23 W (pat) 16/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/13 Verkündet am 22. September 2015
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BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache …
BPatG 154 05.11
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betreffend das Patent 10 2005 014 932 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2015 unter Mitwirkung des Richters Brandt als Vorsitzenden und der Richter Dr. Friedrich, Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 1. April 2005 unter Inanspruchnahme der Priorität JP 2004-158223 vom 27. Mai 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse H01L das nachgesuchte Patent 10 2005 014 932 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Halbleiterbauteil und Verfahren zu seiner Herstellung“ erteilt und dabei insbesondere folgende Druckschriften berücksichtigt:
D1 EP 0 235 550 A1 und D2 EP 0 024 657 A2.
Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 2. Dezember 2010.
Gegen das Patent hat die Einsprechende zu 1) mit Schriftsatz vom 28. Februar 2011, beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag über Fax eingegangen, Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent wegen fehlender Neuheit (§ 3 PatG) und erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) in vollem Umfang zu widerrufen. Dazu hat sie in diesem Schriftsatz neben der bereits aus dem Prüfungsverfahren bekannten Druckschrift D1 auf die weiteren Druckschriften E1 Josef Lutz: Freilaufdioden für schnell schaltende Leistungsbauelemente, Verlag ISLE, 2000, ISBN 3-932633-44-X E2 Nowak, W.-D. u. a.: Improved Switching Behaviour of Fast Power Diodes, In: PCIM Europe, ApriI/May 1989, S. 98-102 E3 DE 198 51 461 A1 verwiesen und insbesondere ausgeführt, dass das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 und das zugehörige Herstellungsverfahren des erteilten Anspruchs 3 durch die Druckschrift E1 neuheitsschädlich vorweggenommen und zudem durch die Druckschriften E2 und D1 jeweils nahegelegt würden.
Mit Schriftsatz vom 2. März 2011, beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag über Fax eingegangen, hat die Einsprechende zu 2) ebenfalls Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) zu widerrufen. Als Beleg hat sie in ihrem Einspruchsschriftsatz sowie in ihrer weiteren Eingabe vom 15. Februar 2013 neben der Druckschrift E1 auf die Druckschriften E4 DE 38 23 795 C2 E5 Wondrak, Wolfgang und Boos Alfred: Helium Implantation for Lifetime Control in Silicon Power Devices In: Proc. of ESSDERC 87, Bologna, 1987, S. 649-652 E6 EP 0 071 276 B1 E7 Vobecký, Jan u. a.: Optimization of Power Diode Characteristics by Means of Ion Irradiation, In: IEEE TRANSACTIONS ON ELECTRON DEVICES Vol. 43, No. 12, December 1996, S. 2283-2289 hingewiesen und dargelegt, dass das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 und das zugehörige Herstellungsverfahren des erteilten Anspruchs 3 durch die Druckschrift E4 i. V. m. einer der Druckschriften E1, E5 oder E7 nahegelegt würden.
Zudem wurde in der Anhörung vom 21. Februar 2013 von der Einsprechenden zu 1) noch folgende Druckschrift in das Verfahren eingeführt:
E8 DE 198 37 944 A1.
Die Patentinhaberin hat in ihren Eingaben vom 13. August 2012 und 4. Februar 2013 dem Vortrag der Einsprechenden widersprochen.
Nach Prüfung des als zulässig angesehenen Einspruchs hat die Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 21. Februar 2013, in der die Patentinhaberin das Patent in der erteilten Fassung und mit den in der Eingabe vom 4. Februar 2013 eingereichten Unterlagen nach Hilfsanträgen 1 bis 4 verteidigt hat, das Streitpatent widerrufen.
In der elektronischen Akte des DPMA finden sich drei in Details unterschiedliche PDF-Dateien mit der Bezeichnung „Beschluss Widerruf - Signiert“ und jeweils drei zugehörige Signaturdateien „SIG-1“, „SIG-2“ und „SIG-3“.
Gegen diesen Beschluss, der Patentinhaberin am 18. März 2013 zugestellt, richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 15. April 2013, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, bzw. die präzisierte Fassung der Beschwerde vom 16. April 2013, mit den nachgereichten Eingaben vom 13. August 2013 und 21. September 2015, in denen zusätzlich auf die Anlage A Anders, André (Ed.); Handbook of plasma immersion ion implantation and deposition, John Wiley & Sons, 2000, S. 658-663, ISBN 0-471-24698-0 und einen Wikipedia-Auszug zum Begriff „Halbwertsbreite“ verwiesen wird.
Mit Schriftsätzen vom 11. November 2013 und 14. September 2015 bzw. 16. September 2015 haben die Einsprechenden zu 1) bzw. 2) dem Vortrag der Patentinhaberin widersprochen.
