12 W (pat) 37/11
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 37/11 Verkündet am 12. November 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 103 49 570.3-13 …
hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Schneider, der Richterin Bayer sowie der Richter Dipl.-Ing. Schlenk und Dr.-Ing. Krüger BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F02B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Februar 2010 wird aufgehoben und das Patent mit der Bezeichnung „Direkteinspritz-Dieselmotor“ mit folgenden Unterlagen erteilt:
Patentansprüche 1 bis 4, Beschreibung Seiten 1 bis 9 und Zeichnungen (Fig. 1 bis Fig. 3),
jeweils eingereicht am 12. November 2013.
2. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
Gründe I
Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der am 24. Oktober 2003 unter Inanspruchnahme der Priorität einer japanischen Voranmeldung vom 1. November 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Patentanmeldung mit der Bezeichnung: „Direkteinspritz-Dieselmotor“. Mit Beschluss vom 15. Februar 2010 hat die Prüfungsstelle für Klasse F02B des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen und dabei zur Begründung angegeben, der Patentanspruch 1 sei gegenüber den ursprünglichen Unterlagen als in unzulässiger Weise erweitert anzusehen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 30. März 2010 eingelegte Beschwerde der Anmelderin.
Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag,
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F02B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Februar 2010 aufzuheben und das Patent mit der Bezeichnung „Direkteinspritz-Dieselmotor“ mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 4, Beschreibung Seiten 1 bis 9 und Zeichnungen (Fig. 1 bis Fig. 3),
jeweils eingereicht am 12. November 2013.
2. Die Beschwerdegebühr zu erstatten.
Der nunmehr geltende Anspruch 1 lautet:
Direkteinspritz-Dieselmotor, aufweisend: ein Kraftstoffeinspritzelement zum direkten Einspritzen von Kraftstoff in jede Verbrennungskammer (2) von mehreren in einer Reihe angeordneten Zylindern (1); und einen Zylinderkopf (C/H) mit ersten und zweiten Einlassöffnungen (3, 4) und darin ausgebildeten ersten und zweiten Einlasskanälen (6, 7), wobei die ersten und zweiten Einlassöffnungen (3, 4) entlang der Reihenrichtung der Zylinder (1) angeordnet und zu den entsprechenden Verbrennungskammern (2) auf einer Seite der Zylinderreihe (1) geöffnet sind, und die ersten und zweiten Einlasskanäle (6, 7) mit den ersten bzw. zweiten Einlassöffnungen (3, 4) in Verbindung stehen, dadurch gekennzeichnet, dass sich der erste Einlasskanal (6) für jeden Zylinder (1) von der entsprechenden ersten Einlassöffnung (3) aus in einer Richtung senkrecht zu der Reihenrichtung erstreckt; der zweite Einlasskanal (7) sich entlang einer Richtung erstreckt, die im Allgemeinen parallel zu der Reihenrichtung ist, in Achsenrichtung der Mittenachse (S) jedes Zylinders (1) gesehen,
die ersten und zweiten Einlasskanäle (6, 7) gerade ausgebildet sind; und die erste Einlassöffnung (3) von der Zylinderwandoberfläche des entsprechenden Zylinders (1) beabstandet angeordnet ist.
Die Ansprüche 2 bis 4 sind unmittelbar oder mittelbar auf den geltenden Anspruch 1 rückbezogen.
Im Verfahren sind die folgenden Druckschriften:
D1) JP 07217437 A D2) DE 199 42 169 A1 D3) EP 0 527 122 A1 D4) DE 600 32 323 T2 D5) DE 35 07 767 A1 D6) DE 699 28 650 T2 S1) Handbuch Verbrennungsmotor, Vieweg Verlag, ISBN 3-528-13933-1,
2. Auflage Juni 2002, Seiten 135 bis 143.
Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1) Die Beschwerde ist zulässig und führt auch zum Erfolg, da die nunmehr geltenden Unterlagen zulässig sind, und ihr Gegenstand sich als patentfähig erweist (§ 38, §§ 1-5, § 49 (1) PatG).
