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8 W (pat) 31/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 31/12 Verkündet am 2. Juli 2015 …

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2008 030 981.8 …

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dr.-Ing. Dorfschmidt, die Richterin Grote-Bittner und den Richter Dipl.-Ing. Brunn BPatG 154 05.11 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 15 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Juni 2011 aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Patentamt zurückverwiesen.

Gründe I.

Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2008 030 981.8 wurde am 27. Juni 2008 mit der Bezeichnung "Hydraulische Positioniereinheit“ beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet.

Im Prüfungs- und Beschwerdeverfahren wurden die Druckschriften D1 DE 100 38 061 A1 D2 US 4 560 880 A D3 US 4 514 858 A D4 US 2002/0152627 A1 D5 US 2003/0159608 A1 D6 DE 10 2004 028 396 A1 und D7 NL 67 10 540 A in Betracht gezogen, wovon die D2 bis D5 schon in der ursprünglichen Beschreibung der Patentanmeldung genannt wurden.

Die Prüfungsstelle für Klasse F15B hat die Anmeldung durch den Beschluss vom 21. Juni 2011, zugestellt am 28. Juli 2011, zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 vom 23. März 2009 in Kenntnis des Fachmanns der D4 und der D1 nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit nach § 4 PatG sei.

Gegen den Beschluss hat die Anmelderin am 10. August 2011 Beschwerde eingelegt. Sie begründet die Beschwerde in ihrem Schriftsatz vom 5. Januar 2012 mit der Verletzung des Grundsatzes der Gewährung des rechtlichen Gehöres gemäß §§ 48 Satz 2, 42 (3) Satz 2 PatG sowie dem Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 vom 23. März 2009.

Sie verfolgt das Patentbegehren mit den in der Verhandlung am 2. Juli 2015, übergebenen Patentansprüchen gemäß Hauptantrag sowie Hilfsantrag weiter.

Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle F15B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Juni 2011 aufzuheben und das Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1-16 eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift und noch anzupassender Beschreibung,

hilfsweise mit Patentansprüche 1-15 eingereicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen Zeichnung wie zum Hauptantrag und noch anzupassender Beschreibung.

Ihren mit der Beschwerde gestellten Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr hat die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag vom 2. Juli 2015 lautet (Gliederung vom Senat hinzugefügt):

1. Hydraulische Mikro-Positionierungseinheit mit 1.1 einer hydraulisch wirkenden Kolben-Zylinder-Einheit zur Realisierung einer Verstellbewegung eines Aktuators, dadurch gekennzeichnet, dass 1.2 der Außendurchmesser des Kolbens und der Innendurchmesser des Zylinders derart dimensioniert und geformt ist, dass ein Bypass zwischen der Zylinder-Innenmantelfläche und der Mantelfläche des Kolbens besteht zur Ausbildung eines Raumes, der im Betriebszustand der Positionierungseinheit mit Hydraulikflüssigkeit befüllt ist, 1.3 und der Kolben wenigstens eine in wenigstens einem Gleitlager im Zylinder verschiebbar gelagerte Kolbenstange aufweist, wobei das Gleitlager die Kolbenstange und somit den Kolben derart positioniert, dass sich zwischen den Mantelflächen des Kolbens und des Zylinders der Bypass als ein ringförmiger Spalt ausbildet.

Die nebengeordneten Ansprüche nach Hauptantrag vom 2. Juli 2015 lauten:

12. Verfahren zur Betätigung der Mikro-Positionierungseinheit nach einem der Ansprüche 1-11, dadurch gekennzeichnet, dass zum Halten der Position des gegen eine Kolbenrückstellkraft drückenden Kolbens eine Pumpe zur Druckbeaufschlagung des Kolbens ständig betrieben wird.

13. Verwendung einer Mikro-Positionierungseinheit nach wenigstens einem der Ansprüche 1-11 zur Bewegung eines Positioniertisches oder eines Scanners eines Mikroskopes.

