Paragraphen in 14 W (pat) 4/19
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/19
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2007 056 249.9 …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. August 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw sowie der Richter Schell, Dipl.-Chem. Dr. Wismeth und Dipl.-Chem. Dr. Freudenreich ECLI:DE:BPatG:2019:050819B14Wpat4.19.0 beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Mai 2015 wird aufgehoben.
2. Das Patent 10 2007 056 249 wird erteilt. Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 28 gemäß Hauptantrag vom 24. Juli 2019 sowie die Beschreibungsseiten 1 bis 31 vom 22. Januar 2008.
Gründe I.
Mit Beschluss vom 12. Mai 2015 hat die Prüfungsstelle für Klasse C 10 M des Deutschen Patent- und Markenamts die deutsche Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Titan-enthaltende Schmierölzusammensetzung“
und dem Aktenzeichen 10 2007 056 249.9 zurückgewiesen. Der Zurückweisung zugrunde lagen die mit Schriftsatz vom 9. Mai 2012 von der Anmelderin vorgelegten jeweiligen Patentansprüche 1 bis 28 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 und 2 sowie die in der Anhörung vom 29. Januar 2015 vorgelegten jeweiligen Patentansprüche 1 bis 28 nach Hilfsanträgen 3 und 4.
Die Prüfungsstelle hat zum Stand der Technik folgende Druckschriften ermittelt:
(D1) (D2) (D3) (D4)
DE 10 2007 043 564 A1 (ältere Anmeldung) EP 1 702 973 A1 US 5 792 729 A US 4 152 499 A Die Prüfungsstelle hat die Zurückweisung im Wesentlichen damit begründet, dass die jeweiligen Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 und 2 nicht zulässig seien, da der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag einen nicht offenbarten Disclaimer enthalte und die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hilfsanträgen 1 und 2 nicht ursprungsoffenbarte Merkmale aufwiesen. Die Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 3 und 4 beruhten gegenüber der Druckschrift D2 in Verbindung mit den Druckschriften D3 und D4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Druckschrift D2 offenbare Schmiermittelzusammensetzungen, welche kohlenwasserstofflösliche Titanverbindungen enthielten, die den anmeldungsgemäßen Titanverbindungen entsprächen. Als einzusetzende Dispergiermittel seien Polyalkylensuccinimid-Dispergiermittel gelehrt, wie sie expressis verbis unter anderem in der Druckschrift D3 beschrieben seien. Dort seien diesbezüglich SuccinimidDispergiermittel aus hochreaktiven Vinylidenpolyalkylen beschrieben, insbesondere Polyisobuten, wie sie beispielsweise in der Druckschrift D4 angeführt würden, deren Offenbarungsgehalt vollständig in Druckschrift D3 einbezogen sei, wobei gemäß der D4 der Gehalt an reaktiven Doppelbindungen im Polyisobutylenrest im Bereich von 50-62 % liegen könne.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2019 hat sie hierzu einen neuen Hauptantrag eingereicht.
-4Die unabhängigen Patentansprüche 1, 18, 19 und 26 nach Hauptantrag lauten:
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Mai 2015 aufzuheben und das Patent im Umfang des Hauptantrags vom 24. Juli 2019 zu erteilen,
hilfsweise das Patent in dem Umfang zu erteilen, dass es die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 6 erhält.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere des Wortlauts der Hilfsanträge 1 bis 6, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde hat in dem im Tenor aufgeführten Umfang Erfolg.
2. Die Erfindung betrifft Schmierölzusammensetzungen mit Titan-enthaltenden Verbindungen für verbesserte Schmierleistungseigenschaften (ursprüngliche Beschreibung (UB): [0001]). Gemäß Beschreibungseinleitung weist eine Schmierölzusammensetzung für Verbrennungsmotoren üblicherweise eine Ölgrundlage und verschiedene Additive zur Verbesserung der Leistungscharakteristika des Öls auf (UB: [0003]). So werden im Stand der Technik öllösliche Molybdänverbindungen als Reibungsmodifizierungsmittel zugesetzt, die der Verbesserung der Grenzflächenreibungscharakteristika – wie einem verringerten Reibungskoeffizienten des Öls oder einer verbesserten Antiverschleißeigenschaft – und damit einhergehend einer gesteigerte Kraftstoffwirtschaftlichkeit dienen. Diese Molybdänverbindungen seien jedoch im Vergleich zu herkömmlichen metallfreien (= aschefreien – d.h. die Verbrennung erfolgt nahezu rückstandsfrei) organischen Reibungsmodifizierungsmitteln kostenintensiv (UB: [0004]).
