Paragraphen in 11 W (pat) 32/09
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 32/09
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 152 08.05 betreffend das Patent 198 48 954 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. Juli 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. (Univ.) Fetterroll beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 23. Oktober 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der inneren Priorität (Az.: 197 48 482.4) vom 3. November 1997 eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents 198 48 954 mit der Bezeichnung
„Schutzgas zum WIG-Schweißen sowie Verfahren und Verwendung dafür“
am 30. April 2008 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent ist ein Einspruch erhoben worden, worauf die Patentabteilung 55 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent durch Beschluss vom 5. Mai 2009 widerrufen hat. Die Patentabteilung hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die beanspruchten Gegenstände sich für einen Fachmann in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Offenlegungsschrift DE 24 51 591 A1 (im Folgenden als D1 bezeichnet) und dem Aufsatz „GTAW and GMAW of Stainless Steel Shielding Gases – Choice and Effects of“ von Grundmann J. und Mahoney T., veröffentlicht im Tagungsband IIW Asian Pacific Welding Congress, 4-9 February 1996, Auckland, New Zealand, Vol. 1, ISBN 0-908694-32-6, S. 379-387 (im Folgenden D2 bezeichnet) sowie dem Fachwissen ergeben.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie verteidigt ihr Patent in beschränkter Fassung. Sie vertritt die Auffassung, dass die von ihr eingereichten Unterlagen jeweils zulässig seien und die ihnen zugrunde liegenden Gegenstände patentfähig seien.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den angegriffenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 7 nach Hauptantrag vom 15. Oktober 2012, eingegangen am 16. November 2012,
hilfsweise mit den jeweiligen Patentansprüchen nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 vom 15. Oktober 2012, eingegangen am 16. November 2012, in ihrer Reihenfolge,
sowie mit der Beschreibung gemäß Patentschrift, jedoch in der nach Hauptantrag und Hilfsanträgen jeweils angepassten Fassung der Absätze 4 bis 8 vom 15. Oktober 2012, eingegangen am 16. November 2012,
beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Einsprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
„Schutzgas zum WIG-Schweißen von Metallen, die in der Wärmeleitfähigkeit unter Aluminium liegen, insbesondere hochlegierte und niedrig legierten Stähle, bestehend aus Argon, 0,15 bis 1,5 Vol.-% Wasserstoff und 0,5 bis 5 Vol.-% Helium.“
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:
„Schutzgas zum WIG-Schweißen von Metallen, die in der Wärmeleitfähigkeit unter Aluminium liegen, insbesondere hochlegierte und niedrig legierten Stähle, bestehend aus Argon, 0,15 bis 1,5 Vol.-% Wasserstoff und 0,8 bis 5 Vol.-% Helium.“
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:
„Schutzgas zum WIG-Schweißen von Metallen, die in der Wärmeleitfähigkeit unter Aluminium liegen, insbesondere hochlegierte und niedrig legierten Stähle, bestehend aus Argon, 0,15 bis 1,5 Vol.-% Wasserstoff und 0,5 bis 3,5 Vol.-% Helium.“
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet:
„Schutzgas zum WIG-Schweißen von Metallen, die in der Wärmeleitfähigkeit unter Aluminium liegen, insbesondere hochlegierte und niedrig legierten Stähle, bestehend aus Argon, 0,15 bis 1,5 Vol.-% Wasserstoff und 1,2 bis 3,5 Vol.-% Helium.“
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 lautet:
„Schutzgas zum WIG-Schweißen von Metallen, die in der Wärmeleitfähigkeit unter Aluminium liegen, insbesondere hochlegierte und niedrig legierten Stähle, bestehend aus Argon, 0,35 bis 1,5 Vol.-% Wasserstoff und 1,2 bis 3,5 Vol.-% Helium.“
Vorstehenden Patentansprüchen schließen sich rückbezogen jeweils Unteransprüche 1 bis 5 sowie die folgenden nebengeordneten Patentansprüche 6 und 7 an.
„6. Verfahren zum WIG-Schweißen mit einem Schutzgas aus Argon, dadurch gekennzeichnet, dass unter Schutzgas nach Anspruch 1 bis 5 gearbeitet wird.
