7 W (pat) 30/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 30/16
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 11 2014 005 344.9 wegen Einleitung der nationalen Phase hier: Anspruchsgebühren hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 17. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr BPatG 152 08.05 beschlossen:
Der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts wird anheim gegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten.
Gründe I.
Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen den Beschluss der Prüfungsstelle 15.PCT des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 4. Oktober 2016 mit der Feststellung, dass die Wirkung der internationalen Anmeldung PCT/IB2014/065737 in der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 24 Abs. 1 Buchst. iii PCT/Art. 39 Abs. 2 PCT nach § 6 Abs. 2 PatKostG beendet sei.
Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Am 31. Oktober 2014 reichte die Anmelderin für eine Erfindung mit der Bezeichnung „Mittels Nockenelement einstellbare Kühlpumpengruppe“ die internationale Anmeldung PCT/IB2014/065737 mit 16 Patentansprüchen ein, für die die Priorität einer italienischen Voranmeldung vom 22. November 2013 in Anspruch genommen wird. Die Anmeldung wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 11 2014 005 344.9 geführt.
Am 20. Mai 2016 reichte die Anmelderin die Unterlagen für die Einleitung der nationalen Phase beim Deutschen Patent- und Markenamt mit einem gegenüber der ursprünglichen internationalen Anmeldung geänderten Anspruchssatz mit 13 Ansprüchen für das deutsche Verfahren ein. Sie fügte ein Formular mit Angaben zum Verwendungszweck des Mandats mit der Mandatsreferenznummer ZUEV82050012214011112013 bei und trug dort unter der Gebührennummer
150 (Anmeldegebühr) „60,00 Euro“ und unter Gebührennummer 311 160 (Anspruchsgebühr) „90,00 Euro“ für weitere drei Ansprüche ein. Zusätzlich vermerkte sie in ihrem am 20. Mai 2016 beim Patentamt eingereichten Schriftsatz:
„Die Anmeldegebühr in Höhe von Euro 60,00 sowie die Anspruchsgebühren für 3 weitere Ansprüche in Höhe von Euro 90,00 wird durch die beigefügten Angaben zum Verwendungszweck des Mandats (Vordruck A 9532) mit der Mandatsreferenznummer ZUEV82050012214011112013 entrichtet. Sollte das DPMA der Auffassung sein, dass der Gebührenbetrag unzureichend ist, wird das DPMA hiermit ermächtigt, den fehlenden Betrag von dem über die Mandatsreferenznummer angegebenen Konto einzuziehen.“
Der Zahlungseingang in Höhe von 150,- Euro wurde vom Patentamt am 21. Juni 2016 verbucht.
Am 7. Juni 2016 übersandte das Patentamt eine Empfangsbescheinigung und wies die Anmelderin telefonisch darauf hin, dass Gebühren nicht in ausreichender Höhe gezahlt worden seien und dass die Zahlungsfrist bereits abgelaufen sei. Hingewiesen wurde u. a. auch auf die Möglichkeit, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen.
Die Prüfungsstelle 15.PCT des Patentamts stellte mit signiertem Beschluss vom 4. Oktober 2016 fest, dass die in Art. 11 Abs. 3 PCT vorgesehene Wirkung der internationalen Anmeldung in Deutschland gemäß Art. 24 Abs. 1 Buchst. iii PCT/Art. 39 Abs. 2 PCT beendet sei, da die insgesamt in Höhe von 240,- Euro für 16 Patentansprüche zur Zahlung fällige Anmeldegebühr nicht fristgerecht vor Ablauf des 23. Mai 2016 vollständig gezahlt worden sei. Das Patentamt sei weder verpflichtet noch berechtigt gewesen, aufgrund der am 20. Mai 2016 eingereichten Angaben zum Verwendungszweck des Mandats die Anmeldegebühr in korrekter Höhe von 240,- Euro einzuziehen. Die Anmelderin könne sich ihrer Pflicht, fällig gewordene Gebühren rechtzeitig und in zutreffender Höhe zu entrichten, nicht durch ein Schreiben entledigen, nach welchem das Patentamt die einschlägige Höhe der Gebühr zu bestimmen und den Gesamtbetrag einzuziehen habe. Da der Tag des Eingangs des SEPA-Basislastschriftmandats mit Angaben zum Verwendungszweck beim DPMA nach § 2 Nr. 4 PatKostZV als Zahlungstag der Gebühr gelte, müsse der Verwendungszweck aus sich heraus so deutlich und klar gefasst sein, dass der Betrag ohne weiteres vereinnahmt werden könne. Eine Verwendung für zukünftige Zahlungen (Feld 2 auf dem Formular A 9532 - Angaben zum Verwendungszweck des Mandats) sei auf dem Formular mit Angaben zum Verwendungszweck nicht angekreuzt worden; ein Mehrfachmandat zum Einzug weiterer Gebühren habe die Anmelderin nicht erteilt.
