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3 StR 32/23

BUNDESGERICHTSHOF StR 32/23 BESCHLUSS vom 31. Mai 2023 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a.

ECLI:DE:BGH:2023:310523B3STR32.23.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 31. Mai 2023 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2022 aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt worden ist, mit den zugehörigen Feststellungen; jedoch werden die zugehörigen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten; b) in den Aussprüchen über aa) die Gesamtfreiheitsstrafe und bb) die Dauer des Vorwegvollzuges eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt; jedoch werden die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier Fälle des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass drei Jahre der erkannten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollstrecken sind. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen schnitt der alkoholisierte Angeklagte nachts in einer Wohnung mit einem Messer einem anderen über die rechte Halsseite, um diesen zu verletzen. Anschließend stach er einer sich dort ebenfalls aufhaltenden Frau mit dem Messer in die Brust. Der Verletzten gelang es, das Gebäude zu verlassen, bevor sie kurz danach bewusstlos zusammenbrach. Deren auf einem Bett in der Wohnung liegenden Lebensgefährten fügte der Angeklagte schließlich zwei tiefe Stichverletzungen in den Brustkorb zu. Der Angegangene begab sich in das Bad und brach dort zusammen. Als der Angeklagte auf die beiden zuletzt Angegriffenen einstach, wollte er diese jeweils töten.

2. Die Verfahrensrüge, mit der die Revision die Verwertung mittels eines körpernah getragenen Aufnahmegeräts („Bodycam“) erstellter Bild- und Tonaufzeichnungen beanstandet und einen Verstoß gegen § 261 StPO geltend macht, bleibt ohne Erfolg.

Das Revisionsvorbringen genügt insofern nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, als die tatsächlichen Grundlagen für den Polizeieinsatz, etwa der Inhalt von Notrufen, nicht vollständig mitgeteilt wird und dem Senat daher eine abschließende Bewertung versagt ist, wie sich die Gefahrenlage im Zeitpunkt der Datenerhebung darstellte. Soweit das Grundrecht des Art. 13 GG herangezogen wird, fehlt zudem Vorbringen dazu, wer Wohnungsinhaber war. Zu einer etwaigen Einwilligung des aufgezeichneten Zeugen verhält sich die Revision ebenfalls nicht, obschon dazu mit Blick auf die wiedergegebene Verschriftung seiner Angaben Anlass bestand.

Soweit sich die Sachlage dem Revisionsvorbringen entnehmen lässt, ergibt sich angesichts der konkreten Umstände im Übrigen nicht, dass die Voraussetzungen für eine Datenerhebung nach § 15c PolG NRW (vgl. dazu auch VVPolG NRW) nicht vorlagen und „die Maßnahme ganz offensichtlich nur unter dem Deckmantel angeblicher Eigensicherung durchgeführt wurde“.

3. Die Sachrüge ist hinsichtlich der Verurteilung wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen begründet, weil die Strafkammer einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch nicht in den Blick genommen hat.

a) In Anbetracht der Urteilsfeststellungen hätte das Landgericht prüfen und erörtern müssen, ob ein strafbefreiender Rücktritt von den versuchten Taten gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB anzunehmen gewesen ist; denn sie belegen weder, dass die beiden Versuche fehlgeschlagen waren, noch schließen sie insbesondere aus, dass der Angeklagte freiwillig vom jeweils unbeendeten Versuch des Totschlags zurücktrat.

aa) Für die Frage, ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch vorliegt, kommt es - ebenso wie für die Annahme eines Fehlschlags - maßgebend darauf an, welche Vorstellung der Täter nach seiner letzten Ausführungshandlung von der Tat hat. Danach liegt ein unbeendeter Versuch vor, wenn er aus seiner Sicht noch nicht alles getan hat, was zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich ist; in diesem Fall kann er allein durch das freiwillige Unterlassen weiterer auf den Taterfolg abzielender Handlungen strafbefreiend vom Versuch zurücktreten (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 StGB). Hält er dagegen den Eintritt des Taterfolgs weiterhin für möglich, so ist der Versuch beendet; der strafbefreiende Rücktritt setzt dann voraus, dass der Täter den Taterfolg freiwillig durch aktives Tun verhindert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB) oder zumindest entsprechende ernsthafte Bemühungen entfaltet, wenn der Erfolg ohne sein Zutun ausbleibt (BGH, Beschluss vom 21. August 2018 - 3 StR 205/18, NStZ 2018, 718 Rn. 13 mwN).

bb) Hieran gemessen belegen die Urteilsgründe keine beendeten - oder gar fehlgeschlagenen - Versuche. Es fehlen jegliche Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach den jeweils letzten Ausführungshandlungen. Dieses ergibt sich nach den konkret gegebenen Umständen auch nicht ausnahmsweise von selbst. Vor dem Hintergrund, dass die beiden Verletzten den unmittelbaren Tatort noch selbst verlassen konnten, erst danach zusammenbrachen und der Angeklagte dies möglicherweise nicht bemerkte, hätte der maßgebliche Rücktrittshorizont hier näherer Erörterung bedurft (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 23. Juni 2020 - 5 StR 601/19, NStZ-RR 2020, 272). Obschon ein beendeter Versuch bereits anzunehmen ist, wenn sich ein Täter nach der letzten Ausführungshandlung - namentlich nach besonders gefährlichen Gewalthandlungen, die zu schweren Verletzungen geführt haben - keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht (s. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2010 - 2 StR

536/10, NStZ 2011, 209), lassen sich diese Voraussetzungen nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen, die sich nicht zu inneren Umständen des Angeklagten nach den Tathandlungen verhalten.

b) Die danach erforderliche Aufhebung der Schuldsprüche wegen versuchten Totschlags erstreckt sich auf die jeweils tateinheitliche, für sich genommen nicht zu beanstandende Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Zudem zieht der darauf beruhende Wegfall der beiden für die Taten festgesetzten Einzelstrafen die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Da der Rechtsfehler die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen nicht im Sinne des § 353 Abs. 2 StPO betrifft, können diese aufrechterhalten werden. Ergänzende Feststellungen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen, bleiben möglich.

c) In Bezug auf den Schuldspruch allein wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des zuerst Geschädigten hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

d) Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt kann bestehen bleiben, weil die von der Aufhebung unberührte Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung die Anordnung bereits für sich genommen trägt. Allerdings ist der Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzuges (§ 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB) die Grundlage entzogen. Diese ist mithin aufzuheben (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - 3 StR 154/22, juris Rn. 22 mwN).

Schäfer Berg Hohoff Anstötz Voigt Vorinstanz: Landgericht Düsseldorf, 24.10.2022 - 1 Ks 6/22 - 10 Js 217/22

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