7. Verwendung eines Schutzgases nach Anspruch 1 bis 5 zum WIG-Schweißen von Metallen mit einer Wärmeleitfähigkeit unter Aluminium.“
Der einzige Patentanspruch nach Hilfsantrag 5 lautet:
„Verwendung eines Schutzgases bestehend aus Argon, 0,15 bis 1,5 Vol.-% Wasserstoff und 1,2 bis 3,5 Vol.-% Helium zum WIGSchweißen von Metallen mit einer Wärmeleitfähigkeit unter Aluminium.“
Mit Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Senat auf die Norm DIN EN 439 „Schutzgase zum Lichtbogenschweißen und Schneiden“, Ausgabe 1995 (D3) hingewiesen, worauf die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen und Entscheidung nach Lage der Akten beantragt hat.
Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Patent erweist sich auch in den beschränkt verteidigten Fassungen als nicht rechtsbeständig.
1. Das angegriffene Patent betrifft ein Schutzgas zum WIG-Schweißen von Metallen mit Argon als Hauptgaskomponente sowie ein entsprechendes Verfahren und eine entsprechende Verwendung.
In der Beschreibung wird ausgeführt, dass das WIG-Schweißen von Metallen mit einer Wärmeleitfähigkeit unterhalb von Aluminium mit Argon als Schutzgas bekannt sei. Um die Schweißleistungen zu verbessern, würden dem Argon häufig auch andere Gase wie Wasserstoff (2 bis 10 Vol.-%) und Helium (4 Vol.-%) beigemischt (Phelps M.: How shielding gases are made. In: Welding & Metal Fabrication, March 1993, S. 95-98, D4). Mit den bekannten Schutzgasen träten jedoch einige Probleme auf.
Aufgabe des angegriffenen Patents soll sein, ein Schutzgas, ein Verfahren und eine entsprechende Verwendung zu schaffen, mit dem eine verbesserte Leistungsfähigkeit beim WIG-Schweißen bei beizuhaltender Zwangslageneignung ermöglicht wird.
Der mit der Lösung dieser Aufgabe beauftragte Fachmann ist vorliegend ein Schweißfachingenieur mit einer mehrjährigen Berufserfahrung auf dem Gebiet des WIG-Schweißens.
2. Die Zulässigkeit der Patentansprüche in den jeweils geltenden Fassungen wird unterstellt. Das jeweils beanspruchte Schutzgas, seine Verwendung und die Verfahren zum WIG-Schweißen sind zweifellos gewerblich anwendbar. Auch die Neuheit der beanspruchten Schutzgase, Verwendungen und Verfahren wird unterstellt, sie beruhen jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Zum Zeitpunkt der Anmeldung waren reduzierende Schutzgasmischungen zum WIG-Schweißen genormt (vgl. D3, Schutzgas Gruppe R1, Tabelle 2 i. V. m. Tabelle 3), bei denen sich die angegebenen Konzentrationsbereiche der Gaskomponenten (> 0 bis 33 Vol. % He, > 0 bis 15 Vol. % H2 und Rest Argon) mit den im jeweiligen Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 5 überschneiden. Nicht ausdrücklich genannt ist die Eignung dieser Schutzgase für das WIG-Schweißen bestimmter Materialien.
Zum Grundlagenwissen des Fachmanns gehört, dass dem Argon beim WIGSchweißen (wg. der Wolframelektrode) nur reduzierende Gase zugesetzt werden dürfen, so dass die Wahl der Gaskomponenten limitiert ist auf eine Mischung aus Ar, He und H2 (vgl. z. B. D2, S. 382, 3.6 GTAW). Unter Abschnitt 4. (Seite 383, untere Hälfte und Übergang zur Seite 384) wird die Verwendung entsprechender Schutzgasmischungen für das WIG-Schweißen rostfreier Stähle, also hochlegierter austenitischer Stähle vorgeschlagen. Diese Stähle sind für ihre inhärente Stoffeigenschaft mit einer schlechten unter der von Aluminium liegenden Wärmeleitfähigkeit bekannt. Die Schutzgasmischung soll die Eindringtiefe und die Schweißgeschwindigkeit erhöhen.