2) Der geltende Anspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern:
M) Direkteinspritz-Dieselmotor, aufweisend: M1) ein Kraftstoffeinspritzelement zum direkten Einspritzen von Kraftstoff in jede Verbrennungskammer (2) von mehreren in einer Reihe angeordneten Zylindern (1); und M2) einen Zylinderkopf (C/H) mit ersten und zweiten Einlassöffnungen (3, 4) und darin ausgebildeten ersten und zweiten Einlasskanälen (6, 7), M2.1) wobei die ersten und zweiten Einlassöffnungen (3, 4) entlang der Reihenrichtung der Zylinder (1) angeordnet und zu den entsprechenden Verbrennungskammern (2) auf einer Seite der Zylinderreihe (1) geöffnet sind, und die ersten und zweiten Einlasskanäle (6, 7) mit den ersten bzw. zweiten Einlassöffnungen (3, 4) in Verbindung stehen, dadurch gekennzeichnet, dass M3) sich der erste Einlasskanal (6) für jeden Zylinder (1) von der entsprechenden ersten Einlassöffnung (3) aus in einer Richtung senkrecht zu der Reihenrichtung erstreckt; M4) der zweite Einlasskanal (7) sich entlang einer Richtung erstreckt, die im Allgemeinen parallel zu der Reihenrichtung ist, in Achsenrichtung der Mittenachse (S) jedes Zylinders (1) gesehen, M5) die ersten und zweiten Einlasskanäle (6, 7) gerade ausgebildet sind; und M6) die erste Einlassöffnung (3) von der Zylinderwandoberfläche des entsprechenden Zylinders (1) beabstandet angeordnet ist.
3) Als Fachmann zuständig ist ein Maschinenbauingenieur der Fachrichtung Brennkraftmaschinen mit Erfahrung insbesondere im Bereich der Entwicklung und Konstruktion von Zylinderköpfen direkteinspritzender Dieselmotoren.
4) Nach dem maßgeblichen Verständnis dieses Fachmanns betrifft die Anmeldung den Aufbau von Einlasskanälen eines Direkteinspritz-Dieselmotors, siehe die Anmeldung, Seite 1, ersten Absatz. Bei der Gestaltung der Einlasskanäle geht es im Wesentlichen darum, das in jeden Zylinder eingesaugte Gas mit einer gewissen Drallströmung zur Verteilung und Zerstäubung des in den Zylinder eingespritzten Kraftstoffes zu versehen und gleichzeitig aber einen möglichst hohen volumetrischen Wirkungsgrad, d. h. eine gute Zylinderfüllung, zu erzielen. Wie in der Anmeldung, Seite 1, zweiter Absatz, ausgeführt, ermöglichten dabei vor dem Anmeldezeitpunkt erreichte Verbesserungen der Kraftstoffeinspritzsysteme eine Verringerung des Dralls. Weiter soll eine Anordnung der Einlasskanäle gefunden werden, die einen möglichst einfachen Aufbau des Einlass- und Auslass-Ventilantriebssystems ermöglicht, siehe Seite 1 bis Seite 3 oben der Anmeldung. Darüber hinaus müssen Einlasskanäle und auch Auslasskanäle ohne räumliche Überschneidung mit weiteren erforderlichen Komponenten wie Kraftstoffeinspritzventilen, Glühkerzen, Zylinderkopfschrauben usw. untergebracht werden, siehe auch den auf Seite 1, 2 der Anmeldung genannten Stand der Technik.
Zur Erfüllung dieser Anforderungen geht die Anmeldung von einem Direkteinspritz-Dieselmotor aus, (Merkmal M), der ein Kraftstoffeinspritzelement zum direkten Einspritzen von Kraftstoff in jede Verbrennungskammer (2) von mehreren in einer Reihe angeordneten Zylindern (1) aufweist; (Merkmal M1), und einen Zylinderkopf (C/H) mit ersten und zweiten Einlassöffnungen (3, 4) und darin ausgebildeten ersten und zweiten Einlasskanälen (6, 7) (Merkmal M2).
Bei den ersten und zweiten Einlasskanälen handelt es sich um je einen ersten und zweiten Einlasskanal pro Zylinder.
