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17 W (pat) 10/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 10/12 Verkündet am 24. März 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 11 2005 002 096.7 - 53 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder sowie der Richter Dipl.-Ing. Baumgardt und Dipl.-Ing. Hoffmann beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154 05.11 Gründe:

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist eine PCT-Anmeldung in nationaler Phase, welche die Priorität einer Voranmeldung beim Europäischen Patentamt vom 31. August 2004 in Anspruch nimmt und als WO 2006 / 24 157 A1 in englischer Sprache veröffentlicht wurde. Ihr PCT-Anmeldetag ist der 31. August 2005. Sie trägt in der deutschen Übersetzung (DE 11 2005 002 096 T5) die Bezeichnung:

„Tragbare elektronische Vorrichtung mit Textdisambiguierung“.

Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Februar 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Hauptanspruchs mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei, denn er sei durch die Druckschrift D4 (s. u.) nahegelegt.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie stellt in der Beschwerdebegründung vom 15. Juni 2012 (sinngemäß) den Antrag,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Februar 2012 aufzuheben und die Patenterteilung auf die Patentansprüche 1 bis 16, eingereicht am 18. Oktober 2010, zu beschließen.

Zur Begründung macht die Anmelderin geltend, im Zurückweisungsbeschluss würden Argumente zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit in nicht nachvollziehbarer Weise vermischt. Die Nachvollziehbarkeit der Begründung werde weiter durch widersprüchliche Aussagen erschwert. Die „Berücksichtigung“ des Vorbringens der Anmelderin erschöpfe sich zudem darin, lediglich die Argumente der Anmelderin in indirekter Rede zu wiederholen, ohne jedoch auf die Argumente in erkennbarer und nachvollziehbarer Weise einzugehen. Einige wesentliche Merkmale des Patentanspruchs 1 seien in der Druckschrift D4 nicht offenbart. Die Prüfungsstelle verknüpfe verschiedene Ausführungsbeispiele der D4 mosaikartig und ohne Berücksichtigung des Zusammenhangs. Entscheidend sei nicht, dass das Ableiten bestimmter beanspruchter Merkmale aus der D4 theoretisch möglich wäre, sondern ob der Fachmann dies aufgrund einer konkreten Anregung oder Veranlassung im Stand der Technik auch getan hätte.

Der geltende Patentanspruch 1 (mit der Gliederung aus dem Zurückweisungsbeschluss, wie sie auch von der Anmelderin verwendet wird, und in welcher ein Gliederungspunkt (e) bereits fehlt - hier noch mit zusätzlicher Untergliederung in Merkmale (a1), (a2) und (a3)) lautet:

(a) 1. Verfahren zur Disambiguierung einer Eingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung eines Typs, der eine Eingabeeinrichtung, eine Ausgabeeinrichtung und einen Speicher umfasst, der eine darin gespeicherte Vielzahl von Objekten aufweist,

(a1) welche eine Vielzahl von Sprachobjekten und eine Vielzahl von Häufigkeitsobjekten umfasst, wobei jedes von wenigstens einem Teil der Sprachobjekte einem zugeordneten Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist,

(a2) wobei die Vielzahl von Sprachobjekten eine Vielzahl von Wortobjekten und eine Vielzahl von N-Gram-Objekten umfasst, wobei im Wesentlichen jedes N-Gram-Objekt wenigstens ein erstes Zeichen umfasst,

(a3) wobei die Eingabeeinrichtung eine Vielzahl von Eingabeelementen umfasst, wobei jedes von wenigstens einem Teil der Eingabeelemente der Vielzahl von Eingabeelementen eine Vielzahl von diesem zugeordneten Zeichen aufweist,

wobei das Verfahren umfasst:

(b) Erfassen einer mehrdeutigen Eingabe, die eine Anzahl von Eingabeelementbetätigungen umfasst,

(c) Erzeugen einer Anzahl von Präfixobjekten, die der mehrdeutigen Eingabe entsprechen, wobei wenigstens eines der Präfixobjekte der Anzahl von Präfixobjekten einen anfänglichen Großbuchstaben und einen Kleinbuchstaben aufweist,

(d) für jedes Präfixobjekt von wenigstens einem Teil der Anzahl von Präfixobjekten, Suchen eines entsprechenden Sprachobjektes, das dem Präfixobjekt entspricht,

