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3 Ni 19/13 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 19/13 (EP) (Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

20. Mai 2014 …

In der Patentnichtigkeitssache

…

BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 0 953 596 (DE 699 12 346)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie der Richter Guth, Dipl.-Chem. Dr. Egerer, Dipl.-Chem. Dr. Wismeth und Dipl.-Chem. Dr. Freudenreich für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 0 953 596 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 27. April 1999 beim europäischen Patentamt in der Amtssprache Englisch angemeldeten, die Priorität der japanischen Patentanmeldung mit der Anmeldenummer JP 13265498 vom 27. April 1998 in Anspruch nehmenden, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 953 596 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 699 12 346 geführt wird. Das Streitpatent, das mit einem Hauptantrag und 19 Hilfsanträgen beschränkt verteidigt wird, betrifft „Automobile interior or exterior trim material“ (Verkleidungsmaterial für inneres und äußeres von Automobilen) und umfasst in der erteilten Fassung 9 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1 und 9 nebengeordnet sind und in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut haben:

-3„

Hinsichtlich des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 wird auf die Patentschriften EP 0 953 596 B1 und DE 699 12 346 T2 verwiesen.

Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend und stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:

(K4) (K4a) (K4b) (K5)

(K5a)

deutsche Übersetzung zu JP 56-62835 A JP 56-62835 A englische Übersetzung zu JP 56-62835 A GÄCHTER, R.; MÜLLER, H. [Hrsg.]: Taschenbuch der Kunststoff-Additive. Stabilisatoren, Hilfsstoffe, Weichmacher, Füllstoffe, Verstärkungsmittel, Farbmittel für thermoplastische Kunststoffe. 3. Ausgabe. München, Wien: Hanser, 1989, Seiten 50 bis 55. - ISBN 3-446-15627-5 ZWEIFEL, Hans [Hrsg.]: Plastic Additives Handbook. 5th ed. München: Hanser, 2001, Seiten XIII bis XIV und Seiten 273, 281. – ISBN 3-4461-9579-3

(K5b)

(K6)

(K7) (K8) (K8a) (K8b)

(K9) (K10)

GÄCHTER, R.; MÜLLER, H. [Hrsg.]: Taschenbuch der Kunststoff-Additive. Stabilisatoren, Hilfsstoffe, Weichmacher, Füllstoffe, Verstärkungsmittel, Farbmittel für thermoplastische Kunststoffe. 3. Ausgabe. München, Wien: Hanser, 1989, Seiten 214 bis 217 sowie 232 und 233. - ISBN 3-446-15627-5 CIBA-GEIGY Corporation. Additives Division: Additives for the Plastic Industry. A Selection Guide. Hawthorne, NY, USA, 1990. 3 Seiten – Firmenschrift US 4 371 647 A JP 8-92429 A deutschsprachige Übersetzung zu JP 8-92429 A Erklärung der Patentanwältin Frau Masako Barnard, Sonderhoff & Einsel, zur Übersetzung von JP 8-92429 A, Tokyo, 14. Mai 2014 DE 38 84 578 T2 WO 94/25657 A1 Die Klägerin ist der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sei nicht neu gegenüber der Druckschrift K4. Zumindest aber beruhten die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 9 aller beanspruchten Fassungen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der K4 vor dem Hintergrund des allgemeinen Fachwissens oder in Verbindung mit der K8. Dies gelte auch für die Unteransprüche.

Die jeweiligen Patentansprüche 1 von Hauptantrag und Hilfsanträgen seien unzulässig erweitert, da aus Absatz [0020] des Streitpatents nicht hervorgehe, dass das thermoplastische Polyolefinelastomer eine Mischung aus zwei Komponenten enthalten solle. Außerdem seien die von der Beklagten in den Hilfsanträgen eingeführten Photostabilisatoren und Molekularmassen nicht ursprünglich als zur Erfindung gehörend offenbart.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das europäische Patent 0 953 596 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des Hauptantrags, hilfsweise die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 12, sämtliche gemäß Schriftsatz vom 11. April 2014, sowie die Fassung des in der mündlichen Verhandlung übergebenen „Hauptantrags a“ sowie der Hilfsanträge 5a, 6a, 7a, 8a, 9a, 11a, jeweils in der Reihenfolge ihrer Nummerierung, erhält.

Die Patentansprüche 1 bis 7 nach Hauptantrag lauten:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen dabei mit Anpassungen den erteilten Patentansprüchen 2, 3 und 6 bis 9.

-7Der Hilfsantrag „Hauptantrag a“ unterscheidet sich hiervon dadurch, dass in Patentanspruch 1 vor dem Wort „Photostabilisator“ das Wort „einzigen“ eingefügt wird. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag.

-8Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen mit Anpassungen den Patentansprüchen 2, 3, 5, 6 und 7 nach Hauptantrag. Der Hilfsantrag 5a unterscheidet sich hiervon dadurch, dass in Patentanspruch 1 vor dem Wort „Photostabilisator“ das Wort „einzigen“ eingefügt wird. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen mit Anpassungen den Patentansprüchen 2, 3, 5, 6 und 7 nach Hauptantrag. Der Hilfsantrag 6a unterscheidet sich hiervon dadurch, dass in Patentanspruch 1 vor dem Wort „Photostabilisator“ das Wort „einzigen“ und nach „Amin,“ an Stelle des Wortes „der“ die Wörter „wobei der Photostabilisator“ eingefügt werden. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen mit Anpassungen den Patentansprüchen 2, 3, 5, 6 und 7 nach Hauptantrag. Der Hilfsantrag 7a unterscheidet sich hiervon dadurch, dass in Patentanspruch 1 vor dem Wort „Photostabilisator“ das Wort „einzigen“ eingefügt wird. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag. Der Hilfsantrag 8a unterscheidet sich hiervon dadurch, dass in Patentanspruch 1 vor dem Wort „Photostabilisator“ das Wort „einzigen“ eingefügt wird. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 9 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag. Der Hilfsantrag 9a unterscheidet sich hiervon dadurch, dass in Patentanspruch 1 vor dem Wort „Photostabilisator“ das Wort „einzigen“ eingefügt wird.

- 16 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 10 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 11 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 nach Hauptantrag. Der Hilfsantrag 11a unterscheidet sich hiervon dadurch, dass in Patentanspruch 1 vor dem Wort „Photostabilisator“ das Wort „einzigen“ eingefügt wird. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 12 lautet:

Die Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen mit Anpassungen den Patentansprüchen 2 bis 5 und 7 nach Hauptantrag.