Die Anmeldung führt hierzu aus, es bestehe ausgehend hiervon ein Bedarf an kosteneffektiven Schmiermittelzusammensetzungen, die ohne die Gegenwart von auf Molybdän basierenden Reibungsmodifizierungsmittels vergleichbare Leistungen erbringen (UB: [0005]).
3. Diese Aufgabe wird gelöst mit einer Schmierölzusammensetzung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und deren Verwendung gemäß den unabhängigen Patentansprüchen 18 und 19 sowie einer Schmiermittelzusammensetzung gemäß unabhängigem Patentanspruch 26.
Der Patentanspruch 1 lautet nach Merkmalen gegliedert wie folgt:
Vollständig formulierte Schmierölzusammensetzung, umfassend
[2] [eine Ölgrundlage mit Schmiermittelviskosität und]
[3] [als Schmiermitteladditive]
3.1 3.1.1 mindestens ein Succinimid-Dispergiermittel, abgeleitet von einer Polyalkylenverbindung mit mehr als 45 % Vinyliden-Doppelbindungen in der Verbindung,
3.2 ein metallhaltiges Detergenz,
3.3 mindestens ein Verschleißverringerungsmittel,
3.4 mindestens ein Antioxidationsmittel,
3.5 3.5.1 ein Reibungsmodifizierungsmittel, wobei das Reibungsmodifizierungsmittel eine kohlenwasserstofflösliche Titanverbindung ist,
wobei die Schmierölzusammensetzung 4.1 frei von Molybdänverbindungen ist, 4.2 0,7 Gew.-% Schwefel oder weniger enthält und 4.3 und bis [zu] 0,12 Gew.-% Phosphor oder weniger enthält.
Die nebengeordneten Verwendungsansprüche 18 und 19 lauten nach Merkmalen gegliedert:
V Verwendung einer Schmierölzusammensetzung gemäß den Merkmalsgruppen 1 bis 4 V.1 zur Verringerung von Motorschlamm eines internen Verbrennungsmotors oder V.2 zum Schmieren einer Oberfläche.
Der nebengeordnete Sachanspruch 26 lautet nach Merkmalen gegliedert:
S.1 Vollständig formulierte Schmiermittelzusammensetzung, umfassend S.2 eine Ölgrundlagenkomponente mit Schmiermittelviskosität und S.3 eine Menge eines Schlammverringerungsschmiermitteladditivs gemäß den Merkmalsgruppen 3 und 4,
3.5.2 wobei die kohlenwasserstofflösliche Titanverbindung 10 bis 500 ppm Titan in der Schmiermittelzusammensetzung bereitstellt.
4. Der zuständige Fachmann ist ein diplomierter Chemiker, welcher mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von Schmierstoffen für Maschinenteile besitzt.