(f) Erzeugen eines Ergebnisses durch, für jedes Präfixobjekt von wenigstens einem Teil der Anzahl von Präfixobjekten, Identifizieren eines Wortobjektes, das dem Präfixobjekt entspricht, Erhalten eines zugeordneten Häufigkeitsobjektes, das dem identifizierten Wortobjekt zugeordnet ist und einen Häufigkeitswert aufweist, und Zuordnen des Häufigkeitswertes des zugeordneten Häufigkeitsobjektes dem Präfixobjekt,

(g) für wenigstens einen Teil der Präfixobjekte des Ergebnisses, Erzeugen eines Ausgabesatzes der Präfixobjekte, der entsprechend den diesen zugeordneten Häufigkeitswerten sortiert ist,

(h) wobei wenigstens ein Teil des Ausgabesatzes ein erstes Präfixobjekt umfasst, mit einer Buchstabenfolge und nur Kleinbuchstaben aufweisend, sowie ein zweites Präfixobjekt umfasst, mit derselben Buchstabenfolge und wenigstens einen Großbuchstaben aufweisend,

(i) Bestimmen, dass das Ergebnis eine Menge von Präfixobjekten umfasst,

(j) Bestimmen, dass die Menge der Präfixobjekte in dem Ergebnis geringer ist als eine vorbestimmte Menge, und Hinzufügen eines Präfixobjektes der Anzahl von Präfixobjekten, für welches ein entsprechendes Wortobjekt der Vielzahl von Wortobjekten nicht identifiziert wurde, als ein verwaistes Präfixobjekt dem Ausgabesatz an einer Position, welche einer verhältnismäßig geringen Häufigkeit entspricht, und

(k) einer Ausgabe, welche die Präfixobjekte von wenigstens einem Teil des Ausgabesatzes umfasst, der in absteigender Reihenfolge eines Häufigkeitswertes organisiert ist.

Bezüglich des nebengeordneten, auf eine danach arbeitende „tragbare elektronische Vorrichtung“ gerichteten Patentanspruchs 7 und der Unteransprüche 2 bis 6 und 8 bis 16 wird auf die Akte verwiesen.

Als zugrundeliegende Aufgabe ist in der Beschwerdebegründung, Seite 2 vorletzter Absatz, angegeben: ein Verfahren bereitzustellen, bei dem die Auflösung der Mehrdeutigkeiten von Eingaben über eine reduzierte Tastatur eines tragbaren elektronischen Gerätes im Vergleich zum Stand der Technik verbessert wird, insbesondere bei der Eingabe von (Eigen-) Namen.

II.

Die Beschwerde ist rechtzeitig eingegangen und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 bei Nicht-Berücksichtigung derjenigen Merkmale, die zu einer technischen Problemlösung nichts beitragen, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§§ 1, 4 PatG).

1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zur Texteingabe in eine tragbare elektronische Vorrichtung über eine Eingabeeinrichtung (insbesondere eine Tastatur), wobei Eingabeelemente (Tasten) zum Einsatz kommen, welche mehrfach belegt sind (Merkmal (a3): wobei ein Eingabeelement „eine Vielzahl von diesem zugeordneten Zeichen aufweist“). Man spricht hier auch von einer „Tastatur mit reduziertem Tastensatz“.

Weil dabei eine betätigte Taste nicht eindeutig einem bestimmten Eingabezeichen zugeordnet werden kann, ist eine „Disambiguierung“ der Eingabe erforderlich, d. h. ein Algorithmus zur Auflösung der Mehrdeutigkeit.

Prinzipiell waren dazu (siehe Beschreibung gemäß DE 11 2005 002 096 T5, Absatz [0005] / [0006]) Verfahren bekannt, bei denen ein einzugebendes Zeichen durch Betätigung mehrerer Tasten ausgewählt wird (z. B. „key chording“, wobei mehrere Tasten gleichzeitig oder zusammenhängend nacheinander betätigt werden, oder „Multi-Tap“, wobei eine Taste mehrfach betätigt wird und die Zeichenauswahl durch die Anzahl der Betätigungen erfolgt). Ferner war es aber auch schon bekannt, jeweils nur eine Taste zu betätigen und die Mehrdeutigkeit durch eine Zusammenstellung der aufgrund der bisherigen Eingaben „möglichen“ WortKandidaten aufzulösen, und ggf. unterschiedliche mögliche Worte zur Auswahl anzubieten; dafür ist ein Wörterbuch in der verwendeten Sprache und ggf. auch eine Häufigkeitsinformation für die möglichen Worte erforderlich (siehe Absatz [0007], [0009] und die gesamte Beschreibung, insbesondere das Beispiel gemäß den Figuren 7 bis 10 und Absatz [0104] bis [0118]).

