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20 W (pat) 40/13

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 40/13 Verkündet am 3. August 2016

…

BESCHLUSS In dem Einspruchsbeschwerdeverfahren betreffend das Patent 10 2006 047 026

…

BPatG 154 05.11

…

hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. August 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Dorn sowie die Richter Dipl.-Ing. Albertshofer und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny beschlossen:

Der Beschluss der Patentabteilung 55 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Juni 2012 wird aufgehoben und das Patent 10 2006 047 026 widerrufen.

Gründe I.

Auf die am 2. Oktober 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangene Patentanmeldung 10 2006 047 026.5 der … GmbH & Co. KG ist am 29. September 2010 durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G05B das Patent unter der Bezeichnung

„Verfahren und System zum redundanten Ansteuern einer Slaveeinrichtung“

erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 24. Februar 2011. Gegen das Patent ist durch die Einsprechende am 23. Mai 2011 Einspruch erhoben worden.

Auf den Einspruch hin hat die Patentabteilung 55 des DPMA das Streitpatent mit am Ende der Anhörung vom 21. Juni 2012 verkündetem Beschluss beschränkt aufrechterhalten. Die schriftliche Beschlussbegründung ist der Einsprechenden am 16. Juli 2012 zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss hat die Einsprechende am 13. August 2012 Beschwerde eingelegt.

Der Bevollmächtigte der Einsprechenden beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 55 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Juni 2012 aufzuheben und das Patent 10 2006 047 026 in vollem Umfang zu widerrufen.

Der Bevollmächtigte der Patentinhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt er,

das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 13, dem BPatG als Hilfsantrag I überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. August 2016, geänderte Beschreibungsseite 3/8 der Patentschrift, dem DPMA in der mündlichen Anhörung am 21. Juni 2012 überreicht, übrige Beschreibungsseiten und Figur wie Patentschrift.

Das Patent umfasst insgesamt 14 Patentansprüche. Der unabhängige Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):

„Steuer- und Datenübertragungsanlage (10) zum redundanten Ansteuern einer Slaveeinrichtung, mit wenigstens zwei Steuereinrichtungen (20, 30) und wenigstens einer Slaveeinrichtung (40), welche über ein Kommunikationsnetzwerk (70) miteinander verbunden sind, wobei die Slaveeinrichtung (40) mehrere adressierbare Ausgangsschnittstellen (61, 62) zum Empfang von Ausgangs- und Statusdaten aufweist, wobei jede Steuereinrichtung (20, 30) eine Einrichtung zum Erzeugen und Übertragen von Status- und Ausgangsdaten zu einer separaten Ausgangsschnittstelle (61, 62) der Slaveeinrichtung (40) aufweist; wobei die Slaveeinrichtung (40) eine Auswerteeinrichtung (60) aufweist, die unter Ansprechen auf die von den Steuereinrichtungen empfangenen Statussignale die Weiterleitung von empfangenen Ausgangsdaten zur weiteren Verwendung steuert und wobei die Auswerteeinrichtung (60) unter Ansprechen auf Statussignale in einem Datenpaket enthaltene Statusdaten, die den Ausfall einer Steuereinrichtung (20, 30) signalisieren, die von einer ordnungsgemäß arbeitenden Steuereinrichtung kommenden Ausgangsdaten weiterleitet.“

Bezüglich des nebengeordneten Patentanspruchs 11 und der abhängigen Patentansprüche 2 bis 10 und 12 bis 14 wird auf die Akte verwiesen.

Der unabhängige Anspruch 1 nach Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):

„Steuer- und Datenübertragungsanlage (10) zum redundanten Ansteuern einer Slaveeinrichtung, mit wenigstens zwei Steuereinrichtungen (20, 30) und wenigstens einer Slaveeinrichtung (40),