15. Positionierbare Tischeinheit oder positionierbare Scannereinheit eines Mikroskopes, dadurch gekennzeichnet, dass sie wenigstens eine hydraulische Mikro-Positionierungseinheit nach wenigstens einem der Ansprüche 1-11 umfasst, wobei der Zylinder der Positionierungseinheit senkrecht angeordnet ist und die positionierbare Tischeinheit oder positionierbare Scannereinheit ein Getriebe zur Übersetzung der senkrechten Kolbenbewegung in eine waagerechte Bewegung zur Positionierung des Tisches oder des Scanners umfasst.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag vom 2. Juli 2015 ist gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag durch das zusätzliche Merkmal

1.4 wobei der Durchmesser des Kolbens dK zu dem den Bypass realisierenden Abstand a zwischen Kolben und Zylinder ein Verhältnis aufweist von dK / a = 830 … 1900.

beschränkt.

Wegen der jeweilig abhängigen Ansprüche sowie der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG.

Der Gegenstand der Anmeldung betrifft eine hydraulische Mikro-Positionierungseinheit nach Anspruch 1 sowie ein Verfahren zur Betätigung dieser MikroPositionierungseinheit nach Anspruch 13, eine Verwendung der Mikro-Positionierungseinheit nach Anspruch 14, sowie eine die erfindungsgemäße hydraulische Mikro-Positionierungseinheit umfassende Tischeinheit oder Scannereinheit eines Mikroskops nach Anspruch 16.

Aus dem Stand der Technik sind verschiedene Mikro-Positionierungseinheiten zum Bewegen eines Aktuators oder auch zum gesteuerten Anfahren eines bestimmten Punktes im Raum und Fixierung des Aktuators in dieser Position bekannt, die eine schnelle, präzise und reproduzierbare Bewegung realisieren sollen, wobei die Positionierungsgenauigkeit im Nanometer-Bereich liegen kann.

Neben hydraulischen Positioniereinheiten sind elektrische Antriebe mit Schrittmotor und Zahnradgetriebe und piezoelektrische Antriebe bekannt. Bei elektrischen und hydraulischen Positioniereinheiten gleiten verschiedene Bauteile aufeinander, wodurch der Stick-Slip-Effekt hervorgerufen wird. Dieser Stick-SlipEffekt beruht darauf, dass die Haftreibung im Ruhezustand größer ist als die Gleitreibung, wodurch bei Einleitung einer Kraft in den Antrieb der gesamte Aufbau zunächst elastisch deformiert wird und nach Überwindung der Haftreibungskraft die gespeicherte mechanische Energie schlagartig freigesetzt, wodurch es zu einer diskontinuierlichen Vorwärtsbewegung der beweglichen Bauteile der Einrichtung kommt. Dies führt dazu, dass der gesamte Antrieb ruckartig bewegt wird. Für Positionierungssysteme mit angestrebter außerordentlich feiner Positioniergenauigkeit, wie z. B. im Mikro- und Nanometer-Bereich, ist dies nicht akzeptabel, weil dort konstante Verfahrgeschwindigkeiten und ein schwingungsfreies Anfahren erfolgen sollen.

So zeigt die D3 einen hydraulisch angetriebenen Kolben zur Bewegung eines Silizium-Wavers auf eine bestimmte Position. Nachteilig an dieser Ausführungsform ist weiterhin, dass diese einen Dichtring aufweist, wodurch es aufgrund der Haftreibung des Dichtringes auf der Zylindermantelfläche zum Stick-Slip-Effekt kommt. Dies führt in beschriebener Art und Weise zu einem diskontinuierlichen Verfahren der Positionierungseinrichtung sowie zur Einleitung von unerwünschten Schwingungen und zu Schwierigkeiten des Erreichens der gewünschten Endposition.

Die D4 zeigt einen anderen hydraulischen Ansatz für die Realisierung einer translatorischen Bewegung durch Formänderungen dünnwandiger Bauteile bei Druckerhöhung im Inneren dieser Bauteile, über den aber nur geringe Verfahrwege erreicht werden.

