8 W (pat) 30/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 30/14 Verkündet am 10. August 2017
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 103 62 274 …
BPatG 154 05.11
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hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dipl.-Ing. Rippel, die Richterin Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn beschlossen:
Auf die Beschwerden der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Mai 2014 aufgehoben. Das Patent 103 62 274 wird beschränkt aufrecht erhalten mit folgenden Unterlagen: Ansprüche 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2017 als Hilfsantrag 1; Beschreibung Seiten 2 bis 4 und 6 bis 8 gemäß Patentschrift, Seite 5 überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2017; Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift. Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die aus der am 16. Dezember 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Patentanmeldung 103 58 901 (Stammanmeldung) durch Teilungserklärung abgetrennte Teilanmeldung, die die inneren Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 103 15 567 vom 5. April 2003 und 103 50 297 vom 28. Oktober 2003 in Anspruch nimmt, ist das Patent 103 62 274 mit der Bezeichnung „Torsionsschwingungsdämpfer“ erteilt und die Erteilung am 11. April 2013 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent haben die Beschwerdegegnerinnen mit Schriftsätzen vom 17. April 2013, die beide am selben Tag beim Deutschen- Patent- und Markenamt eingegangen sind, form- und fristgerecht Einspruch erhoben und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang beantragt.
Zur Stützung ihrer Einsprüche haben die Einsprechenden im Laufe des Verfahrens folgende Druckschriften genannt:
D1: DE 43 33 562 A1 D2: DE 32 22 119 C1 D3: DE 44 23 640 A1 D4: DE 195 14 411 A1 D5: DE 39 34 798 A1 D6: DE 199 20 542 A1 D7: DE 101 23 615 A1 D8: DE 39 38 724 A1 D9: US 5 937 978 A D10: JP 2001 / 317 610 A D11: DE 196 54 894 A1 D12: DE 36 30 398 A1 D13: DE 102 36 752 A1 (nachveröffentlicht) D14: US 2001 / 0052443 A1 (Familie zu D7) D15: US 5 088 964 A D16: DE 198 39 528 A1 D17: DE 36 09 149 A1 D18: DE 35 05 069 C1 Zur Begründung hat die Einsprechende zu 1) vorgetragen, der Gegenstand des Patents sei unzulässig erweitert. Zudem sei er gegenüber der D9 oder der D13 nicht neu oder beruhe zumindest insoweit sowie gegenüber einer Vielzahl von Kombinationen, insbesondere der Druckschriften D1 und D9, D1 und D8, D5 und D9, D5 und D8, D5 und D11, D7 und D9, D10 und D9, D11 und D12, D12 und D11 bzw. in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Einsprechende zu 2) hat im Einspruchsverfahren vorgetragen, der Gegenstand des Patents sei gegenüber der D5 oder der D14 nicht neu oder beruhe zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Gleiches gelte gegenüber einer Zusammenschau der Druckschriften D1 und D8.
Die Patentinhaberin hat den Ausführungen der Einsprechenden widersprochen und sich im Übrigen mit geänderten Patentansprüchen verteidigt.
Mit dem in der Anhörung vom 13. Mai 2014 verkündeten Beschluss hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit den mit Schriftsatz vom 29. November 2013 eingereichten und am 2. Dezember 2013 eingegangenen Unterlagen beschränkt aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden beider Einsprechenden.
Die Beschwerdeführerin zu 1) ist der Auffassung, das Streitpatent sei schon deshalb unzulässig, weil sein Gegenstand gegenüber den mit der Teilungserklärung eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert sei. Für die Frage der unzulässigen Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG sei – wegen der Zäsurwirkung des Erteilungsbeschlusses – nicht auf die Ursprungsoffenbarung der Stammanmeldung, sondern auf die im Zusammenhang mit der Teilungserklärung eingereichten Unterlagen zurückzugreifen. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut von § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG. Gemäß Halbsatz 1 dieser Vorschrift dürfe der Gegenstand des Patents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgehen, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden sei. Dies sei im Fall einer Teilanmeldung die Fassung der Teilanmeldung, das heißt der Anmeldetext, der mit der Teilanmeldung eingereicht werde. Zum anderen dürfe nach Halbsatz 2 bei einer Teilanmeldung der Gegenstand nicht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinausgehen, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist. Dies sei die Fassung der Stammanmeldung, d. h. der Anmeldetext, der mit der Stammanmeldung eingereicht worden sei. Daraus folge, dass nur ein Offenbarungsgehalt, der beiden Bedingungen genüge, genutzt werden dürfe, um ein neues Merkmal aufzunehmen, jedes Merkmal müsse also sowohl in den Unterlagen der Stammanmeldung als auch in den Unterlagen der Teilanmeldung enthalten sein. Anderenfalls komme nämlich § 21 Abs. 1 Nr. 4 HS PatG keinerlei eigenständiger Regelungsgehalt gegenüber dem 1. Halbsatz zu. Diesen Anforderungen genügten mehrere Merkmale, insbesondere die Ergänzung, dass die Zusatzmasse eine „von einem Turbinenrad (19) unabhängige“ Zusatzmasse ist, nicht. Sie seien zwar in den Unterlagen der Stammanmeldung, nicht aber in den Teilungsunterlagen enthalten und erweiterten deshalb den Streitpatentgegenstand in unzulässiger Weise gegenüber der abgetrennten Fassung des erteilten Streitpatents. Die Beschwerdeführerin zu 1 regt an, zu der Frage ob im Fall einer Teilung für die Frage der unzulässigen Erweiterung des Patentgegenstands auf die Unterlagen der Stammanmeldung oder die Teilungsunterlagen abzustellen ist, die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
Beide Beschwerdeführerinnen vertreten im Übrigen die Auffassung, der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig, insbesondere beruhe er gegenüber dem Stand der Technik nach der D5 in Verbindung mit dem Fachwissen eines Fachmanns oder durch eine Kombination der Druckschriften D5 und D8 bzw. D5 und einer der Druckschriften D15 bis D18 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Zur weiteren Verteidigung legt die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2017 einen neuen Hauptantrag vor.
