9 W (pat) 7/10
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 7/10
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung … hier: Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe,
Kostenrechnung vom 7. August 2014 …
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dipl.-Ing. Sandkämper und Dr.-Ing. Geier beschlossen:
Die Erinnerung des Anmelders wird zurückgewiesen.
BPatG 152 08.05 Gründe I
Der Anmelder hat am 23. Dezember 2008 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 14. Mai 2008 aus dem deutschen Gebrauchsmuster 20 2008 006 552.6 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„…“
eingereicht und gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Erteilung des Patents gestellt.
Mit Beschluss vom 29. September 2009 hat die Patentabteilung 15 des Deutschen Patent- und Markenamts den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Gegen den Beschluss hat der Patentanmelder mit dem am 25. November 2009 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 4. Juni 2014 zurückgewiesen. Die Kostenrechnungsstelle des Bundespatentgerichts hat nach Abschluss des Verfahrens dem Anmelder eine Rechnung vom 7. August 2014 hinsichtlich der Kostenpauschale für Zustellungen übersandt. Dagegen hat der Anmelder mit Schreiben vom 1. September 2014 unter Beifügung seines aktuellen Sozialhilfebescheides vorgebracht, dass für ihn als Sozialhilfeempfänger die Beschwerde gebührenfrei sei. Dieses Schreiben hat die Kostenstellenbeamtin als Erinnerung gegen die Kostenrechnung aufgefasst und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schreiben vom 16. September 2014 hat der Senat unter Darstellung seiner vorläufigen Auffassung dem Anmelder eine Frist zur Stellungnahme von einem Monat gewährt. Seitdem ist kein weiterer Schriftsatz des Anmelders eingegangen.
Wegen des Wortlauts der Anmeldeunterlagen und zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Die im Schreiben vom 1. September 2014 enthaltene Erinnerung des Patentanmelders ist zulässig. Gegen die Zulässigkeit spricht auch nicht, dass der Anmelder sein Schreiben als E-mail an das Gericht versandt hat. Zwar sieht § 11 Abs. 1 S. 3 PatKostG vor, dass eine Erinnerung des Kostenschuldners gegen den Kostenansatz schriftlich bei der Stelle einzulegen ist, die die Kosten angesetzt hat. Bei elektronisch übermittelten Schriftsätzen wie einer E-Mail ist die Schriftform aber nur gewahrt, wenn sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, die den Absender zweifelsfrei als Urheber des Dokuments legitimiert und nachträgliche Änderungen des Dokuments erkennbar machen (vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl. 2014, § 125a Rdn. 4, 6 m. w. N.). Dies gilt insbesondere für einen bestimmenden Schriftsatz wie hier zur Einlegung der Erinnerung: eine solche E-Mail ohne entsprechende Signatur wahrt nicht die erforderliche Schriftform; die auf E-Mails befindliche Absenderbezeichnung stellt lediglich eine einfache und keine qualifizierte Signatur dar (vgl. BGH NJW-RR 09, 357). Allerdings hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Schriftform eines Computerfax festgehalten, dass Ausnahmen von dem Erfordernis der Unterschrift möglich sind (vgl. BerfG NJW 2002, S. 3534). Die Gerichte dürften bei der Anwendung und Auslegung prozessrechtlicher Vorschriften, die die Gewährung rechtlichen Gehörs dienen sollen, keine überspannten Anforderungen stellen. Die Schriftform solle gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung und die Person, von der sie ausgehe, hinreichend zuverlässig entnommen werden könne; außerdem solle sie sicherstellen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handele, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden sei. Hierbei sei die eigenhändige Unterschrift nicht zwingend wesentliche Voraussetzung, sondern müsse davon abhängig gemacht werden, welcher Grad von Formenstrenge nach den maßgeblichen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen zu fordern sei (vgl. BVerfG a. a. O. S. 3535).
Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof die handschriftliche Unterzeichnung einer per Computerfax übermittelten Beschwerde für die Einhaltung der Schriftform nicht für zwingend gehalten. Fehlt die Unterschrift, so genügt die mit dem Fax eingelegte Beschwerde dem Erfordernis der Schriftlichkeit, wenn sich aus dem Inhalt des Schriftstücks mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass die Beschwerde mit Wissen und Wollen des Verfassers gefertigt und der zuständigen Behörde zugeleitet worden ist (vgl. BGH BlfPMZ 2003, S. 427 – Computerfax). Dies sei anzunehmen, wenn der Schriftsatz die erforderlichen Daten des Anmelders, das Aktenzeichen der Anmeldung, das Datum des angefochtenen Beschlusses enthalte. Dies seien Daten, die in der Regel allein dem Anmelder bekannt seien. Zudem könnten sich aus den beigefügten Anhängen Rückschlüsse auf die Identität des Versenders und die Ernsthaftigkeit seines Faxes ergeben (vgl. BGH a. a. O.). Der Senat hält es für geboten, diese Grundsätze ausnahmsweise auf die vorliegende E-Mail anzuwenden, weil es sich um vergleichbare Sachverhalte handelt. Das Computerfax stellt zwar kein elektronisches Dokument gemäß § 125a PatG dar, weil es den Empfänger als papiergebundene Telekopie erreicht; ist dieses aber nicht unterzeichnet, unterscheidet sich das Computerfax im Grunde nicht von einer E-Mail, denn es kann ebenfalls rein elektronisch erzeugt und nur als Fax versandt worden sein. Die E-Mail enthält alle erforderlichen Angaben für die Einlegung der Erinnerung, denn sie nennt das gerichtliche Aktenzeichen und nimmt auf die Kostenrechnung vom 7. August 2014 Bezug. Zudem führt sie einen Grund für die Erinnerung an, nämlich dass die Beschwerde für den Anmelder wegen seiner Sozialhilfeberechtigung gebührenfrei sein müsse. Am Ende sind Namen und Adresse des Anmelders aufgeführt. Als Anhang der E-Mail ist der entsprechende Sozialhilfebescheid beigefügt, der in der Regel nur dem Anmelder als Bezugsberechtigten zur Verfügung steht. Zudem hat das Gericht im Kostenbescheid vom 7. August 2014 eine E-Mail-Adresse angegeben, die nicht auf die Behandlung von Rückfragen (wie ausdrücklich bei der darüber angegebenen Telefonnummer der Geschäftsstelle) beschränkt ist.
Damit hat das Gericht in gleicher Weise, wie vom Bundesgerichtshof in einem anderen Fall entschieden (vgl. BGH GRUR 2008, 838 (840) – Berufungsbegründung per E-Mail), eine besondere Möglichkeit geschaffen, die elektronisch übermittelte Erinnerung in schriftlicher Form einzureichen. Zwar ist in der Rechtsmittelbelehrung zum Kostenbescheid angegeben, dass eine Erinnerung schriftlich einzulegen und von der Person zu unterzeichnen sei, welche die Eingabe verantworte. Für den Nutzer des E-Mail-Verkehrs ist jedoch unzweifelhaft, dass die Unterzeichnung einer E-Mail nur im Wege der Namenswiedergabe möglich ist.
2. Die Erinnerung ist jedoch materiellrechtlich nicht begründet.
Die angegriffene Kostenrechnung entspricht der Sach- und Rechtslage. Der Anmelder ist zur Zahlung der Auslagenpauschale für Zustellungen verpflichtet. Daran ändert sich auch nichts, dass der Anmelder Sozialhilfeempfänger ist. Die zu erhebenden Gerichtskosten richten sich nach § 1 Abs. 1 PatKostG, wobei nach Satz 1 zwischen Gebühren, die sich aus dem PatKostG unmittelbar ergeben, und nach Satz 2 den Auslagen zu unterscheiden ist, für welche auf das Gerichtskostengesetz (GKG) verwiesen wird. Wie der Kostenrechnung zu entnehmen ist, wurde eine Beschwerdegebühr nicht in Rechnung gestellt. Allerdings beruht dies nicht, wie der Anmelder meint, auf seiner Sozialhilfeberechtigung, sondern auf § 2 Abs. 1 PatKostG in Verbindung mit dem als Anlage dazugehörigen Gebührenverzeichnis, in welchem unter Gebühren Nr. 401 300 geregelt ist, dass Beschwerden in Verfahrenskostenhilfesachen gebührenfrei sind. Für Auslagen sieht § 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis zu § 3 Abs. 2 unter Nr. 9002 vor, dass als Pauschale für Zustellungen mit Zustellungsurkunde jeweils ein Betrag von 3,50 € zu erheben ist. Dem entspricht auch die angegriffene Kostenrechnung. Nachdem die Kostenbefreiungstatbestände der §§ 3 und 4 GKG offensichtlich nicht einschlägig sind und die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss nicht erfolgreich war, verbleibt für eine Befreiung von der Zustellungspauschale im vorliegenden Fall keine Rechtsgrundlage. Jedenfalls kann hierzu nicht der Bezug von Sozialhilfe dienen, nachdem ein solcher nicht generell von der Zahlung von Patentgebühren (gegebenenfalls in Raten) befreit.
Nach alledem konnte die Erinnerung keinen Erfolg haben.
Hilber Paetzold Sandkämper Dr. Geier Ko