Die Beklagte stützt sich auf folgende Druckschriften

(B1) HOFMANN, Werner: Rubber Technology Handbook. München [u.a.]: Hanser, 1988, Seiten V bis XIII und Seiten 144 bis 161. – ISBN 3-446-14895-7

(B2) FRANTA, I. [Hrsg.]: Elastomers and Rubber Compounding Materials. Manufacture, Properties and Applications. Studies in Polymer Science, 1. Amsterdam [u.a.]: Elsevier, 1989, Seiten 6 bis 17 und Seiten 278 bis 287. - ISBN 0-444-42994-8

(B3) ASH, Michael; ASH, Irene: Handbook of Plastic Compounds, Elastomers, and Resins. An International Guide by Category, Tradename, Composition, and Supplier. New York: VCH, 1992, Seiten xii bis xiv und Seiten 622 bis 641. - ISBN 1-56081-553-1

(B4) TERANO, Minoru: Opinion by Specialist of Polymer Science. Ohne Ort, 10. September 2013, 2 Seiten

(B5) Styrene-butadiene. In: Englische Wikipedia. Bearbeitungsstand: unbekannt. URL: unbekannt [abgerufen unbekannt]. 2 Seiten

(B6) EHRENSTEIN, Gottfried W.; PONGRATZ, Sonja: Beständigkeit von Kunststoffen; Band 1. München: Hanser, 2007, Seiten V bis

(B7) (B8) (B9)

(B10) (B11) (B12) (B13) (B14)

XIX sowie Seiten 1 bis 9 und 256 bis 277. – ISBN 978-3-44621851-2 Norm DIN EN ISO 18064:2005. Thermoplastische Elastomere; Nomenklatur und Kurzzeichen LUTZ, John T, Jr.: Thermoplastic Polymer Additives; Theory and Practice. New-York : Marcel Dekker, 1989, Seiten 440 bis 441. – ISBN 0-8247-7901-0 GÄCHTER, R.; Müller, H. [Hrsg]: Taschenbuch der KunststoffAdditive; Stabilisatoren, Hilfsstoffe, Weichmacher, Füllstoffe, Verstärkungsmittel, Farbmittel für thermoplastische Kunststoffe. 3. Ausgabe. München, Wien: Hanser, 1989, Seiten V bis XXXI und Seiten 1 bis 107. – ISBN 3-446-15627-5 Experimentelle Daten zur Wirkung unterschiedlicher Molekularmassen von HALS-Verbindungen in PP und TPO. Ohne Ort: Ohne Jahr, 10 Seiten Photostabilisatoren mit gehinderten Aminen (HALS) aus Absatz 0036. Ohne Ort: Ohne Jahr, 1 Seite Experimentelle Daten zur Wirkung gehinderter Aminverbindungen vom N-CH3 und N-H Typ in TPO in Bewitterungsuntersuchungen. Ohne Ort: Ohne Jahr, 4 Seiten BASF Schweiz AG: Additives for specialty polymers; Plastic Additives. Basel, Switzerland: ohne Jahr. 10 Seiten – Firmenschrift SONGWON International AG: Additives for Polymer Industry. SONGNOX®, SONGNOX® OPS, SONGLIGHT®, SONGSORB®, SONTSTABTM, SABO®STAB. Frauenfeld, Switzerland: Ohne Jahr, 12 Seiten und tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.

Da alle in der K4 offenbarten Polymere keine thermoplastischen Elastomere im Sinne der anerkannten Fachterminologie seien, sei der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents neu gegenüber der K4.

Er beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da die Kombination der streitpatentgemäßen Alkylbenzoatverbindungen (anstelle von Arylbenzoaten oder anderen Verbindungen) und eines Photostabilisators mit gehindertem Amin und niedriger Molekularmasse neben der gewünschten Witterungsbeständigkeit völlig unerwartet eine sehr gute Unterdrückung des Plate-out-Effekts zeige, was den Einsatz vielfältiger Pigmente zur Einfärbung der Verkleidungsteile ermögliche. Daher bestehe keine Veranlassung für den Fachmann, ausgehend von der K4, die eine in sich geschlossene Lehre offenbare, zur patentgemäßen Lehre zu kommen. Gleiches gelte in Bezug auf die Dokumente K5, K6 und K8.

Auch handele es sich bei den in den Hilfsanträgen als Photostabilisatoren beanspruchten Verbindungen und Molekularmassen nicht um eine willkürliche Auswahl, da deren besondere Wirksamkeit und die besondere Wirksamkeit geringerer Molekularmassen im Streitpatent offenbart seien.

Entscheidungsgründe Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und erweist sich auch als begründet.

Soweit das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt wird, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 82 Rdn. 90 m. w. Nachw.; Schulte/Voit, PatG, 9. Aufl., § 81 Rdn 127).

Die Klage hat auch im Übrigen Erfolg, da der Gegenstand des Streitpatents in den verteidigten Fassungen jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

I.

1. Das Streitpatent betrifft ein Material, das für die Innen- oder Außenverkleidung eines Kraftfahrzeuges geeignet ist. Das Material umfasst ein thermoplastisches Elastomer das aufgrund der Einarbeitung eines Alkylbenzoats mit einer spezifischen chemischen Struktur eine verbesserte Witterungsbeständigkeit und eine Beständigkeit gegenüber einer durch Verwitterung verursachten Verfärbung aufweist (K2: [0001]). Gemäß dem im Streitpatent benannten Stand der Technik wurde bereits eine Vielzahl von Verfahren zur Verbesserung der Witterungsbeständigkeit von Polymermaterialien für eine allgemeine Formgebung beschrieben. Bekannte UV-Absorptionsmittel oder Photostabilisatoren wirken aber nicht zufriedenstellend auf diese Polymermaterialien. Auch thermoplastische Elastomere, die als Ersatz für innere oder äußere Verkleidungsmaterialien verwendet werden sollen, bilden keine Ausnahme und weisen dieselben Schwierigkeiten auf (K2: [0008]).

2. Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es Aufgabe des Streitpatents, die Witterungsbeständigkeit thermoplastischer Elastomere bezüglich Wärme (K2: Beispiel 1, [0048]-[0050]) und UV-Strahlung (K2: [0008] und Beispiel 2, [0053][0054]) zu verbessern und gleichzeitig auch den Plate-out-Effekt bei der Verarbeitung zu verhindern (K2: [0010] und Beispiel 3, [0056]-[0058]). Der Plate-outEffekt bezeichnet die Abscheidung von Pigmenten der Polymerzusammensetzung an Oberflächen eines Verarbeitungswerkzeuges.