Bei dem Direkteinspritz-Dieselmotor von dem die Anmeldung ausgeht, sollen weiterhin die ersten und zweiten Einlasskanäle (6, 7) mit ersten bzw. zweiten Einlassöffnungen (3, 4) in Verbindung stehen, die entlang der Reihenrichtung der Zylinder (1) angeordnet und zu den entsprechenden Verbrennungskammern (2) auf einer Seite der Zylinderreihe (1) geöffnet sind (Merkmal M2.1).
Diese Anordnung der Einlassöffnungen, in Reihenrichtung der Zylinder und auf einer Seite der Zylinderreihe, ermöglicht einen einfachen Aufbau des Ventilantriebs.
Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 ist angegeben, dass die ersten und zweiten Einlasskanäle (6, 7) gerade ausgebildet sind (Merkmal M5).
Hinsichtlich des Verständnisses der Angabe „gerade ausgebildet“ ist von einem Fachmann auszugehen, der voraussetzt, dass bei einem Direkteinspritz-Dieselmotor das in jeden Zylinder eingesaugte Gas mit einem Drall versehen werden soll, und der dabei hinsichtlich der Ausbildung entsprechender Drall-Einlasskanäle im Wesentlichen zwei ihm bekannte Lösungen unterscheidet, nämlich einerseits, den jeweiligen Einlasskanal spiralförmig auszubilden („Spiralkanal“), und somit das einströmende Gas bereits vor dem Eintritt in den Zylinder mit einem Drall zu versehen, und andererseits, den Drall im Zylinder dadurch zu erzeugen, dass das durch den jeweiligen Einlasskanal in den Zylinder einströmende Gas außermittig auf den Zylinderinhalt trifft, wozu der Einlasskanal möglichst tangential zum Zylinder geführt werden muss („Tangentialkanal“). Der Angabe, dass die ersten und zweiten Einlasskanäle gerade ausgebildet sein sollen, entnimmt der Fachmann vor diesem Hintergrund daher nicht, dass sie „schnurgerade“ sein sollen - was auch aufgrund der Darstellung des erfindungsgemäß geraden Einlasskanals 6 in Fig. 2 der Anmeldung nicht in Frage kommt -, sondern lediglich, dass sie nicht als Spiralkanäle ausgebildet sein sollen.
Im Merkmal M3 des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 ist angegeben, dass sich der erste Einlasskanal (6) für jeden Zylinder (1) von der entsprechenden ersten Einlassöffnung (3) aus in einer Richtung senkrecht zu der Reihenrichtung erstreckt.
In der Draufsicht der Figur 1, die eine erfindungsgemäße Einlasskanalanordnung zeigt, ist die Reihenrichtung der Zylinder 1 waagerecht dargestellt, siehe die gestrichelte Linie 5. Die ersten und zweiten Einlassöffnungen 3, 4, die gemäß Merkmal M2.1 entlang der Reihenrichtung der Zylinder und auf einer Seite der Zylinderreihe, also in der Figur 2 waagerecht in einer Reihe und auf einer Seite, d. h. oberhalb oder unterhalb der gestrichelten Linie 5 angeordnet sein sollen, sind hier unterhalb der gestrichelten Linie 5 angeordnet. Gemäß der Angabe des Merkmals M3 muss sich der erste Einlasskanal 6 also in der Darstellung der Figur 1 von der ersten Einlassöffnung 3 aus nach unten erstrecken bzw. von unten her kommend zur ersten Einlassöffnung 3 hin führen.
Im Merkmal M4 des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 ist weiter angegeben, dass der zweite Einlasskanal (7) sich entlang einer Richtung erstreckt, die im Allgemeinen parallel zu der Reihenrichtung ist, in Achsenrichtung der Mittenachse (S) jedes Zylinders (1) gesehen.