Die Patentinhaberin beantragt,
1.Hauptantrag Den Beschluss der Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Februar 2013 (schriftlich begründet durch Beschluss vom 13. März 2013) aufzuheben und das Patent Nr. 10 2005 014 932 im erteilten Umfang aufrecht zu erhalten;
2.Hilfsantrag I a.Das Patent Nr. 10 2005 014 932 mit der Bezeichnung „Halbleiterbauteil und Verfahren zu seiner Herstellung“ dem Anmeldetag 1. April 2005 unter Inanspruchnahme der Priorität JP 2004/158223 vom 27. Mai 2004 in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag I, eingegangen am 13. August 2013;
- Beschreibungsseiten 2/14 bis 7/14 gemäß Patentschrift; - 6 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8 gemäß Patentschrift; b.Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
3.Hilfsantrag II a.Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag II, eingegangen am
13. August 2013; - die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen; b.Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
4.Hilfsantrag III a.Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag III, eingegangen am
13. August 2013; - die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen; b.Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
5.Hilfsantrag IV a.Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag IV, eingegangen am
13. August 2013; - die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen; b.Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
6.Hilfsantrag V a.Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag V, eingegangen am
13. August 2013; - die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen; b.Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
7.Hilfsantrag VI a.Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag VI, eingegangen am
13. August 2013; - die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen; b.Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben;
8.Hilfsantrag VII a.Hilfsweise das unter 2a. genannte Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag VII, eingegangen am
21. September 2015; - die unter 2a. genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen; b.Im Übrigen den unter 1. genannten Beschluss aufzuheben.
Die Einsprechende zu 1) beantragt:
Die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Einsprechende zu 2) beantragt:
Die Beschwerde zurückzuweisen.
Der mit Gliederungspunkten versehene, ansonsten aber wörtlich wiedergegebene erteilte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:
Halbleiterbauteil, umfassend:
(a) eine Halbleiterschicht (22) eines ersten Leitfähigkeitstyps;
(b) eine wenigstens 12,6 µm und maximal 22 µm tiefe Diffusionsregion (23), die aus einer Halbleiterregion des zweiten Leitfähigkeitstyps gebildet ist, die selektiv an einer Oberflächenschicht der Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps gebildet ist, mit einer eine tiefste Position d1 aufweisenden p-n-Übergangsfläche (31), die die Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion (23) und der Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps ist;
(c) eine Kurzlebensdauer-Region (32), in der die Lebensdauer der Ladungsträger kürzer ist als die Lebensdauer der Ladungsträger in den anderen Regionen,
(d) indem ein Lebensdauerunterdrücker einbezogen ist, der gebildet ist durch Bestrahlung mit He-Ionen oder anderen leichten Ionen,
(e) wobei die Bestrahlung so durchgeführt wird, dass die Position der Spitze der Ionen in einen Bereich zwischen 80% und 120% der Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) fällt,
(f) und die sich über die gesamte Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23) erstreckt
(g) von einer ersten Tiefenposition d2, die weniger tief ist als die tiefste Position d1 der p-n-Übergangsfläche (31), bis zu einer zweiten Tiefenposition d3, die tiefer ist als die tiefste Position d1 der p-nÜbergangsfläche (31),
(h) wobei das Halbleiterbauteil eine pin-Diode ist.
Anspruch 1 des Hilfsantrags I ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1, indem nach Merkmal (d) das folgende Merkmal (d1) eingefügt wird:
(d1) „aber ohne Elektronenbestrahlung,“.
Anspruch 1 des Hilfsantrags II ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1, indem nach Merkmal (h) das folgende Merkmal (h1) angefügt wird:
(h1) „wobei die pin-Diode eine di/dt-Festigkeit von mindestens 4000 A/µs aufweist und eine Vorwärtsspannung zwischen 1,3 V und 1,425 V aufweist.“
Anspruch 1 des Hilfsantrags III ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1, indem nach Merkmal (f) das folgende Merkmal (f1) eingefügt wird:
(f1) „und sich ausschließlich erstreckt“.
Anspruch 1 des Hilfsantrags IV ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1, indem nach Merkmal (g) das folgende Merkmal (g1) eingefügt wird:
(g1) „wobei die Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) gleich oder größer der Bestrahlungshalbwertsbreite ist und“.
Anspruch 1 des Hilfsantrags V ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1, indem das Merkmal (f) durch das folgende Merkmal (f‘) ersetzt wird (die gegenüber dem erteilten Merkmal (f) zusätzlichen Merkmale sind unterstrichen):
(f‘) „und die Kurzlebensdauer-Region (32) mit einer Breite in der Größenordnung von 5 µm sowohl oberseitig als auch unterseitig von der Position d1 gebildet ist und die Kurzlebensdauer-Region (32) sich über die gesamte Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23) erstreckt“.
Anspruch 1 des Hilfsantrags VI ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1, indem nach Merkmal (h) das folgende Merkmal (h2) angefügt wird:
(h2) „wobei die Diffusionsregion (23) eine Schutzringregion (24, 25) enthält, die um einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als Halbleiterbauteil ein Strom fließt, herumgelegt ist und mit ihren tiefsten Abschnitten in die Kurzlebensdauer-Region (32) hineinragt.“
Anspruch 1 des Hilfsantrags VII ergibt sich aus dem Anspruch 1 des Hilfsantrags VI, indem das Merkmal (f) durch das folgende Merkmal (f‘‘) ersetzt wird (die gegenüber dem erteilten Merkmal (f) zusätzlichen Merkmale sind unterstrichen):
(f‘‘) „und die sich parallel zu einer Unterseite der Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion (23) und der Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps über die gesamte Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23) erstreckt“
und indem nach Merkmal (h2) das folgende Merkmal (h3) angefügt wird:
(h3) „wobei die erste Tiefenposition d2 beabstandet ist von einer Oberseite der Diffusionsregion (23) und einer Oberseite der Schutzringregion (24, 25)“.