Die Beschwerdeführerin zu 1) hält auch die geltenden Patentansprüche für nicht zulässig, weil der Patentanspruch 1 weiterhin in nicht zulässiger Weise erweitert worden sei, da er nach wie vor die strittige Textstelle enthalte und auch im Übrigen vom Wortlaut des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 abweiche.
Die Einsprechenden und Beschwerdeführerinnen stellen den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Mai 2014 aufzuheben und das Patent 103 62 274 vollständig zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,
die Beschwerden zurückzuweisen und das Patent 103 62 274 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2017 überreichten bisherigen Hilfsantrag 1 mit Ansprüchen 1 bis 14 und geänderter Seite 5 der Beschreibung aufrechtzuerhalten.
Die Patentinhaberin widerspricht den Ausführungen der Einsprechenden und hält die geltenden Patentansprüche für zulässig. Insbesondere enthalte der geltende Anspruch 1 keine Erweiterung, sondern beschränke den erteilten Gegenstand in zulässiger Weise. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sei gegenüber den im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet mit einer vom Senat ergänzten Merkmalsgliederung:
1. Torsionsschwingungsdämpfer (80) an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung, umfassend:
2. ein antriebsseitiges Übertragungselement (78), 3. ein Zwischen-Übertragungselement (94),
3.1. das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement (94) abstützender erster Energiespeicher (86) bezüglich des antriebsseitigen Übertragungselements (78) um eine Drehachse (3)
drehbar ist, 4. und ein abtriebsseitiges Übertragungselement (104),
4.1. das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement (94) abstützender zweiter Energiespeicher (100) bezüglich des Zwischen-Übertragungselements (94) um die Drehachse (3) drehbar ist,
5. wobei ein Turbinenrad (19) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung (1) gemeinsam mit dem abtriebsseitigen Übertragungselement (104; 106) drehfest mit einem abtriebsseitigen Bauteil (33; 116) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung (19) verbunden ist,
6. wobei an dem Zwischen-Übertragungselement (94) ein Masseelement (112) festgelegt ist, dadurch gekennzeichnet,
7. dass das Masseelement (112) eine von einem Turbinenrad (19) unabhängige Zusatzmasse (114) umfasst und
8. das Masseelement (112) einen am Zwischen-Übertragungselement (94) befestigten Träger (118) für die Zusatzmasse (114) umfasst.
Der nebengeordnete Patentanspruch 10 lautet:
„Hydrodynamische Kupplungsanordnung mit einem Torsionsschwingungsdämpfer (80) nach Anspruch 1 im Drehmomentübertragungsweg zwischen einer Überbrückungskupplung (48) und einem abtriebsseitigen Bauteil (33), wobei ein Turbinenrad (19) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit dem abtriebsseitigen Bauteil (33) zur Übertragung von Drehmoment gekoppelt ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Turbinenrad (19) drehfest mit dem abtriebsseitigen Bauteil (33) verbunden ist.“
Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Wortlauts der weiteren jeweils abhängigen Patentansprüche wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
1. Die form- und fristgerecht erhobenen Beschwerden sind zulässig. Sie führen gemäß § 79 Abs. 1 PatG zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents.
2. Das Streitpatent betrifft nach geltendem Patentanspruch 1 einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung.
Nach den Ausführungen in den Absätzen [0011] bis [0014] der Streitpatentschrift können die bekannten Torsionsschwingungsdämpfer in unterschiedlichen Ausführungen jeweils entweder die dritte oder vierte Eigenfrequenz in ausreichender Weise ausgleichen, jedoch könne gleichzeitig nicht auf die dritte und vierte Eigenfrequenz Einfluss genommen werden, so dass beim Durchfahren der diesen zugeordneten Drehzahlbereiche Geräusche auftreten können.
Daher besteht nach den Ausführungen in Absatz [0015] der Streitpatentschrift die Aufgabe der Erfindung darin, einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer Überbrückungskupplung einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung so auszubilden, dass unerwünschte Geräusche nicht mehr wahrnehmbar sind.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt nach den Angaben in der Patentschrift durch einen Torsionsschwingungsdämpfer gemäß dem geltenden Patentanspruch 1.
Als der zur Beurteilung der Patentfähigkeit zuständige Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit zumindest Fachhoch- schulausbildung anzusehen, der mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von hydrodynamischen Wandlern aufweist.
3. Einige Merkmale der geltenden Patentansprüche bedürfen einer Auslegung.
Das Streitpatent betrifft nach geltendem Patentanspruch 1 einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung. Mit den Merkmalen 2 bis 4.1 werden die wesentlichen Bauteile und deren Zusammenwirken eines an sich bekannten Torsionsschwingungsdämpfers an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung beschrieben, der zwei in Reihe angeordnete Koppelvorrichtungen aufweist. Wie in Absatz [0035] der Streitpatentschrift beschrieben können die in den Merkmalen 2 bis 3.1 aufgeführten Bauteile (antriebsseitiges Übertragungselement, erste Energiespeicher, Zwischen-Übertragungselement) als eine antriebsseitige Koppelvorrichtung bezeichnet werden, während die in den Merkmalen 4 und 4.1 aufgeführten Bauteile als abtriebsseitige Koppelvorrichtung bezeichnet werden können.