In der Draufsicht der Figur 1, in der die Reihenrichtung der Zylinder 1 waagerecht dargestellt ist, muss ein dazu paralleler zweiter Einlasskanal 7 sich daher waagerecht erstrecken. Da in der Darstellung der Figur 1 weiterhin von den waagerecht nebeneinanderliegenden Einlassöffnungen 3, 4 jeweils die erste Einlassöffnung 3 eines Zylinders links neben der zweiten Einlassöffnung 4 desselben Zylinders angeordnet ist, kann für diesen Fall der von der zweiten Einlassöffnung 4 aus sich erstreckende Einlasskanal 7 sich nicht waagerecht nach links erstrecken, weil dies zu einer Überschneidung mit dem dort befindlichen Ende des ersten Einlasskanals 6 desselben Zylinders führen würde. Er muss sich also nach rechts erstrecken. Auch nach rechts kann der zweite Einlasskanal 7 sich aber nicht genau waagerecht erstrecken, weil bei üblicher Gestaltung des Dieselmotors auch zum ersten (linken) Einlasskanal 6 des jeweils rechts daneben angeordneten Zylinders nicht ausreichend Platz ist. Um eine Überschneidung mit diesem Einlasskanal zu vermeiden, muss der zweite Einlasskanal 7 sich daher statt waagerecht nach rechts vielmehr schräg nach rechts oben von der zweiten Einlassöffnung 4 weg erstrecken (schräg nach rechts oben bezogen auf die Darstellung in der Figur 1) bzw. von schräg rechts oben kommend zur zweiten Einlassöffnung 4 hin führen. Die in der Figur 1, die ja laut der Beschreibung eine erfindungsgemäße Einlasskanalanordnung zeigt, deshalb erkennbare erhebliche Abweichung der Richtung des zweiten Einlasskanals 7 von einer Parallelen zur Reihenrichtung 5 wird im Merkmal M5 durch die Formulierung „im Allgemeinen parallel“ berücksichtigt.
Aus den Richtungsangaben der Merkmale M4 und M5 folgt für den Fachmann auch, dass, bezogen auf die in der Verbrennungskammer im Zylinder entstehende Drallströmung, die zweite Einlassöffnung (4) des zweiten Einlasskanals (7) weiter stromaufwärts und die erste Einlassöffnung (3) des ersten Einlasskanals (6) weiter stromabwärts liegt, der Drall also in der Draufsicht der Figur 1 im Uhrzeigersinn dreht.
Schließlich ist im Merkmal M6 angegeben, dass die erste Einlassöffnung (3) von der Zylinderwandoberfläche des entsprechenden Zylinders (1) beabstandet angeordnet ist.
Mit dem Begriff „Zylinderwandoberfläche“ wird in der Anmeldung die in der Draufsicht der Figur 1 als Kreis zu erkennende Zylinderseitenwand bezeichnet.
Für sich allein betrachtet kann dieses Merkmal keine Abgrenzung von einem üblichen Direkteinspritz-Dieselmotor schaffen, da kein Mindestmaß für den Abstand angegeben ist und ein minimaler Abstand zwischen Einlassöffnung und Zylinderseitenwand üblicherweise stets vorhanden ist. In der Beschreibung, siehe Seite 7 letzter Absatz bis Seite 8 erster ganzer Absatz der ursprünglichen Anmeldung, ist dazu erläutert, dass durch diese Anordnung der ersten Einlassöffnung (3) in Verbindung mit der Erstreckungsrichtung des ersten Einlasskanals (6) erreicht werden soll, dass die in die Verbrennungskammer eintretende Einlassluft in einen Bereich strömt, der von der Zylinderwandoberfläche, d. h. der Zylinderseitenwand weg zur Mitte des Zylinders hin verschoben ist. Der Fachmann erkennt somit, dass mit dem Merkmal M6 das betont werden soll, was sich bereits aus der Anordnung der ersten Einlassöffnung (3) in Verbindung mit der Erstreckungsrichtung des geraden ersten Einlasskanals (6) gemäß den Merkmalen M2.1, M3 und M5 ergibt, nämlich dass der erste Einlasskanal zwar nicht als Spiralkanal, sondern gerade ausgebildet ist, trotzdem aber auch nicht als Tangentialkanal ausgebildet ist, denn ein zur Einlassöffnung 3 führender Tangentialkanal müsste bezogen auf die Draufsicht der Figur 1 unter ca. 45° von schräg rechts unten kommend über die Glühkerze 8 hinweg verlaufen. Der erfindungsgemäß von unten kommende Einlasskanal 6 verläuft dagegen in einer Richtung, die etwa in der Mitte zwischen den Richtungen liegt, die ein tangential (von schräg rechts unten) zur Einlassöffnung 3 führender Einlasskanal und ein radial (von schräg links unten) zur Einlassöffnung 3 führender, auf die Zylinderachse S zielender Einlasskanal nehmen würden.
