VIII ZR 263/19
BUNDESGERICHTSHOF VIII ZR 263/19 BESCHLUSS Vom 17. November 2020 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2020:171120BVIIIZR263.19.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Schneider, die Richterinnen Dr. Fetzer und Dr. Liebert sowie den Richter Dr. Schmidt beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberlandesgerichts München - 32. Zivilsenat - vom 20. August 2019 wird als unzulässig verworfen. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 13.000 € festgesetzt.
Gründe: I.
Die Klägerin erwarb am 2. Dezember 2014 von der Beklagten zu 1 einen gebrauchten VW Touran 2.0 TDI mit einem von der Herstellerin entwickelten Dieselmotor EA 189 zum Preis von 12.257,70 €. Die Übergabe des Fahrzeugs erfolgte am selben Tag. Der Motor wies eine - von den Vorinstanzen als unzulässige Abschalteinrichtung angesehene - besondere Vorrichtung zur Steuerung der Abgasrückführung auf, die erkannte, wenn das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand hinsichtlich der dabei entstehenden Schadstoffemissionen getestet wurde.
In diesem Fall schaltete das System in einen Modus "1", der eine höhere Abgasrückführungsrate und damit verbunden einen geringeren Ausstoß an Stickoxiden bewirkte. Im normalen Straßenverkehr hingegen wurde das Fahrzeug im Modus "0" betrieben, in dem die Abgasrückführung geringer und der Stickoxidausstoß höher ausfiel.
Am 9. November 2016 ließ die Klägerin an ihrem Fahrzeug eine von der Herstellerin angebotene geänderte Software aufspielen, durch die der Motor nur noch in einem veränderten Modus "1" betrieben wird. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2017 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1 die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt, und setzte dieser eine Frist zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bis zum 30. Oktober 2017, was die Beklagte zu 1 ablehnte.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte zu 1 auf Zahlung von 12.257,70 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Pkw sowie Zug um Zug gegen eine Nutzungsentschädigung, in Anspruch genommen. Hinsichtlich der Beklagten zu 2 hat sie die Feststellung beantragt, dass diese verpflichtet sei, ihr Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die daraus resultierten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstand einen geringeren Ausstoß aufweise als im regulären Betrieb im Straßenverkehr. Daneben hat sie gegen die Beklagte zu 1 die Feststellung des Annahmeverzugs sowie gegen beide Beklagten die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend gemacht. Als Streitwert hat die Klägerin in der Klageschrift einen Gesamtbetrag von 12.257,70 € angegeben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Vorinstanzen haben den Streitwert - dem Vorschlag der Klägerin folgend - auf 12.257,70 € festgesetzt.
II.
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer - wie die Beschwerdeerwiderungen mit Recht rügen - den Betrag von 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
a) Mit der Revision, deren Zulassung die Klägerin erstrebt, will sie ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgen. Der sich daraus ergebende Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer beträgt jedoch nur bis 13.000 € und nicht, wie die Nichtzulassungsbeschwerde meint, 26.062,78 €.
b) Die Festsetzung des Streitwerts in Höhe von 12.257,70 € durch die Vorinstanzen entspricht den Angaben der Klägerin bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens. Die Klägerin hat die Wertfestsetzung in erster Instanz nicht beanstandet und ist auch im Berufungsverfahren bis zu dessen Abschluss durch den Zurückweisungsbeschluss des Oberlandesgerichts jedenfalls von einem unter 20.000 € liegenden Wert ausgegangen, was sich daraus ergibt, dass sie noch in ihrer Stellungnahme vom 14. August 2019 zu dem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts vom 16. Juli 2019 von einem Nichterreichen der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO (jetzt: § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ausging.
Soweit sie nunmehr mit der Nichtzulassungsbeschwerde - um die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu erreichen - vorträgt, der Streitwert und demgemäß auch der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteige den Betrag von 20.000 €, kann sie damit im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr gehört werden (vgl. nur Senatsbeschluss vom 30. Juni 2020 - VIII ZR 167/19, juris Rn. 8 mwN). Die erst nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Schreiben vom 9. Januar 2020 namens der klägerischen Prozessbevollmächtigten eingereichte - ohnehin nach § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unstatthafte - Streitwertbeschwerde, in der wie in der vorliegenden Beschwerde vorgetragen wurde, vermag hieran nichts zu ändern.
c) Die Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen ist im Übrigen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist für den Feststellungsantrag gegen die Beklagte zu 2 nicht zusätzlich ein um 20 % gekürzter Betrag in Höhe des von der Klägerin bezahlten Kaufpreises einzustellen. Soweit die Klägerin mit Klageantrag Ziffer 1 die Rückzahlung des Kaufpreises begehrt und von der mit Klageantrag Ziffer 2 begehrten Feststellung der Schadensersatzpflicht auch der bezahlte Kaufpreis umfasst ist, besteht wirtschaftliche Identität. Der Kaufpreis ist deshalb bei der Beschwer nicht zweifach zu berücksichtigen. Das von der Beschwerde für ihre gegenteilige Auffassung herangezogene Urteil des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 23. Juli 2015 (XI ZR 263/14, BGHZ 206, 276), wonach bei der Bemessung der Beschwer die Forderungen mehrerer Beschwerdeführer, die einfache Streitgenossen sind, grundsätzlich zusammenzurechnen sind, ist in der hier vorliegenden Konstellation nicht einschlägig. Denn hier machen nicht mehrere Beschwerdeführer Forderungen geltend. Vielmehr verfolgt die Klägerin als einzige Beschwerdeführerin einen wirtschaftlich identischen, ihr im Ergebnis nur einmal zustehenden Anspruch gegen zwei Beklagte, einmal in Form einer Leistungsklage und einmal als Feststellungsantrag.
Ohne Erfolg beruft sich die Beschwerde zudem darauf, dass neben dem Kaufpreisanspruch von dem gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Feststellungsantrag weitere Schäden umfasst seien, für die der Regelstreitwert von 5.000 € gemäß § 36 GKG in Verbindung mit § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG abzüglich Feststellungsabschlag von 20 % anzusetzen sei. Abgesehen davon, dass selbst bei dem Ansatz von 4.000 € hierfür die Beschwer von 20.000 € (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht erreicht wäre, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen, welche über den Kaufpreis hinausgehenden Schadenspositionen von dem Feststellungsantrag umfasst sein sollen, die den Ansatz dieses Betrags rechtfertigten. Das Berufungsgericht hat dementsprechend in seinem Beschluss vom 27. März 2020 auf die von ihm als Anregung zur Änderung des Streitwerts ausgelegte Streitwertbeschwerde der klägerischen Prozessbevollmächtigten ausgeführt, dass für etwaige über die Rückabwicklung hinausgehende, von dem Feststellungsantrag umfasste Schäden jedenfalls nur 500 € anzusetzen seien. Anhaltspunkte dafür, dass dies unzutreffend ist, bietet der Vortrag der Beschwerde nicht.
III. 12 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Milger Dr. Liebert Dr. Schneider Dr. Schmidt Dr. Fetzer Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.03.2019 - 37 O 7706/18 OLG München, Entscheidung vom 20.08.2019 - 32 U 2149/19 -