3. Diese Aufgabe wird gelöst durch das Material gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und die Verwendung des Materials gemäß Patentanspruch 9 nach Hauptantrag. Der Hauptantrag verteidigt das Patent in gegenüber der erteilten Fassung eingeschränkter Form.

a) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) weist die folgenden Merkmale auf. Änderungen zum erteilten Patentanspruch 1 sind kursiv gesetzt.

A1 A1.1 Material geeignet für die Verwendung als Innen- oder Außenverkleidung eines Kraftfahrzeugs,

A2 umfassend (A) eine thermoplastische Elastomerzusammensetzung; A2.1 A2.1.1 A2.1.2 A2.1.3 die thermoplastische Elastomerzusammensetzung enthält ein thermoplastisches Polyolefinelastomer zu 100 Gewichtsteilen; das thermoplastische Polyolefinelastomer umfasst ein Polyolefin und eine Gummizusammensetzung; A2.2 A2.2.1 A2.2.2 die thermoplastische Elastomerzusammensetzung enthält eine Alkylbenzoatverbindung zu 0,001 bis 10 Gewichtsteilen; die Alkylbenzoatverbindung wird angegeben durch die Formel (I)

worin jedes von R1 und R2, welche gleich oder verschieden sein können, ein Wasserstoffatom, eine C1-C8-Alkylgruppe oder eine C1-C8-Cycloalkylgruppe ist, oder eine C6-C12-Arylgruppe, eine C6-C12-Alkylaryl- oder eine C6-C12-Arylalkylgruppe ist; und R3 eine C1-C30-Alkylgruppe ist; A3 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin.

b) Der Patentanspruch 7 (Verwendung B) nach Hauptantrag gliedert sich in die folgenden Merkmale.

B1 Verwendung eines Materials nach mindestens einem der vorhergehenden Patentansprüche B2 B2.1 als Deck- oder Verblendungsmaterial für ein Dach, einen Sitz oder ein Armaturenbrett.

4. Mit Merkmal A2.1 gemäß Hauptantrag wird der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 5 in zulässiger Weise in den erteilten Patentanspruch 1 aufgenommen.

Die Merkmale A2.1.2 und A2.1.3 sind den Absätzen [0020] und [0021] des Streitpatents entnommen („polyolefin resin“, „rubber composition“). Gemäß Absatz [0020] umfasst das thermolastische Polyolefinelastomer Polyolefinharze als harte Segmente und Gummizusammensetzungen als weiche Segmente. In Absatz [0021] wird angegeben, wie diese Segmente in thermoplastischen Elastomeren vereinigt werden. Dies geschieht entweder durch Mischen, Copolymerisation oder dynamische Quervernetzung. Die Kombination von Absatz [0020] und [0021] führt schließlich zur Formulierung der Merkmale A2.1.2 und A2.1.3 und ist daher zulässig.

5. Zuständiger Fachmann ist ein in der Forschung und Entwicklung arbeitender üblicherweise promovierter oder zumindest diplomierter Chemiker, der aufgrund mehrjähriger Berufserfahrung mit den anwendungsorientierten Anforderungen an die Formulierung und Verarbeitung von Polymermassen vertraut ist.

6. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 erfordert zunächst eine Auslegung der Merkmale A2.1, A2.1.2 und A2.1.3.

a) Der Begriff „thermoplastisches Elastomer“ bezeichnet einen Kunststoff, welcher die Eigenschaften von Thermoplasten und Elastomeren in sich vereinigt. Mit der Nennung der chemischen Bezeichnung eines Polymers sind dessen Eigenschaften und dessen Zuordnung zu einer Klasse von Polymeren, hier thermoplastische Elastomere, zwar nicht expressis verbis beschrieben. Jedoch denkt der Fachmann beim Lesen der chemischen Bezeichnung eines Polymers zwangsläufig an dessen chemische Struktur und die damit verbundenen, ihm geläufigen Eigenschaften. So wird der Fachmann z. B. Polypropylene üblicherweise als thermoplastische Werkstoffe identifizieren.

Thermoplastische Elastomere liegen üblicherweise als Mischungen (Blends) thermoplastischer Polymere und elastomerer Polymere oder als thermoplastische Blockcopolymere vor, in denen zumindest eines der Monomere dem Copolymeren elastomere Eigenschaften verleiht (vgl. z. B. B1: S. 148, Abs. 2 und 3; B7: S. 5, Abschnitt 3.1).

Styrol-Butadien-Copolymere können grundsätzlich als alternierende Copolymere (beide Monomertypen sind regelmäßig alternierend in der Kette angeordnet), als statistische Copolymere (beide Monomertypen sind unregelmäßig und völlig statistisch in die Kette eingebaut) oder als Blockcopolymere (das Copolymer besteht aus zwei oder mehreren Blöcken der Monomertypen) vorliegen. Liegen Blockcopolymere vor wird der Fachmann mit den aus Butadieneinheiten gebildeten Blöcken oder Segmenten unmittelbar elastomere, mit den aus Styroleinheiten gebildeten Blöcken oder Segmenten unmittelbar thermoplastische Eigenschaften verbinden (vgl. z. B. B1: S. 149, Tabelle 3.4, Sp. 1, Z. 1, „Styrene grades“ i. V. m. Sp. 4, gleiche Zeile, „Butadiene; B2: S. 279, Abs. 2, „Styrene-diene block copolymers“).

b) Die Merkmale A2.1.2 und A2.1.3 sind keine echte Einschränkung des Merkmals A2.1 „thermoplastisches Polyolefinelastomer“, da letzteres zwangsläufig – ob als Mischung, Blockcopolymer oder mittels dynamischer Quervernetzung (vgl. K2: [0021]) – ein „Polyolefin“ (Merkmal A2.1.2) zusammen mit einer „Gummizusammensetzung“ (Merkmal A2.1.3) umfasst (vgl. auch Abschnitt I.4 oben). Sie stellen lediglich eine andere Beschreibung dessen dar, was der Begriff „thermoplastisches Polyolefinelastomer“ ohnehin bedeutet (vgl. auch Schriftsatz der Beklagten vom 16. Mai 2014). Die Merkmale A2.1.2 und A2.1.3 beschränken das thermoplastische Polyolefinelastomer daher nicht auf Mischungen (Blends) von Polymeren.

II.

