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7 W (pat) 70/11

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 70/11 ______________

(Aktenzeichen)

Verkündet am 22. November 2013

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 023 174.0-53 …

hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn und die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Schwengelbeck und Dipl.-Ing. Altvater BPatG 154 05.11 beschlossen:

-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die am 17. Mai 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2006 023 174.0-53 mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Darstellung von Textausgaben in einer grafischen Oberfläche während einer Ausführung von BIOS-Routinen“

wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 15. April 2009 zurückgewiesen, weil der Gegenstand des am 16. Juli 2007 eingegangenen Anspruchs 1 im Hinblick auf die im Prüfungsverfahren ermittelte Druckschrift D1: WO 93/18502 A1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent - und Markenamtes vom 15. April 2009 aufzuheben und auf die Anmeldung ein Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen.

- Patentansprüchen 1 bis 8 laut Anlage zum Schriftsatz vom 16. Juli 2007 (Bl. 38 bis 40 VA)

- Beschreibung und Zeichnungen (Fig. 1 und 2) laut Offenlegungsschrift

2. die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Anspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber dem ursprünglich angemeldeten Anspruch unterstrichen und Merkmalsgliederung seitens des Senats hinzugefügt):

M1 „Verfahren zur Darstellung von Textausgaben in einer, während einer Ausführung von „Basic Input/Output System“ (BlOS) - Routinen eines Computersystems (1), auf einer Anzeigeeinheit (12) eines Bildschirmgeräts (10) angezeigten grafischen Oberfläche,

mit den Schritten:

M2 - Umleiten der Textausgaben,

M2.1 die während einer Initialisierung einer Adapterkarte (3)

ausgegeben werden M2.2 und an einen Bildwiederholspeicher für Textausgaben adressiert sind,

M2.3 in einen Speicherbereich (13) eines flüchtigen Hauptspeichers

(5),

M2.4 der innerhalb des Adressraums 0xB8000 - 0xC0000 liegt,

M3 - Lesen der Textausgaben aus dem Speicherbereich (13),

M4 - Erstellen einer grafischen Repräsentation der Textausgaben,

M5 - Repräsentation an einen Bildwiederholspeicher für Grafikausgaben (7).“

Wegen des Wortlauts der nebengeordneten Ansprüche 6 und 8 sowie der Unteransprüche 2 bis 5 und 7 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass der Anspruch 1 im Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig sei. Darüber hinaus sei die Beschwerdegebühr wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs und Verstoßes gegen die Verfahrensökonomie zurückzuzahlen, weil die Prüfungsstelle zu Unrecht die hilfsweise beantragte Anhörung abgelehnt habe; denn weder handele es sich um einen technisch einfachen Sachverhalt noch könne die Sachdienlichkeit der Anhörung verneint werden, weil die einmalige Anhörung in aller Regel sachdienlich sei, solange noch Meinungsverschiedenheiten bestünden, und triftige Gründe für eine Ablehnung der Anhörung nicht bestünden. Darüber hinaus habe die Prüfungsstelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs begangen, da sie erstmalig im Beschluss zu dem in den geänderten Anspruch 1 hinzugekommenen Merkmal Stellung genommen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da sich der Gegenstand des Anspruchs 1 als nicht patentfähig erweist.

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zur Darstellung von Textausgaben in einer auf der Anzeigeeinheit eines Bildschirmgeräts angezeigten grafischen Oberfläche während einer Ausführung von „Basic Input/Output System“ (BIOS)-Routinen des Computersystems. Weiterhin betrifft die Anmeldung ein Computersystem mit einer Einsteckvorrichtung für mindestens eine Adapterkarte, einem BIOS und einem Signalausgang zum Anschluss an ein Bildschirmgerät mit einer Anzeigeeinheit.