Nach Merkmal 5 ist ein Turbinenrad der hydrodynamischen Kupplungsanordnung gemeinsam mit dem abtriebsseitigen Übertragungselement drehfest mit einem abtriebsseitigen Bauteil der hydrodynamischen Kupplungsanordnung verbunden, so dass keine radiale Relativbewegung zwischen Turbinenrad und abtriebsseitigem Übertragungselement, beispielsweise der Turbinenradnabe, möglich ist.
Nach Merkmal 6 ist an dem Zwischen-Übertragungselement ein Masseelement festgelegt. Diese Formulierung stellt klar, dass es sich bei dem Masseelement nicht um die Eigenmasse des Zwischen-Übertragungselements handelt, sondern um ein weiteres Bauteil mit eigener Masse, das am Zwischen-Übertragungselement befestigt ist.
Die Merkmale 7 und 8 präzisieren das Merkmal 6 dahingehend, dass das Masseelement eine von dem Turbinenrad unabhängige Zusatzmasse sowie einen am Zwischen-Übertragungselement befestigten Träger für die Zusatzmasse umfasst. Der Begriff „Zusatzmasse“ präzisiert somit, dass ein zusätzliches Bauteil mit eigener (nennenswerter) Masse über den Träger an dem Zwischen-Übertragungselement befestigt ist und geeignet sein muss, die Massenträgheit des Systems zu erhöhen. Darüber hinaus stellt die Ergänzung „von dem Turbinenrad unabhängige Zusatzmasse“ klar, dass das Turbinenrad nicht die Zusatzmasse bildet und auch nicht Teil der Zusatzmasse ist.
4. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig. Ihre Gegenstände sind auch patentfähig, weil sie neu sind und sich nicht in naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergeben.
4.1. Die nunmehr geltend gemachten Patentansprüche führen nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des Patentgegenstands gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG. Danach ist ein Patent zu widerrufen, wenn der Gegenstand der Anmeldung über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist. Um festzustellen, ob eine unzulässige Erweiterung des Patentgegenstands vorliegt, ist der Gegenstand des Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Anmeldung zu vergleichen. Weist er ein Merkmal auf, das nicht ursprünglich offenbart war, liegt eine unzulässige Erweiterung des Patentgegenstands vor. Gegenstand der Anmeldung ist das, was ein Fachmann dem Gesamtinhalt der ursprünglichen Anmeldung, also Ansprüchen, Beschreibung und Zeichnungen unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens am Anmeldetag unmittelbar und eindeutig entnimmt. Im Fall der Teilung der Patentanmeldung gemäß § 39 PatG kann für die Teilanmeldung der gesamte Inhalt der Ursprungsanmeldung ausgeschöpft werden, da sie zu einer rein verfahrensrechtlichen Teilung des Prüfungsverfahrens führt. Unter der Ursprungsanmeldung ist der Inhalt der ursprünglichen Stammanmeldung zu verstehen (BGH GRUR 2000, 688, 689 – Graustufenbild; BPatGE 40, 282 – Informationsträger; BGHZ 152, 172-182 – Sammelhefter I; BPatGE 52, 288-289 – Winkelmesseinrichtung (insoweit die Ausführungen BPatG BPatGE 51, 271-284 bestätigend)). Eine gesonderte Prüfung, ob der Gegenstand der Patentansprüche auch durch den Offenbarungsgehalt der Teilanmeldung gedeckt ist, findet jedenfalls im deutschen Recht – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zu 1) - nicht statt (BPatG BPatGE 51, 271-284 – Winkelmesseinrichtung m. w. N., Schulte § 39 PatG, 10. Aufl. 2017, Rdnr. 42, § 21 PatG Rdnr. 77; Busse/Keukenschrijver § 39 PatG, 8. Aufl. 2016 Rdnr. 30).
Die Argumentation der Beschwerdeführerin, aus dem Wortlaut von § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG sei zu folgern, dass bei einer Teilanmeldung eine unzulässige Erweiterung auch dann vorliege, wenn die Patentansprüche Merkmale enthielten, die zwar in der Stammanmeldung, nicht aber in der Trennanmeldung offenbart seien, da andernfalls dem zweiten Halbsatz dieser Regelung kein eigenständiger Regelungsgehalt zukomme, verkennt, dass § 21 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 PatG schon nach seinem Wortlaut kein zusätzliches Prüfungskriterium aufstellt, sondern gerade die Funktion hat klarzustellen, dass maßgeblich für die Frage der Zulässigkeit einer Änderung der Patentansprüche auch im Sonderfall der Teilanmeldung nur auf die ursprüngliche Offenbarung in der Stammanmeldung und nicht auf die mit der Trennungserklärung eingereichten Unterlagen abzustellen ist.
Im Ergebnis ist vorliegend jedoch eine Entscheidung über diese von der Beschwerdeführerin zu 1) aufgeworfene Rechtsfrage letztlich nicht zu treffen. Denn die Merkmale der geltenden Patentansprüche sind sowohl in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen der Stammanmeldung DE 103 58 901 A1 als auch in der durch die Teilung hervorgegangenen Streitpatentschrift offenbart.