1. Die Druckschrift K4 beschreibt ein Verfahren zum Stabilisieren eines Polyolefins gegen Schädigung durch Licht. Hierbei wird als Stabilisator ein 3,5-Di-tert-butyl-4-hydroxy-benzoesäure-n-hexadecylester (K4: S. 1, Z. 9-11, Formel (I) // Merkmale A2.2, A2.2.2) und damit ein Alkylbenzoat verwendet, das unter die Formel (I) von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag fällt: R1 und R2 sind dann gleichermaßen eine C4-Alkylgruppe sowie R3 eine C16-Alkylgruppe. Als weiterer Stabilisator wird ein gehindertes Amin mit Piperidylgruppen gemäß Formel (II) der K4 verwendet (K4: S. 1, Z. 6-7 // Merkmal A3). Die Lichtstabilisatoren der Formeln (I) und (II) der K4 werden in Kombination in einer Menge von 0,1 bis 3,0 Gew.-% bezogen auf das Gewicht des Polyolefins zugegeben (S. 3, Z. 12-15 i. V. m. S. 6, Tabelle 1 und S. 7, Tabelle 2 // Merkmale A2.1.1, A2.2.1). Durch die Kombination dieser beiden Verbindungen in einem Polyolefin wird im Vergleich dazu, dass sie jeweils einzeln verwendet werden, ein Synergieeffekt hinsichtlich der Stabilisierungswirkung gegen Schädigung durch Licht erzielt (K4: S. 3, Z. 1-5).

Als organische Polymere können Homopolymere, z. B. Polypropylen (PP), Polystyrol, Polybutadien, Polybutylen und Polyisopren, oder Copolymere, z. B. Ethylen-Propylen-Copolymer (EPC), Ethylen-Butylen-Copolymer, Ethylen-Vinylacetat- Copoiymer, Styrol-Butadien-Copolymer (SBC) oder Acrylnitril-Styrol-Butadien-Copolymer, auf diese Weise stabilisiert werden (K4: S. 3, Z. 21-28). Nicht expressis verbis genannt sind in der K4 thermoplastische Elastomere und Polymerblends aus PP und EPC oder Blockcopolymere aus Styrol und Butadien. Somit fehlen explizite Angaben zu den Merkmalen A2, A2.1, A2.1.2 und A2.1.3.

Bei Merkmal A1.1 handelt es sich lediglich um eine Eignungsangabe, die keine physikalischen oder chemischen Stoffeigenschaften bedingt, welche den Gegenstand von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zum Material (Merkmal A1) der K4 abgrenzt.

2. Ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, wie die Klägerin geltend gemacht hat, gegenüber der Lehre der K4 – trotz fehlender expliziter Nennung der Merkmale A2, A2.1, A2.1.2, A2.1.3 – nicht mehr neu ist, braucht nicht entschieden zu werden, da er gegenüber dem Stand der Technik jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Die Kombination der in der K4 genannten Lichtstabilisatoren der K4 ist für organische Polymere allgemein verwendbar (K4: S. 3, Z. 21-28), um vor einer Schädigung durch Ultraviolettstrahlung zu schützen. Explizit werden unter anderem auch solche Polymere genannt, die dem Fachmann im Allgemeinen als als Elastomere (z. B. EPC) bekannt sind oder die – wie im Fall von Styrolbutadien-Blockcopolymeren für ihn ohne weiteres erkennbar – auch thermoplastische Copolymere mit elastomeren Eigenschaften umfassen.

Deshalb hätte ein Fachmann, der ausgehend von der K4 vor die Aufgabe gestellt ist, thermoplastische Elastomerzusammensetzungen (Merkmale A2.1, A2.1.2, A2.1.3) vor der Schädigung durch Ultraviolettstrahlung zu schützen, die Lehre der K4 ohne weiteres auch bei thermoplastischen Elastomeren und Elastomerzusammensetzungen erprobt. Anlass für die Erprobung und Anregung zur Übertragung der Lehre der K4 auf ein thermoplastisches Polyolefinelastomer, welches entweder als Mischung von Polymeren oder als Blockcopolymer präpariert wird, ist für den Fachmann die in K4 beschriebene vorteilhafte synergistische Wirkung sowie die stofflich breit gehaltene, nicht erschöpfend aufgezählte Zielgruppe der Polymeren und Copolymeren der K4 (vgl. BGH, GRUR 2009, 1039 - 1041 – Fischbissanzeiger). Hinzu kommt das grundsätzliche Vorgehen und die Bereitschaft eines Fachmanns, bekannte Stabilisatorsysteme auch auf andere Kunststoffklassen zu übertragen (vgl. B8: S. 440, Satz 4). Der Fachmann gelangt so ohne erfinderisches Zutun so zu einem Material mit allen Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag.

Der von der Beklagten geltend gemachte Plate-out-Effekt ist zwar in keiner der Druckschriften thematisiert. Er stellt sich jedoch bei der wie zuvor ausgeführt naheliegenden Verwendung der aus der K4 bekannten Zusammensetzung zwangsläufig ein und kann daher die Patentfähigkeit nicht begründen (vgl. BGH, GRUR 2003, 317 - 321 – Kosmetisches Sonnenschutzmittel).

Auch die Beispiele des Streitpatents und die vorgelegten Vergleichsversuche der Druckschriften B10 und B12 führen zu keiner anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. So vergleichen alle Beispiele des Streitpatents thermoplastische Elastomere, die ein erfindungsgemäßes Alkylbenzoat enthalten, gegenüber Zusammensetzungen mit UV-Absorbern aus Arylbenzoat bzw. anderen Verbindungen als Benzoate. Ein Vergleich von thermoplastischen Elastomeren enthaltend erfindungsgemäße Alkylbenzoate mit Thermoplasten enthaltend erfindungsgemäße Alkylbenzoate, welcher möglicherweise die von der Beklagten behauptete besondere Problematik von thermoplastischen Elastomeren – insbesondere gegenüber dem Plate-out-Effekt – zeigen könnte, erfolgt nicht. Daher steht es bereits gemäß der ursprünglichen Offenbarung und Lehre des Streitpatents im Belieben des Fachmanns, welcher Polymerklasse die erfindungsgemäßen Zusatzstoffe beigegeben werden können.

Die Verbindung HALS-4 auf S. 9 der B10 entspricht im Übrigen nicht der Verbindung (I) der K4. So ist der Amin-Substituent am Triazin-Ring zwar jeweils mit einer C8H17-Gruppe substituiert, in Verbindung (I) aber zusätzlich mit einer substituierten Piperidin-Gruppe. Ferner ist in Verbindung 1 die Alkylen-Brücke eine (CH2)6Gruppe, wohingegen in HALS-4 eine (CH2)7-Gruppe zur Verbrückung dient.