Mit der Anmeldung soll das letztere, an sich bekannte Verfahren der Disambiguierung einer mehrdeutigen Eingabe auf der Basis von Wörterbüchern weiter verbessert und für den Benutzer vereinfacht werden, insbesondere hinsichtlich der Eingabe von (Eigen-) Namen.

In der Beschreibung der dazu vorgeschlagenen Maßnahmen nimmt der Begriff „Präfixobjekt“ eine zentrale Rolle ein. Er beschreibt Buchstabenkombinationen, sogenannte „N-Gramme“, die der bisherigen mehrdeutigen Eingabe entsprechen - mathematisch ausgedrückt: die Permutationen, also z. B. nach Drücken einer „A/S“- und dann „O/P“- Taste die vier 2-Gramme „AO“, „AP“, „SO“ und „SP“ - und die den Wort-Anfang für das Wort darstellen, das der Benutzer eingeben will (vgl. Beschreibung Absätze [0051] bis [0053], [0064] bis [0067], [0104] / [0105] und Figur 7).

Die der bisherigen Eingabe entsprechenden Präfix-Objekte sollen entsprechend ihrer Vorkommens-Häufigkeit sortiert und in einer Liste „in absteigender Reihenfolge“ ausgegeben bzw. zur Auswahl angeboten werden. D. h. dass die den erkannten Präfix-Objekten zugeordneten Worte in Bezug auf ihre VorkommensHäufigkeit verglichen werden und dasjenige Präfix-Objekt, das zu dem am häufigsten vorkommenden Wort gehört, an erster Stelle ausgegeben wird. Um dies zu ermöglichen, ist den Sprachobjekten (Worten) des Wörterbuchs jeweils ein „Häufigkeitsobjekt“ zugeordnet, das einen „Häufigkeitswert“ aufweist (Merkmale (a1), (d), (f), (g) und (k)).

Die Besonderheit der vorliegenden Anmeldung soll darin bestehen, dass eine Unterscheidung nach Groß- und Kleinbuchstaben vorgenommen wird, indem zusätzliche Präfixobjekte vorgesehen werden, welche nach Merkmal (h) „wenigstens einen Großbuchstaben“ aufweisen, bzw. gemäß Merkmal (c) „einen anfänglichen Großbuchstaben“. Im obigen Beispiel werden somit anstelle der genannten vier nunmehr acht Präfixobjekte „ao“, „Ao“, „ap“, „Ap“, „so“, „So“, „sp“ und „Sp“ erzeugt (siehe dazu die geltende Beschreibungsseite 47 vom 18. Oktober 2010, Absatz 1).

Des weiteren wird vorgeschlagen, sog. „verwaiste Präfixobjekte“ mit auszugeben, wenn eine vorgegebene Anzahl von gemäß Wörterbuch möglichen Präfixobjekten unterschritten wird (d. h. wenn die Ausgabeliste noch nicht voll ist), und zwar an einer Position der Ausgabeliste, die einer relativ geringen Vorkommenshäufigkeit entspricht (Merkmal (j)). „Verwaiste Präfixobjekte“ sind solche, die zu keinem Wort oder Teilwort des Wörterbuchs passen (vgl. Anmeldung Absatz [0068]). Das Verfahren ist in Absatz [0107] ff. erläutert und bezweckt, den Benutzer bei der Eingabe von neuen, nicht im Wörterbuch enthaltenen Worten zu unterstützen.

Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein bekanntes, auf WörterbuchVergleich basierendes Disambiguierungsverfahren für die Wort-Eingabe mittels mehrfach belegter Tasten zu verbessern, sieht der Senat einen Informatiker oder System-Programmierer mit Hochschul-Ausbildung an, der einen Experten für Benutzeroberflächen mit Erfahrung im Erkennen und in der Beurteilung von Kundenwünschen bezüglich der Gerätebedienung und evtl. einen Sprachwissenschaftler zur Hilfe heranzieht.

2. Das Verfahren, auf welches der geltende Patentanspruch 1 gerichtet ist, war aus dem nächstkommenden Stand der Technik teilweise bekannt. Die darüber hinausgehenden Merkmale lagen für den Durchschnittsfachmann im gegebenen Zusammenhang nahe oder sind bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

2.1 Zunächst ist allerdings einzuräumen, dass die Begründung des Zurückweisungsbeschlusses der Prüfungsstelle, die sich allein auf die Druckschrift D4 (US 2004 / 153 975 A1) stützt, auch für den Senat nicht nachvollziehbar ist (vgl.

dazu die ausführliche Argumentation der Anmelderin in der Beschwerdebegründung vom 15. Juni 2012, ab Seite 5 Mitte).