Hinsichtlich der abhängigen Ansprüche und des nebengeordneten Verfahrensanspruchs des jeweiligen Antrags sowie der weiteren Einzelheiten wird auf die Patentschrift und den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig. Sie erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2015 aber als unbegründet, da sowohl das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 als auch das der jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge I bis VII gegenüber der Druckschrift E1 i. V. m. der Druckschrift E8 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruht (§ 4 PatG), weshalb das Patent zu widerrufen war (§§ 59 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Der Beschluss der Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamtes hält somit einer Überprüfung stand.
Der Senat legt die Hilfsanträge II bis VII der Patentinhaberin dahingehend aus, dass diese in den genannten Hilfsanträgen – wie auch in ihrem Hilfsantrag I – beantragt, das Streitpatent jeweils „in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten“.
Die Patentinhaberin hat in ihrem Hilfsantrag I beantragt, das Patent „in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten“, wohingegen sie in ihren Hilfsanträgen II bis VII jeweils beantragt hat, das „Patent zu erteilen“. Im Einspruchsbeschwerdeverfahren kann jedoch, wie § 21 und § 61 PatG bestimmen, nur darüber entschieden werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das Patent aufrechtzuerhalten ist oder ob dieses widerrufen wird. Eine Entscheidung, ein Patent zu erteilen, ist im Einspruchsbeschwerdeverfahren somit gar nicht möglich.
Die oben genannte Auslegung ergibt sich aus dem Vorbringen der Patentinhaberin in ihrem Schriftsatz vom 13. August 2013, eingegangen am selben Tag, in dem die Patentinhaberin auf Seite 14 vorträgt, dass der unabhängige Vorrichtungsanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II „auf Anspruch 1 in der erteilten Fassung, spezifiziert jedoch zusätzlich“ durch eine weitere Angabe, basiere. Damit bringt die Patentinhaberin zum Ausdruck, dass es ihr im Hilfsantrag II um eine „Spezifikation“ des erteilten Streitpatents geht, sie also insoweit die beschränkte Aufrechterhaltung des Streitpatents beantragt. Entsprechendes gilt für die Hilfsanträge III bis VI (Schriftsatz vom 13. August 2013, Seiten 16 bis 20) und den Hilfsantrag VII (Schriftsatz vom 21. September 2015, eingegangen am selben Tag, Seite 8).
Die Auslegung der Hilfsanträge II bis VII der Patentinhaberin durch den Senat verstößt nicht gegen den in § 308 Abs. 1 ZPO niedergelegten Grundsatz „ne ultra petita“, wonach das BPatG vom gestellten Antrag nicht abweichen und nur diesem entsprechen oder ihn zurückweisen, nicht aber mehr, weniger oder ein aliud zusprechen kann (siehe dazu Schulte, PatG, 9. Auflage, Einl Rdn. 7). Der genannte Grundsatz hindert nämlich den Senat nicht daran, die von der Patentinhaberin gestellten Anträge auszulegen, weil für die Bestimmung des Antrags nicht nur dessen Wortlaut maßgebend, sondern sein Inhalt durch Auslegung auf der Grundlage des Vorbringens der Patentinhaberin zu ermitteln ist (BGH NJW 1994, 788, 790, II.3.a) – Unterhaltsaufwand für Kind als Schaden; BGH NJW-RR 1997, 1000, 1001, 4. – Fünf- und Zehnjahreslaufzeitklauseln in Versicherungsverträgen (Deutscher Herold); BAG NZA 1993, 561, 562, II.2.b) – Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen sowie bei Anhebung der Gehälter von AT-Angestellten; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Auflage, § 308 ZPO Rdn. 2).
1. In der elektronischen Akte des DPMA existieren drei mit „Beschluss Widerruf - Signiert“ bezeichnete PDF-Dateien, die jeweils, ebenso wie die Dokumentanzeige in den Signaturdateien, zwei Beschlusstexte enthalten, so dass eine präzise Bestimmung der Urschrift nicht möglich ist. Da aber der Tenor und die Gründe der mehrfach vorhandenen Beschlusstexte in den beiden PDF-Dateien übereinstimmen, ist der Inhalt der Entscheidung, die mit den qualifizierten Signaturen verse- hen werden sollte, zumindest bestimmbar (vgl. BPatG BlPMZ 2014, 355, 356 Anordnung zur Erfassung von Berührungen auf einer Trägerplatte), weshalb der Senat keine Veranlassung sieht, das Verfahren nach § 79 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
2. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152; BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“), da nur das Vorliegen eines zulässigen Einspruchs die weitere sachliche Überprüfung eines erteilten Patents erlaubt.