5. Folgende Merkmale der Anspruchsfassung nach Hauptantrag bedürfen einer näheren Erläuterung.
5.1 Zunächst ist eine Erläuterung erforderlich, was die Anmeldung unter einer „hoch reaktiven“ Polyalkylenverbindung versteht, auch wenn dieser Begriff als solcher nicht in den Patentansprüchen vorkommt. Anmeldungsgemäße Polyalkylensuccinimid-Dispergiermittel entstehen z.B. aus der Reaktion eines Polyisobutens mit Maleinsäureanhydrid und einem Diamin (vgl. UB: [0028], Z. 9-11; [0029], insbesondere Z. 10, dort zitiert US 5 792 729 A (= D3), darin Sp. 9, Z. 4-7 mit Verweis auf US 4 152 499 (= D4), dort Sp. 3, Z. 51 bis Sp. 4, Z. 3). Bei der Herstellung des Polyisobutens (= Polyisobutylens, PIB) werden Isobuten-Monomere (H2C=C(CH3)2, = Isobutylen) polymerisiert. Damit das PIB mit Maleinsäureanhydrid reagieren kann, sind terminale, d.h. an einem Ende der Polymerkette befindliche, Doppelbindungen erforderlich. Diese Doppelbindungen können das Ergebnis der bei der Polymerisation vorkommenden Kettenabbruchsreaktion sein (D4: Sp. 1, Z. 19-22).
Die anmeldungsgemäße Reaktion entspricht insoweit den in Beispiel 1 der D4 genannten Reaktionsbedingungen mit BF3 (Bortrifluorid) als Katalysator (vgl. D4: Sp. 3, Z. 19-32). Für die in der D4 beschriebene Weiterreaktion mit Maleinsäureanhydrid sind Polymere mit terminalen Doppelbindungen besonders geeignet, die in der α-Position eine Doppelbindung haben – auch als Hofmann-Produkt bezeichnet (vgl. D4: Sp. 1, Z. 56-61). Hingegen sind solche mit Doppelbindungen in β-Position – auch als Zaitsev-Produkt bezeichnet – weniger reaktiv (vgl. D4: Sp. 1, Z. 22-26). Die Atomgruppierung C=CH2 des Hofmann-Produkts wird auch als Vinylidengruppe bezeichnet.
Auf diese Vinylidengruppe in einer Polyalkylenverbindung bezieht sich die in Merkmal 3.1.1 genannte Vinyliden-Doppelbindung, die als „hoch reaktiv“ bezeichnet wird (vgl. UB: [0028], Z. 5-8). Aus solchen Polyalkylenverbindungen – im obigen Beispiel Polyisobutenverbindungen –, die (terminale) Vinylidengruppen aufweisen, wird durch Umsetzung mit einem Anhydrid und einem Amin ein anmeldungsgemäßes Succinimid-Dispergiermittel hergestellt. Das fertige SuccinimidDispergiermittel weist dann jedoch keine (oder zumindest nahezu keine) Vinylidengruppen mehr auf, denn diese haben mit dem Anhydrid abreagiert. Insoweit handelt es sich bei dem Succinimid-Dispergiermittel mit Merkmal 3.1.1 um ein Product-by-Process.
Wenn gemäß Anmeldung in Abs. [0030] beschrieben wird, dass „das Dispergiermittel einen reaktiven PIB-Gehalt von mindestens etwa 45 % aufweist“ (UB: [0030], Z. 3-4) und „[e]in besonders geeignetes Dispergiermittel […] [einen] reaktive[n] PIB-Gehalt von etwa 50 bis etwa 60 %“ habe, ist dies dahingehend zu interpretieren, dass nicht das (fertige) Dispergiermittel, sondern die zu seiner Herstellung verwendete Verbindung PIB diese Gehalte an hochreaktiven Vinylidengruppen aufweisen soll, wie dies letztlich auch mit Merkmal 3.1.1 zum Ausdruck kommt.
5.2 Der Begriff „vollständig formuliert“ in Bezug auf die Schmierölzusammensetzung“ von Merkmal 1 wird in der Beschreibung nicht definiert. Im Gesamtzusammenhang ist darunter eine Schmierölzusammensetzung zu verstehen, welche eine Ölgrundlage und Schmiermitteladditive aufweist (vgl. UB: [0003], Z. 1-4; Patentanspruch 29 bzw. Merkmal S.1) und sich insoweit von der nicht mehr beanspruchten Ausführungsform eines Schmiermitteladditivkonzentrats bzw. einer Additivpackung abgrenzt (UB: [0007], [0066]). Es handelt sich sozusagen um eine „gebrauchsfertige“ Schmierölzusammensetzung.