4.1.1. Die Merkmale 1 bis 4.1 des geltenden Patentanspruches 1 sind im Patentanspruch 1 der Stammanmeldung 103 58 901 in Verbindung mit den Ausführungen in den Absätzen [0046] bis [0048] offenbart, in denen die wesentlichen Bauteile eines Torsionsschwingungsdämpfers mit zwei in Reihe geschalteten Koppelvorrichtungen genannt und deren Zusammenwirken entsprechend der Merkmale 3.1 und 4.1 im Einzelnen beschrieben ist.
Das Merkmal 5 ist im Absatz [0017] der Stammanmeldung 103 58 901 als bevorzugte Ausgestaltung der Erfindung offenbart.
Das Merkmal 6 ist im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 der Stammanmeldung 103 58 901 in Verbindung mit den Ausführungen im Absatz [0052] offenbart.
Die Merkmale der Ansprüche 7 und 8 sind in den Ansprüchen 25 bis 27 der Stammanmeldung 103 58 901 offenbart. Insbesondere ist im Anspruch 25 auch die vom Turbinenrad „unabhängige“ Zusatzmasse offenbart.
Entgegen der Auffassung der Einsprechenden bedarf es nicht der Aufnahme weiterer Merkmale in den Patentanspruch 1, beispielsweise Merkmale aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 betreffend die Koppelvorrichtungen, weil nach gefestigter Rechtsprechung die ursprünglich eingereichten Ansprüche lediglich als Formulierungsvorschläge anzusehen sind und der geltende Patentanspruch die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann, wie die Ausführungen zu II.3 belegen.
Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 2 sind in dem Anspruch 27 der Stammanmeldung 103 58 901 i. V. mit der zeichnerischen Darstellung nach den Figuren 1 und 2 offenbart. Auch die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 3 sind in der Figur 2 der Stammanmeldung 103 58 901 offenbart.
Die Merkmale der geltenden Patentansprüche 4 und 5 sind in den Ansprüchen 26 und 27 offenbart.
Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 6 sind im Anspruch 28 offenbart.
Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 7 sind in den Ansprüchen 8 und 15 der Stammanmeldung 103 58 901 offenbart.
Bereits in den Absätzen [0001] und [0024] ist offenbart, dass der streitpatentgemäße Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung Verwendung findet, so dass auch ein auf eine hydrodynamische Kupplungsanordnung mit einem Torsionsschwingungsdämpfer nach Anspruch 1 gerichteter Patentanspruch grundsätzlich zulässig ist.
Die einzelnen im nebengeordneten Patentanspruch 10 sowie den darauf bezogenen Unteransprüchen 11 bis 14 enthaltenen Merkmale sind in der Figur 2 und den entsprechenden Beschreibungsteilen in den Absätzen [0017], [0052] und [0053] der Stammanmeldung 103 58 901 offenbart.
Daher sind alle Merkmale der geltenden Patentansprüche in Unterlagen der Stammanmeldung 103 58 901 als zur Erfindung gehörig offenbart.
4.1.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zu 1) sind die Merkmale der nunmehr verfolgten Patentansprüche auch in der durch Abtrennung eines Teilbereichs der Anmeldung entstandenen Streitpatentschrift DE 103 62 274 B4 sowie den Ursprungsunterlagen der Teilanmeldung offenbart.
Die Merkmale 1 bis 4.1 sowie 6 sind nahezu wörtlich im Patentanspruch 1 der Streitpatentschrift DE 103 62 274 B4 und auch in dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 der Teilanmeldung enthalten, wobei die Ergänzung „an einer Überbrückungskupplung“ im Absatz [0001] der Beschreibung offenbart ist und die jeweils in den Merkmalen 3.1 und 4.1 vorgenommenen Ergänzungen hinsichtlich der „sich an dem Zwischen-Übertragungselement (94) abstützender“ Energiespeicher sich aus den Absätzen [0033] bis [ 0035] der Streitpatentschrift bzw. aus den wortgleichen Textstellen der ursprünglich eingereichten Beschreibungsseite 15 der Teilanmeldung ergeben.
Das Merkmal 5 ist im Absatz [0021] der Streitpatentschrift bzw. auf Beschreibungsseite 7, 1. Absatz der ursprünglich eingereichten Teilanmeldung offenbart. Auch die Merkmale 7 und 8 sind bis auf die Ergänzung, dass die Zusatzmasse eine „von einem Turbinenrad (19) unabhängige“ Zusatzmasse ist, bereits im erteilten Patentanspruch 1 bzw. im ursprünglichen Patentanspruch 2 der Teilanmeldung enthalten. Denn der ursprüngliche Patentanspruch 2 des abgetrennten Teils (sowie auch der erteilte Patentanspruch 1) enthielt bereits das allgemein formulierte Merkmal, dass „das Masseelement (112) eine Zusatzmasse (114) und einen am Zwischen-Übertragungselement (94) befestigten Träger (118) für die Zusatzmasse (114) umfasst“. Der Fachmann erkennt unmittelbar und eindeutig, dass hierunter genau zwei mögliche unterschiedliche Ausführungsformen fallen, nämlich zum einen die im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 dargestellte Ausführungsform, bei der das Masseelement (112) eine am Turbinenrad (19) befestigte und deshalb von dem Turbinenrad (19) abhängige Zusatzmasse (114) umfasst, und zum anderen die im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 dargestellte Ausführungsform, bei der das Masseelement (112) eine von einem Turbinenrad (19) unabhängige Zusatzmasse (114) umfasst, weil die Zusatzmasse gemäß der Darstellung in Figur 2 mit Abstand gegenüber dem Turbinenrad angeordnet ist und deshalb in Umfangsrichtung gegenüber dem Turbinenrad verlagerbar ist, wie ausdrücklich in Absatz [0039] der Streitpatentschrift bzw. auf Beschreibungsseite 17 der ursprünglich eingereichten Teilanmeldung beschrieben ist.