Vorliegend sind die form- und fristgerecht erhobenen Einsprüche beider Einsprechenden zulässig, weil zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der mangelnden Patentfähigkeit aufgrund fehlender Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 3 PatG bzw. § 4 PatG ) jeweils substantiiert Stellung genommen wurde. So haben die Einsprechenden zu 1) und 2) jeweils im Einzelnen angegeben, wo welche Merkmale des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 in den einzelnen Druckschriften offenbart seien, und wie sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch Zusammenschau der Druckschriften ihrer Meinung nach ergebe. Auch zu den Unteransprüchen wurde substantiiert Stellung genommen und angegeben, wo in den genannten Druckschriften die in diesen Ansprüchen beanspruchten Merkmale offenbart seien, oder wie sie sich ergäben. Insgesamt sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Einspruchsgründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, liSp, Abs. 1 Epoxidation; Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 83 bis 89).
3. Das Streitpatent betrifft eine pin-Diode, d. h. eine pn-Halbleiterdiode, bei der zwischen der p- und der n+-dotierten Halbleiterschicht zusätzlich eine schwach ndotierte Halbleiterschicht angeordnet ist, mit einer hohen Festigkeit gegen eine durch einen Spannungsstoß verursachte und auf das Halbleitermodul treffende Spannungsstoßwelle sowie das zugehörige Herstellungsverfahren.
Solche pin-Dioden werden u. a. in Kraftfahrzeug-Leistungsmodulen verwendet. Beispielsweise wird für ein Modul mit einer Nennspannung von 1200 V eine pinDiode mit einer Durchbruchspannung von mindestens 1600 V eingesetzt, wobei aus Sicherheitsgründen eine die Nennspannung deutlich übersteigende Durchbruchspannung gefordert wird, damit die pin-Diode eine die Nennspannung ggf. übersteigende äußere Spannung schadlos übersteht. Darüber hinaus müssen für diesen Verwendungszweck eingesetzte pin-Dioden auch einen niedrigen Spannungsabfall in Durchlassrichtung, also eine niedrige Vorwärtsspannung VF haben. So wird für eine Diode bei einer Modul-Nennspannung von 1200 V für die Vorwärtsspannung VF ein Wert in der Größenordnung von höchstens 1,2 V bis 1,5 V verlangt.
Jedoch weist im Fall einer von einem Spannungsstoß bewirkten und beim Modul während seines Betriebs eingehenden Stoßwelle diese eine steil abfallende Flanke (zeitliche Stromänderung di/dt) auf, wodurch die Diode in unerwünschter Weise beschädigt oder zerstört werden kann, vgl. Abs. [0001] bis [0005] des Streitpatents.
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Halbleiterbauteil zu schaffen, das eine di/dt-Festigkeit hat, die ausreichend und in solchem Maß hoch ist, dass das Bauteil einer abrupten und steilen Spannungsstoßwelle widerstehen kann und eine niedrige Vorwärtsspannung VF hat. Ein weiteres Ziel besteht darin, ein Verfahren zum Herstellen des Halbleiterbauteils anzugeben, mit dessen Hilfe ein Halbleiterbauteil mit einer ausreichend hohen di/dt-Festigkeit (um das Bauteil widerstandsfähig gegenüber einer solchen Stoßwelle zu machen) und mit einer niedrigen Vorwärtsspannung VF hergestellt werden kann, vgl. Abs. [0018] des Streitpatents.
Hinsichtlich des Gegenstands wird diese Aufgabe gemäß Hauptantrag durch das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 gelöst bzw. durch das Halbleiterbauteil der jeweiligen Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen I bis VII.
Die Lösungen gemäß dem jeweiligen selbständigen Verfahrensanspruch des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge I bis VII sind auf das Herstellungsverfahren des Halbleiterbauteils nach dem jeweiligen Anspruch 1 gerichtet und umfassen lediglich die als Verfahren formulierten Merkmale der jeweiligen Ansprüche 1.
Das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 geht von einer pin-Diode aus, wie sie in Fig. 7 des Streitpatents dargestellt ist, in die als wesentliches Merkmal der streitpatentgemäßen Lösung eine Kurzlebensdauer-Region (32), wie in Fig. 1 gezeigt, eingebracht wird. Dabei geben die Merkmale (a), (b) und (h) den grundlegenden Schichtaufbau der pin-Diode an, wohingegen die Merkmale (c) bis (g) die Ausgestaltung der Kurzlebensdauer-Region betreffen. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass in ihr die Lebensdauer der Ladungsträger kürzer ist als die Lebensdauer der Ladungsträger in den anderen Regionen, und zwar indem durch Bestrahlung mit He-Ionen oder anderen leichten Ionen in dieser Region ein sog. Lebensdauerunterdrücker gebildet ist. Dazu wird die Bestrahlung so durchgeführt, dass die Position der Spitze der Ionen in einen Bereich zwischen 80% und 120% der Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) fällt, und dass sie sich über die gesamte Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23) erstreckt von einer ersten Tiefenposition d2, die weniger tief ist als die tiefste Position d1 der p-n-Übergangsfläche (31), bis zu einer zweiten Tiefenposition d3, die tiefer ist als die tiefste Position d1 der p-n-Übergangsfläche (31), vgl. die Darstellung in Fig. 1 des Streitpatents.
