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3 StR 500/21

BUNDESGERICHTSHOF StR 500/21 BESCHLUSS vom 9. August 2022 in der Strafsache gegen

1.

2. 3.

wegen zu 1.:

mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a.

zu 2. und 3.: Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a.

ECLI:DE:BGH:2022:090822B3STR500.21.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 9. August 2022 gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 24. Februar 2021 werden verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1 Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten A.

wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und mit Terrorismusfinanzierung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten S.

wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und den Angeklagten O. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, mit Terrorismusfinanzierung sowie mit Anstiftung zu drei Fällen des Betruges zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Wochen verurteilt. Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung materiellen, zum Teil auch formellen Rechts. Die Rechtsmittel sind unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Erörterung bedarf allein, dass das Oberlandesgericht zutreffend angenommen hat, die Angeklagten A.

und O. hätten sich jeweils wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tateinheit mit Terrorismusfinanzierung - neben weiteren Delikten - strafbar gemacht.

1. Nach den insoweit maßgeblichen Feststellungen händigte der Angeklagte A.

im Juli 2015 einem Ausreisewilligen, der sich nach Syrien begeben und dort für den "Islamischen Staat" (IS) kämpfen wollte, zur Finanzierung der Ausreise 500 € aus. Zudem bestärkte er dessen Pläne und sagte zu, Kontaktpersonen im türkisch-syrischen Grenzgebiet und beim IS zu benennen sowie der Vereinigung gegenüber als Bürge einzutreten. Für konkrete Unterstützung bei der organisatorischen Abwicklung der Ausreise verwies er unter anderem auf den Angeklagten O. . Dementsprechend gab der Angeklagte O. dem Betreffenden nähere Ratschläge und kaufte diesem betrügerisch erlangte Elektronikgeräte gegen eine über den üblichen Hehlerpreisen liegende Bezahlung ab,

um die Ausreise zu fördern. Der Kampfeswillige begab sich zur Weiterreise in die Türkei mit dem festen Entschluss, in Syrien für den IS eine Ausbildung zu durchlaufen und zu kämpfen. Da ihn allerdings sein Vater in der Türkei noch umstimmen konnte, ließ er von seinem Vorhaben ab.

4

2. Die Angeklagten A.

und O. haben jeweils die Tatbestände der Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 1, 2a und 2 Nr. 1, § 27 StGB und der Terrorismusfinanzierung gemäß § 89c Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 StGB verwirklicht, indem sie zum einen den Interessierten auf unterschiedliche Weise in seinen Ausreiseplänen bestärkten und etwa durch Ratschläge unterstützten, zum anderen ihm Geld zur Verfügung stellten. Dabei übergab der Angeklagte O. bewusst Beträge, die den Wert der ihm im Gegenzug überlassenen Gegenstände überstiegen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2021 - 3 StR 302/20, BGHSt 66, 125 Rn. 11 ff.). Der Geldempfänger reiste sodann tatsächlich aus Deutschland aus (vgl. zur Ausreise BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 7).

Zwischen diesen beiden Tatbeständen liegt hier Tateinheit im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB vor. Sie treten weder hinter eine - zugleich gegebene - Strafbarkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland beziehungsweise Unterstützung einer solchen nach § 129a Abs. 1, 5 Satz 1 Alternative 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 2016 - 3 StR 466/15, BGHR StGB § 89a Konkurrenzen 1 Rn. 3 f.), noch verdrängt eines der beiden Delikte das andere (s. BGH, Beschlüsse vom 13. Juni 2019 - StB 13/19, juris Rn. 35 ff.; vom 8. August 2019 - StB 19/19, juris Rn. 29; ebenso Matt/Renzikowski/Henrichs, StGB, 2. Aufl., § 89c Rn. 19; vgl. auch Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 89c Rn. 17; Herzog/El-Ghazi, Geldwäschegesetz, 4. Aufl., § 89c StGB Rn. 58).

