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VIa ZR 580/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 580/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 18. September 2023 Wendt Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2023:180923UVIAZR580.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2023 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22. März 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger kaufte am 17. September 2016 von einem Händler einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten Mercedes Benz C 220d BlueTEC, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm der Kläger ein Darlehen auf. Die Abgasrückführung erfolgt in dem Fahrzeug in Abhängigkeit von der Außentemperatur und wird bei Unter- oder Überschreiten bestimmter Schwellentemperaturen reduziert. Zudem verfügt das Fahrzeug über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR), die bei Vorliegen bestimmter Aktivierungsparameter die Temperatur des Kühlmittels beeinflusst.

Der Kläger macht geltend, das Fahrzeug verfüge über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen. Er hat zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 15.749,92 € nebst Prozesszinsen und Freistellung insbesondere von ausstehenden Darlehensraten Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs begehrt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kläger mache ohne Erfolg geltend, ihm sei von der Beklagten in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt worden. Der unterstellte Gesetzesverstoß durch die Implementierung des Thermofensters sei auch unter Berücksichtigung einer damit einhergehenden Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedürfe es weiterer Umstände, die vorliegend nicht gegeben seien. Auch in Bezug auf die KSR fehle es jedenfalls am objektiven Tatbestand der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung sowie an einem Schädigungsvorsatz der Beklagten.

Eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 scheitere bereits daran, dass der Schutzgesetzcharakter der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV bzw. von Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu verneinen sei.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV wegen der Verwendung des Thermofensters oder der KSR aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des die Berufung zurückweisenden Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 29 bis 32, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen Schadensersatzes" verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, ZIP 2023, 1903 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

Die Einwände der Revisionserwiderung führen zu keiner anderen Beurteilung. Sie geben dem Senat weder Anlass, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu einem Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens abzugehen, noch - wie von der Revisionserwiderung gefordert - ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten (vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 27 ff.).

III.

Der Zurückweisungsbeschluss ist aufzuheben, § 562 ZPO, weil er sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Das Berufungsgericht hat keine tragfähigen Feststellungen getroffen, auf deren Grundlage eine deliktische Haftung der Beklagten wegen einer jedenfalls fahrlässigen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verneint werden könnte. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Sofern das Berufungsgericht die bislang von ihm offen gelassene Aktivlegitimation des Klägers bejaht, wird es dem Kläger die Möglichkeit eröffnen müssen, einen Differenzschaden darzulegen. Es wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 49 ff.) die erforderlichen Feststellungen zu der - bislang lediglich unterstellten - Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben. Das Berufungsgericht wird insoweit zu beachten haben, dass ein Differenzschaden nur bis zur Höhe von 15% des gezahlten Kaufpreises zu ersetzen ist und darüber hinaus auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV der Ersatz eines weiteren Finanzierungsschadens nicht verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 11. September 2023 - VIa ZR 1533/22, zVb).

Menges Möhring Krüger Wille Liepin Vorinstanzen: LG Koblenz, Entscheidung vom 15.07.2021 - 1 O 246/20 OLG Koblenz, Entscheidung vom 22.03.2022 - 15 U 1383/21 -

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7 823 BGB
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