B4: Verbindung HALS-4 K4: Verbindung (I)

mit R = Methyl 3. Auch die Verwendung des Materials von Patentanspruch 1 gemäß Patentanspruch 9 nach Hauptantrag als Deck- oder Verblendungsmaterial für ein Dach, einen Sitz oder ein Armaturenbrett (Merkmale B1, B2, B2.1) beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Bereits das Streitpatent nennt als Stand der Technik die Druckschrift EP 0 449 685 A1 (vgl. K2: [0009]), wonach ein thermoplastisches Elastomer für Kraftfahrzeugteile verwendet wird (EP 0 449 685 A1: S. 2, Z. 5-11). Auch aus der K5 bzw. K5b, welche als Taschenbuch der Kunststoffadditive das Grundwissen des Fachmanns auf dem vorliegenden Fachgebiet repräsentiert, ist es bekannt, dass Polypropylen/Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (PP/EPDM) Abmischungen,

welche thermoplastischen Polyolefinelastomere als Mischungen (Blends) zweier Polymere darstellen (Merkmale A2, A2.1, A2.1.2, A2.1.3), in der Automobilindustrie zur Herstellung von Stoßfängern breite Verwendung finden und dass die Wirksamkeit von gehinderten Aminen (HALS) in diesen Abmischungen sehr eindrucksvoll ist (K5b: S. 232, Tabelle 25 i. V. m. der in der Verhandlung genannten S. 231, vorletzter Absatz). Der Fachmann hätte deshalb auch die Verwendung des Materials von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag in Betracht gezogen, so dass auch die Merkmale B1, B2 und B2.1 die erfinderische Tätigkeit nicht begründen können.

4. Der Gegenstand des Streitpatents in der nach Hauptantrag verteidigten Fassung hat deshalb mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

III.

Das Streitpatent hat auch in der Fassung der insgesamt 19 Hilfsanträge keinen Bestand.

1. Durch die Hilfsanträge „Hauptantrag a“, 1 bis 12 und 5a, 6a, 7a, 8a, 9a und 11a ergeben sich im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag Änderungen bzw. Ergänzungen in der Merkmalsgruppe A3, welche kursiv gesetzt sind. Mit der hochgestellten Ziffer wird angegeben, ab welchem Hilfsantrag das Merkmal in die Fassung des Patentanspruchs aufgenommen ist.

a) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 1 nimmt mit Merkmal A3D bestimmte gehinderte Amine der Druckschrift K4 mittels eines Disclaimers aus dem Patentanspruch aus. Er gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin A3D mit Ausnahme der Verbindung mit folgender Struktur, worin R Methyl ist:

b) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 2 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.12 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin mit einer molaren Masse im Bereich von mindestens 172 g/mol und weniger als 2216 g/mol.

c) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 3 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.13 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin mit einer molaren Masse im Bereich von 172 g/mol bis 1656 g/mol.

d) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 4 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.14 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin mit einer molaren Masse im Bereich von 172 g/mol bis 847 g/mol.

e) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 5 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin A3.25 wobei der Photostabilisator eine 1,2,2,6,6-Pentamethyl-4-piperi- A3.35 A3.3.15 A3.3.25 A3.3.35 A3.3.45 A3.3.55 A3.3.65 A3.3.75 dylgruppe aufweist oder ausgewählt ist aus nachfolgender Gruppe: 2,2,6,6-Tetramethyl-4-hydroxypiperidin-N-oxyl, 2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidylbenzoat, N,N'-Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)hexamethylendiamin, N-(2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidyl)dodecylsuccinimid, Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)sebacat, Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)sebacat, Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-2-butyl-2-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxybenzyl)malonat, A3.3.85 1-[(3,5-Di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionyloxyethyl]-2,2,6,6- tetramethyl-4-piperidyl(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionat, A3.3.95 Tetrakis(2,2,6,6,-tetramethyl-4-piperidyl)-butantetracarboxylat, A3.3.105 Tetrakis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-1,2,3,4-butantetracarboxylat, A3.3.115 Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)-di(tridecyl)butantetracarboxylat, A3.3.125 Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-di(tridecyl)butantetracarboxylat, A3.3.135 3,9-Bis[1,1-dimethyl-2-{tris(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyloxycarbonyloxy)butylcarbonyloxy}-ethyl]-2,4,8,10-tetraoxaspiro[5.5]undecan, und A3.3.145 3,9-Bis[1,1-dimethyl-2-[tris(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyloxycarbonyloxy)butylcarbonyloxy}ethyl}-2,4,8,10-tetraoxaspiro[5.5]undecan.

f) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 6 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin A3.25 wobei der Photostabilisator eine 1,2,2,6,6-Pentamethyl-4-piperidylgruppe aufweist.

g) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 7 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.25 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin wobei der Photostabilisator eine 1,2,2,6,6-Pentamethyl-4-piperi- A3.37 A3.3.65 A3.3.75 dylgruppe aufweist und ausgewählt ist aus nachfolgender Gruppe: Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)sebacat, Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-2-butyl-2-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxybenzyl)malonat, A3.3.105 Tetrakis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-1,2,3,4-butantetracarboxylat, A3.3.125 Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-di(tridecyl)butantetracarboxylat, und A3.3.145 3,9-Bis[1,1-dimethyl-2-[tris(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyloxycarbonyloxy)butylcarbonyloxy}ethyl}-2,4,8,10-tetraoxaspiro[5.5]undecan.

h) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 8 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.38 A3.3.15 A3.3.25 A3.3.35 A3.3.45 A3.3.55 A3.3.65 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin ausgewählt ist aus nachfolgender Gruppe: 2,2,6,6-Tetramethyl-4-hydroxypiperidin-N-oxyl, 2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidylbenzoat, N,N'-Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)hexamethylendiamin, N-(2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidyl)dodecylsuccinimid, Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)sebacat, Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)sebacat,

A3.3.75 Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-2-butyl-2-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxybenzyl)malonat,

A3.3.85 1-[(3,5-Di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionyloxyethyl]-2,2,6,6tetramethyl-4-piperidyl(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionat,

A3.3.95 Tetrakis(2,2,6,6,-tetramethyl-4-piperidyl)-butantetracarboxylat, A3.3.105 Tetrakis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-1,2,3,4-butantetracarboxylat, A3.3.115 Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)-di(tridecyl)butantetracarboxylat, A3.3.125 Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-di(tridecyl)butantetracarboxylat, A3.3.135 3,9-Bis[1,1-dimethyl-2-{tris(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyloxycarbonyloxy)butylcarbonyloxy}-ethyl]-2,4,8,10-tetraoxaspiro[5.5]undecan, und A3.3.145 3,9-Bis[1,1-dimethyl-2-[tris(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyloxycarbonyloxy)butylcarbonyloxy}ethyl}-2,4,8,10-tetraoxaspiro[5.5]undecan.

i) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 9 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.39 A3.3.15 A3.3.25 A3.3.35 A3.3.45 A3.3.55 A3.3.65 A3.3.75 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin ausgewählt ist aus nachfolgender Gruppe: 2,2,6,6-Tetramethyl-4-hydroxypiperidin-N-oxyl, 2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidylbenzoat, N,N'-Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)hexamethylendiamin, N-(2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidyl)dodecylsuccinimid, Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)sebacat, Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)sebacat, Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-2-butyl-2-(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxybenzyl)malonat,

A3.3.85 1-[(3,5-Di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionyloxyethyl]-2,2,6,6tetramethyl-4-piperidyl(3,5-di-tert-butyl-4-hydroxyphenyl)propionat,

A3.3.95 Tetrakis(2,2,6,6,-tetramethyl-4-piperidyl)butantetracarboxylat, und A3.3.105 Tetrakis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)-1,2,3,4-butantetracarboxylat.

j) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 10 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.110 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin mit einer molaren Masse im Bereich von 172 g/mol bis 509 g/mol.

k) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 11 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale:

A3 A3.311 A3.3.15 A3.3.25 A3.3.35 A3.3.45 A3.3.55 A3.3.65 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin ausgewählt ist aus nachfolgender Gruppe: 2,2,6,6-Tetramethyl-4-hydroxypiperidin-N-oxyl, 2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidylbenzoat, N,N'-Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)hexamethylendiamin, N-(2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidyl)dodecylsuccinimid, Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)sebacat, und Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)sebacat.

l) Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) nach Hilfsantrag 12 gliedert sich in der Merkmalsgruppe A3 in die folgenden Merkmale, das Merkmal A4 kommt neu hinzu:

A3 und (B) einen Photostabilisator mit gehindertem Amin A3.13 mit einer molaren Masse im Bereich von 172 g/mol bis 1656 g/mol; A412 und ein Pigment.

m) Mit den Hilfsanträgen der Buchstaben „a“ wird jeweils in Merkmal A3 das Attribut „einzigen“ vor dem Wort „Photostabilisator“ eingefügt. Merkmal A3 lautet dann für den Hilfsantrag „Hauptantrag a“ sowie für die Hilfsanträge 5a, 6a, 7a, 8a, 9a und 11a wie folgt:

A3a und (B) einen einzigen Photostabilisator mit gehindertem Amin

2. Die Hilfsanträge 1 bis 4, 10 und 12 sind unzulässig.

a) Der in Hilfsantrag 1 mit Merkmal A3D im Hinblick auf die vorveröffentlichte K4 eingeführte Disclaimer ist nicht zulässig. Der Disclaimer ist ursprünglich nicht im Streitpatent offenbart, das heißt das Streitpatent schließt die genannten Verbindungen nicht bereits von vornherein aus (so genannte „negative Offenbarung“). Die ausgeschlossene Verbindung ist in dem Streitpatent aber auch nicht als eine mögliche, unter sterisch gehinderte Amine fallende Einzelverbindung explizit genannt (so genannte „positive Offenbarung“).

Auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Europäischen Patentamts zu Disclaimern (insbesondere der Entscheidungen G 1/03 und G2/03 sowie der neueren Entscheidung G2/10 und den darin aufgestellten Regeln ist der vorliegende Disclaimer nicht zulässig. Diese Entscheidungen sehen einen nicht offenbarten Disclaimer ausnahmsweise dann als zulässig an, wenn gesetzlichen Ausnahmen von der Patentierbarkeit Rechnung zu tragen ist oder wenn die Neuheit gegenüber einer älteren Anmeldung nach Art. 54 Abs. 3 EPÜ bzw. einer zufälligen Vorwegnahme hergestellt werden soll. Bei der K4 handelt es sich jedoch weder um eine nicht vorveröffentlichte ältere Anmeldung nach Art. 54 Abs. 3 EPÜ noch stellt deren Lehre eine zufällige Vorwegnahme dar, die ein Fachmann bei der Lö- sung des Problems nie in Betracht gezogen hätte (vgl. Schulte/Moufang a. a. O. § 34 Rdn. 145-151; Busse/Keukenschrijver § 3 Rdn. 129, § 4 –Rdn. 186, § 34 Rdn. 76, § 38 Rdn. 44). Deshalb ist Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 nicht zulässig.

Ungeachtet der Zulässigkeitsfrage müsste aber zudem der nach Ausnahme (Disclaiming) verbleibende Rest gegenüber dem ausgenommenen Gegenstand (hier das vorveröffentlichte Amin gemäß der K4) einen patentbegründenden Effekt aufweisen. Ein solcher Effekt ist weder aus den Verfahrensunterlagen zu erkennen, noch wurde er behauptet oder belegt, so dass verbleibende Teilgegenstand aus denselben Gründen, wie sie in Abschnitt II.2 für den Hauptantrag gezeigt sind, auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Lehre der vorveröffentlichten K4 beruht.

b) Die molaren Massen der Merkmale A3.12, A3.13, A3.14 und A3.110 der Hilfsanträge 2, 3, 4, 10 und 12 sind entsprechend Dokument B11 aus der Offenbarung der chemischen Formeln konkreter Photostabilisatoren des Streitpatents berechnet (K2: [0036] i. V. m. B11: Molare Massen 172 g/mol, 847 g/mol und 1656 g/mol) und die molare Masse 2216 g/mol soll der molaren Masse der Verbindung (I) der K4 entsprechen Das Streitpatent erwähnt an keiner Stelle, dass es in Bezug auf Photostabilisatoren mit gehindertem Amin auf die molare Masse ankommen würde. Auch ist zu keiner der Verbindungen des Streitpatents eine molare Masse explizit offenbart, erst recht fehlen Bereichsangaben und Angaben zu einer gegebenenfalls erfindungsgemäßen Relevanz. Daran ändert auch nichts, dass spezifische Moleküle des Streitpatents diese physikalische Eigenschaft inhärent aufweisen – ebenso wie sie auch andere physikalische Eigenschaften wie Schmelzpunkt, Siedepunkt, Brechungsindex oder Dichte aufweisen. Daher sind die Merkmale A3.12, A3.13, A3.14 und A3.110 nicht ursprünglich offenbart. Die Angabe eines stofflich nicht bestimmten Bereichs der molaren Masse umfasst zudem im Streitpatent nicht offenbarte Strukturen und führt auch deshalb zu einer unzulässigen Erweiterung der ursprünglichen Offenbarung.