Mit dem Anmeldegegenstand soll eine hydraulische Mikro-Positionierungseinheit so weitergebildet werden, dass Verfahrwege im Millimeterbereich realisiert werden können, wobei die erreichbare Positionsgenauigkeit im Sub-Nanometer-Bereich liegen soll, die Bewegung zur Erreichung der gewünschten Position gleichmäßig erfolgen soll und die Soll-Position auch bei Aufbringung größerer und schwankender Gegenkräfte auf die Positionierungseinheit aufgrund ausreichender mechanischer Steifigkeit zuverlässig gehalten werden kann (vgl. Absatz [0014] der Offenlegungsschrift).

Die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bedürfen dabei einer Auslegung:

Mit den Merkmalen 1 und 1.1 wird eine hydraulische Mikro-Positionierungseinheit mit einer hydraulisch wirkenden Kolben-Zylinder-Einheit zur Realisierung einer Verstellbewegung eines Aktuators beansprucht. Entsprechend dem diskutierten Stand der Technik und dem Gegenstand der Ansprüche 14 und 16 (vgl. auch Absatz [0038] der Offenlegungsschrift) ist unter einer hydraulischen Mikro- Positionierungseinheit eine Positioniereinheit zu verstehen, deren erreichbare Positioniergenauigkeit - bei Verfahrwegen im Millimeterbereich - im SubNanobereich liegt. Damit umfasst der Gegenstand des Anspruchs 1 keine hydraulischen Positioniereinheiten in herkömmlichen Größen z. B. auf dem Gebiet des Anlagen- oder Werkzeugmaschinenbaus oder der Mobilhydraulik.

Das Merkmal 1.2 umfasst jegliche Gestaltungen der Zylinderinnenmantelfläche und der Mantelaußenfläche des Kolbens, die ein Überströmen von Hydraulikfluid aus dem mit höherem Druck beaufschlagten Zylinderraum in den zweiten Zylinderraum zulassen. Das Merkmal verlangt nicht, dass der im Betriebszustand der Positionierungseinheit mit Hydraulikflüssigkeit befüllte Raum die Innenwand des Zylinders von der Außenwand des Kolbens vollständig trennt. Die Formulierung „Bypass zwischen den Mantelflächen“ ist nämlich nicht so zu verstehen, dass sich der Bypass über die gesamten Flächen erstreckt. Unter das Merkmal 1.2 könnte daher z. B. eine Nut in der Kolbenaußen- oder der Zylinderinnenfläche, aber auch eine Spielpassung von Kolbenaußen- und Zylinderinnendurchmesser fallen, auch wenn durch eine solche Ausgestaltung der Stick-Slip-Effekt nicht vermieden würde. Denn das Merkmal 1.2 darf nicht durch Angaben in der Beschreibung (Vermeidung des Stick-Slip-Effekts) beschränkend ausgelegt werden.

Allerdings ist bei der Auslegung der Anspruchsmerkmale der Gesamtzusammenhang des Patentanspruchs zu beachten. Im vorliegenden Fall wird das Merkmal 1.2 durch das Merkmal 1.3 dahingehend präzisiert, dass der Raum bzw. Bypass entsprechend dem Merkmal 1.2 durch einen ringförmigen Spalt (, der beispielsweise durch eine Spielpassung verwirklicht sein kann) zwischen den Mantelflächen des Kolbens und des Zylinders gebildet wird und die (konzentrische) Position des Kolbens im Zylinderraum durch ein Gleitlager gesichert wird, in dem die (ebenfalls konzentrische) Kolbenstange des Kolbens verschiebbar gelagert ist (vgl. Absätze [0017], [0051] und [0058]). Nach Absatz [0017] soll diese koaxiale bzw. vollständige schwimmende Lagerung des Kolbens im Zylinder bei wenigstens einseitiger Druckbeaufschlagung des Kolbens durch Hydraulikflüssigkeit, durch die sich der Bypass in Ringform um den Kolben herum herausbildet, erreicht werden. Die statischen Druckverhältnisse sowie die Abstützung an der Kolbenstange (durch ein Gleitlager) sollen dabei die zentrierte Lagerung des Kolbens im Zylinder unterstützen. Ob sich der ringförmige Bypass bzw. die schwimmende Lagerung auch im Ruhezustand, wenn die Kolben-Zylinder-Einheit nicht druckbeaufschlagt ist, einstellt, lässt der Patentanspruch 1 offen. Nach Absatz [0058] der Beschreibung handelt es sich hierbei um eine vorteilhafte Ausgestaltung, die insbesondere dann gegeben ist, wenn die Kolben-ZylinderEinheit senkrecht angeordnet ist.