Wasserstoff wird dem Schutzgas als geeignetes Mittel zur Reduktion von Oxiden in der Schweißnaht beigemischt, trägt zur Verbesserung der Spaltüberbrückbarkeit und zu einem guten Aussehen der Schweißnaht bei (vgl. auch Abschnitt 3.4 der D2). Für Wasserstoff wird im Hinblick auf zur Wasserstoffversprödung neigende Verbindungen (z. B. um Poren- und Rissbildung bei martensitischen Materialien zu vermeiden) ein Wert von unter 3 Vol.-% als sinnvoll erachtet.
Im Übrigen überschneidet sich der vom Patent verlangte Wasserstoffanteil zwischen 0,15 und 1,5 Vol.-% großenteils mit dem aus Druckschrift D1 bekannten Bereich für ein Argon-Helium-Wasserstoff- Schutzgasgemisch. Danach müssen 0,1 bis 1,0 Vol.-% Wasserstoff enthalten sein, um eine Oxidbildung an der Wolframelektrode zu unterbinden. Andererseits muss der Wasserstoffanteil so gering gehalten werden, um das Schweißergebnis nicht zu beeinträchtigen (vgl. ersten und letzten Absatz der Beschreibung).
Die Beimischung von Helium erhöht noch das Anfließverhalten, die Lichtbogenstabilität und –temperatur sowie den Energieeintrag (vgl. D2 a. a. O., Abschnitt 3.3 und D4, Seite 98, ersten beiden Absätze). Auch die Dünnflüssigkeit des Schweißbads wird erhöht, was zu einer schlechteren Zwangslageneignung (all position welding) führt. Als Kompromisslösung werden Konzentrationen zwischen 5 und 10 Vol.-% Helium genannt, wobei höhere und niedrigere Werte nicht ausgeschlossen werden.
Mit Blick auf das bestehende Problem, die Zwangslageneignung des Schweißverfahrens zu gewährleisten, ist nun lediglich noch ein Parameter, nämlich der Heliumanteil zu variieren. Die D2 gibt – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - keinen Weg vor, von dem der Fachmann abweichen müsste, sondern vielmehr den Hinweis, eine Kompromisslösung zu suchen. Sollten sich die in der D2 vorgeschlagenen Schweißgaszusammensetzungen hinsichtlich der Zwangslageneignung als nicht befriedigende Lösung herausstellen, wird der Fachmann zur Vermeidung der Schwachstelle auch die Änderung des Mischungsverhältnisses der Komponenten in Betracht ziehen. Hierzu drängt es sich dem Fachmann geradezu auf, die Dünnflüssigkeit des Schweißbades durch ein (weiteres) Absenken des Heliumanteils in der Gasmischung zu beeinflussen. Ein weiterer Anlass, das Augenmerk auf den Heliumanteil zu richten und diesen so weit wie möglich herabzusetzen, ist schon aus ökonomischen Gründen gegeben, da Helium deren teuerster Bestandteil ist. Zu den in den Patentansprüchen sämtlicher Anträge geforderten Konzentrationsbereichen für das Helium vermag ein Fachmann ausgehend von den in der Druckschrift D2 genannten Werten bereits durch systematische Versuche zu gelangen. Dieses Vorgehen ist üblich und erfordert kein erfinderisches Zutun.
Die in den Patentansprüchen geforderten Schutzgasmischungen sind demnach das Ergebnis eines typischen, vom Fachmann routinemäßig zu lösenden Optimierungsproblems.
Die Unteransprüche teilen in der Antragsgesamtheit das Rechtsschicksal des jeweiligen Anspruchs 1. Sie betreffen davon abgesehen ebenfalls keine eigenständig patentfähigen Gegenstände. Dies gilt ebenso für die auf das Verfahren und die Verwendung gerichteten Ansprüche 6 und 7 nach dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 4 bzw. die Verwendung gemäß dem einzigen Anspruch nach dem Hilfsantrag 5. Diese sind dem Fachmann aus der Druckschrift D2, Abschnitt 4.1 nahegelegt.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst v. Zglinitzki Dr. Fritze Fetterroll Bb
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen