets verneint. Aus den mitgeteilten Tagebuchaufzeichnungen des Angeklagten ist ein solches Geschehen ebenfalls nicht ersichtlich. Auch in diesem Fall hätte es deshalb näherer Darstellung bedurft, auf welcher Grundlage die Strafkammer sich ihre Überzeugung von dem konkret festgestellten Tatablauf im Fall 4 gebildet hat.

3. Der durch die Aufhebung der Schuldsprüche bedingte Wegfall der Einsatzstrafe (zwei Jahre Freiheitsstrafe für die Tat 3) und einer weiteren Einzelstrafe (neun Monate Freiheitsstrafe für die Tat 4) zieht die Aufhebung der Aussprüche über die Gesamtstrafe und über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach sich.

4. Die Unterbringung des Angeklagten nach § 63 StGB hätte ohnehin keinen Bestand haben können, weil der Angeklagte – wie er mit einer zulässigen Rüge der Verletzung der Hinweispflicht des Gerichtes (§ 265 Abs. 1 und 2 StPO) geltend macht – in der Hauptverhandlung nicht ordnungsgemäß auf die Möglichkeit einer Unterbringung nach § 63 StGB hingewiesen worden ist. Die Beobachtung dieser Förmlichkeit kann nur durch die Sitzungsniederschrift bewiesen werden (§ 274 StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 11. November 1993 – 4 StR 584/93, BGHR StPO § 265 Abs. 2 Hinweispflicht 6; Urteil vom 27. Mai 1952 – 1 StR 160/52, BGHSt 2, 371), so dass die abgegebenen dienstlichen Erklärungen ohne Bedeutung sind (vgl. auch BGH, Urteil vom 15. November 1968 – 4 StR 190/68, BGHSt 22, 278, 280). Eine Protokollberichtigung ist nicht erfolgt.

5. Das neue Tatgericht wird bei seiner Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus zu berücksichtigen haben, dass es dem Angeklagten, soweit aus den Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen ersichtlich, bislang gelungen ist, trotz einiger Schwierigkeiten und biografischer Brüche ein sozial angepasstes Leben zu führen.

Sander König Schneider Berger Dölp

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