3. Was die Hilfsanträge 5, 7, 8, 9 und 11 anbelangt, so stellt sich nach Würdigung an der Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamts die Frage nach deren Zulässigkeit. Davon unabhängig beruht der Gegenstand ihres jeweiligen Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) In den Hilfsanträgen 5, 7, 8, 9 und 11 werden in den Merkmalsgruppen A3.35, A3.37, A3.38, A3.39 und A3.311 jeweils durch ihre Formelnamen bezeichnete, spezifische sterisch gehinderte Amine ausgewählt (vgl. Absatz [0036] des Streitpatents). Darin werden beispielhaft 21 verschiedene Formelnamen von sterisch gehinderten Aminen als geeignete Photostabilisatoren im Sinne der Erfindung des Streitpatents als gleichwertige Alternativen genannt. Diese Verbindungen umfassen unter anderem solche mit einer 1,2,2,6,6-Pentamethyl-4-piperidylgruppe als auch solche mit einer 2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidylgruppe (im Folgenden „Pentamethyl-piperidylgruppe“ und „Tetramethyl-piperidylgruppe“ genannt). Mit den Merkmalgruppen A3.35, A3.37, A3.38, A3.39 und A3.311 werden aus den lediglich beispielhaft genannten 21 Verbindungen je nach Hilfsantrag 14, 5, 10 oder 6 Verbindungen willkürlich ausgewählt.

Die Zulässigkeit dieser willkürlichen und nachträglichen Auswahl von 5, 6, 10 oder 14 verschiedenen Verbindungen erscheint insbesondere nach den Entscheidungen der Beschwerdekammern des EPA (vgl. insbesondere T 98/09) fraglich („singling out“).

Sofern die Beklagte hierzu auf die molare Masse der Verbindungen als Auswahlkriterium verweist, kann der Fachmann dieses Auswahlkriterium den ursprünglichen Unterlagen und dem Patent nicht entnehmen, da die molare Masse weder implizit noch explizit ursprünglich als Auswahlkriterium offenbart ist. Die Frage der Zulässigkeit der Hilfsanträge 5, 7, 8, 9 und 11 kann letztlich dahingestellt bleiben, da der Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

b) Wie in Abschnitt II.2 gezeigt, lag es nahe, die synergistisch wirkende Kombination aus dem sterisch gehinderten Amin der Formel (I) und dem Alkylbenzoat der Formel (II) auch bei thermoplastischen Polyolefinelastomeren (Merkmale A2, A2.1, A2.1.2, A2.1.3) einzusetzen. Die Hilfsanträge 5, 7, 8, 9 und 11 unterscheiden sich von dem Hauptantrag lediglich in der Merkmalsgruppe A3 durch die Auswahl anderer sterisch gehinderter Amine als dem Amin der Formel (I) in der K4.

Es handelt sich bei dieser Auswahl um sterisch gehinderte Amine, die dem Fachmann als Lichtstabilisatoren für Polymere geläufig sind (vgl. z.B. K5b: S. 215, HALS-1; K5b: S. 216, HALS-5). Der Ersatz des speziellen sterisch gehinderten Amins der Formel (I) der K4 im Zuge der Anwendung ihrer Lehre erfordert daher kein erfinderisches Zutun.

Im Übrigen hat die Beklagte weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass mit der zudem nachträglichen Auswahl von 5, 6, 10 oder 14 spezifischen Verbindungen aus den lediglich beispielhaft in Absatz [0036] des Streitpatents aufgezählten 21 sterisch gehinderten Aminen ein die erfinderische Tätigkeit tragender, ursprünglich offenbarter Effekt verbunden ist. Es ist dann für den Fachmann in Kenntnis des Streitpatents keine Veranlassung ersichtlich, diese erst nachträglich ausgewählten Verbindungen vor anderen, dem Fachmann geläufigen sterisch gehinderten Aminen zu bevorzugen.

Die K4 offenbart mit Formel (I) ein spezifisches sterisch gehindertes Amin, welches eine Tetramethyl-piperidylgruppe aufweist. Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Fachmann die Offenbarung der K4 nicht dahingehend versteht, dass ausschließlich mit dem spezifischen sterisch gehindertem Amin der Formel (I) und dem spezifischen Alkylbenzoat der Formel (II) ein synergistischer Effekt zur Lichtstabilisierung erzielt werden kann. Vielmehr wird er die vorteilhaften Eigenschaften dieser Kombination nicht auf diese speziellen Beispiele beschränkt sehen. Ausgehend von der K4 ist der Fachmann unter Berücksichtigung der Aufgabe auch bestrebt und angehalten, insbesondere die ihm aus dem Stand der Technik geläufi- gen stofflichen und funktionellen Alternativen zu den mit Formel (I) bzw. (II) konkret offenbarten Verbindungen in Erwägung zu ziehen und auszuprobieren.

Gesteht man aber dem Fachmann eine nachträgliche willkürliche Auswahl der sterisch gehinderten Amine der Merkmalsgruppen A3 aus den 21 namentlich aufgezählten Aminen des Streitpatents zu, wird er zur Lösung der objektiven Aufgabe auch das sterisch gehinderte Amin der Formel (I) der K4 in naheliegender Weise gegen ihm geläufige, fachübliche sterisch gehinderte Amine zur Lichtstabilisierung austauschen. Solche kommerziell erhältlichen sterisch gehinderten Amine (HALS = Hindered Amine Light Stabilizer) sind dem Fachmann aus dem zu seinem Standardwissen zählenden Taschenbuch der Kunststoffadditive bekannt. Dort sind bereits sterisch gehinderte Amine in der Verwendung für PP/EPDM-Abmischungen (thermoplastisches Polyolefinelastomer) als vorteilhaft beschrieben (K5b mit in der Verhandlung genannter S. 231: S. 231, vorletzter Absatz und S. 232, Tabelle 25). Neben einer Verbindung, welche strukturell dem sterisch gehinderten Amin von Formel (I) der K4 sehr nahe kommt (K5b: S. 215, HALS-3), sind dies unter anderem Bis(2,2,6,6-tetramethyl-4-piperidyl)sebacat (Merkmal A3.3.55; K5b: S. 215, HALS-1) und Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)sebacat (Merkmal A3.3.65; K5b: S. 216, HALS-5). Die Auswahl dieser beiden Verbindungen an Stelle der mit Formel (I) in der K4 genannten Verbindung lag daher genauso im Belieben des Fachmanns, wie die von der Beklagten getroffene willkürliche Auswahl entsprechend der Merkmalgruppen A3.35, A3.37, A3.38, A3.39 und A3.311. Deshalb gelangt der Fachmann ausgehend von der K4 unter Austausch des dort beschriebenen spezifischen gehinderten Amins der Formel (I) gegen ein aus der K5b bekanntes fachübliches Amin zu einem Material mit allen Merkmalen der Merkmalsgruppe A1 und A2 sowie den Merkmalen A3 und A3.3.55 bzw. A3.3.65, ohne erfinderisch tätig zu werden. Die Patentansprüche 1 der Hilfsanträgen 5, 7, 8, 9 und 11 sind daher mangels erfinderischer Tätigkeit ihrer Gegenstände nicht patentfähig.