Die Anmeldung geht davon aus, dass ein Grafikadapter typischerweise zwei sich gegenseitig ausschließende Betriebsmodi aufweise: einen Textmodus und einen Grafikmodus. Solle während der Ausführung der BIOS-Routinen eine Grafik, zum Beispiel ein Logo eines Herstellers, auf dem Bildschirmgerät angezeigt werden, werde der Grafikadapter des Computers im Grafikmodus betrieben. Adapterkarten des Computers würden üblicherweise während der Ausführung der BIOS-Routinen initialisiert. Diese könnten dazu eingerichtet sein, bei der Initialisierung Meldungen auszugeben, die ausschließlich im Textmodus des Grafikadapters angezeigt werden könnten. Diese Meldungen würden somit nicht auf dem Bildschirmgerät angezeigt, wenn der Grafikadapter im Grafikmodus betrieben werde. Die Anmeldung geht weiterhin davon aus, dass eine Lösungsmöglichkeit in einer Suspendierung der grafischen Schnittstelle für die Dauer der Initialisierung der Adapterkarte bestehe. Durch eine solche vorübergehende Anzeige im Textmodus würden jedoch wiederum die grafische Oberfläche oder Grafikausgaben nicht angezeigt (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0002]-[0009]).

Die Anmeldung nennt als Aufgabe, ein Verfahren und ein Computersystem anzugeben, wodurch Textausgaben, die bei der Initialisierung beliebiger Adapterkarten ausgegeben werden, in eine grafische Oberfläche, die während der Ausführung von BIOS-Routinen angezeigt wird, integriert werden (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0010]).

Die objektive technische Problemstellung dürfte darin zu sehen sein, während der Ausführung von BIOS-Routinen, bei denen ein Grafikadapter im exklusiven Grafikmodus arbeitet, eine Textausgabe zu ermöglichen.

Gelöst werden soll die Aufgabe durch ein Verfahren zur Ausgabe von Textausgaben nach Anspruch 1, durch ein Computersystem nach Anspruch 6 und durch ein Computerprogrammprodukt nach Anspruch 8. Dabei werden Textausgaben, die während einer Initialisierung einer Adapterkarte ausgegeben werden und an einen Bildwiederholspeicher für Textausgaben adressiert sind, in einen Speicherbereich innerhalb des Adressraums 0xB8000 - 0xC0000 eines flüchtigen Hauptspeichers umgeleitet. Die Textausgaben werden dann aus diesem Speicherbereich gelesen und aus den gelesenen Textausgaben wird eine grafische Repräsentation erstellt. Diese wird an einen Bildwiederholspeicher für Grafikausgaben übertragen.

2. Das Verfahren zur Darstellung von Textausgaben nach Anspruch 1 ergibt sich für den Fachmann - im vorliegenden Fall ein Ingenieur der Elektrotechnik mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Initialisierung von Rechnerkomponenten von Computersystemen - in naheliegender Weise aus der Lehre der Druckschrift D1.

Aus Druckschrift D1 ist ein Verfahren zur Darstellung von Textausgaben in einer auf einer Anzeigeeinheit eines Bildschirmgeräts angezeigten grafischen Oberfläche eines Computersystems bekannt, während der Grafikadapter im Grafikmodus arbeitet (vgl. Anspruch 1, S. 4, Zn. 5-9 und S. 5, Zn. 19 / Merkmal M1teilweise, ohne Ausführungszeitpunkt während des Ablaufs von BIOS-Routinen).

Aus Druckschrift D1 sind hierzu die folgenden Schritte entnehmbar:

- Umleiten der Textausgaben, die an einen Bildwiederholspeicher für Textausgaben adressiert sind, in einen Speicherbereich eines flüchtigen Hauptspeichers („[…] when the software application writes text data to the text buffer, the mapping […] writes this data to the 32 kbytes of reserved main memory“, S. 10, Zn. 5-20 / Merkmale M2, M2.2 und M2.3),

- Lesen der Textausgaben aus dem Speicherbereich („[…] retrieves the new text data or ASCII data […]“, S. 11, Zn. 21-31 / Merkmal M3),

- Erstellen einer grafischen Repräsentation der Textausgaben („[…] converts the text data from ASCII format to a graphics mode or pixel format“, S. 12, Zn. 5-7 / Merkmal M4), und

- Übertragen der grafischen Repräsentation an einen Bildwiederholspeicher für Grafikausgaben (S. 8, Z. 31, bis S. 9, Z. 4: „graphics mode buffer“ i. V. m. Bildschirmausgabe der Grafik, „[…] displays the characters on the video screen“, S. 12, Zn. 7-9 / Merkmal M5).

Druckschrift D1 offenbart nicht, dass das Verfahren bei der Initialisierung einer Adapterkarte während einer Ausführung von „Basic Input/Output System“-Routinen (Merkmal M1 i. V. m. M2.1) durchgeführt werden soll. Druckschrift D1 verweist aber auf die Systeminitialisierung (vgl. S. 9, Z. 33 bis S. 10, Z. 7), die - für den Fachmann selbstverständlich - für gebräuchliche Computersysteme auch ein Initialisieren von Adapterkarten im Sinne der vorliegenden Anmeldung mit einschließt (Merkmal M2.1).

Zum Zeitpunkt der Initialisierung wird nach der Lehre gemäß Druckschrift D1 eine Information festgelegt, um das Memory Management zum Reservieren eines Speicherbereichs zum Abbilden („Mapping“) von Textdaten in den Hauptspeicher zu veranlassen (S. 9, Z. 33 bis S. 10, Z. 7). Hierzu sind jedoch Betriebssystemfunktionen erforderlich, die zum aufgabengemäßen Ausführungszeitpunkt während der Ausführung von BIOS-Routinen noch nicht zur Verfügung stehen. Der mit der Initialisierung von Computersystemen vertraute Fachmann hat, ausgehend von der objektiven Aufgabenstellung, eine Ausgabe von Textdaten während der Ausführung von BIOS-Routinen (Merkmal M1Rest) zu ermöglichen, dadurch Veranlassung, nach Möglichkeiten einer geeigneten Anpassung des aus Druckschrift D1 bekannten, allgemeinen Verarbeitungsprinzips für Textausgaben im exklusiven Grafikmodus einer Grafikkarte zu suchen. Dabei ist es naheliegend, eine solche allgemeine Lehre für eine spezielle Verwendung anzuwenden, also hier für eine Verwendung während der Ausführung von BIOS-Routinen, in der die gleichen Bedingungen vorherrschen, nämlich das Ermöglichen einer Textdarstellung ohne den Grafikmodus der Grafikkarte zu verlassen (Merkmal M1).

In Bezug zu Merkmal M2.4 sieht die allgemeine Lehre der Druckschrift D1 ein Umleiten auf einen 32 kbyte großen Adressbereich des Hauptspeichers vor (vgl. S. 10, Zn. 5-20), dessen Größe dem beanspruchten Bereich entspricht und welcher daher eine Abbildung auf den im vorliegenden Anspruch 1 beanspruchten Adressbereich 0xB8000 bis 0xC0000 mit umfasst. Druckschrift D1 offenbart dabei jedoch kein Umleiten der Textausgabe in den konkreten Adressbereich 0xB8000 - 0xC0000 des flüchtigen Hauptspeichers. Für den mit der oben genannten Aufgabe befassten Fachmann ist allein schon auf Grund seines Fachwissens selbstverständlich, dass ein geeigneter Adressbereich zur Umleitung der Daten zum Verwendungszeitpunkt nicht anderweitig genutzt sein darf. Mit dem in Druckschrift D1 beschriebenen „Mapping“ (z. B. S. 10, Zn. 15-18) erhält der Fachmann darüber hinaus den Hinweis, eine Abbildung der Daten in denselben oder in einen anderen Adressbereich in Erwägung zu ziehen. Er wird daher die unter den vorgegebenen Randbedingungen, nämlich der exklusiven Verfügbarkeit des Speicherbereichs bei der Initialisierung einer Adapterkarte während der Ausführung von BIOS-Routinen, die einfachste bzw. die am günstigsten technisch umzusetzende Lösung wählen. Diese stellt im vorliegenden Fall eine Umleitung auf den zum Textspeicher der Grafikkarte parallelen Adressbereich des Hauptspeichers - d. h. den Adressbereich 0xB8000 bis 0xC0000 - dar, da dies ohne Anpassung der Zieladressen, also ohne Eingriff in die Adressierung der Textausgaben möglich ist (Merkmal M2.4).

