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V ZB 120/12

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 120/12 BESCHLUSS vom 8. November 2012 in der Zurückschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Flensburg vom 6. Juni 2012 und der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 20. Juni 2012 ihn in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I. 1 Der Betroffene ist tunesischer Staatsangehöriger. Er wurde nach unerlaubter Einreise und ohne gültige Ausweispapiere am 5. Juni 2012 von der Bundespolizei am Bahnhof Flensburg festgenommen. Eine Eurodac-Anfrage ergab, dass er im September 2011 und im März 2012 in der Schweiz sowie im Mai 2012 in Österreich Asylanträge gestellt hatte.

Auf ein Schreiben der beteiligten Behörde vom 6. Juni 2012 hat das Amtsgericht nach Anhörung des Betroffenen an demselben Tag Sicherungshaft bis einschließlich 18. Juli 2012 angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht - ebenfalls nach Anhörung des Betroffenen - mit Beschluss vom 20. Juni 2012 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde, mit welcher der Betroffene nach dem Ablauf der angeordneten Haftdauer die Feststellung erreichen will, dass die Beschlüsse des Amtsund des Landgerichts ihn in seinen Rechten verletzt haben.

II.

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts war die Haftanordnung rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Zurückschiebung des Betroffenen seien erfüllt gewesen. Auch die formellen Antragsvoraussetzungen nach § 417 FamFG hätten vorgelegen. Die Aushändigung einer schriftlichen Übersetzung des Haftantrags sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt gehandelt habe, zu welchem der Betroffene aufgrund der mündlichen Übersetzung der ihm ausgehändigten Ausfertigung habe Stellung nehmen können. Die Regelungen in § 62 Abs. 3 Satz 3 und 4 FamFG hätten der Haftordnung ebenso wenig entgegengestanden wie die Stellung eines weiteren Asylantrags. Anhaltspunkte für eine Minderjährigkeit des Betroffenen habe es nicht gegeben.

III.

Die nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (siehe nur Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151 Rn. 9) und auch sonst zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Betroffene ist durch die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung in seinen Rechten verletzt worden.

1. Die Haft hätte jedenfalls schon deshalb nicht angeordnet werden dürfen, weil der Haftantrag entgegen § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 FamFG keine ausreichenden Angaben zu der Durchführbarkeit der Zurückschiebung und zu der Erforderlichkeit der beantragten Haftdauer enthält. Anzugeben ist, ob und innerhalb welchen Zeitraums Abschiebungen bzw. Zurückschiebungen in das betreffende Land üblicherweise möglich sind. Erforderlich sind konkrete Angaben zum Ablauf des Verfahrens und eine Darstellung, in welchem Zeitraum die einzelnen Schritte unter normalen Bedingungen durchlaufen werden können. Diese Angaben waren hier nicht deshalb entbehrlich, weil bei Rückübernahmen nach der Dublin II-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003, Abl. L 50/1 vom 25. Februar 2003) grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Zurückschiebung in einen Mitgliedstaat innerhalb von drei Monaten seit der Haftanordnung wird erfolgen können. Denn das gilt nur, wenn festgestellt ist, dass der Mitgliedstaat zur Rückübernahme verpflichtet ist (Senat, Beschluss vom 31. März 2012 - V ZB 167/11, NJW 2012, 2448 Rn. 10 mwN). Angaben zu der Rückübernahmeverpflichtung Österreichs oder der Schweiz nach der Dublin II-Verordnung enthält der Haftantrag jedoch nicht. Konnte die Behörde - wie hier - unmittelbar nach der Verhaftung des Betroffenen noch keine solchen Angaben machen, hätte sie sich darauf beschränken müssen, eine vorläufige Freiheitsentziehung gemäß § 427 FamFG zu beantragen. 6 2. Dieser Mangel ist in der Beschwerdeinstanz nicht - für die Zukunft geheilt worden. Die beteiligte Behörde konnte noch nicht einmal angeben, in welchen Staat (Schweiz, Österreich oder vielleicht Italien) der Betroffene zurückzuschieben war. 7 3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

IV. 8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO in Verbindung mit § 30 Abs. 2 KostO.

Stresemann Czub Lemke Kazele Schmidt-Räntsch Vorinstanzen: AG Flensburg, Entscheidung vom 06.06.2012 - 48 XIV 3558 B LG Flensburg, Entscheidung vom 20.06.2012 - 5 T 151/12 -

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