5) Die geltenden Ansprüche sind zulässig (§ 38 PatG).
Die Merkmale M bis M2.1 des geltenden Anspruchs 1 entsprechen dem Oberbegriff des ursprünglichen Anspruchs 1. Das Merkmal M3 entspricht dem ersten Merkmal des kennzeichnenden Teils des ursprünglichen Anspruchs 1 mit dem Unterschied, dass aus der ursprünglichen Angabe, wonach der erste Einlasskanal sich „im Allgemeinen senkrecht“ zu der Reihenrichtung erstrecken sollte, die Worte „im Allgemeinen“ gestrichen wurden. Das verbliebene „senkrecht“ ist dabei aus von dem vorher weiteren Bereich „im Allgemeinen senkrecht“ nicht willkürlich herausgegriffen, sondern entspricht dem in Fig. 1 dargestellten Ausführungsbeispiel, siehe den dort senkrecht zu der Reihenrichtung 5 sich erstreckenden ersten Einlasskanal 6. Die Merkmale M4, M5 und M6 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3 und 4 offenbart.
Die Angaben des geltenden Unteranspruchs 2 entsprechen dem Ausführungsbeispiel, siehe die Figur 1 mit Beschreibung auf Seite 6, dritter Absatz der ursprünglichen Anmeldung. Die geltenden Unteransprüche 3 und 4 entsprechen den ursprünglichen Unteransprüchen 5 und 7.
6) Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit (§ 1, 3, 4 PatG).
Die S1 offenbart einen Direkteinspritz-Dieselmotor entsprechend dem Merkmal M, siehe Seite 140, rechte Spalte ab dem zweiten Absatz, bis Seite 141, linke Spalte bis zum Ende des Abschnitts 7.8.2.2, und Bild 7-74. Ein Kraftstoffeinspritzelement entsprechend dem Merkmal M1 ist in Bild 7-74, Mitte oben, dargestellt. Dass Bild 7-74 einen von mehreren in einer Reihe angeordneten Zylindern darstellt, ergibt sich für den Fachmann daraus, dass es im Abschnitt 7.8 um PKW-Motoren geht, siehe Seite 135 links unten. Bild 7-74 mit zugehöriger Beschreibung offenbart außerdem einen Zylinderkopf mit Einlassöffnungen und Einlasskanälen entsprechend den Merkmalen M2 und M2.1. Die Reihenrichtung der Zylinder ergibt sich dabei aus dem deutlich erkennbaren Kolbenbolzenauge. Die zwei rechteren Kanäle, einer vorn rechts, der andere hinter dem Kraftstoffeinspritzelement, sind die Einlasskanäle. Dies ergibt sich für den Fachmann aus der Angabe unten links neben Bild 7-74, dass die Glühkerze, die er rechts im Bild 7-74 erkennt, auf der kalten Seite des Zylinderkopfes angeordnet ist, also auf der Seite der Einlasskanäle. In der Terminologie der Anmeldung wäre dabei der Einlasskanal vorn rechts ein erster Einlasskanal, der andere, hinter dem Kraftstoffeinspritzelement verlaufende Kanal ein zweiter Einlasskanal.
Die in Bild 7-74 der S1 dargestellten Einlasskanäle entsprechen jedoch in zwei Punkten nicht den Einlasskanälen gemäß Merkmalen M3, M4 und M5 der Anmeldung:
Der „erste“, in Bild 7-74 vorn rechts dargestellte Einlasskanal ist zwar gerade ausgebildet entsprechend dem Merkmal M5, er erstreckt sich jedoch nicht in der im Merkmal M3 angegebenen Richtung, sondern ist als Tangentialkanal ausgeführt. In einer Draufsicht entsprechend Figur 1 der Anmeldung betrachtet würde er nicht wie der dortige Einlasskanal 6 von unten kommend, sondern unter ca. 45° von schräg rechts unten kommend über die Glühkerze 8 hinweg zur Einlassöffnung 3 hin führen.