Entsprechend dem Absatz [0029] kann auch ein Abstreifelement oder eine Dichtung ein erfindungsgemäßes Gleitlager darstellen.

2. Der Anspruch 1 entspricht der Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 6, wobei zusätzlich noch der Begriff „Positioniereinheit“ durch den Begriff „Mikro-Positioniereinheit“ ersetzt wurde.

Der Begriff „Mikro-Positioniereinheit“ wurde in den ursprünglichen Unterlagen nicht ausdrücklich verwendet. Allerdings weist die Beschreibungseinleitung durchgehend auf eine Positioniereinheit hin, die Positioniergenauigkeiten im Mikro- und Nanobereich realisieren kann. Darüber hinaus ist aus dem ursprünglichen Ansprüchen 14 bis 16 auch klar ersichtlich, dass die Positioniereinheit der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 12 dafür geeignet sein muss, diese Positioniergenauigkeiten im Mikro- und Nanobereich zu erzielen. Der Begriff „MikroPositioniereinheit“ wurde daher in den ursprünglichen Unterlagen implizit offenbart.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist daher zulässig.

Die Patentansprüche 2 bis 14 nach Hauptantrag entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 5 und 7 bis 15. Der Anspruch 15 entspricht der Kombination der ursprünglichen Ansprüche 15 und 18 und der Anspruch 16 dem ursprünglichen Anspruch 17, wobei bei allen Ansprüchen analog zum Anspruch 1 der Begriff „Positioniereinheit“ durch den Begriff „Mikro-Positioniereinheit“ ersetzt wurde.“

3. Der unbestritten gewerblich anwendbare Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist gegenüber dem im Prüfungsverfahren vor dem DPMA bekannt gewordenen Stand der Technik neu, da keinem der dort beschriebenen Gegenstände alle Merkmale des Anspruchs 1 entnehmbar sind.

Die D1 zeigt eine hydraulisch wirkende Kolben-Zylinder-Einheit zur Positionierung eines Aktuators als Regelzylinder eines lagergeregelten Antriebs für z. B. die Verstellung von Rotorblättern einer Windkraftanlage (Absatz [0013] – Merkmal 1.1). Zur Vermeidung von Reibung sind der Außendurchmesser des Kolbens 14 und der Innendurchmesser des Zylinders 11 derart dimensioniert und geformt, dass im Arbeitsbereich des Kolbens bei Verzicht auf eine Dichtung ein Spalt 40 als Bypass zwischen der Zylinder-Innenmantelfläche und der Mantelfläche des Kolbens zur Ausbildung eines Raumes besteht, der im Betriebszustand der Positionierungseinheit mit Hydraulikflüssigkeit befüllt ist und als Drossel wirkt (Sp. 2, Z. 56 – Sp. 3, Z. 2; Merkmal 1.2). Die mit dem Kolben 14 verbundene Kolbenstange 15 ist in einem Endstück 12 und eine dort angeordnete Dichtung 20 des Zylinders geführt bzw. gelagert, wobei die Dichtung als Gleitlager im Sinne des Anmeldungsgegenstands anzusehen ist.

Die D1 offenbart zwar nicht ausdrücklich, dass sich der Spalt 40 ringförmig entsprechend dem Merkmal 1.3 ausbildet. Für den Fachmann ergibt sich beim Studium der D1 aber zweifellos, dass bei Druckbeaufschlagung einer der beiden Zylinderkammern und der konzentrischen Ausführung von Zylinder 11, Kolben 14 und Kolbenstange 15 sich infolge der gleichmäßigen Druckausbreitung im Hydrau- likmedium der Spalt zwischen Kolben und Zylinder zwangsläufig ringförmig ausbilden muss. Somit wird auch dieses Merkmal in der D1 offenbart.