Gegen diese Entscheidung, die ihr am 10. Oktober 2016 zuging, wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Zu deren Begründung führt sie aus, aus ihrem Antrag vom 20. Mai 2016 in seiner Gesamtheit gehe ihre Absicht zur fristgerechten vollständigen Zahlung der Anmeldegebühren eindeutig hervor. § 1 Abs. 2 PatKostZV sei als Soll-Vorschrift formuliert; Angaben zum Verwendungszweck des Mandats seien nicht an ein bestimmtes Formular gebunden. Durch eine Berechnung der Höhe des einzuziehenden Betrages werde das Patentamt nicht unzumutbar belastet, denn diese Berechnung müsse unter Prüfungsgesichtspunkten ohnehin stets dort stattfinden.
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Der Senat neigt aus vorläufiger Sicht zu einer der Beschwerde stattgebenden Entscheidung.
1. Die Gebühr für die Aufrechterhaltung der am Anmeldetag 16 Patentansprüche umfassenden internationalen Anmeldung als nationale Anmeldung (vgl. Art. 24 Abs. 1 Buchst. iii PCT) betrug, wie das Patentamt zutreffend ausgeführt hat, insgesamt 240,- Euro (Nr. 311 150 und 311 160 des Gebührenverzeichnisses, Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG). Dabei ist für die Höhe der Anmeldegebühr die Anzahl der Patentansprüche am Anmeldetag der internationalen Anmeldung maßgeblich, Art. III § 4 Abs. 3 IntPatÜG i. d. F. vom 19. Oktober 2013, gültig ab 1. April 2014.
2. Die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr endete gem. Art. 22 Abs. 1 PCT mit dem Ablauf der Frist von 30 Monaten seit dem Prioritätsdatum der italienischen Voranmeldung vom 22. November 2013, also gem. § 99 Abs. 1 PatG, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2, § 193 BGB mit Ablauf von Montag, dem 23. Mai 2016.
3. Gem. § 6 Abs. 2 PatKostG gilt die Anmeldung als zurückgenommen, sofern die für eine 16 Patentansprüche umfassende Anmeldung in Höhe von 240,- Euro fällig gewordene Zahlung nicht rechtzeitig in voller Höhe bis zum Ablauf des 23. Mai 2016 bewirkt werden konnte. Die Anmelderin hat die Voraussetzungen zur Bewirkung der Zahlung in der erforderlichen Höhe jedoch durch den Schriftsatz vom 20. Mai 2016 geschaffen, so dass die Rücknahmefiktion nicht eingetreten ist.
a) Der Fiktion des § 2 Nr. 4 PatKostZV entsprechend gilt als Zahlungstag der Tag des Eingangs des SEPA-Lastschriftmandats mit Angaben zum Verwendungszweck, der die Kosten umfasst. Beachtlich ist insoweit der gesamte Eingang in Form des Schriftsatzes vom 20. Mai 2016 mit seinen Anlagen und nicht lediglich das als Anlage beigefügte Formular, das einen geringeren als den erforderlichen Zahlungsbetrag, nämlich nur einen Betrag von 150,- Euro auswies.
