Paragraphen in 17 W (pat) 87/10
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 87/10
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2008 056 790.6-53 hier: Rückzahlung der Beschwerdegebühr …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am Dienstag, den 23. September 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann BPatG 152 08.05 beschlossen:
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe I.
Die Anmelderin hat am 11. November 2008 eine/ein
„Vorrichtung und Verfahren zum Laden von Zeichensätzen“
zum Patent angemeldet.
Am 10. Juli 2009 hat die Prüfungsstelle für Klasse G06F einen Prüfungsbescheid erlassen, in dem sie unter Benennung einer Druckschrift D1 sowohl Patentanspruch 1 als auch den nebengeordneten Anspruch 9 als nicht erfinderisch beanstandet hat.
Mit Schreiben vom 4. November 2009, eingegangen einen Tag später, hat die Anmelderin beantragt, die Frist zur Beantwortung des Prüfungsbescheids um 1 Jahr zu verlängern. Zur Begründung führt sie aus, die Fristverlängerung werde im Hinblick auf eine parallele EP-Anmeldung beantragt.
Die Prüfungsstelle hat am 13. November 2009 auf dem Schriftsatz des Anmeldervertreters mit Stempel vermerkt: „Frist bis 29.07.2010“ und am selben Tag per E-Mail mitgeteilt, dass dem Fristgesuch stattgegeben werde, wenn das EPAAktenzeichen innerhalb von 3 Monaten nachgereicht werde. Am selben Tag hat der Anmeldervertreter dieses Aktenzeichen - per Antwort-Mail - mitgeteilt.
Am 10. September 2010 hat die Prüfungsstelle für Klasse G06F die Patentanmeldung aus den Gründen des Bescheids vom 10. Juli 2009 zurückgewiesen. Eine weitere Begründung oder ein Eingehen auf das Fristgesuch sind nicht erfolgt. Diesen Beschluss hat die Anmelderin am 17. September 2010 erhalten.
Die Anmelderin hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt, die am 21. September 2010 eingegangen ist. Mit Schriftsatz vom 10. April 2013 hat sie ausgeführt, dass sie beabsichtige, die Patentanmeldung nicht weiterzuführen, da die parallele europäische Patentanmeldung zur Erteilung geführt habe. Sie beantragt jedoch die Erstattung der Beschwerdegebühr, da die Anmeldung zurückgewiesen worden sei, obwohl eine Fristverlängerung beantragt war. Dieses Fristgesuch sei ohne Begründung nicht gewährt worden. Der Prüfer habe auf telefonische Nachfrage ausgeführt, die Fristverlängerung nicht erhalten zu haben. Die Anmelderin hat ihrem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr das Fristgesuch an die Prüfungsstelle vom 4. November 2009 in Kopie beigelegt.
Am 21. Juli 2014 hat das Deutsche Patent- und Markenamt mitgeteilt, dass die Anmeldung wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr als zurückgenommen gilt.
II.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zulässig. Auch nach Rücknahme der Anmeldung kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden (§ 80 Abs. 4 PatG). Dabei gilt die Nichtzahlung der Jahresgebühr gemäß § 58 Abs. 3 PatG als Rücknahme der Anmeldung (Schulte, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdnr. 114 a. E.).
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG entspricht der Billigkeit, wenn sich aus der Sachbehandlung durch das Deutsche Patent- und Markenamt Verfahrensfehler ergeben. Als Verfahrensfehler gilt die Versagung rechtlichen Gehörs.
Das rechtliche Gehör soll es dem Einzelnen ermöglichen, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können. Rechtliches Gehör sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung, so dass sie ihr Verhalten im Verfahren gestalten können (Schulte, a. a. O., Einl. Rdnr. 249). Eine Versagung rechtlichen Gehörs kann sich auf unterschiedliche Art und Weise zeigen. So muss vor Erlass eines ablehnenden Beschlusses der Antragsteller über die (vorläufige) Meinung der Prüfungsstelle informiert werden, um dazu Stellung nehmen zu können. Aber auch bei einer Entscheidung vor Fristablauf, einer sog. verfrühten Entscheidung, erfolgt ein Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (Schulte, a. a. O., § 45 Rdnr. 23), denn dem Verfahrensbeteiligten ist damit eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht möglich. Die eingeräumte Frist muss angemessen sein. Wie lange diese Frist sein muss, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (Schulte, a. a. O., Einl. 260). Wie jede Frist so darf auch eine Frist für die Einreichung einer Stellungnahme bis zum letzten Tag ausgenutzt werden (Schulte, a. a. O., § 45 Rdnr. 32).
Im vorliegenden Fall liegen ein Fristgesuch der Anmelderin und eine Fristgewährung durch die Prüfungsstelle vor. Mit Schreiben vom 4. November 2009 hat die Anmelderin eine Frist zur Beantwortung des Prüfungsbescheides von einem Jahr „im Hinblick auf die parallele EP-Anmeldung“ beantragt. Dieses Fristgesuch ist am 5. November 2009 eingegangen. In einer Mail der Prüfungsstelle vom 13. November 2009 hat diese ausdrücklich erklärt, dass die beantragte Frist gewährt werde „vorbehaltlich der Nachreichung des EPA Aktenzeichens innerhalb von 3 Monaten“. Die Anmelderin hat mit Antwort-E-Mail vom selben Tag reagiert und das Aktenzeichen der europäischen Patentanmeldung mitgeteilt.
Damit durfte die Anmelderin ohne weiteres von der Gewährung der Frist von einem Jahr ab Antragstellung ausgehen, denn sie hat die von der Prüfungsstelle genannte Bedingung erfüllt. Selbst wenn unter diesen Umständen die Prüfungsstelle der Meinung gewesen wäre, dass die Mitteilung der Anmelderin nicht ausreichend ist, hätte sie dies angesichts der prompten Mitarbeit der Anmelderin mitteilen müssen. Eine Fristverlängerung in Fällen wie dem vorliegenden dürfte in der Regel auch - trotz langem Fristgesuch - sinnvoll sein, wenn der Anmelder eine parallele europäische Anmeldung hat (Schulte, a. a. O., § 45 Rdnr. 26 - d).
Die Anmelderin durfte auch zwanglos davon ausgehen, dass die Fristberechnung entweder von dem Datum ihres Schriftsatzes (4. November 2009) oder dem Datum des Eingangs ihres Schriftsatzes beim Deutschen Patent- und Markenamt (5. November 2009) laufen würde. Dies entspricht bei unverkrampfter Betrachtungsweise ohne weiteres dem anzunehmenden Willen desjenigen, der ein Fristgesuch stellt. Die beantragte Frist wird von dem Tag an erbeten, an dem das Fristgesuch gestellt wird. Zudem ist der Anmelderin kein konkretes, datiertes Fristende durch die Prüfungsstelle mitgeteilt worden, obwohl sie sogar ausdrücklich darum gebeten hatte. Der Zurückweisungsbeschluss erging mit Datum vom 10. September 2010 und wurde am 17. September 2010 zugestellt. Damit war die Entscheidung jedenfalls verfrüht (Schulte, a. a. O., Einl. 287 - 2.), nämlich innerhalb der aus Sicht der Anmelderin für eine Stellungnahme zugebilligten Frist von einem Jahr ab Antragstellung. Dies stellt einen für die Einlegung der Beschwerde ursächlichen (Schulte, a. a. O., Einl. 285) Verfahrensverstoß dar, der zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr führt.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Fa
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