Die D1 zeigt daher die Merkmale 1.1 bis 1.3 der Anspruchs 1 nach Hauptantrag, allerdings keine hydraulische Mikro-Positionierungseinheit im Sinne der Streitanmeldung.

Die D2 beschreibt eine Mikro-Positionierungseinheit für die Abstandskontrolle in der Elektronenstrahllithographie, bei der Faltenbälge eingesetzt werden. Diese werden mittels einer Hydraulikpumpe mit Hydrauliköl befüllt und dadurch derart in ihrer Länge verändert, dass Bewegungsänderungen von etwa 400 µm ermöglicht werden. Die D2 zeigt keine hydraulisch wirkende Kolben-Zylinder-Einheit.

Die D3 beschreibt mit den Figuren 13 bis 15 eine Mikro-Positioniereinrichtung für einen Silizium-Waver mit vier hydraulisch angetriebenen Kolben (Merkmal 1.1). Hierbei wird ein Wafer 20 innerhalb einer Ringplatte 11 ausgerichtet. Die hydraulischen Kolben-Zylinder-Einheiten 14-17 dienen dabei nur der Grobausrichtung, die Feineinstellung erfolgt über elektrische Linearmotoren 40-42. Jeder der Zylinder weist einem Einlassanschluss, einen im Zylindergehäuse beweglich Kolben, eine O-Ringdichtung zwischen Kolben und der Gehäuseinnenwand, durch die es aufgrund der Haftreibung des Dichtringes auf der Zylindermantelfläche zum Stick-Slip-Effekt kommt, eine Rückstellfeder und einen Zylinder Heckabschluss 27 auf. Weitere Details bezüglich der Ausführung von Kolben oder Zylinder werden nicht offenbart.

Die D3 zeigt daher nicht die Merkmale 1.2 und 1.3.

Die D4 und die D5 zeigen weitere Mikro-Positioniereinrichtungen für die Realisierung einer translatorischen Bewegung durch Formänderungen dünnwandiger Bauteile bei Druckerhöhung im Inneren dieser Bauteile ohne eine hydraulisch wirkende Kolben-Zylinder-Einheit.

Die D6 zeigt eine hydraulische Kolben-Zylinder-Einheit einer Erntemaschine, bei der zur Reduzierung der sehr hohen Reibungskräfte beim Aus- und Einfahren der Hebezylinder die Kolbenabdichtung durch die Wahl einer weiten Passung zwischen Kolbenstange und Zylindergehäuse als umlaufender (d. h. ringförmiger) Spalt und die Kolbenstangenabdichtung durch geglättete und/oder geschmierte Berührungsflächen an der Kolbenstange und/oder am Zylindergehäuse gebildet werden, so dass jeweils keine weitere Dichtungen vorgesehen sind (vgl. Figur 5 sowie Absätze [0010], [0011], [0045] und [0046]. Da Kolben und Kolbenstange einer Kolben-Zylinder-Einheit üblicherweise konzentrisch gestaltet sind, ergibt sich für den Fachmann aus der Offenbarung der D6 auch zwangsläufig, dass die Lagerung der Kolbenstange durch geglättete und/oder geschmierte Berührungsflächen an der Kolbenstange und/oder am Zylindergehäuse einerseits ein Gleitlager darstellt und andererseits durch diese präzise Lagerung der Kolben derart positioniert wird, dass sich zwischen den Mantelflächen des Kolbens und des Zylinders der Bypass als ein ringförmiger bzw. umlaufender Spalt ausbildet (Merkmal 1.3).

Da die Kolben-Zylinder-Einheit der D6 stellt mit einem Erntevorsatz einer Erntemaschine zwar auch eine Positioniereinheit, aber keine hydraulische MikroPositionierungseinheit mit Positioniergenauigkeiten im Sub-Nanobereich dar.