Wenngleich die Ergänzung, dass die Zusatzmasse eine „von einem Turbinenrad (19) unabhängige“ Zusatzmasse ist, nicht wörtlich in der abgeteilten Anmeldung sowie der Streitpatentschrift enthalten ist, ist diese Ausführungsform in der abgeteilten Fassung dennoch als eine mögliche Ausführungsform der Erfindung offenbart, weil sie vom Wortlaut des ursprünglich erteilten Patentanspruchs 1 mitumfasst ist und mit Figur 2, in der deutlich ein Spalt zwischen Zusatzmasse und Turbinenrad zu erkennen ist, auch eine Figur auf genau dieses Ausführungsbeispiel gerichtet ist.
Da die nunmehr beanspruchten Anspruchsmerkmale sowohl in der Stammanmeldung als auch in der Streitpatentschrift als mögliche Ausführungsform der Erfindung offenbart sind, kann die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Rechtsfrage nach der Relevanz der Teilanmeldung für die unzulässige Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG im Ergebnis als nicht entscheidungsrelevant dahingestellt bleiben. Auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 100 PatG liegen mangels Entscheidungsrelevanz der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht vor.
4.2. Die von der Patentinhaberin mit ihrem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hauptantrag verfolgten Patentansprüche in der nunmehr verfolgten Anspruchsfassung führen auch nicht zu einer unzulässigen Schutzbereichserweiterung gegenüber dem Patent in der bereits erteilten Fassung nach der Patentschrift DE 103 62 274 B4. Wie aus den Ausführungen in Abschnitt 4.1.2 ohne weiteres erkennbar ist, führen die in den Merkmalen 1, 3.1, 4.1 und 5 gegenüber der erteilten Fassung vorgenommenen Ergänzungen zu einer klaren Beschränkung des Schutzbereichs, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wird. Aber auch die im Merkmal 7 vorgenommene Ergänzung, wonach das Masseelement „eine von einem Turbinenrad (19) unabhängige“ Zusatzmasse (114) umfasst, beschränkt den Schutzbereich des Patents auf eine Ausführungsform, bei der das Masseelement eine von dem Turbinenrad unabhängige Zusatzmasse aufweist und deshalb nicht am Turbinenrad befestigt sein kann, wozu zur Begründung auf die vorstehenden Ausführungen im Abschnitt 4.1.2 verwiesen wird.
4.3. Der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist patentfähig, §§ 1 bis 5 PatG.
4.3.1. Die Neuheit des zweifellos gewerblich anwendbaren Torsionsschwingungsdämpfers ist gegeben.
Die nachveröffentlichte D13 (DE 102 36 752 A1) zeigt einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung, bei dem, anders als nach Merkmal 5 beim Streitpatent, das Turbinenrad (35) nicht drehfest, sondern über die Turbinentorsionsdämpfer (40, 43) relativ verdrehbar gegenüber dem abtriebsseitigen Bauteil (32, 33) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung verbunden ist. Bereits aus diesem Grund ist der Streitpatentgegenstand neu gegenüber dem Gegenstand der D13.
Die D5 zeigt in Figur 3 einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit einem antriebsseitigen Übertragungselement (37), einem Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65), das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65) abstützender erster Energiespeicher (15) bezüglich des antriebsseitigen Übertragungselements (37) um eine Drehachse (17) drehbar ist. Das Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65) wird durch die beiden Deckbleche (38, 39) gebildet, die über Nieten (65) untereinander verbunden sind (Sp. 4, Z. 35-41). Weiterhin weist der bekannte Torsionsschwingungsdämpfer nach der D5 entsprechend Merkmalskomplex 4 ein abtriebsseitiges Übertragungselement (40) auf, das gegen die Wirkung sich an dem ZwischenÜbertragungselement (38, 39, 65) abstützender zweiter Energiespeicher (16) bezüglich des Zwischen-Übertragungselements (38, 39, 65) um die Drehachse (17) drehbar ist. Wie die Figur 3 der D5 zeigt, ist das Turbinenrad (9) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung gemeinsam mit dem abtriebsseitigen Übertragungselement (40) über die Nietverbindung (64) drehfest mit einem abtriebsseitigen Bauteil in Form der Nabe (10) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung verbunden.
Anders als beim Streitpatent nach Merkmal 6 ist jedoch an dem Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65) des bekannten Torsionsschwingungsdämpfers nach der D5 ersichtlich kein weiteres Bauteil und somit auch kein (weiteres) Masseelement festgelegt.