welche über ein Kommunikationsnetzwerk (70) miteinander verbunden sind, wobei die Slaveeinrichtung (40) mehrere adressierbare Ausgangsschnittstellen (61, 62) zum Empfang von Ausgangs- und Statusdaten aufweist, wobei jede Steuereinrichtung (20, 30) eine Einrichtung zum Erzeugen und Übertragen von Status- und Ausgangsdaten zu einer separaten Ausgangsschnittstelle (61, 62) der Slaveeinrichtung (40) aufweist; wobei die Slaveeinrichtung (40) eine Auswerteeinrichtung (60) aufweist, die unter Ansprechen auf die von den Steuereinrichtungen empfangenen Statussignale die Weiterleitung von empfangenen Ausgangsdaten zur weiteren Verwendung steuert und wobei die Auswerteeinrichtung (60) unter Ansprechen auf Statussignale in einem Datenpaket enthaltene Statusdaten, die den Ausfall einer Steuereinrichtung (20, 30) signalisieren, die von einer ordnungsgemäß arbeitenden Steuereinrichtung kommenden Ausgangsdaten weiterleitet, und wobei jede Steuereinrichtung (20, 30) eine Einrichtung (22, 32) zum Erfassen des Ausfalls der anderen Steuereinrichtung aufweist, und jede Steuereinrichtung dazu ausgebildet ist, Statusdaten zu der ihr zugeordneten Ausgangsschnittstelle der Slaveeinrichtung zu übertragen, die den Ausfall der anderen Steuereinrichtung signalisieren.“

Bezüglich des nebengeordneten Patentanspruchs 11 und der abhängigen Patentansprüche 2 bis 10 und 12 bis 13 nach Hilfsantrag wird auf die Akte verwiesen.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin hält die Gegenstände aller Anspruchsfassungen für nicht patentfähig. Sie stützt ihre Argumentation bezüglich fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit insbesondere auf die folgende im Verfahren befindliche Druckschrift, die auch in der mündlichen Verhandlung berücksichtigt wurde:

DE 100 30 329 C1 (E1).

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin hält den Gegenstand sowohl in der erteilten Fassung wie auch in der Fassung nach Hilfsantrag für patentfähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist begründet mit der Folge, dass das Streitpatent – unter gleichzeitiger Aufhebung des angefochtenen Beschlusses – zu wiederrufen ist, da dessen Gegenstand weder in der aufrechterhaltenen Fassung noch in der hilfsweise beantragten Fassung nach § 3 bzw. § 4 PatG patentfähig ist.

1. Die Erfindung des Streitpatents betrifft eine Steuer- und Datenübertragungsanlage und ein Verfahren zum redundanten Ansteuern einer Slaveeinrichtung durch wenigstens zwei Steuereinrichtungen, welche insbesondere für den Einsatz in der Automatisierungstechnik bestimmt sind (vgl. Streitpatent, Abs. [0001]).

Es liege die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren sowie eine Steuer- und Datenübertragungsanlage bereitzustellen, die eine im Wesentlichen nahtlose Steuerung eines Feldgerätes auch bei Ausfall einer Steuereinrichtung gewährleisten (vgl. Streitpatent, Abs. [0005]).

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der aufrechterhaltenen Fassung kann folgendermaßen gegliedert werden (ohne Bezugszeichen, Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):

1a Steuer- und Datenübertragungsanlage zum redundanten Ansteuern einer Slaveeinrichtung, mit wenigstens zwei Steuereinrichtungen und wenigstens einer Slaveeinrichtung,

1b welche über ein Kommunikationsnetzwerk miteinander verbunden sind, wobei

1c die Slaveeinrichtung mehrere adressierbare Ausgangsschnittstellen Empfang von Ausgangs- und Statusdaten aufweist, wobei

1d jede Steuereinrichtung eine Einrichtung zum Erzeugen und Übertragen von Status- und Ausgangsdaten zu einer separaten Ausgangsschnittstelle der Slaveeinrichtung aufweist;

1e wobei die Slaveeinrichtung eine Auswerteeinrichtung aufweist, 1e1 die unter Ansprechen auf die von den Steuereinrichtungen empfangenen Statussignale die Weiterleitung von empfangenen Ausgangsdaten zur weiteren Verwendung steuert und 1e2 wobei die Auswerteeinrichtung unter Ansprechen auf 1e2.1 Statussignale in einem Datenpaket enthaltene Statusdaten, 1e2.2 die den Ausfall einer Steuereinrichtung signalisieren, die von einer ordnungsgemäß arbeitenden Steuereinrichtung kommenden Ausgangsdaten weiterleitet.