In den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge wird die Struktur der pin-Diode und die Ausgestaltung der Kurzlebensdauer-Region (32) dahingehend präzisiert, dass I. deren Herstellung ohne Elektronenbestrahlung erfolgt (Hilfsantrag I), II. die pin-Diode eine vorgegebene di/dt-Festigkeit und Vorwärtsspannung aufweist, (Hilfsantrag II), III. sich die Kurzlebensdauer-Region (32) ausschließlich innerhalb der Tiefenpositionen d2 bis d3 erstreckt (Hilfsantrag III), IV. die Tiefe d1 der Diffusionsregion (23) gleich oder größer der Bestrahlungshalbwertsbreite ist (Hilfsantrag IV), V. die Kurzlebensdauer-Region (32) mit einer Breite in der Größenordnung von 5 µm sowohl oberseitig als auch unterseitig von der Position d1 gebildet ist (Hilfsantrag V), VI. die Diffusionsregion (23) eine Schutzringregion (24, 25) enthält, die um einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als Halbleiterbauteil ein Strom fließt, herumgelegt ist und mit ihren tiefsten Abschnitten in die Kurzlebensdauer-Region (32) hereinragt (Hilfsantrag VI, vgl. Fig. 1), VII. a) die Kurzlebensdauer-Region (32) sich parallel zu einer Unterseite der Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion (23) und der Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps über die gesamte Halbleiterschicht (22) des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion (23) erstreckt, b) die Diffusionsregion (23) eine Schutzringregion (24, 25) enthält, die um einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als Halbleiterbauteil ein Strom fließt, herumgelegt ist und mit ihren tiefsten Abschnitten in die Kurzlebensdauer-Region (32) hineinragt, und c) die erste Tiefenposition d2 beabstandet ist von einer Oberseite der Diffusionsregion (23) und einer Oberseite der Schutzringregion (24, 25) (Hilfsantrag VII).
Mit diesen Maßnahmen wird eine Diode erhalten, die ohne wesentliche Erhöhung der Vorwärtsspannung VF eine ausreichend hohe di/dt-Festigkeit gegen eine Stoßwelle mit einem hohen di/dt- Wert aufweist, vgl. Abs. [0058] des Streitpatents.
Dabei wird der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Zusatzmerkmale in den Hilfsanträgen III, IV, V und VII insbesondere dahingehend präzisiert, dass sich die Kurzlebensdauer-Region ober- und unterhalb des pn-Übergangs befindet, aber möglichst nicht bis zur Halbleiteroberseite erstreckt, und in den Hilfsanträgen VI und VII (obige Merkmale a) und b)) wird insbesondere konkretisiert, dass die Kurzlebensdauer-Region möglichst parallel zur Halbleiteroberfläche verläuft.
Wie in Abs. [0060] weiter ausgeführt, eignen sich das Bauteil und das Verfahren des Streitpatents sowohl für pin-Dioden, die für einen Umsetzer verwendet werden, als auch für pin-Dioden, die als Freilaufdiode für einen Inverter eingesetzt werden.
4. Das Halbleiterbauteil des mit Hauptantrag verteidigten erteilten Anspruchs 1 beruht ebenso wie auch das jeweilige Bauteil der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen I bis VII auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns bezüglich der Lehre von Druckschrift E1 i. V. m. der Lehre der E8, so dass es nicht patentfähig ist.
Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).
Der Fachmann ist hier als ein berufserfahrener Physiker oder Ingenieur der Elektrotechnik mit Hochschulabschluss und mit Erfahrung in der Halbleitertechnik sowie Kenntnissen des Aufbaus und der Herstellung von Leistungshalbleiterbauteilen zu definieren, der mit der Entwicklung solcher Halbleiterbauteile befasst ist.
4.1. Die den nächstkommenden Stand der Technik bildende Druckschrift E1 ist eine als Buch vorveröffentlichte Dissertation mit dem Titel „Freilaufdioden für schnell schaltende Leistungsbauelemente“, die sich insbesondere mit Dioden vom pin-Typ befasst, vgl. S. 3, erster Absatz. Anhand der Figuren 1, 5 und 35 wird deren Dotierprofil und prinzipieller Aufbau (vgl. Fig. 5) mit der p- Anoden- bzw. Emitterzone unterhalb der Anodenmetallisierung, der daran anschließenden, schwach n-dotierten Mittelzone und der darunter befindlichen hochdotierten n+-Außenzone erläutert. Wie zudem in Fig. 5 und der zugehörigen Beschreibung im dritten Absatz der Seite 10 beschrieben ist, werden in einem einzigen Maskenschritt p-dotierte Guard-Ringe gemeinsam mit der p-Anodenzone hergestellt, die folglich, wie auch Fig. 5 entnehmbar, dieselbe Eindringtiefe haben, deren Wert typischerweise bei 20 µm liegt (vgl. Fig. 35 und die Tabelle auf Seite 108, zweite Spalte von rechts), aber in einem weiten Bereich variiert werden kann (vgl. Fig. 38, die p-Eindringtiefen von 6 bis 23 µm zeigt).