Ob Tateinheit oder Gesetzeseinheit gegeben ist, ist durch wertende Auslegung der in Betracht kommenden Strafnormen zu ermitteln. Von maßgeblicher Bedeutung für die Abgrenzung sind die Rechtsgüter, gegen die sich der Angriff des Täters richtet, und die Straftatbestände, die zu ihrem Schutz normiert sind. Kennzeichen der Gesetzeseinheit ist es, dass die Verletzung des durch den einen Tatbestand geschützten Rechtsguts eine - wenngleich nicht notwendige, so doch regelmäßige - Erscheinungsform der Verwirklichung des anderen Tatbestands ist (BGH, Beschluss vom 29. April 2020 - 3 StR 532/19, NStZ-RR 2020, 243 f. mwN).

Zwar schützen §§ 89a und 89c StGB weitgehend dasselbe - im Einzelnen umstrittene - Rechtsgut (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2020 - 3 StR 31/20, BGHSt 65, 176 Rn. 33 f.; LK/Engelstätter, StGB, 13. Aufl., § 89c Rn. 45). Zudem ist in der Gesetzesbegründung zu § 89c StGB die Auffassung geäußert worden,

Taten nach § 89c StGB träten als mitbestrafte Vortaten im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die durchgeführte Tat in jedem Stadium und in jeder Beteiligungsform zurück (s. BT-Drucks. 18/4087 S. 11; daran anschließend LK/Engelstätter, StGB, 13. Aufl., § 89c Rn. 112; SK-StGB/Zöller, 9. Aufl., § 89c Rn. 24). Danach wäre zu erwägen, ob die Terrorismusfinanzierung subsidiär zu der Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ist; denn bei der finanzierten Straftat handelt es sich gerade um die unternommene Ausreise, zu der Hilfe geleistet wurde.

Allerdings haben die genannten Überlegungen im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden. Sie erscheinen in systematischer Hinsicht insofern nicht überzeugend, als es bei der Terrorismusfinanzierung nach § 89c StGB - anders als etwa bei der Beihilfe (§ 27 StGB) oder dem in der Gesetzesbegründung angeführten Versuch der Beteiligung (§ 30 StGB) - um einen eigenen Straftatbestand geht. Auch gegenüber § 89a StGB handelt es sich um eine eigenständige Normierung (s. BT-Drucks. 18/4087 S. 7, 11), die verschiedene Verhaltensweisen und Angriffsrichtungen erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2020 - 3 StR 31/20, BGHSt 65, 176 Rn. 34). Zudem übersteigt ihr Strafrahmen und mithin der durch das Gesetz abstrakt vorgegebene Unrechtsgehalt denjenigen der Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Bei einer strikten Subsidiarität der Terrorismusfinanzierung drohte also beispielsweise demjenigen eine höhere Strafe, der ausschließlich Vermögenswerte für eine künftige Ausreise zur Verfügung stellt, gegenüber demjenigen, der zusätzlich noch zu einer tatsächlich verwirklichten Ausreise Hilfe leistet. Ein solches ersichtlich sachwidriges Ergebnis spricht ebenfalls für parallele Anwendungsbereiche.

Daher liegt ebenso wenig nahe, dass umgekehrt die Terrorismusfinanzierung der (Beihilfe zur) Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat stets vorgeht. Insbesondere würde der Unwert nicht berücksichtigt, der darin besteht, dass zu der bloßen Finanzierung eine anderweitige Vorbereitungshandlung hinzutritt. Im Falle der wirtschaftlichen Erleichterung einer Ausreise erfordert überdies der Tatbestand des § 89c StGB lediglich, dass der Vermögenswert zu einer solchen verwendet werden soll; einer tatsächlichen Ausreise bedarf es nicht. Diese muss dagegen zur Verwirklichung des § 89a Abs. 2a StGB (oder einer Beteiligung daran) unternommen werden. Um das demnach unterschiedlich konturierte Unrecht ahnden zu können, ist ein genereller Vorrang eines der beiden Delikte abzulehnen und in der gegebenen Konstellation ein Schuldspruch wegen der zwei Straftatbestände in Tateinheit möglich.

Schäfer Berg Anstötz Erbguth Voigt Vorinstanz: Oberlandesgericht Celle, 24.02.2021 - 4 StE 1/17

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