Insoweit gibt der Hinweis „vollständig formuliert“ zwar nicht an, welche Additive die Zusammensetzung enthalten muss. Die Zusammensetzung umfasst aber mindestens eine Ölgrundlage mit Schmiermittelviskosität, was in der Merkmalsgliederung durch das in Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hinzugenommene Merkmal 2 zum Ausdruck gebracht wird, und ein Mindestmaß an erforderlichen Additiven (Merkmal 3), vorliegend diejenigen der Merkmale 3.1 bis 3.5.1, wobei diese zudem der Merkmalsgruppe 4 genügen müssen.
5.3 Der Begriff „Schmiermittelzusammensetzung“ von Merkmal S.1 ist identisch mit dem Begriff „Schmierölzusammensetzung“ von Merkmal 1. Dementsprechend sind die in Merkmal S.3 genannten Schlammverringerungsschmiermitteladditive nichts anderes als Schmiermitteladditive der Merkmale 3.1 bis 3.5.1, wie dies auch aus dem ursprünglichen Patentanspruch 29 hervorgeht: „[…] und eine Menge eines Schlammverringerungsschmiermitteladditivs, wobei das Schmiermitteladditiv mindestens […]“. Davon ausgehend wird daher in der Merkmalsgliederung von Patentanspruch 1 das Merkmal 3 („als Schmiermitteladditive“) ergänzt.
Das Merkmal 3.5.2 zum Gehalt der kohlenwasserstofflöslichen Titanverbindung in der Schmiermittelzusammensetzung ist daher systematisch der Merkmalsgruppe 3.5 zuzuordnen. Insoweit unterscheidet sich aber dann inhaltlich der nebengeordnete Patentanspruch 26 nicht vom Unteranspruch 5, welcher auf dieselbe Konzentration der Titanverbindung gerichtet ist.
6. Die Zulässigkeit der Patentansprüche nach Hauptantrag ist gegeben.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag geht zurück auf den ursprünglichen Patentanspruch 1, mit der Maßgabe, dass in den Merkmalen 3.1.1 und 4.1 unbestimmte Angaben gestrichen sind. Die gegenüber dem ursprünglichen Patentanspruch 1 in Merkmal 3.1.1 geänderte Angabe „mehr als 45 % VinylidenDoppelbindungen“ ist in den Absätzen [0028] und [0030] ursprungsoffenbart. Die Obergrenzen von 0,7 Gew.-% Schwefel und 0,12 Gew.-% Phosphor in der Schmierölzusammensetzung gemäß den Merkmalen 4.2 und 4.3 sind in Absatz [0017] der ursprünglichen Beschreibung offenbart.
Die Unteransprüche 2 bis 17 sind wortidentisch mit den ursprünglichen Unteransprüchen 2 bis 17, mit der Maßgabe, dass in den Unteransprüchen 5, 6, 12, 16 und 17 unbestimmte Angaben gestrichen sind. Die nebengeordneten Patentansprüche 18 und 19 gehen unter zulässigem Kategoriewechsel zurück auf die ursprünglichen nebengeordneten Patentansprüche 18 und 19. Die auf den neben- geordneten Patentanspruch 19 rückbezogenen Unteransprüche 20 bis 25 gehen in zulässiger Weise zurück auf die ursprünglichen Patentansprüche 20 bis 22 und – unter Kategoriewechsel – auf die Patentansprüche 25, 26 und 28. Der nebengeordnete Patentanspruch 26 entspricht dem ursprünglichen Patentanspruch 29 mit der Maßgabe, dass die Schmiermitteladditive nunmehr lediglich durch Bezugnahme auf die Patentansprüche 1 bis 17 benannt werden und die unbestimmte Angabe in Merkmal 3.5.2 gestrichen ist. Die Unteransprüche 27 und 28 sind wortidentisch mit den ursprünglichen Patentansprüchen 30 und – unter Streichung einer unbestimmten Angabe – 31.
7. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist neu (§ 3 PatG), da in keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften eine vollständig formulierte Schmierölzusammensetzung mit allen Merkmalen 1 bis 4.3 beschrieben ist.