2. Als Fachmann ist ein Diplomingenieur für Automatisierungstechnik mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Überwachung und Gewährleistung der Sicherheit solcher Automatisierungssysteme anzusehen.

2.1 Dieser Fachmann entnimmt der Streitpatentschrift für den aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 folgendes Verständnis:

Eine Slaveeinrichtung, z. B. ein Feldgerät, wird von wenigstens zwei Steuereinrichtungen über ein Kommunikationsnetzwerk angesteuert (Merkmale 1a, 1b). Die Slaveeinrichtung weist hierzu mehrere adressierbare Ausgangsschnittstellen zum Empfang von Ausgangs- und Statusdaten von den Steuereinrichtungen auf (Merkmal 1c), wobei die Ausgangs- und Statusdaten von einer Einrichtung der Steuereinrichtung erzeugt und regelmäßig (vgl. Streitpatent Abs. [0041]) zu einer separaten Ausgangsschnittstelle der Slaveeinrichtung übertragen werden (Merkmal 1d). Die Begriffe „Statusdaten“ und „Statussignale“ werden in der Streitpatentschrift als Synonyme verwendet (vgl. Streitpatent, Absatz [0025]). Die Statusdaten (bzw. Statussignale) signalisieren den Betriebszustand einer Steuereinrichtung, d. h., ob sie fehlerfrei oder fehlerhaft arbeitet (vgl. Streitpatent, Abs. [0041], [0042] und [0043]). Aus fachmännischer Sicht überträgt somit jede Steuereinrichtung regelmäßig Statusdaten, die den eigenen Betriebszustand signalisieren, an die Slaveeinrichtung.

In einer Auswerteeinrichtung der Slaveeinrichtung wird in Abhängigkeit dieser - in einem Datenpaket enthaltenen - Statusdaten die Weiterleitung von empfangenen Ausgangsdaten zur weiteren Verwendung gesteuert (Merkmal 1e, 1e1).

Signalisieren die Statusdaten der Auswerteeinrichtung in der Slaveeinrichtung den Ausfall einer Steuereinrichtung, so werden die von einer ordnungsgemäß arbeitenden Steuereinrichtung kommenden Ausgangsdaten weitergeleitet (Merkmale 1e2, 1e2.1). Unter einem Ausfall einer Steuereinrichtung versteht der Fachmann daher, dass diese zwar fehlerhaft arbeitet und für eine Steuerung der Anlage nicht mehr zur Verfügung steht (also ausfällt), aber noch Daten an die Slaveeinrichtung überträgt und die Daten dort auch ankommen (vgl. Streitpatent, Abs. [0041]: „Die in den Paketen enthaltenen Statusdaten signalisieren dem Feldgerät, ob die Steuereinrichtungen fehlerfrei oder fehlerhaft arbeiten“; Abs. [0042]: „…dass die in einem Datenpaket der Steuereinrichtung 30 enthaltenen Statusdaten einen fehlerhaften Betrieb der Steuereinrichtung 30 signalisieren,…“; Abs. [0043]: „…dass die von beiden Steuereinrichtungen 20 und 30 übertragenen Statussignale einen fehlerhaften Betrieb signalisieren,…“). Bei einem Verbindungsabbruch zwischen der Steuer- und der Slaveeinrichtung handelt es sich somit nicht um einen anspruchsgemäßen Ausfall der Steuereinrichtung.

3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der aufrechterhaltenen Fassung ist nicht neu.

3.1 Aus der Druckschrift DE 100 30 329 C1 (E1) ist eine Steuer- und Datenübertragungsanlage zum redundanten Ansteuern einer Slaveeinrichtung mit wenigstens zwei Steuereinrichtungen 1, 2 und wenigstens einer Slaveeinrichtung 5, welche über ein Kommunikationsnetzwerk 3, 4 miteinander verbunden sind, bekannt (vgl. E1, Fig., Bezz. 1 bis 5, Zusammenfassung; Merkmale 1a, 1b).