Der von der Anmelderin vertretenen Auffassung, dass im Erkennen der Eignung des beanspruchten Adressbereichs eine erfinderische Tätigkeit begründet liege, kann nicht gefolgt werden. Selbst wenn, wie von der Anmelderin behauptet, der beanspruchte Adressbereich des Hauptspeichers als Adressbereich für das System-Management (System-Management-RAM) vorgesehen wäre - was weder zwangsläufig aus dem geltenden Anspruch 1 folgt, noch unabhängig von der Rechnerarchitektur so vorgegeben ist - würde der Fachmann ausgehend vom in Druckschrift D1 beschriebenen „Mapping“ als naheliegendste Maßnahme zuerst die Umleitung der Daten auf den parallelen Adressbereich des Hauptspeichers in Erwägung ziehen. Die gemäß der Argumentation der Anmelderin für das beanspruchte Verfahren vorgesehene Verwendung vorhandener technischer Mittel zur Adressumschaltung für einen System-Management-Adressbereich folgt dabei weder aus dem Patentanspruch 1 noch aus den weiteren Anmeldungsunterlagen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1 sind auch die nebengeordneten Ansprüche 6 und 8 sowie die Unteransprüche 2 bis 5 und 7 nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet ist (vgl. BGH GRUR 2007, 862, Abs. III 3 aa - Informationsübermittlungsverfahren II).

4. Nachdem der geltende Anspruchssatz nicht patentfähig ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

III.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG ist zurückzuweisen, weil im konkret vorliegenden Einzelfall ein Billigkeitsgrund hierfür nicht besteht.

Die Beschwerdegebühr ist gemäß § 80 Abs. 3 PatG zurückzuzahlen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Maßgebend dafür sind alle Umstände des Falles (vgl. Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl., § 80 Rn. 21). Die Billigkeit kann danach eine Rückzahlung erfordern, wenn sich die Zurückweisung der Anmeldung als eine unangemessene Sachbehandlung darstellt, die sich z. B. aus zumindest einem schwerwiegenden Verfahrensfehler durch das Deutsche Patent- und Markenamt oder aus einer anderweitig unsachgemäßen Behandlung der Sache zu Lasten eines Beteiligten ergibt, und zum anderen, dass aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers gerade dieser Verfahrensfehler oder diese unsachgemäße Sachbehandlung Anlass für die Einlegung der Beschwerde war (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 73 Rn. 123 ff., insb. Rn. 132, 148; Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 80 Rn. 83 ff., insb. Rn. 93 m. w. N; Benkard/Schäfers, a. a. O. § 80 Rn. 17 ff., insb. Rn. 21, 26, 29. m. w. N.; BPatGE 2, 61, 64 ff.; 2, 69, 72 ff., 77; 49, 154, 160 f.). Letzteres - also die Ursächlichkeit zwischen Verfahrensverstoß und Beschwerdeeinlegung - liegt vor, wenn der Erlass einer anderen, nicht zur Beschwerdeeinlegung zwingenden Entscheidung ohne den Fehler jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann; die Rückzahlung der Beschwerdegebühr scheidet aber aus, wenn ein verständiger Beschwerdeführer die Beschwerde auch bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung eingelegt hätte.

1. Durch die Prüfungsstelle wurden in ihrem Beschluss keine neuen Gründe genannt, zu denen die Anmelderin noch keine Stellung nehmen konnte, so dass diesbezüglich das rechtliche Gehör gewahrt wurde.

Die Verletzung des rechtlichen Gehörs rechtfertigt als schwerwiegender Verstoß i. d. R. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr, wenn die Entscheidung darauf beruht, sie also möglicherweise anders gelautet hätte, wäre das rechtliche Gehör gewährt worden wäre (vgl. Schulte, a. a. O., § 73 Rn. 135). Das rechtliche Gehör wird daher nur gewahrt, wenn dem Anmelder vor Beschlussfassung sämtliche Gründe mitgeteilt wurden, auf denen die Entscheidung beruht.