Er beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG), da es dem Fachmann aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften oder einer Kombination dieser Druckschriften nahegelegt wird, eine vollständig formulierte Schmierölzusammensetzung bereitzustellen, die durch ein anmeldungsgemäßes Zusammenwirken eines von einer „hoch reaktiven“ Poylalkylenverbindung abgeleiteten (UB: [0028]-[0030] // Merkmale 3.1, 3.1.1) Succinimid-Dispergiermittels und einer (beliebigen) kohlenwasserstofflöslichen Titanverbindung (UB: [0016]-[0021] // Merkmale 3.5, 3.5.1) eine verringerte Schlammbildung erzielt (UB: [0007], Z. 1-3; [0010], Z. 9-12; [0011], Z. 1-3), wobei durch die Titanverbindung auf die im Vergleich dazu teureren Molybdänverbindungen verzichtet werden kann (UB: [0004], Z. 15-19 // Merkmale 4, 4.1).
Die Prüfungsstelle hat ihre gegenteilige Wertung zum einen auf die Druckschrift D1 zur Neuheit des Patentanspruchs 1 nach altem Hauptantrag gestützt, der mit Patentanspruch 1 des nun geltenden Hauptantrags insoweit übereinstimmt, dass die Merkmale 4.2 und 4.3 fehlen und Merkmal 3.1.1 auf 50 bis 85 %
Vinyliden-Doppelbindungen abstellt. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit hat sich die Prüfungsstelle auf die Druckschrift D2 in Verbindung mit den Druckschriften D3 und D4 gestützt.
7.1 Die Druckschrift D1 ist eine ältere Anmeldung gemäß § 3 Abs. 2 Ziff. 1 PatG und damit nachveröffentlicht. Sie stammt von demselben Anmelder und betrifft Schmierölzusammensetzungen mit verbesserten Korrosions- und Dichtungsschutzeigenschaften (D1: [0001] und Bezeichnung).
Dabei soll die Schmierölzusammensetzung wie üblich ein Basisöl mit Schmierviskosität und Additive zur Verbesserung der Leistungsmerkmale des Öls enthalten (D1: [0002] // Merkmale 1, 2, 3, S.1, S.2). Die üblichen Additive umfassen Metallenthaltende oder (synonym) Asche-bildende Detergentien (D1: [0050] // Merkmal 3.2), Metall-Dihydrocarbyldithiophosphat-Antiverschleißmittel (D1: [0053] // Merkmal 3.3) und Oxidationsinhibitoren (D1: [0058] // Merkmal 3.4).
Ein primärer Bestandteil der Schmiermittelzusammensetzung ist ein Gemisch von Dispergiermitteln, ausgewählt aus Dispergiermitteln, die sich von hochreaktiven Polyalkylen-Verbindungen ableiten, und borierten Dispergiermitteln, die sich von Polyalkylen-Verbindungen und hoch reaktiven Polyalkylen-Verbindungen ableiten (D1: [0010]). Als besonders geeignet wird dabei ein Polyalkylensuccinimid-Dispergiermittel genannt, das sich von einer Polyisobuten-(PIB)-Verbindung ableitet, wobei das Dispergiermittel einen reaktiven PIB-Gehalt (restliche Vinyliden-Doppelbindungen in der Verbindung // vgl. D1: [0013]) von mindestens etwa 45 % besitzt (D1: [0014] // Merkmale 3.1, 3.1.1). Dieser Bestandteil weist gegenüber herkömmlichen Succinimid-Dispergiermitteln eine wesentlich verbesserte Schlammverringerung auf (D1: [0009] // Merkmal V.1), wenn bewegliche Teile von Verbrennungsmotoren geschmiert werden (D1: [0002], Z. 1-3 i.V.m. [0005], Z. 1-2 // Merkmal V.2).