Dasselbe gilt auch für das in der Figur 1 dargestellte Ausführungsbeispiel, bei dem als Zwischen-Übertragungselement die Nabenscheibe (46) angesehen werden kann. Auch hier ist - entgegen der Auffassung der Einsprechenden zu 2) - kein weiteres Bauteil mit einer zusätzlichen Masse (Zusatzmasse) vorhanden, das entsprechend Merkmal 6 an der Nabenscheibe (46) festgelegt ist. Bei dem von der Beschwerdeführerin zu 2) als Zusatzmasse angesehenen inneren Bereich der Nabenscheibe (46) mit der L-förmigen Abbiegung handelt es sich zum einen um die eigene Masse der Nabenscheibe und somit nicht um eine zusätzlich befestigte Masse (Zusatzmasse) im Sinne des Streitpatents. Dieser Bereich hat zudem entsprechend der Darstellung in Figur 2 ganz offensichtlich die Funktion, die Nabenscheibe in radialer Richtung zu führen. Somit handelt es sich hierbei auch nicht um ein Masseelement eines (weiteren) Bauteils, das am Zwischen-Übertragungselement (Nabenscheibe (46)) festgelegt ist. Mangels jeglichen am Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65; 46) festgelegten Masseelements sind in Folge auch die Merkmale 7 und 8 nicht verwirklicht, die die Art des Masseelements in Form der Zusatzmasse und des am ZwischenÜbertragungselement (38, 39, 65; 46) befestigten Trägers präzisieren.
Auch die Druckschriften D1, D2, D6, D10, D12 haben ähnlich der D5 allenfalls über Verbindungsmittel (Nieten) verbundene Blechteile als Zwischen-Übertragungselement und somit keinen Torsionsschwingungsdämpfer zum Inhalt, bei dem an dem Zwischen-Übertragungselement ein Masseelement in Form einer Zusatzmasse festgelegt ist, die geeignet ist, das Massenträgheitsmoment des Torsionsschwingungsdämpfers zu beeinflussen.
Die D8 (DE 39 38 724 A1) zeigt gemäß Figur 1 einen hydrodynamischen Drehmomentwandler (1) mit Überbrückungskupplung (2), bestehend aus einem etwa topfförmigen Gehäuse (30), das auf der Bodenseite antreibbar und auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Pumpenrad (4) verbunden ist, einem zwischen Boden (29) und Pumpenrad (4) angeordneten Turbinenrad (5), das über eine Nabe (6) auf einer Getriebewelle gelagert ist, und einer zwischen Turbinenrad (5) und Boden (29) des Gehäuses angeordneten Überbrückungskupplung (2), deren Kolben (7) an der Innenwandung des Bodens (29) anlegbar ist und mit dieser eine Reibfläche (8) bildet und im angelegten Zustand das Drehmoment vom Gehäuse über eine Koppelvorrichtung (Torsionsfedern 10) auf die Getriebewelle überträgt. Zur besseren Dämpfung von Torsionsschwingungen, insbesondere nach Spalte 3, Zeilen 54 bis 65 zur Verbesserung der schwingungsmäßigen Entkoppelung im niedrigen Drehzahlbereich, ist eine Zusatzmasse (22, 23, 24) angeordnet. Die Zusatzmasse kann einerseits nach Figur 1 i. V. mit den Ausführungen in der Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 17 bis 25 mit Bezugszeichen 22 über die Nabenscheibe (11) drehfest an der Nabe (6) angeordnet sein oder aber entsprechend einer weiteren Ausführungsform nach Figur 4 und 5 und Spalte 3, Zeilen 63 bis 65 direkt am Turbinenrad mit Bezugszeichen (23 bzw. 24). Die zentrale Lehre der D8 (s. kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1) ist darauf gerichtet, die Zusatzmasse nach der (einzigen) Koppelvorrichtung (Torsionsfedern 10) anzuordnen. Dies ist auch mehrfach in der Beschreibung der D3 ausdrücklich hervorgehoben, beispielsweise in Spalte 1, Zeilen 38 bis 40. Anders als der Streitpatentgegenstand weist der bekannte Torsionsschwingungsdämpfer nach der D8 nur erste Energiespeicher auf, so dass weder zweite Energiespeicher noch ein Zwischen-Übertragungselement vorhanden sind. Bereits deshalb ist der Streitpatentgegenstand neu gegenüber dem Gegenstand der D8. Auch die Druckschriften D3, D4, D11, D15 bis D18 haben keinen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit zwei in Reihe geschalteten Energiespeichern zum Inhalt.
Die D9 (US 5 937 978 A) zeigt bezüglich der von der Beschwerdeführerin zu 1) genannten Figuren 22 und 24 jeweils einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung (10), bei der ein antriebsseitiges Übertragungselement (802; 902) offenbar unmittelbar sowohl mit ersten Energiespeichern (812; 912) als auch mit zweiten Energiespeichern (818; 917) verbunden ist. Durch die parallele Anordnung der beiden Federn weist dieser bekannte Torsionsschwingungsdämper daher auch kein Zwischen-Übertragungselement im Sinne der Merkmale 3 bis 4.1 des Streitpatents auf, das zwischen den beiden Energiespeichern angeordnet ist und das Drehmoment vom ersten Energiespeicher auf den zweiten überträgt. Da somit die D9 weder ein abtriebsseitiges Übertragungselement noch ein Zwischen-Übertragungselement im Sinne der Merkmale 3.1 bis 4.1 aufweist, ist der Gegenstand nach geltendem Patentanspruch 1 neu gegenüber der D9.