Der „zweite“, in Bild 7-74 hinter dem Einspritzelement dargestellte Einlasskanal erstreckt sich zwar entlang der im Merkmal M4 angegebenen Richtung, in einer Draufsicht entsprechend Figur 1 der Anmeldung betrachtet würde er aus der gleichen Richtung von schräg rechts oben kommend zur zweiten Einlassöffnung 4 hin führen wie der dortige Einlasskanal 7, er ist jedoch nicht entsprechend dem Merkmal M5 gerade, sondern als Spiralkanal ausgeführt.
Der hier angesprochene Fachmann führt für die Entwicklung der Gaswechselkanäle viele Grundlagenuntersuchungen durch, siehe S1, Seite 140, rechte Spalte, letzter Absatz, um für den jeweils gegebenen Fall den bestmöglichen Kompromiss hinsichtlich eines ausreichend hohen und stabilen Dralls einerseits und einer guten Zylinderfüllung andererseits zu erreichen. Dabei ist ihm bekannt, dass ein Spiral-Einlasskanal einen höheren und stabileren Drall bei schlechterer Füllung, ein Tangentialkanal dagegen eine bessere Füllung bei jedoch geringerer Drallstabilität ermöglicht, siehe S1, Seite 141, linke Spalte.
Für ihn ist es daher durchaus denkbar, anstelle einer Konfiguration mit einem stromaufwärts gelegenen Spiral-Einlasskanal und einem stromabwärts gelegenen Tangential-Einlasskanal wie in Bild 7-74 („stromaufwärts“ und „stromabwärts“ ist dabei auf die Drallströmung im Zylinder bezogen) auch eine Konfiguration mit zwei Tangential-Einlasskanälen zu untersuchen.
Selbst wenn jedoch der Fachmann ausgehend von S1, Bild 7-74, den „zweiten“, in Bild 7-74 hinter dem Einspritzelement dargestellten, stromaufwärts gelegenen Spiral-Einlasskanal als Tangential-Einlasskanal ausführte und so zu einem zweiten Einlasskanal gelangte, der entsprechend Merkmal M5 gerade ausgebildet ist, führte dies jedoch nicht dazu, außerdem auch noch den „ersten“, in Bild 7-74 vorn rechts dargestellten, stromabwärts gelegenen Tangential-Einlasskanal nicht mehr als Tangentialkanal, sondern entsprechend Merkmal M3 senkrecht zu der Reihenrichtung zur Einlassöffnung hin zu führen. Eine solche Richtung - etwa in der Mitte zwischen einem tangential und einem radial verlaufenden Kanal - wird durch S1 für diesen Kanal nicht nahegelegt, denn S1 schlägt für direkteinspritzende Dieselmotoren grundsätzlich Spiralkanäle oder Tangentialkanäle vor, siehe S1, Seite 140 siebtletzte Zeile bis Seite 141 erste zwei Absätze.
Auch in Zusammenschau mit den weiteren Druckschriften gelangt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zu einer Einlasskanalanordnung entsprechend dem Anspruch 1:
Die D1, siehe insbesondere die Zusammenfassung und die Figuren, schlägt - bei einer außerdem vom Merkmal M2.1 abweichenden Anordnung der Einlassöffnungen - zwei Tangentialkanäle vor.
Die D2 sieht eine Kombination vor aus einem Drallkanal, der als Tangentialkanal ausgebildet sein kann, und einem weiteren zur Drallsteuerung teilverschließbaren Kanal, der zwar als Füllkanal ausgelegt ist, jedoch in der Draufsicht auch stets tangential geführt ist, siehe in den Figuren 1, 4, 6, 7 jeweils den Kanal 7.
Die D3, siehe insbesondere die Figuren, offenbart Kanalanordnungen mit einem stromaufwärts gelegenen Spiral-Einlasskanal 10 (10‘, 10‘‘) und einem stromabwärts gelegenen Tangential-Einlasskanal 13, ähnlich S1, Bild 7-74.
Die D4 offenbart eine weitere Kanalanordnung mit einem stromaufwärts gelegenen gekrümmten Einlasskanal 1 (hier nicht als Spiralkanal um eine senkrechte Achse, sondern um eine waagerechte Achse gekrümmt) und einem stromabwärts gelegenen Tangential-Einlasskanal 2, siehe insbesondere die Figuren 1 und 5 sowie Absätze 8, 11.