Im Prüfbescheid vom 19. Dezember 2006 ist die Prüfungsstelle auf den damals geltenden ursprünglichen Anspruch 8 eingegangen und hat ausgeführt, dass dessen Merkmal aus Druckschrift D1, S. 10, Zn. 7-11, offenbart sei. Mit Eingabe vom 16. Januar 2007 hatte die Anmelderin Gelegenheit, zu den Argumenten der Prüfungsstelle Stellung zu nehmen und hat dieses Merkmal des ursprünglichen Anspruchs 8 in den geltenden Anspruch 1 aufgenommen. Da die Prüfungsstelle bereits im Bescheid zu dem neu aufgenommenen Merkmal Stellung genommen hat, hat sich durch den neu eingereichten Patentanspruch 1 keine neue Entscheidungsgrundlage ergeben; die Prüfungsstelle hat daher in ihrem Beschluss wiederum zu diesem Merkmal auf Druckschrift D1, S. 10, Zn. 7-11, verwiesen, so dass die Argumentation im Beschluss der aus dem Bescheid entspricht. Im Beschluss wurde daher keine neue Argumentation oder ein unabhängiger Versagensgrund aufgeführt.

Dem Einwand der Anmelderin, dass im Zurückweisungsbeschluss erstmalig auf das im Beschluss zu dem im geänderten Anspruch 1 hinzugekommenen Merkmal Stellung genommen habe und daher eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorliege, kann daher nicht gefolgt werden.

2. Im vorliegenden Einzelfall ist der Beurteilungsspielraum der Prüfungsstelle bei der Einschätzung der Sachdienlichkeit der Anhörung vor Beschlussfassung nicht überschritten worden.

Die ungerechtfertigte Ablehnung einer von der Anmelderin beantragten Anhörung kann einen die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigenden Verfahrensverstoß darstellen. § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG gibt vor, dass der Anmelder bis zum Beschluss über die Erteilung auf Antrag zu hören ist, wenn es sachdienlich ist. Sachdienlich ist nach ständiger Rechtsprechung eine Anhörung immer dann, wenn sie aus objektiver Sicht das Verfahren fördern kann, insbesondere wenn sie eine schnellere und bessere Klärung als eine schriftliche Auseinandersetzung verspricht (vgl. Schulte, a. a. O. § 46 Rn. 8 m. w. N; BPatGE 18, 30, 39; 39, 204, 205). In der Rechtsprechung wird die einmalige Durchführung einer Anhörung im Prüfungsverfahren in aller Regel als sachdienlich angesehen (siehe BPatGE 18, 30, 39; Winterfeld, Engels: Aus der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts im Jahre 2007, GRUR 2008, 645). Eine Ablehnung eines Antrags auf Anhörung kommt aber ausnahmsweise in Betracht, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, weil z. B. die Anhörung zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens führen würde (Schulte, a. a. O., § 46 Rn. 12). Dies trifft zu, wenn die jeweiligen Standpunkte der Verfahrensbeteiligten und des Patentamts für alle Beteiligten nach objektiven Kriterien erkennbar und verständlich sind, so dass eine Anhörung nur zur bloßen Wiederholung der bereits bekannten Standpunkte führen würde und damit zur Klärung der Grundlagen der patentamtlichen Entscheidung über die Patentierbarkeit des ihr zur Entscheidung gestellten Patentbegehrens nichts mehr beitragen kann. Bei der Nachprüfung der Beurteilung der Sachdienlichkeit der Anhörung unter Berücksichtigung des dem Prüfer zuzugestehenden und der gerichtlichen Nachprüfung entzogenen Beurteilungsspielraums ist der Senat unter Ausschluss von Zweckmäßigkeitserwägungen beschränkt auf eine Rechtskontrolle (BPatGE 26, 44).

Vorliegend ist aufgrund der besonderen Umstände des Falls nicht zu beanstanden, dass die Anhörung als nicht sachdienlich abgelehnt worden ist, denn die insoweit auf die Rechtskontrolle beschränkte gerichtliche Nachprüfung dieser Maßnahme des Prüfers ergibt keine objektiven Gründe dafür, dass er den unbestimmten Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit falsch ausgelegt oder bei dessen Anwendung seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat (vgl. Busse, a. a. O. § 46 Rn. 12-19). Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Anmelderin mit der Verteidigung des zurückgewiesenen Patentanspruchs 1 vor dem Senat ebenfalls keinen Erfolg hatte.