Die Slaveeinrichtung 5 (Peripherieeinheit) aus der Druckschrift E1 weist unstrittig mehrere adressierbare Ausgangsschnittstellen zum Empfang von Ausgangs- und Statusdaten auf, und jede Steuereinrichtung 1, 2 besitzt eine Einrichtung zum Erzeugen und Übertragen von Status- (Lebenszeichen) und Ausgangsdaten (Steuerdaten) zu einer separaten Ausgangsschnittstelle der Slaveeinrichtung (vgl. E1, Figur, Abs. [0012], Z. 27 bis 32, Steuerdaten entsprechen Ausgangsdaten, Lebenszeichen entsprechen Statusdaten, „Ein Übertragen der Lebenszeichen innerhalb der regulären Telegramme für die Steuerdaten hat den Vorteil, dass über die zyklischen Steuerdatentelegramme hinaus, die ohnehin zwischen Steuerrechnern und Peripherieeinheit ausgetauscht werden, keine besonderen Telegramme für die Lebenszeichen erforderlich sind“; Merkmale 1c, 1d).

Die Lebenszeichen (= Statusdaten) gemäß der Druckschrift E1 besitzen verschiedene Wertigkeiten, wobei die Lebenszeichen LzX eine höhere Wertigkeit als die Lebenszeichen LzY besitzen. Die Lebenszeichen LzX bzw. LzY bestehen inhaltlich abwechselnd wiederum aus einem ersten und einem zweiten (LzX) bzw. einem dritten und vierten (LzY) Code. Mit der Programmzykluszeit der schnellsten Applikation wird ein Wechsel zwischen dem ersten und zweiten Code des Lebenszeichens LzX bzw. dem dritten und vierten Code des Lebenszeichens LzY durchgeführt (vgl. E1, Sp. 3, Z. 67 bis Sp. 4, Z. 15).

Die aus der Druckschrift E1 bekannte Slaveeinrichtung (Peripherieeinheit 5) weist auch eine Auswerteeinrichtung auf, die unter Ansprechen auf die von den Steuereinrichtungen empfangenen Statussignale (Lebenszeichen LzX, LzY) die Weiterleitung von empfangenen Ausgangsdaten zur weiteren Verwendung steuert (vgl. E1, Abs. [0015], insbes. Sp. 4, Z. 15 bis 22 und Z. 38 bis 41; Merkmale 1e, 1e1).

Die Druckschrift E1 zeigt zudem verschiedene Alternativen, wie die Peripherieeinheit 5 auf eine Störung der Steuereinheit reagiert; im Einzelnen:

a) Erkennt ein Steuerrechner mit Hilfe einer Selbstdiagnosefunktion eine Störung, d. h. einen Ausfall im Sinne des Streitpatents, so leitet er durch Herabsetzen der Wertigkeit seines Lebenszeichens von LzX auf LzY ein Umschalten auf den anderen Steuerrechner ein (vgl. E1, Abs. [0011]). Die Peripherieeinheit 5 reagiert mit einer Umschaltung auf den nun aktiven Steuerrechner, sobald der erste Steuerrechner den Wechsel der gesendeten Lebenszeichenwertigkeit vollzogen hat (vgl. E1, Abs. [0023] und [0024]).

b) Die Peripherieeinheit überprüft, ob innerhalb einer vorgebbaren Zeitdauer ein Wechsel zwischen dem ersten und zweiten Code eines Lebenszeichens aufgetreten ist, und erkennt bei Ausbleiben eines Wechsels einen Fehler der jeweiligen Steuereinrichtung (vgl. E1, Abs. [0015], insbesondere Sp. 4, Z. 15 bis 22). Bei Ausbleiben eines Wechsels schaltet die Peripherieeinheit 5 auf den anderen Steuerrechner zur Ausführung der Steuerungsaufgabe um; vgl. hierzu Druckschrift E1, Abs. [009], insbes. Sp. 2, Z. 43 bis 50 (Unterstreichung hinzugefügt):

„Zusätzlich wird durch den Wechsel der Lebenszeichen die Aktivität des Steuerrechners überwacht, da dieser den Wechsel des Lebenszeichens ausführen muss. Der aktive Steuerrechner kann in einfacher Weise ein Umschalten auf den anderen Steuerrechner zur Ausführung der Steuerungsaufgabe veranlassen, indem er kein oder ein gleich bleibendes Lebenszeichen an die Peripherieeinheit sendet. Dabei ist ein Umschalten ohne Verlust von Steuerdaten stoßfrei möglich.“

und Druckschrift E1, Patentanspruch 7 (Unterstreichung hinzugefügt):