Da § 1 Abs. 2 PatKostZV als Soll-Vorschrift formuliert ist, kommt es nicht darauf an, ob die Angaben zum Verwendungszweck des SEPA-Lastschriftmandats vollständig auf dem dafür durch das Patentamt zur Verfügung gestellten Formular
„A 9532 - Angaben zum Verwendungszweck des Mandats“ gemacht wurden. Die Benutzung der durch das Patentamt zur Verfügung gestellten Formulare ist für die Durchführung von Zahlungen nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. Senatsbeschluss v. 23. November 2016 – 7 W (pat) 17/16 - Abschn. II. 2 b; BPatG Mitt. 2016, 192 - babygro).
b) Die Zahlung konnte vielmehr durch die Einreichung des in seiner Gesamtheit der Auslegung gem. § 133 BGB zugänglichen Schriftsatzes vom 20. Mai 2016 mit dem Hinweis
„Sollte das DPMA der Auffassung sein, dass der Gebührenbetrag unzureichend ist, wird das DPMA hiermit ermächtigt, den fehlenden Betrag von dem über die Mandatsreferenznummer angegebenen Konto einzuziehen.“
bewirkt werden. Diese Erklärung enthält zur Begründung eines Zahlungstages hinreichende Angaben zum Verwendungszweck, der die Kosten umfasst. Die konkrete Höhe des Gebührenbetrages ergab sich ohne weiteres erkennbar aus den Anmeldungsunterlagen der internationalen Anmeldung. Für das Patentamt war auch innerhalb der maßgeblichen Zahlungsfrist erkennbar, auf welches konkrete SEPA-Basislastschriftmandat sich die Erklärung beziehen sollte. Somit ist dies bei der Auslegung der fristgebundenen Verfahrenshandlung zu berücksichtigen (vgl. BGH BlPMZ 1974, 210, juris Tz. 18 - Warmwasserbereiter; Schulte, PatG, 9. Aufl., Einleitung Rn. 121 m. w. N).
c) Die Auslegung der genannten Erklärung ist eine Rechtsfrage, für die die behördeninterne Ablauforganisation innerhalb des Deutschen Patent- und Markenamts nicht maßgeblich ist. Der Umstand, dass ein Formular mit Angaben zum Verwendungszwecks eines SEPA-Lastschriftmandats dort in einer anderen, für den Zahlungsverkehr zuständigen Abteilung bearbeitet wird als die Prüfung der Einleitung der nationalen Phase internationaler Anmeldungen, die den Prüfungsstellen des Patentamts und dort nach § 1 Abs. 1 Nr. 13 WahrnV den Mitarbeitern des gehobenen Dienstes übertragen ist, ist also bei der Auslegung der genannten Erklärung nicht zu berücksichtigen.
d) Die Erwägung, dass die Pflicht, fällig gewordene Gebühren rechtzeitig und in ausreichender Höhe zu entrichten, den Anmelder bzw. dessen Vertreter trifft (vgl. Schulte/Schell, a. a. O., § 123 Rn. 121), steht einer stattgebenden Entscheidung nicht entgegen.
Einen Gebührenschuldner innerhalb eines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses treffen - soweit wie hier weder PatKostG noch PatKostZV abweichende Regelungen treffen - keine grundsätzlich anderen Pflichten oder Obliegenheiten als jeden anderen Teilnehmer am SEPA-Lastschriftverfahren. Eine Pflicht zur Bezifferung eines - bezifferbaren, im Übrigen hinreichend konkreten - Zahlungsauftrags trifft den Gebührenschuldner dem Patentamt gegenüber deshalb nicht, weil dieser durch die Ausstellung des SEPA-Basislastschriftmandats bereits vorab einen Zahlungsauftrag als Generalweisung erteilt hat, der noch der Präzisierung bedarf, und der zugleich eine Ermächtigung des Zahlenden gegenüber dem Zahlungsempfänger enthält, den Zahlungsauftrag durch die Einreichung bezifferter Lastschriften zu konkretisieren (vgl. BGHZ 186, 269 = NJW 2010, 3510, Rz. 17 unter Berufung auf Hadding, FS Hüffer, S. 273, 287).
e) Die Rechtsfolge des § 6 Abs. 2 PatKostG ist demzufolge nicht eingetreten, weshalb die Beschwerde zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen dürfte.
III.
Der Senat wird eine Sachentscheidung nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung an die Präsidentin des Deutschen Patentund Markenamts treffen.
Rauch Püschel Schnurr Pr