Damit offenbart die Druckschrift E1 mit den Worten des erteilten Anspruchs 1 ein Halbleiterbauteil, umfassend:
(a) eine Halbleiterschicht (n--Mittelzone, vgl. Fig. 5) eines ersten Leitfähigkeitstyps;
(b) eine wenigstens 12,6 µm und maximal 22 µm tiefe Diffusionsregion (20 µm tiefe p-Anodenzone, vgl. Figuren 5 und 35), die aus einer Halbleiterregion des zweiten Leitfähigkeitstyps gebildet ist, die selektiv an einer Oberflächenschicht der Halbleiterschicht (n--Mittelzone) des ersten Leitfähigkeitstyps gebildet ist, mit einer eine tiefste Position d1 aufweisenden p-n-Übergangsfläche, die die Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion (p-Anodenzone) und der Halbleiterschicht (n--Mittelzone) des ersten Leitfähigkeitstyps ist;
(h) wobei das Halbleiterbauteil eine pin-Diode (vgl. S. 3, erster Absatz) ist.
In den Kapiteln 2.5, 3.4 und 4.3 (insbesondere 4.3.4) geht die Druckschrift E1 auf die Möglichkeit ein, mittels der Bestrahlung mit Heliumkernen in einer definierten Eindringtiefe der pin-Diode ein Profil von Rekombinationszentren zu erzeugen, mit dem sich die elektrischen Eigenschaften solcher Halbleiterbauteile durch die lokalisierte Verringerung der Ladungsträgerlebensdauer optimieren lassen. In Kap. 2.5 werden dazu qualitative Rechnungen durchgeführt, die auf Seite 22 unter Punkt 5 dahingehend zusammengefasst werden, dass die Trägerlebensdauer am pnÜbergang niedriger sein soll als im daran angrenzenden Bereich. Dies wird im ersten Satz des Kapitels 3.4 noch einmal durch folgende Aussage hervorgehoben: „Aus dem qualitativen Modell des Recovery-Vorgangs (Kap. 2.5) läßt sich schlußfolgern, daß eine niedrigere Trägerlebensdauer am pn-Übergang von Vorteil ist.“, wobei in diesem Kapitel auf Seite 31, zweiter bis vierter Absatz, auf experimentelle Arbeiten anderer Autoren betreffend die Protonen- und Heliumbestrahlung von Halbleiterbauelementen eingegangen wird, die alle zu dem Schluss gekommen seien, dass die Zone hoher Rekombinationszentrendichte, d. h. die Zone niedriger Ladungsträgerlebensdauer, wie in Bild 21d dargestellt, in der Nähe des pn-Übergangs anzuordnen sei. Da in dieser Figur 21d das Maximum der Rekombinationszentren und damit auch das Maximum der Helium-Ionen genau mit dem pn-Übergang zusammenfällt, versteht der Fachmann die das Bild 21d beschreibende Formulierung „in der Nähe des pn-Übergangs“ so, dass damit insbesondere der Fall umfasst ist, dass das Maximum direkt auf dem pn-Übergang liegt, denn diese Ausgestaltung wird ja in Bild 21d gerade mit der Formulierung „in der Nähe des pn-Übergangs“ beschrieben.
Die so erzeugten Bauelemente werden in E1 als Controlled Axial Lifetime (CAL) Dioden bezeichnet und beginnend mit Kap. 6 ausführlich beschrieben, wobei die Bestrahlung gemäß den Erläuterungen in Kap. 6.1 an pin-Dioden entsprechend den Figuren 5 und 35 durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wird auch erläutert, dass die Bestrahlung nach der Metallisierung der Halbleiterscheibe erfolgt (vgl. auch den in Tabelle II auf Seite 46 dargestellten Herstellungsprozess einer Planar-pin-Diode) und dass über die Energie der He++-Ionen die Eindring- tiefe und damit die Lage der Rekombinationszentren in Tiefenrichtung gesteuert wird und über die Dosis der Bestrahlung die Rekombinationszentrendichte, wobei als dritter Parameter außerdem die Grundlebensdauer im Volumenmaterial durch Elektronenbestrahlung ggf. in Kombination mit einer Schwermetalldiffusion eingestellt werden kann. Gemäß Tabelle II auf Seite 46 sind Schwermetalldiffusion, He++-Implantation und Elektronenbestrahlung jeweils optionale Verfahrensschritte, die folglich auch weggelassen werden können. In der Zusammenfassung auf Seite 105, vorletzter Absatz, wird als eines der Ergebnisse hervorgehoben, dass mit der CAL-Technologie schnelle Dioden mit gegenüber bisherigen Technologien der Trägerlebensdauereinstellung verbesserten Gesamteigenschaften erreicht würden, und dass der günstigste Kompromiss zwischen Schalteigenschaften und Durchlassspannung erreicht werde, wenn die Zone hoher Rekombinationszentrendichte nahe am pn-Übergang bzw. im p-Emitter selbst angeordnet werde. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Fig. 21d lehrt die Druckschrift E1 den Fachmann folglich, die He++-Implantation so einzustellen, dass ihr Maximum genau am pn-Übergang zwischen Emitter und Mittelzone oder oberhalb davon, d. h. innerhalb des p-Emitters, liegt, vgl. auch Seite 59, erster und dritter Absatz i. V. m. Fig. 42 auf Seite 53 (x-xj = –2 µm bedeutet, dass sich das Maximum der He++Implantation 2 µm oberhalb des pn-Übergangs, der in 20 µm Tiefe angeordnet ist, befindet, d.h. in 18 µm Tiefe), sowie Fig. 21d auf Seite 30. Wie in Figur 21d ebenfalls offenbart, kann das Tiefenprofil der Dotierung so ausgebildet sein, dass das Maximum der Dotierung mit der Lage des pn-Übergangs zusammenfällt und stark lokalisiert ist, wobei die Halbwertsbreite dieses Profils deutlich kleiner als die Tiefe des p-Emitters ist, und keine Dotierung im Oberflächenbereich des p-Emitters erfolgt.