Darüber hinaus wird als geeigneter metallenthaltender Reibungsmodifizierer eine Kohlenwasserstoff-lösliche Titan-Verbindung in einer Menge von 10 ppm bis 1000 ppm, bevorzugt 50 ppm bis 500 ppm genannt (D1: [0032], [0036] // Merkmale 3.5, 3.5.1, 3.5.2), die auch in ihrer übrigen näheren Ausgestaltung (D1: [0032]-[0033]) mit derjenigen der Anmeldung zusammenfällt (UB: [0016]-[0020]).
Zwar können als andere oder weitere Reibungsmodifizierer auch kohlenwasserstofflösliche Zink- und Molybdänverbindungen verwendet werden (D1: [0029], [0037], [0038]). Jedoch soll gemäß Unteranspruch 7 die Zusammensetzung im Wesentlichen frei von Molybdän-Verbindungen sein (Merkmale 4, 4.1), ohne dass dies in der Beschreibung näher begründet wird.
Die D1 nennt zwar Schwefel-arme und Phosphor-arme Schmierölzusammensetzungen (D1: Patentanspruch 30), wobei der Phosphorgehalt von etwa 250 ppm bis etwa 500 ppm reichen soll (D1: Patentanspruch 31 // Merkmal 4.3). Der Schwefelgehalt wird jedoch nicht näher spezifiziert, so dass jedenfalls Merkmal 4.2 in der D1 weder expressis verbis genannt ist, noch daraus unmittelbar und eindeutig hervorgeht.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1, 18, 19 und 26 nach Hauptantrag sind mithin neu gegenüber der D1.
7.2 Die Druckschrift D2 beschreibt Schmierölzusammensetzungen enthaltend ein Basisöl mit Schmiermittelviskosität und eine kohlenwasserstofflösliche Metallverbindung in einer Menge, die der Zusammensetzung antioxidative Eigenschaften verleiht, wobei es sich bei dem Metall um Titan, Zirkonium oder Mangan handelt (D2: [0005] // Merkmale 1, 2, 3, 3.5.1, S.1, S.2). Bei der genannten Metallverbindung kann es sich um die in den Absätzen [0015], [0018] und [0019] bis [0021] genannten Verbindungen handeln, von denen Verbindungen auch unter die in der Anmeldung in den Absätzen [0016] bis [0020] genannten Verbindungen fallen. Konkret werden in den Beispielen der D2 Titanverbindungen aufgeführt (D2:
[0073], [0074], [0075], [0078]), von denen zumindest Titanneodecanoat (D2: [0073]) als Beispiel einer geeigneten Titanverbindung auch in der Anmeldung genannt ist (UB: [0022]).
Der Oxidationsinhibitor verhindert die Bildung von Oxidationsprodukten wie Schlamm und Lack-artigen Ablagerungen auf Metalloberflächen, die die Viskosität des Schmiermittels erhöhen (D2: [0030], Z. 19-20 // Merkmale V.1, V.2, S.3). Insoweit ist die in der D2 genannte Metallverbindung auch als Reibungsmodifizierungsmittel im Sinne von Merkmal 3.5 zu verstehen, abgesehen davon, dass die funktionelle Wirkungsangabe keinerlei Einschränkung des Merkmals 3.5 bedingt, was die Anmeldung auch selbst nicht beabsichtigt, wenn sie die anmeldungsgemäße Titanverbindung als Reibungsmodifizierungsmittel, Mittel für extreme Drücke und Antioxidationsmittel bezeichnet (UB: [0016]) und diese Wirkungsangaben in Schmierölzusammensetzungen auch nicht ausschließlich auf eine Stoffklasse bezogen verstehen will (vgl. auch UB: [0061]). Expressis verbis werden jedoch als Reibungsmodifizierungsmittel in der D2 (zudem) Organomolybdänverbindungen genannt, was durch das Ausführungsbeispiel 7 bestätigt wird (D2: [0079], Z. 12 der Tabelle 1).
Als weitere mögliche Reibungsmodifizierungsmittel nennt die D2 Glyceride (D2: [0059]). Nach Ansicht der Prüfungsstelle wird dadurch die Molybdänfreiheit der Schmiermittelzusammensetzung zumindest nahegelegt. Dieser Wertung schließt sich der Senat nicht an, zumal die Schmierölzusammensetzung der D2 – anders als mit Merkmal 4.1 gefordert – keineswegs zwingend frei von Molybdänverbindungen ist.