Die D7 zeigt wie die D1 eine hydraulisch wirkende Kolben-Zylinder-Einheit zur Positionierung eines Aktuators, bei der sich zwischen den Mantelflächen des Kolbens und des Zylinders ein Bypass als ein ringförmiger Spalt ausbildet ist (vgl. S. 3, Absatz 1 - Teil von Merkmal 1.3), um eine Positionierung bei sehr geringen Drücken, aber auch eine sehr schnelle Kolbenbewegung zu ermöglichen. Die D7 zeigt daher zwar die Merkmale 1.1 und 1.2, aber kein Gleitlager bzw. keine Dichtung gemäß dem Merkmal 1.3. Darüber hinaus fehlt der D7 jeglicher Hinweis auf eine Verwendung als Mikro-Positioniereinheit mit einer entsprechenden Positioniergenauigkeit.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht gegenüber den im Verfahren bislang genannten Entgegenhaltungen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Als Fachmann ist vorliegend ein Maschinenbauingenieur mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Mikro-Positionierantrieben mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Hydraulik anzusehen.

Die aus der D3 bekannte hydraulisch und elektrisch arbeitende Positioniereinheit mit hydraulischen Kolben-Zylinder-Einheiten kommt dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten und kann als geeigneter Ausgangspunkt für den Anmeldegegenstand angesehen werden, da dort zumindest für die Grobjustierung der Waver hydraulische Kolben-Zylinder-Einheiten mit einer zwischen Kolben und Zylinderwand angeordnete Dichtung verwendet werden. Allerdings werden bei der D3 für die Feinjustierung bzw. Mikro-Positionierung keine hydraulischen KolbenZylinder-Einheiten, sondern elektrische Linearmotoren verwendet.

Daher erhält der Fachmann aus der D3 selbst keine Veranlassung, für die Feinbzw. Mikropositionierung der Waver hydraulische Kolben-Zylinder-Einheiten einzusetzen und dabei auf die Linearmotoren zu verzichten. Sollte es bei der Positioniereinheit nach D3 bei der Grobjustierung der Waver durch die KolbenZylinder-Einheiten zu Problemen durch Stick-Slip-Effekte kommen, würde es sich dem Fachmann im Hinblick auf die ohnehin schon eingesetzten elektrischen Linearmotoren als einfachste Lösung anbieten, auf die hydraulischen KolbenZylinder-Einheiten komplett zu verzichten und die Positionierung der Waver vollständig mit elektrischen Linearmotoren zu realisieren. Daher erhält der Fachmann aus der D3 auch keine Anregung dazu, im Stand der Technik nach Lösungen für eine Fein- bzw. Mikropositionierung mittels hydraulischer Kolben-Zylinder-Einheiten zu suchen.

Selbst für den Fall, dass der Fachmann im Stand der Technik nach einer derartigen Lösung suchen sollte, würde er die D1, die D6 und die D7 wegen fehlender Hinweise auf die Möglichkeit, eine Mikro-Positionierung durch hydraulische Kolben-Zylinder-Einheiten zu realisieren, nicht in Betracht ziehen.

Gleiches gilt, falls der Fachmann die D2, die D4 oder die D5, die alle MikroPositioniereinrichtungen betreffen, als Ausgangspunkt wählen sollte. Auch aus diesen Druckschriften würde der Fachmann weder eine Anregung erhalten, für eine Mikro-Positionierung hydraulische Kolben-Zylinder-Einheiten einzusetzen noch würde er dazu veranlasst sein, die D1, die D6 und die D7 zur Lösung einer möglichen Problemstellung zu Rate zu ziehen.

Eine Anregung für den Fachmann, gemäß dem Anspruch 1 nach Hauptantrag eine hydraulische Mikro-Positioniereinheit mit den dort genannten Merkmalen auszuführen, ist dem bislang in Betracht gezogenen Stand der Technik daher nicht entnehmbar.