2.2 Als nächstkommenden Stand der Technik betrachtet der Senat die Druckschrift D1 (US 6 204 848 B1). Sie beschreibt ein Verfahren zur Disambiguierung einer Texteingabe mittels mehrfach belegter Tasten (Figur 1, Tabelle Figur 3; Spalte 2 Zeile 36 bis 49). Dabei nimmt sie das grundsätzliche Prinzip der Verwendung von Wörterbüchern und der Anzeige von Präfix-Objekten vorweg (siehe z. B. Figur 4 und zugehörige Beschreibung - Merkmale (a), (a2), (a3), (b), (d), sowie teilweise (a1), (g) und (k)). Die alternativen N-Gramme (Präfix-Objekte) werden vorzugsweise in einer Reihenfolge angezeigt, die abhängig von der Benutzungshäufigkeit in einer bestimmten Sprache ist (siehe z. B. Spalte 3 Zeile 38 bis 42 - übriger Teil der Merkmale (g) und (k)).

Ferner lehrt die D1 gemäß Spalte 4 Zeile 65 ff., es sei vorzuziehen, nur „gültige“ N-Gramme anzuzeigen (Figur 4b). Dabei entspricht die Definition für „gültige“ N-Gramme (Spalte 5 Zeile 2 bis 6) derjenigen für die nicht-verwaisten Präfixobjekte der Anmeldung. Als Alternative wird vorgeschlagen (Spalte 5 Zeile 6 bis 9), dass der Nutzer eine maximale Zahl von anzuzeigenden N-Grammen vorgeben solle (das führt zwangsläufig zu Merkmal (i)). Nachdem somit die Anzeige nur der „gültigen“ N-Gramme lediglich als vorteilhaft beschrieben wird, ergibt sich hier für den Fachmann, dass auch eine Anzeige unter Einbeziehung der „ungültigen“ N-Gramme (d. h. der verwaisten Präfix-Objekte der Anmeldung) vorgesehen werden könnte. Bei Vorgabe einer maximalen Zahl anzuzeigender N-Gramme werden dabei zwangsläufig verwaiste Präfix-Objekte mit angezeigt, wenn die Zahl der verbleibenden gültigen N-Gramme kleiner als die vorgegebene maximale Zahl ist (d. h. dass im Sinne von Merkmal (j) abhängig von der Bestimmung, dass die Menge der Präfix-Objekte geringer ist als die vorbestimmte Menge, die verwaisten Präfix-Objekte mit angezeigt werden).

Eine Lernfunktion zur Eingabe von Worten, die im Wörterbuch nicht vorgesehen sind, ist im Prinzip ebenfalls beschrieben, siehe dazu Spalte 5 Zeile 46 bis 53 „… allows the user to create n-grams that are not in the dictionary“ und Spalte 7 Zeile 1 / 2. D. h. hier gibt D1 bereits die Lehre, dass die Eingabe neuer, unbekannter Worte möglich sein sollte, aber zusätzliche Maßnahmen erfordert.

Nach alledem weist die Lehre der D1 zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 i. W. folgende drei Unterschiede auf:

(U1) keine deutliche Beschreibung, dass jedes Sprachobjekt einem Häufigkeitsobjekt zugeordnet ist (Teil der Merkmale (a1) und (f)),

(U2) keine deutliche Beschreibung, dass auch verwaiste Präfix-Objekte angezeigt werden (Merkmal (j)) – jedoch impliziter Hinweis auf die Möglichkeit (s. o. zu Spalte 5 Zeile 6 bis 9),

(U3) keine zusätzlichen Präfix-Objekte mit Großbuchstaben im Sinne der Merkmale (c) und (h).

2.3 Mit diesen Unterschieden lässt sich das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit jedoch nicht begründen.

Dabei greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der generelle Ausschlusstatbestand gemäß § 1 Abs. 3 / 4 PatG zwar nicht ein, wenn die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (BGH GRUR 2011, 610 - Webseitenanzeige). Bei der Prüfung einer Erfindung auf erfinderische Tätigkeit sind jedoch nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, welche die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (BGH GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen).

2.3.1 Der Unterschied (U1) ist bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen, denn die zugehörigen Maßnahmen tragen zu einer technischen Problemlösung nichts bei.