Die D5 schlägt im Ausführungsbeispiel - bei einer vom Merkmal M2.1 abweichenden Anordnung der Einlassöffnungen, siehe insb. Fig. 5 - eine Kombination vor aus einem stromaufwärts gelegenen Drallkanal 5, der entgegen Merkmal M5 nicht gerade, sondern spiralig ausgeführt ist, siehe Fig. 1 und 5 sowie Seite 4, Zeilen 35, 36, und der entgegen Merkmal M4 nicht parallel, sondern senkrecht zur Reihenrichtung geführt ist, siehe Fig. 1 und 5, und einem weiteren, zur Drallsteuerung teilverschließbaren, stromabwärts gelegenen Füllkanal 4, der tangential geführt ist. D5 erwähnt zwar im allgemeinen Beschreibungsteil die Möglichkeit, siehe Seite 7, Zeilen 24, 25, einen Füllkanal statt tangential auch radial oder in einer dazwischen liegenden Richtung zu führen, stellt dabei jedoch keinen Bezug her zwischen diesen allgemein möglichen Füllkanalrichtungen, möglichen Richtungen und Ausführungen des jeweils anderen Einlasskanals, d. h. des Drallkanals, und möglichen zugehörigen Anordnungen der Einlassöffnungen. Somit ergibt sich auch hieraus keine Anregung, bei der aus S1, Bild 7-74 bekannten, dem Merkmal M2.1 entsprechenden Anordnung der Einlassöffnungen von der dort offenbarten zugehörigen Kanalanordnung abzugehen.
D6 befasst sich mit der Detailgestaltung von tangentialen Einlasskanälen und Spiral-Einlasskanälen.
7) Die Unteransprüche betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Direkteinspritz-Dieselmotors nach Anspruch 1 und sind daher ebenfalls gewährbar.
8) Die Beschwerdegebühr wird gemäß § 80 Abs. 3 PatG zurückgezahlt, nachdem die Prüfungsstelle die Anmeldung wegen einer unzulässigen Erweiterung zurückgewiesen hat, ohne die hilfsweise beantragte Anhörung durchzuführen.
Wird eine beantragte Anhörung versagt, rechtfertigt dies die Rückzahlung der Beschwerdegebühr, wenn die Anhörung sachdienlich gewesen wäre, und dem Beschwerdeführer die Beschwerde erspart geblieben wäre, wenn die Anhörung durchgeführt worden wäre (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. § 73 Rdn. 147).
Eine Anhörung wäre sachdienlich gewesen, da Streitpunkte zur Zulässigkeit der Ansprüche bestanden, die in einer Anhörung hätten geklärt werden können (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl. § 46 Rdn. 8, 11d). In einer Anhörung hätte die Frage der unzulässigen Erweiterung besser erörtert werden können, so dass unzulässige Erweiterungen hätten ausgeräumt werden können und die Beschwerde gegen die Zurückweisung aufgrund unzulässiger Erweiterung vermieden worden wäre. Die Prüfungsstelle selbst hielt im Bescheid vom 13. Juli 2009 eine Anhörung aus prozessökonomischen Gründen für sachdienlich.
Wenn die Anmelderin auf den Bescheid hin nicht von sich aus mit dem Prüfer einen Termin für eine Anhörung abgesprochen hat, sondern eine schriftliche Eingabe mit einer Neufassung der Ansprüche eingereicht hat, kann dies nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sie keine Anhörung mehr wünschte. Dies gilt umso mehr, als sie den hilfsweise gestellten Anhörungsantrag in ihrer Eingabe vom 28. September 2009 sowie auch in der Eingabe vom 21. Dezember 2009 nochmals gestellt hat. Der Ausführung im angegriffenen Beschluss der Prüfungsstelle, dass der Anmelderin offensichtlich nicht an einem mündlichen Verfahren gelegen gewesen sei, kann nicht beigetreten werden. Die Anmelderin hat den Antrag auf Anhörung in jedem ihrer Schriftsätze wiederholt. Wenn sie zusätzlich versuchte, in schriftsätzlichen Eingaben die beanstandeten Mängel auszuräumen, zeigt dies kein mangelndes Interesse an einer Anhörung.
Schneider Bayer Schlenk H. Krüger Fa