c) Unter Berücksichtigung der K5b (vgl. K5b: S. 215, HALS-1; K5b: S. 216, HALS-5) lag es nahe, ausgehend von der K4 auch ein Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-

4-piperidyl)sebacat als gehindertes Amin zu verwenden. Daher kann auch das Merkmal A3.25 der Hilfsanträge 5 bis 7, welches sich auf ein beliebiges, sterisch gehindertes Amin mit einer Pentamethyl-piperidylgruppe bezieht, die erfinderische Tätigkeit nicht begründen, da Bis(1,2,2,6,6-pentamethyl-4-piperidyl)sebacat eine Pentamethyl-piperidylgruppe enthält. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 der Hilfsanträge 5 bis 7 sind auch in diesem Punkt nicht patentfähig.

Aus den von der Beklagten vorgelegten Vergleichsversuchen der B12 ergibt sich nichts anderes. Die Beklagte versucht, mit den Vergleichsversuchen zu belegen, dass ein eine Pentamethyl-piperidylgruppe aufweisendes Amin überraschenderweise in Bewitterungsversuchen gegenüber einem Amin mit einer Tetramethylpiperidylgruppe zu einer erhöhten Langzeitstabilität führt. Dem steht bereits die Lehre des Streitpatents entgegen. Nach dieser werden in den Beispielen Pentamethyl-piperidylgruppen (Beispiele 1, 2 und 4) als gleichwertig gegenüber Tetramethyl-piperidylgruppen beschrieben.

4. Mit den Hilfsanträgen „a“ wird jeweils in Merkmal A3a ergänzt, dass es sich um einen einzigen Photostabilisator mit gehindertem Amin handeln soll. In dem gesamten Streitpatent wird das Wort „einzig“ in Verbindung mit einem sterisch gehinderten Amin nicht verwendet. Lediglich der unbestimmte Artikel „ein“ (engl. „a“) findet sich an den Stellen, welche das sterisch gehinderte Amin bezeichnen (vgl. z. B. K2: [0011], Patentanspruch 1). Dies wird auch nochmals mit Absatz [0033] der K2 verdeutlicht, wonach „hindered amine photo-stabilizers“ (ohne Artikel, Mehrzahl) zugesetzt werden. Der Fachmann konnte folglich aus der Offenbarung der K2 nicht ableiten, dass es auf den Zusatz eines „einzigen“ sterisch gehinderten Amins ankommt. Daran ändert auch nichts, dass in den Beispielen jeweils ein „einziges“ sterisch gehindertes Amin verwendet wird, da auch daraus nicht abgeleitet werden kann, dass die Erfindung in der Auswahl dieses einzigen Amins liegt. Der Fachmann musste vielmehr annehmen, dass die Auswahl eines oder mehrerer Amine von dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nach Streitpatent und dem Sinngehalt der gesamten Offenbarung umfasst sein soll.

Die Gegenstände des Hilfsantrags „Hauptantrag a“ sowie der Hilfsanträge 5a, 6a, 7a, 8a, 9a und 11a gehen daher über den Inhalt des Patents in der erteilten bzw. ursprünglich offenbarten Fassung hinaus (Art. 100 EPÜ). Diese Hilfsanträge sind somit nicht zulässig. Im Übrigen beruhen sie auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da bereits die K4 als Photostabilisator mit Verbindung (I) ein (einziges) sterisch gehindertes Amin offenbart.

5. Da die Patentanspruchssätze gemäß Haupt- und Hilfsanträgen jeweils als in sich geschlossene Einheiten zu verstehen sind, ist zu den nebengeordneten Patentansprüchen der Hilfsanträge 1 bis 11 gegebenenfalls mit Änderungen nach Ziffer „a“ nicht weiter Stellung zu beziehen. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 12 ist nicht zulässig, so dass auch dessen auf den Patentanspruch 1 rückbezogene Unteransprüche 2 bis 5 bzw. der Verwendungsanspruch 6 nicht zulässig sind. Im Übrigen ist dafür, dass die Unteransprüche allein oder in Verbindung mit Patentanspruch 1 sowie der nebengeordnete Verwendungsanspruch einen erfinderischen Gehalt aufweisen könnten, nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen worden.

IV.

Dem Antrag der Beklagten, zur Gewährung rechtlichen Gehörs eine Schriftsatzfrist zu Stellungnahme zur K8/K8a zu gewähren, war nicht zu entsprechen, da es auf diese Druckschrift nicht entscheidungserheblich ankommt.

Der Entscheidung konnte die Entgegenhaltung K5b zugrunde gelegt werden. Die relevanten Stellen des Fachbuches K5b, auf die der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, betreffen nur den ersten Satz des letzten vollständigen Absatzes auf Seite 231, nämlich dass „die Wirksamkeit der HALS […] auch in PP/EPDM-Abmischungen, die in der Automobilindustrie zur Herstellung von Stoßfängern breite Verwendung finden, sehr eindrucksvoll [ist]“. Dieser Satz befindet sich sinngemäß außerdem bereits in englischer Sprache in der früher vor- gelegten nachveröffentlichten Entgegenhaltung K5a auf Seite 281, unten. Zudem stellt er lediglich eine Erklärung zur Tabelle 25 auf Seite 232 der K5b zu den dort aufgelisteten PP/EPDM-Abmischungen dar. Die Seite 232 ist der Beklagten als K5a aber bereits mit dem Schriftsatz der Klägerin vom 14. Mai 2014 übermittelt worden. Es war der Beklagten darum zumutbar, das in der Bibliothek des Bundespatentgerichts verfügbare und außerdem durch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Handbuch, das lediglich allgemeines Fachwissen repräsentiert, während der Verhandlungspause einzusehen und hierzu Stellung zu nehmen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

VI.

Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

Schramm Guth Dr. Egerer Dr. Wismeth Dr. Freudenreich prö

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