Wie bei derartigen Produkten üblich kann die Schmierölzusammensetzung der D2 weitere Additive enthalten. Dabei können metallhaltige Verbindungen als Detergenzien eingesetzt werden (D2: [0022] // Merkmal 3.2) und ein Verschleißverringerungsmittel zugesetzt werden (D2: S. 4, Z. 24, 40, 47; [0047] // Merkmal 3.3). Von dem abgesehen, dass die in der D2 im Mittelpunkt stehende Metallverbindung als Antioxidationsmittel bezeichnet wird, können weitere Antioxidationsmittel in der Zusammensetzung enthalten sein (D2: [0030] ff, insbesondere [0031], Z. 25-26; [0079], Z. 10 und 11 der Tabelle 1, // Merkmal 3.4).
Gemäß der D2 soll die kohlenwasserstofflösliche Metallverbindung im Wesentlichen frei an Phosphor- und Schwefelatomen sein (D2: [0006], Z. 36-37; Patentanspruch 2). Diese Forderung ist so zu verstehen, dass in der fertig formulierten Schmierölzusammensetzung weniger als 0,12 Gew.-% Phosphor (D2: [0016] // Merkmal 4.3) und weniger als 0,7 Gew.-% Schwefel (D2: [0017] // Merkmal 4.2) enthalten sein sollen.
Damit geht jedenfalls das Merkmal 3.1.1 zum Succinimid-Dispergiermittel aus der D2 jedoch weder unmittelbar oder mittelbar hervor.
Während der „Kern“ der Erfindung der D2 in den dort genannten (mehr oder weniger) speziellen Titan-, Mangan- oder Zirkoniumverbindungen liegt, werden Dispergiermittel lediglich in einem Absatz erwähnt (D2: [0029]). Darin werden Dispergiermittel verschiedener Klassen als geeignet genannt, nämlich Mannich-Dispergiermittel, Succinimid-Dispergiermittel, Amin-Dispergiermittel, Koch-Dispergiermittel und Polyalkylen-Succinimid-Dispergiermittel (Merkmal 3.1, Teilmerkmal 3.1.1), wobei jeweils auf verschiedene US-Patentschriften (insgesamt 13) verwiesen wird. Keine dieser Klassen oder Druckschriften wird als besonders geeignet hervorgehoben.
Die Prüfungsstelle hat in ihrem Zurückweisungsbeschluss dargelegt, dass durch die Nennung von Polyalkylen-Succinimid-Dispergiermittel in der D2 mit den Verweis auf die US 5 792 729 A (Druckschrift D3) die Verwendung der Polyalkylensuccinimide mit Merkmal 3.1.1 nahegelegt sei, da in Sp. 9, Z. 4-16 der D3 auf sogenannte hochreaktive Vinyliden-Polyalkylenverbindungen hingewiesen werde, wie sie in verschiedenen Patenschriften beschrieben seien, unter anderem in der US 4 152 499 A (Druckschrift D4). Gemäß Sp. 3, Z. 1-16 der D4 lägen 50 bis 62 % reaktive Doppelbindungen in den dort beschriebenen Isobutenpolymeren vor.
Der Senat folgt dieser Argumentation nicht.
Zunächst nennt weder die Prüfungsstelle noch die Anmelderin eine konkrete Aufgabe. Die Anmelderin meint in ihrer Beschwerdebegründung lediglich, dass die D2 weder eine ähnliche Aufgabe wie die Anmeldung nenne, noch diese löse. Die aus der Beschreibungseinleitung der Anmeldung ableitbare Aufgabe, kosteneffektive Schmiermittelzusammensetzungen bereitzustellen, die ohne die Gegenwart eines auf Molybdän basierenden Reibungsmodifizierungsmittels vergleichbare Leistungen erbringen, dürfte nicht objektiv sein, da sie nicht frei von Lösungsanteilen ist.