Merkmal (a1) des geltenden Patentanspruchs 1 ist darauf gerichtet, dass im Speicher der tragbaren elektronischen Vorrichtung neben den Sprachobjekten, welche das Wörterbuch der verwendeten Sprache abbilden, noch sog. „Häufigkeitsobjekte“ gespeichert werden, welchen die Sprachobjekte zugeordnet sind, und welche gemäß Merkmal (f) einen „Häufigkeitswert“ haben. Die Zuordnung der Sprachobjekte zu diesen Häufigkeitsobjekten ermöglicht es, die Sprachobjekte bzw. die zugehörigen Präfixobjekte in der Reihenfolge der Vorkommenshäufigkeit zu sortieren (Merkmale (g) und (k)).

Zwar sind in D1 derartige „Häufigkeitsobjekte“ nicht explizit beschrieben. Die Anzeige der Präfixobjekte in einer Reihenfolge abhängig von der Benutzungshäufigkeit in einer bestimmten Sprache wird aber in D1 z. B. in Spalte 3 Zeile 38 bis 42 vorgeschlagen. Davon ausgehend erfordert die Frage, wie man die Benutzungshäufigkeit verfügbar macht (ob als „Häufigkeitsobjekt“ oder auf andere Weise), keine technischen Überlegungen mehr; vielmehr ist darin „nur eine Maßnahme der Datenverarbeitung zu sehen und nicht die Lösung eines konkreten technischen Problems“ (vgl. BGH, a. a. O., Webseitenanzeige Absatz 25). Der Unterschied (U1) ist somit unbeachtlich.

2.3.2 Für den Unterschied (U2) gilt dasselbe, auch er leistet zu einer technischen Problemlösung keinen Beitrag.

Gemäß Merkmal (j) sollen solche Präfix-Objekte, die zu keinem Wort oder Teilwort des Wörterbuchs passen („verwaiste Präfixobjekte“), mit in die Ausgabeliste aufgenommen werden, wenn nur noch wenige Präfix-Objekte aus dem Wörterbuch möglich sind, d. h. wenn die Ausgabeliste noch nicht voll ist. Diese verwaisten Präfixobjekte sollen in der Ausgabeliste relativ weit unten angezeigt werden, also entsprechend einer geringen Vorkommenshäufigkeit.

Durch eine solche Maßnahme wird dem Benutzer die Eingabe neuer, in dem verwendeten Wörterbuch nicht vorkommender Wörter vereinfacht, weil er nicht auf ein anderes, eindeutiges Eingabeverfahren überwechseln muss, sondern das gerade verwendete mehrdeutige Eingabeverfahren beibehalten kann.

Die Maßnahme nach Merkmal (j) leistet somit einen Beitrag zur Benutzerfreundlichkeit, weil sie dem Benutzer in einem speziellen Fall (unbekanntes, neues Wort) den Wechsel zwischen verschiedenen Eingabeverfahren erspart. Dass dadurch hingegen irgendein konkretes technisches Problem gelöst würde, ist nicht erkennbar. „Auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse“ (BGH GRUR 2000, 498 - Logikverifikation) liegen der Maßnahme ersichtlich nicht zugrunde. Daher ist Merkmal (j) bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

2.3.3 Der Unterschied (U3) betrifft eine Maßnahme, die für den Durchschnittsfachmann nahelag.

Die separate Berücksichtigung von Großbuchstaben am Wortanfang kann für Texte in deutscher Sprache keine Besonderheit darstellen – im Deutschen gibt es sogar etliche Worte, die mit einem Großbuchstaben am Wortanfang eine andere Bedeutung (und somit auch eine andre Nutzungshäufigkeit) haben als mit Kleinbuchstaben, z. B. hallen (Echo) vs. Hallen (große Lagerräume) u. v. a. Dies stellt eine hinreichende Veranlassung für den Fachmann dar, eine solche Unterscheidung vorzusehen. Ferner zeigt die Druckschrift D3 (WO 00 / 74 240 A1), die sich gleichfalls mit der Disambiguierung mehrdeutiger Eingaben befasst, in Figur 5B / Seite 37 Zeile 6 bis 33 ein Beispiel für Präfix-Objekte („Re“ / „re“), die sich nur hinsichtlich der Groß-/Kleinschreibung des Anfangsbuchstabens unterscheiden.

2.4 Der geltende Patentanspruch 1 kann sonach keinen Bestand haben, da die zu berücksichtigenden Merkmale aus dem Stand der Technik vorbekannt waren und eine gemeinsame Anwendung für den Durchschnittsfachmann nahelag.

3. Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die übrigen Ansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Morawek Eder Baumgardt Hoffmann Fa

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