Da sich alle nebengeordneten Ansprüche nach Hauptantrag auf eine hydraulische Mikro-Positionierungseinheit nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 11 beziehen, sind dem bislang in Betracht gezogenen Stand der Technik auch keine Anregungen oder Hinweise zu entnehmen, mit denen der Fachmann zum jeweiligen Gegenstand der Ansprüche 12, 13 und 15 gelangen könnte.

5. Der Senat hat davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden und verweist die Sache nach § 79 Abs. 3 Nr. 3 PatG an das Patentamt zur weiteren Behandlung zurück, da neue entscheidungserhebliche Tatsachen bekannt geworden sind. Zu den (neuen) Tatsachen im Sinne dieser Vorschrift, die eine Zurückverweisung erforderlich machen können, kann auch eine Änderung des Patentbegehrens gehören, sofern Ansprüche, Beschreibung oder Zeichnungen so wesentlich geändert werden, dass der angefochtene Beschluss nicht mehr als eine Ent- scheidung über den geänderten Anmeldegegenstand angesehen werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn das neu formulierte Begehren eine Nachrecherche erforderlich macht (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 79, Rn. 27).

Eine solche Änderung liegt hier vor. Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung einen neuen Hauptanspruch gemäß Hauptantrag vorgelegt, in dem der ursprünglich beanspruchte Gegenstand einer hydraulischen Positionierungseinheit durch die Voranstellung des Begriffs „Mikro“ dahingehend präzisiert worden ist, dass nun nur noch eine hydraulischen Mikro-Positionierungseinheit mit einer speziellen Positioniergenauigkeit auf einem besonderen Anwendungsgebiet und beansprucht wird. Wie vorstehend ausgeführt handelt es sich beim Gegenstand des Anspruch 1 nach Hauptantrag durch diese Beschränkung um einen anderen Gegenstand, der aus dem bisher ermittelten Stand der Technik nicht bekannt und auch nicht nahegelegt ist und der mithin für den Erfolg der Beschwerde entscheidungserheblich sein kann.

Wie aus der Akte ersichtlich ist, hat das Patentamt zu diesem speziellen Gegenstand im Verfahren nach § 44 PatG für die Prüfung, ob der Anmeldungsgegenstand die Patentierungsvoraussetzungen nach §§ 3 und 4 PatG erfüllt, noch nicht recherchiert, da ausschließlich in der Klasse F15B, aber nicht in anderen, für diesen beschränkten Gegenstand möglicherweise relevanten Klassen wie zum Beispiel G02B 21/26 oder G05D 3/00 bzw. 3/10 recherchiert wurde. Das Patentamt hat seinen Rechercheschwerpunkt entsprechend dem damaligen Patentbegehren erkennbar nur auf allgemeine hydraulische Positionierungseinheiten gerichtet und im Sinne der Prüfungsrichtlinien des Deutschen Patentund Markenamts die Recherche zur Vermeidung eines unverhältnismäßig großen Arbeitsaufwands nach Auffinden eines nach damaliger Sicht erkennbar patenthindernden Stands der Technik beendet.

Nachdem vorliegend nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert und eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer im Hinblick auf den jetzt geltenden Patentanspruch 1 vollständigen Recherche des relevanten druckschriftlichen Standes der Technik ergehen kann, wofür die Prüfungsstellen des Deutschen Patentund Markenamts mit ihrem Prüfstoff und den ihnen zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in Datenbanken berufen sind (vgl. Schulte, a. a. O., Rn. 16), ist die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (PatG § 79, Abs. 3 Nr. 3).

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG kommt nicht in Betracht. Ein etwaiger Verfahrensfehler der Prüfungsstelle ist für die Einlegung der Beschwerde jedenfalls nicht ursächlich im Sinne dieser Regelung. Die Anmelderin hat nämlich ausweislich der Beschwerdeschrift zunächst weiterhin an den am 23. März 2009 eingereichten und im angefochtenen Beschluss zurückgewiesenen Patentansprüchen festgehalten.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen.

Zehendner Dorfschmidt Grote-Bittner Brunn Me

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