Die D14 (US 2001 / 005 24 43 A1) sowie die zur selben Familie gehörende D7 zeigen und beschreiben Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit einer Überbrückungskupplung und besonders bezüglich der Figuren 1 bis 4 ein antriebsseitiges Übertragungselement (51e), ein Zwischen-Übertragungselement (55), als Federhalter bezeichnet, das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement (55) abstützender erster Energiespeicher (54a) bezüglich des antriebsseitigen Übertragungselements (51e) um eine Drehachse O-O drehbar ist, und ein abtriebsseitiges Übertragungselement (53), das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement (55) abstützender zweiter Energiespeicher (54b) bezüglich des Zwischen-Übertragungselements (55) um die Drehachse O-O drehbar ist. Ein Masseelement als Zusatzmasse ist an dem Zwischen-Übertragungselement (55) nicht festgelegt. Bei dem von der Einsprechenden zu 2) als Zusatzmasse angesehenen Bereich der ringförmigen Außenwand (outer supporting portion 75a) des Federhalters (springholder 75) gemäß den Figuren 6 bis 12, welcher dem freien Ende der Klaue (torque transmitting portion 75d) gegenüberliegt (Fig. 11 u. 12) handelt es sich nicht um einen eine Zusatzmasse bildenden Bereich, sondern um einen Bereich des Federhalters (75), der ein Gleiten der Federn (74) an der Außenwand (75a) ermöglichen soll (Absatz [0114]). Dieser Bereich stellt somit keine zusätzliche Masse dar, sondern ist zur einwandfreien Funktion als Teil des Federhalters gebildet. Anders als beim Streitpatent nach Merkmal 6 ist somit an dem Zwischen-Übertragungselement (55) des bekannten Torsionsschwingungsdämpfers nach der D14/D7 ersichtlich kein weiteres Bauteil und somit auch kein (weiteres) Masseelement in Form einer Zusatzmasse festgelegt.
Damit ist der im geltenden Anspruch 1 beanspruchte Torsionsschwingungsdämpfer auch neu gegenüber der D14 sowie der D7.
4.3.2. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
Die nachveröffentlichte D13 (DE 102 36 752 A1) ist bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
Nächstliegenden Stand der Technik und einen geeigneten Ausgangspunkt bildet der bekannte Torsionsschwingungsdämpfer gemäß der D5, weil er ebenfalls zwei Energiespeicher aufweist und mit dem Ziel einer Verbesserung des Komforts durch Beeinflussung der Eigenfrequenzen entwickelt wurde (Sp. 1, Z. 56 - 61). Sofern der Fachmann bei dem Betrieb des hydrodynamischen Drehmomentwandlers nach der D5 noch störende Geräusche feststellt, wird er aufgrund seines Fachwissens und entsprechend dem Vorgehen bei der D8 die Anordnung von Zusatzmassen innerhalb des Drehmomentwandlers in Erwägung ziehen, um störende Eigenfrequenzen zu reduzieren oder zu verschieben.
Die Übertragung der Lehre nach der D8 auf den Stand der Technik nach D5 veranlasst den Fachmann jedoch dazu, das Masseträgheitsmoment eines auf der Abtriebsseite der Torsionsfederungseinrichtung befindlichen Bauteils zu erhöhen und die Zusatzmasse daher nach den (beiden) Torsionsfedereinrichtungen anzuordnen. In naheliegender Weise wird der Fachmann besonders die in den Figuren 4 und 5 der D8 beschriebenen Lösungen auf die D5 übertragen, weil hierfür auch der erforderliche Bauraum bei der D5 vorhanden ist und auch sonst nahezu keinerlei weitere Änderungen erforderlich sind. Damit gelangt der Fachmann jedoch nicht zur streitpatentgemäßen Lösung, bei der die Zusatzmasse am Zwischen-Übertragungselement und zwischen den beiden Koppelvorrichtungen angeordnet ist. Entgegen dem Vorbingen der beiden Einsprechenden kann auch das Ausführungsbeispiel nach der Figur 1 der D8 den Fachmann nicht dazu anleiten,
die Zusatzmasse am Zwischenübertragungselement anzubringen. Denn auch bei diesem Ausführungsbeispiel ist die Zusatzmasse gemäß den Ausführungen in Spalte 3, Zeilen 10 bis 25 nach der (einzigen) Koppelvorrichtung angeordnet, nämlich über die Nabenscheibe (11), die mittels der Verzahnung (15) drehfest – aber axial verschieblich - an dem Winkelring der Nabe (6) befestigt ist.
Letztlich kann auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu 1) nicht überzeugen, wonach das Prinzip von Schwingungstilgern in unterschiedlichen Ausführungsformen dem Fachmann seit langem bekannt ist, wozu sie auch pauschal auf die im Beschwerdeverfahren noch genannten Druckschriften D15 bis D18 verweist.
Die Druckschriften D15 bis D18 betreffen Schwungräder mit hohen Massenanteilen zur Verringerung von motorseitig erregten Schwingungen und nicht Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung. Sie haben Mehrmassenschwinger zum Inhalt, bei denen zwischen zwei Federsystemen eine Masse angeordnet ist. Sofern die zwischen den zwei Federsystemen angeordnete Masse als Zwischen-Übertragungselement im Sinne des Streitpatents angesehen wird, weist diese Masse jedoch keine (weitere) Zusatzmasse auf, die mit einem zusätzlichen Träger an der Masse angelenkt ist. Schon aus diesem Grund können diese Druckschriften den Fachmann nicht dazu anleiten, an einem Zwischen-Übertragungselement eines Torsionsschwingungsdämpfers an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung eine Zusatzmasse anzuordnen.
Daher führt weder die D5 in Verbindung mit Fachwissen noch eine Zusammenschau der Druckschriften D5 und D8 oder D5 mit einer der Druckschriften D15 bis D18 selbst in Verbindung mit Fachwissen über Schwingungstilger den Fachmann zum Streitpatentgegenstand.
Entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerinnen im Einspruchsverfahren können auch die übrigen Druckschriften die Patentfähigkeit des Streitpatentgegen- stands nicht in Frage stellen, wie der Senat überprüft hat.
Der aus der D9 (US 5 937 978 A) bekannte Torsionsschwingungsdämpfer gemäß den Figuren 22 oder 24 hat, wie vorstehend zur Neuheit beschrieben, schon deshalb einen völlig andersartigen Aufbau, weil dort die beiden Energiespeicher (912, 918) nicht wie beim streitpatentgemäßen Torsionsschwingungsdämpfer in Reihe, sondern parallel zueinander angeordnet sind. Daher weist dieser bekannte Torsionsschwingungsdämpfer auch kein Zwischen-Übertragungselement im Sinne der Merkmale 3 bis 4.1 des Streitpatents auf, das zwischen den beiden Energiespeichern angeordnet ist und Drehmoment und Drehzahl vom ersten Energiespeicher auf den zweiten überträgt. Mangels eines Zwischen-Übertragungselements im Sinne des Streitpatents kann daher die D9 weder für sich, noch in Verbindung mit dem Fachwissen oder den anderen o.g. Druckschriften, insbesondere D5, den Fachmann dazu anleiten eine Zusatzmasse an dem (nicht vorhandenen) Zwischen-Übertragungselement anzubringen. Vielmehr leiten insbesondere die Ausführungsbeispiele nach den Figuren 22 oder 24 der D9 den Fachmann dazu an, von Torsionsschwingungsdämpfer mit in Reihe angeordneten Koppelvorrichtungen entsprechend der D5 abzurücken und stattdessen die Koppelvorrichtungen parallel anzuordnen.
Da der Offenbarungsgehalt des bekannten Torsionsschwingungsdämpfers nach der D1 (DE 43 33 562 A1), die auch keine Zusatzmasse im Sinne des Streitpatents und zudem auch keine drehfeste Verbindung zwischen Turbinenrad und Nabe entsprechend Merkmal 5 aufweist, deutlich hinter dem zurückbleibt, was dem Fachmann aus der D5 bekannt ist, kann auch die D1 dem Fachmann keine Hinweise auf die streitpatentgemäße Lösung geben. Zudem verhindert die bauliche Anordnung der Überbrückungskupplung (218) sowie deren Zusammenwirken mit dem Zwischenübertragungs-Element (255) bereits aus Platzgründen eine Befestigung einer Zusatzmasse über einen Träger am Zwischenübertragungs-Element (255).
Ausgehend von dem Gegenstand nach D1 gelangt der Fachmann daher auch bei Betrachtung der Druckschriften D5, D8, D9 und D15 bis D18 und bei Berücksichtigung seines Fachwissens über Schwingungstilger nicht zum Streitpatentgegenstand.
Dasselbe gilt für die bekannten Torsionsschwingungsdämpfer nach den Druckschriften D2, D6, D7, D10, D12, D14, bei denen ebenfalls kein Masseelement in Form einer Zusatzmasse vorhanden ist, so dass diese Druckschriften nicht über das hinausgehen, was dem Fachmann aus der D5 bekannt ist.
Die Druckschriften D3, D4 und D11 haben ähnlich der D8 keinen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit zwei in Reihe geschalteten Energiespeichern zum Inhalt. Sie gehen daher nicht über das hinaus, was dem Fachmann aus der D8 bekannt ist. Daher führt auch eine Zusammenschau der Druckschrift D5 oder D9 oder D1 oder D7/D14 mit einer der Druckschriften D3, D4, D8, oder D11 den Fachmann nicht zum Streitpatentgegenstand.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents gelangt. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar; vielmehr bedurfte es darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen, um zur beanspruchten Lösung zu gelangen.
Der geltende Patentanspruch 1 ist daher gewährbar.
4.4. Der Patentanspruch 10 ist auf eine hydrodynamische Kupplungsanordnung mit einem Torsionsschwingungsdämpfer nach Anspruch 1 gerichtet.
Da der Patentanspruch 10 aufgrund der Rückbeziehung auf Anspruch 1 auch diejenigen Vorrichtungsmerkmale umfasst, die die Patentfähigkeit des Gegen- stands nach Patentanspruch 1 tragen, ist das Vorliegen der Neuheit sowie der erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird Bezug genommen.
Der Patentanspruch 10 hat daher Bestand.
4.5. Die geltenden Unteransprüche 2 bis 9 und 11 bis 14 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des streitpatentgemäßen Torsionsschwingungsdämpfers nach Patentanspruch 1 oder der streitpatentgemäßen hydrodynamischen Kupplungsanordnung nach Patentanspruch 10, die über Selbstverständlichkeiten hinausreichen. Sie haben daher ebenfalls Bestand.
5. Der Anregung der Beschwerdeführerin zu 1), die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzulassen zu der Frage, ob bei einer Teilanmeldung eine doppelte Prüfung der unzulässigen Erweiterung des Patentgegenstands – sowohl im Vergleich zur Stammanmeldung als auch im Vergleich zu den Unterlagen der Teilanmeldung – zu erfolgen habe, ist der Senat nicht gefolgt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 100 PatG liegen nicht vor, da diese Frage, wie unter Punkt 4.1. ausgeführt, nicht entscheidungsrelevant ist und auch im Übrigen weder über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Zehendner Rippel Uhlmann Brunn prö