Die maßgeblichen Grundlagen für die Entscheidung der Prüfungsstelle über die Patentierbarkeit der vorliegenden Anmeldung waren bereits im schriftlichen Verfahren ermittelt und für den Anmelder klar und verständlich. Die Prüfungsstelle verweist zudem darauf, dass sie in dem beanspruchten Gegenstand „einen überschaubaren technischen Sachverhalt“ sieht (vgl. Schulte, a. a. O. § 46 Rn. 12, wonach die Sachdienlichkeit im Erteilungsverfahren verneint werden kann, „wenn Sachverhalt und rechtliche Würdigung so banal und einfach sind, dass eine Anhörung nur verfahrensverzögernd wäre“). Eine unterschiedliche Wertung lag vor Beschlussfassung ausschließlich hinsichtlich der Frage vor, ob der in Druckschrift D1 als einziger patenthindernden Entgegenhaltung genannte Adressbereich, wie die Prüfungsstelle unter Hinweis auf S. 10, Zn. 7-11, meinte, genauso wie in der Anmeldung verwendet wurde oder ob dies, wie die Beschwerdeführerin in ihrer Erwiderung ausführte, nicht der Fall ist, weshalb sie in ihrem Anspruch 1 den in ihrer Anmeldung genannten Adressbereich als Ziel der Umleitung der Textausgaben entsprechend dem ursprünglichen Anspruch 8 aufnahm, um sich von der Entgegenhaltung hierdurch abzugrenzen. Nach dem Verständnis der Entgegenhaltung durch die Prüfungsstelle stellte die Angabe des Adressraums in Anspruch 1 keine Änderung dar, die diesen vom Gegenstand der Druckschrift D1 in erfinderischer Weise hätte abgrenzen können. Sie schlussfol- gerte, dass die beantragte Anhörung zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens führen würde. Dass die Prüfungsstelle an ihrer Sichtweise auch nach den Ausführungen der Anmelderin in ihrem Schriftsatz vom 16. Juli 2007 festgehalten hat, erschließt sich daraus, dass sie hierauf in ihrem Beschluss vom 15. April 2009 ausdrücklich unter Wiederholung ihrer bisherigen Argumentation und Zitierung der Einwände der Anmelderin eingegangen ist. Da die für die Entscheidung des Patentamts maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen damit für alle erkennbar und verständlich vorlagen, bestand aber - ungeachtet der Frage, ob die Auslegung der Entgegenhaltung durch die Anmelderin oder durch das Patentamt zutraf - kein objektiver Klärungsbedarf mehr über diese Grundlagen, der schriftlich oder im Rahmen einer Anhörung mündlich hätte befriedigt werden können. Damit fehlte die für die Durchführung der Anhörung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG erforderliche Sachdienlichkeit, so dass sich die Ablehnung der Anhörung durch die Prüfungsstelle nach § 46 Abs. 1 Satz 3 PatG als nicht unvertretbar erweist.

Nichts anderes ergibt sich aus den von der Anmelderin genannten Entscheidungen. BPatGE 15, 149 bezieht sich auf die Sachdienlichkeit einer Anhörung, wenn eine umfassende Ermittlung des Standes der Technik stattgefunden hat, und damit mehrere relevante Druckschriften zu erörtern sind, was für das vorliegende Verfahren nicht zutrifft.

Auch in der Verfahrensdauer bzw. im Verlauf des Prüfungsverfahrens ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensökonomie nicht zu erkennen. Die Prüfungsstelle hat auf Basis der ihr vorliegenden Informationen und ihrem Verständnis des Anmeldungsgegenstands aus ihrer Sicht verfahrensökonomisch gehandelt. Die Verteidigung des Patentanspruchs 1 hat im Hinblick auf die einzige, bereits im Prüfungsverfahren vorliegende Entgegenhaltung auch in der Beschwerde keinen Erfolgt. Dem Vorwurf der Anmelde- rin, dass in der Ablehnung der Anhörung ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verfahrensökonomie zu erkennen sei, kann somit nicht gefolgt werden.

Unter den konkreten Umständen ist es somit nicht als verfahrensfehlerhaft zu beanstanden, dass die Anhörung als nicht sachdienlich abgelehnt worden ist. Somit liegt kein Billigkeitsgrund für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG vor, so dass der hierauf zielende Antrag der Beschwerdeführerin zurückzuweisen war.

Wickborn Schwarz Dr. Schwengelbeck Altvater Cl

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