Somit umfasst die in Druckschrift E1 offenbarte pin-Diode neben den Merkmalen (a), (b) und (h) auch die Merkmale (c) bis (e) und (g) des Anspruchs 1, d. h. mit dessen Worten
(c) eine Kurzlebensdauer-Region (He++-implantierte Region), in der die Lebensdauer der Ladungsträger kürzer ist als die Lebensdauer der Ladungsträger in den anderen Regionen (vgl. S. 1, die drei letzten Absätze u. S. 51, erster bis dritter Absatz)
(d) indem ein Lebensdauerunterdrücker einbezogen ist, der gebildet ist durch Bestrahlung mit He-Ionen oder anderen leichten Ionen (vgl. obige Fundstellen),
(e) wobei die Bestrahlung so durchgeführt wird, dass die Position der Spitze der Ionen in einen Bereich zwischen 80% und 120% der Tiefe d1 der Diffusionsregion (p-Anodenzone) fällt (vgl. Fig. 21d mit dem sehr schmalen Dotierprofil und der Spitze am Ende der Diffusionsregion, also bei ca. 100% der Tiefe d1),
(g) von einer ersten Tiefenposition d2, die weniger tief ist als die tiefste Position d1 der p-n-Übergangsfläche, bis zu einer zweiten Tiefenposition d3, die tiefer ist als die tiefste Position d1 der p-n-Übergangsfläche (vgl. Fig. 21d).
Das verbleibende Merkmal (f), wonach sich die Kurzlebensdauer-Region über die gesamte Halbleiterschicht des ersten Leitfähigkeitstyps (n--Gebiet) und die Diffusionsregion (p-Gebiet) erstreckt, ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aufgrund seiner durch die Druckschrift E8 belegten Fachkenntnisse. Denn er weiß, dass die Schutzringregion der in E1 verwendeten pin-Diode (vgl. die Guard-Ringe aus Fig. 5 sowie die Tabelle II auf S. 46) von grundlegender Bedeutung für eine hohe Durchbruchspannung der Diode ist, da der Randbereich wegen der dort auftretenden Feldstärken den kritischsten Bereich der Diode darstellt, und dass die in der E1 nach der Metallisierung und Passivierung der Diode erfolgende Heliumbestrahlung zu einem ungleichmäßigen Helium-Dotierprofil gerade im Randbereich und damit im Schutzringbereich der Diode führt und zudem die Passivierung schädigen kann, vgl. bspw. die Ausführungen in Spalte 1, Zeile 56 bis Spalte 2, Zeile 17 der Druckschrift E8. Aufgrund dieser ihm bekannten Nachteile wird der Fachmann die Lehre der E1 in naheliegender Weise entsprechend den Ausführungen in der E8 abändern und die Heliumbestrahlung wie dort erläutert vor der Metallisierung und Passivierung der pin-Diode durchführen, so dass die gesamte anodenseitige Oberfläche des Halbleiterbauteils gleichmäßig bestrahlt wird, und die Kurzlebensdauerregion annähernd parallel zur Halbleiteroberfläche verläuft und sich über die gesamte Halbleiterschicht des ersten Leitfähigkeitstyps (nGebiet) und die Diffusionsregion (p-Gebiet) erstreckt, vgl. in der E8 die Spalte 2, Zeile 31 bis 45 sowie den Anspruch 5 mit Figuren 1 bis 3.
Das Halbleiterbauteil des erteilten Anspruchs 1 wird dem Fachmann somit durch die Druckschrift E1 i. V. m. der Druckschrift E8 nahegelegt.
4.2. Druckschrift E1 legt dem Fachmann das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag I, wonach die Kurzlebensdauer-Region ohne Elektronenbestrahlung gebildet wird, ebenfalls nahe, denn gemäß der Tabelle II auf Seite 46 der E1 sind die drei Verfahrensschritte Schwermetalldiffusion, He++-Implantation und Elektronenbestrahlung jeweils optionale Verfahrensschritte. Diese einzelnen Schritte können folglich auch weggelassen werden, weswegen der Fachmann der E1 auch die Anregung entnimmt, die pin-Diode lediglich einem He++-Implantationsschritt aber keiner Elektronenbestrahlung auszusetzen.