Ausgehend von der Druckschrift D2 besteht die objektive Aufgabe darin, eine Schmiermittelzusammensetzung bereitzustellen, die sowohl kosteneffektiv in ihrer Herstellung und der dafür verwendeten Verbindungen ist, als auch ein verbessertes antioxidatives Verhalten zeigt und damit eine verringerte Schlammbildung erzielt. Hiervon ausgehend war es für den Fachmann keineswegs naheliegend, eine Schmiermittelzusammensetzung mit einem Succinimid-Dispergiermittel der Merkmale 3.1 und 3.1.1 sowie einer Titanverbindung nach Merkmal 3.5.1 bereitzustellen, die gemäß Merkmal 4.1 frei von Molybdänverbindungen ist.
So gibt es bereits keine Anregung, ausgehend von der D2 zwingend auf Molybdänverbindungen zu verzichten (Merkmal 4.1). Denn die in der D2 genannten Titanverbindungen stehen gleichwertig und gleichwirkend neben den entsprechenden Zirkon- und Manganverbindungen (vgl. z.B. D2: [0015], sowie S. 13, Tabelle 3 i.V.m. [0084], Z. 46-47), ebenso wie die Glyceride (D2: [0059]; „may also be used“).
Selbst wenn aber der Fachmann ausgehend von der D2 eine Zusammensetzung gewählt hätte, die als Reibungsmodifizierungsmittel Glyceride verwendet (D2:
[0059]) und somit implizit auf Molybdänverbindungen verzichtet hätte, wäre die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gegenüber der D2 gegeben. Denn jedenfalls die Verwendung der anmeldungsgemäßen Succinimid-Dispergiermittel gemäß Merkmal 3.1.1 war nicht nahegelegt. So wird von den in Abs. [0029] der D2 genannten fünf Dispergiermittel-Klassen keine hervorgehoben, die bevorzugt mit einer Titan-, Zirkon- oder Manganverbindung der D2 formuliert werden soll. Und selbst wenn der Fachmann aufgrund der in Tabelle 1 der D2 beispielhaft zusammengestellten Schmierölzusammensetzung ein Succinimid-Dispergiermittel gewählt hätte (D2: [0079], Tabelle 1, Z. 7 und 8), wären davon nicht zwangsläufig solche betroffen, die von Polyalkylenverbindungen mit mehr als 45 % Vinyliden-Doppelbindungen abgeleitet sind (Merkmal 3.1.1). Denn die D3 nennt eine Reihe von Polyalkylen-Succinimiden (D3: Sp. 8, Z. 8 bis Sp. 9, Z. 16), von denen die unter Merkmal 3.1.1 fallenden nur als eine weitere Möglichkeit neben anderen benannt sind (D3: Sp. 9, Z. 4-16, „may also be prepared“), ohne sie als besonders geeignet hervorzuheben oder damit verbundene Vorteile anzugeben. Gleiches gilt im Übrigen für die in Abs. [0029] der D2 zu Polyalkylensuccinimid-Dispergiermitteln – neben der D4 – genannten Druckschriften US 5 581 965 A (Sp. 1, Z. 61 bis Sp. 2, Z. 26 i.V.m. Sp. 11, Z. 2537) und US 5 853 434 A (Sp. 1, Z. 62 bis Sp. 2,Z. 27 i.V.m. Sp. 11, Z. 18-30).
7.3. Mit dem Patentanspruch 1 haben auch die auf diesen abhängig rückbezogenen Unteransprüche und die den Gegenstand des Patentanspruchs 1 einbeziehenden nebengeordneten Patentansprüche 18, 19 und 26, sowie die darauf rückbezogenen Unteransprüche Bestand, die vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 betreffen.
8. Nach alldem war der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Patent in dem im Tenor genannten Umfang zu erteilen.
9. Da im antragsgemäßen Sinn entschieden werden konnte, war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.
III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Maksymiw Schell Wismeth Freudenreich prö
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2 | 3 | PatG |
1 | 1 | PatG |
1 | 4 | PatG |
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1 | 1 | PatG |
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