4.3. Das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag II, wonach die pinDiode eine di/dt-Festigkeit von mindestens 4000 A/µs und eine Vorwärtsspannung zwischen 1,3 V und 1,425 V aufweist, ergibt sich für den Fachmann ebenfalls in naheliegender Weise aus der E1, denn es kann keine erfinderische Tätigkeit begründen, ausgehend von der Lehre der E1 He++-dotierte pin-Dioden mit solchen elektrischen Eigenschaften bereitzustellen, da diese Parameter im üblichen Bereich liegen. So hat ein Teil der in der E1 beschriebenen CAL-Dioden gemäß der Figur 56 auf Seite 64 ebenfalls di/dt-Festigkeiten oberhalb von 4000 A/µs, und hinsichtlich der eingestellten Vorwärtsspannung bzw. Durchlassspannung ist so- wohl auf den ersten Absatz der Seite 48 von E1 zu verweisen, wonach die Dioden eine Durchlassspannung von 1,4 bis 1,5 V (bei 75 A) aufweisen und somit innerhalb des geforderten Bereichs liegen, als auch auf die Figur 61b (Seite 67) hinzuweisen, in der die Strom-Spannungskennlinie einer CAL-Diode gezeigt ist, aus der sich ebenfalls eine Vorwärtsspannung im Bereich von 1,3 bis 1,425 V ergibt, da es das Streitpatent offen lässt, bei welcher Stromstärke die Vorwärtsspannung bestimmt wird.
4.4. Nach dem Zusatzmerkmal des Hilfsantrags III soll sich die Kurzlebensdauer-Region ausschließlich innerhalb der Tiefenpositionen d2 und d3 erstrecken. Dieses Merkmal entnimmt der Fachmann jedoch der Fig. 21d von Druckschrift E1, die ebenso wie die Fig. 1 des Streitpatents zeigt, dass die Kurzlebensdauer-Region nur innerhalb dieses engen Bereichs ober- und unterhalb des pn-Übergangs angeordnet ist.
Damit ergibt sich auch das Bauteil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag III in naheliegender Weise aus der E1 in Kombination mit der E8.
4.5. Das Zusatzmerkmal des Hilfsantrags IV, wonach die Tiefe d1 der Diffusionsregion gleich oder größer der Bestrahlungshalbwertsbreite ist, entnimmt der Fachmann ebenfalls der E1, vgl. wiederum die Fig. 21d sowie die Fig. 42. Folglich beruht auch das Halbleiterbauteil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag IV nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.6. Das Zusatzmerkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag V, wonach die Kurzlebensdauer-Region mit einer Breite in der Größenordnung von 5 µm sowohl oberseitig als auch unterseitig von der Position d1 gebildet ist, wird dem Fachmann aus obigen Gründen ebenfalls nahegelegt, vgl. dazu wiederum die Figuren 21d und 47 der E1, insbesondere da der Begriff Größenordnung typischerweise den Faktor 10 umfasst, und folglich die Breite der Kurzlebensdauer-Region nach der Lehre des Hilfsantrags V auch 20 µm oder mehr betragen kann.
4.7. Gemäß Hilfsantrag VI enthält die Diffusionsregion eine Schutzringregion, die um einen aktiven Bereich, in dem im Betrieb als Halbleiterbauteil ein Strom fließt, herumgelegt ist und mit ihren tiefsten Abschnitten in die KurzlebensdauerRegion hereinragt. Wie zu Hauptantrag ausgeführt, entnimmt der Fachmann diese Zusatzmerkmale der E1 und der E8. So weisen die mit Helium dotierten pin-Dioden der E1 ebenfalls Schutzringregionen auf, vgl. Fig. 5 und S. 51, erster Absatz. Da die Schutzringregionen die gleiche Eindringtiefe wie der p-Emitter haben (vgl. Fig. 5 mit Beschreibung und Tabelle II auf Seite 46, wonach die p-Emitter und pSchutzringe gleichzeitig und mit denselben Prozessschritten hergestellt werden), und die Schutzringregion nach der Lehre der E8 parallel zur Halbleiteroberfläche verläuft (vgl. deren Anspruch 5), müssen auch sie in die Kurzlebensdauer-Region hereinragen. Daher wird auch das Bauteil des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag VI dem Fachmann durch die Druckschriften E1 und E8 nahegelegt.
4.8. In Hilfsantrag VII ist der Anspruch 1 des Hilfsantrags VI dadurch präzisiert, dass zum einen die Kurzlebensdauer-Region sich parallel zu einer Unterseite der Übergangsfläche zwischen der Diffusionsregion und der Halbleiterschicht des ersten Leitfähigkeitstyps über die gesamte Halbleiterschicht des ersten Leitfähigkeitstyps und die Diffusionsregion erstreckt, und dass zum anderen die erste Tiefenposition d2 beabstandet ist von einer Oberseite der Diffusionsregion und einer Oberseite der Schutzringregion.
Wie zuvor dargelegt, entnimmt der Fachmann auch diese Merkmale der Druckschrift E1, vgl. deren Fig. 21d, und der E8, vgl. deren Anspruch 5, so dass die Aufnahme dieser Merkmale keine erfinderische Tätigkeit begründen kann.
5. Mit dem Anspruch 1 fallen wegen der Antragsbindung auch die übrigen Ansprüche, vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz. 22 – Informationsübermittlungsverfahren II.
6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten – vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH, www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektronischen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.
Brandt Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann prö