„…die Peripherieeinheit dazu ausgebildet ist, zu überprüfen, ob innerhalb einer vorgebbaren Zeitdauer ein Wechsel eines Lebenszeichens (LzX, LzY) aufgetreten ist, und bei Ausbleiben eines Wechsels einen Fehler des jeweiligen Steuerrechners (1, 2) zu erkennen und auf den anderen Steuerrechner (2, 1) zur Ausführung der Steuerungsaufgabe umzuschalten.“

Auch bei der aus der Druckschrift E1 bekannten Slaveeinrichtung leitet mithin die Auswerteeinrichtung unter Ansprechen auf in einem Datenpaket (vgl. E1, Abs. [0012]) enthaltene Statusdaten, die den Ausfall einer Steuereinrichtung signalisieren, die von einer ordnungsgemäß arbeitenden Steuereinrichtung kommenden Ausgangsdaten weiter (Merkmale 1e2, 1e2.1, 1e2.2).

Soweit der Vertreter der Patentinhaberin ausführt, dass gemäß dem Streitpatent mit einem einzigen Datenpaket – und damit schneller – ein Ausfall signalisiert und ein schnelleres Umschalten durchgeführt wird, konnten diese Ausführungen den Senat nicht überzeugen, da auch beim Verfahren gemäß Streitpatent geprüft werden muss, ob die andere Steuereinrichtung ordnungsgemäß arbeitet (vgl. Merkmal 1e2.2). Zum anderen wird auch bei der aus der Druckschrift E1 bekannten Steuer- und Datenübertragungsanlage zumindest im geschilderten Fall b) sofort nach dem Empfang von einem einzigen Datenpaket mit Statusdaten, die den Ausfall einer Steuereinrichtung signalisieren (d. h. kein Wechsel von dem ersten auf den zweiten Code des Lebenszeichens), auf den anderen Steuerrechner zur Ausführung der Steuerungsaufgabe umgeschaltet. Mit dieser Vorgehensweise ist ein Umschalten ohne Verlust von Steuerdaten stoßfrei möglich (vgl. E1, Sp. 2, Z. 50 bis 51), wodurch – entsprechend der Aufgabenstellung des Streitpatents – eine im Wesentlichen nahtlose Steuerung eines Feldgerätes auch bei Ausfall einer Steuereinrichtung gewährleistet wird.

Sämtliche Merkmale der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 sind somit aus der Druckschrift DE 100 30 329 C1 (E1) bekannt, sodass der darauf gerichtete Gegenstand als nicht neu gilt.

3.2 Mit dem Patentanspruch 1 ist auch der nebengeordnete Patentanspruch 11 der aufrechterhaltenen Fassung nicht gewährbar, da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät, m. w. N.).

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

4.1 Patenanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von der aufrechterhaltenen Fassung durch die unmittelbar an das Merkmal 1e2.2 des erteilten Patentanspruchs 1 anschließenden Merkmale:

1fHA und wobei jede Steuereinrichtung (20, 30) eine Einrichtung (22, 32) zum Erfassen des Ausfalls der anderen Steuereinrichtung aufweist, und

1gHA jede Steuereinrichtung dazu ausgebildet ist, Statusdaten zu der ihr zugeordneten Ausgangsschnittstelle der Slaveeinrichtung zu übertragen, die den Ausfall der anderen Steuereinrichtung signalisieren.

4.2 Zu den unveränderten Merkmalen 1a bis 1e2.2 wird auf die Ausführungen zur aufrechterhaltenen Fassung verwiesen.

Aus der Druckschrift E1 ist bereits bekannt, dass sich Steuerrechner gegenseitig überwachen und selbständig festlegen, welcher Steuerrechner aktiv ist. Hierzu werden Daten über eine Resonanzkopplung zwischen den Rechnern ausgetauscht (vgl. E1, Abs. [0003], Sp. 1, Z. 26 bis 32; Abs. [0014], Sp. 3, Z. 53 bis 59; Figur, Bezz. 8). Dies bedeutet aus fachmännischer Sicht, dass jede Steuereinrichtung eine Einrichtung zum Erfassen des Ausfalls der anderen Steuereinrichtung aufweist (Merkmal 1fHA).

Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags unterscheidet sich allerdings von der aus der Druckschrift E1 bekannten Steuer- und Datenübertragungsanlage in dem Merkmal 1gHA, welches in der E1 keine Entsprechung findet. Dieses Merkmal allein kann jedoch eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag geht (wie die aufrechterhaltene Fassung) davon aus, dass die Slaveeinrichtung die Statusdaten, die den Ausfall einer Steuereinrichtung signalisieren, über das Netzwerk direkt von der jeweiligen Steuereinrichtung in einem Datenpaket erhält (vgl. Ausführungen zur aufrechterhaltenen Fassung). Durch das hinzugefügte Merkmal erhält die Slaveeinrichtung nun dieselben Statusdaten nochmals (redundant) von einer weiteren Steuereinrichtung (vgl. Streitpatent, Abs. [0045]). Für diese Vorgehensweise ergibt sich aus fachmännischer Sicht kein Vorteil. Das vorgesehene Senden von weiteren Daten, insbesondere der redundanten Statussignale an die Slaveeinrichtung liegt vielmehr im Belieben des einschlägigen Fachmanns und kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Soweit der Vertreter der Patentinhaberin unter Verweis auf Absatz [0028] der Streitpatentschrift meint, dass bei einer abgebrochenen Verbindung zwischen einer Steuereinrichtung und der Slaveeinrichtung keine Statusdaten mehr zur Slaveeinrichtung übertragen werden könnten und es deshalb von Vorteil sei, dass jede der Steuereinrichtungen sowohl den eigenen als auch den Betriebszustand der anderen signalisiere, so ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei einem derartigen Verbindungsabbruch nicht um einen anspruchsgemäßen Ausfall einer Steuereinrichtung handelt. Der Ausfall einer Steuereinrichtung bezieht sich – wie zum Verständnis des Anspruchs 1 unter Punkt 2.1 ausgeführt – darauf, dass die Steuereinrichtung selbst nicht mehr fehlerfrei arbeitet und somit für eine Steuerung der Anlage nicht mehr zur Verfügung steht, diesen Zustand der Slaveeinrichtung aber noch direkt über die Statusdaten mitteilen kann. Weder aus dem Anspruchswortlaut noch aus der Beschreibung ist für den Fachmann ersichtlich, wie die Steuer- und Datenübertragungsanlage ausgebildet sein soll, um den speziellen Fall eines Verbindungsabbruchs zu erkennen. Die naheliegendste Lösung hierfür wäre für den Fachmann, dass die Auswerteeinrichtung der Slaveeinrichtung erkennt, ob noch Datenpakete von der Steuereinrichtung empfangen werden - wie dies aus der Druckschrift E1 bekannt ist -, und bei Ausbleiben derselben ggfs. eine Umschaltung auf einen anderen Steuerrechner durchführt.

Sollte im vorliegenden Fall ein Verbindungsabbruch zwischen einer ersten Steuereinrichtung und der Slaveeinrichtung auftreten, obwohl die erste Steuereinrichtung an sich fehlerfrei arbeitet, so würde die weitere Steuereinrichtung – trotz des Verbindungsabbruchs – einen fehlerfreien Betriebszustand der ersten Steuereinrichtung an die Slaveeinrichtung melden. Eine Umschaltung auf eine andere Steuereinrichtung würde dann jedoch nicht eingeleitet.

4.3 Mit dem Patentanspruch 1 ist auch der nebengeordnete Patentanspruch 11 nach Hilfsantrag nicht gewährbar, da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.1996 – X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - elektrisches Speicherheizgerät, m. w. N.).

5. Wegen der fehlenden Patentfähigkeit des Gegenstands des selbständigen Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung und in der Fassung des Hilfsantrags ist auf die Beschwerde der Einsprechenden der Beschluss der Patentabteilung 55 des DPMA aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

6. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage kann vorliegend ferner dahingestellt bleiben, ob der elektronisch erstellte und signierte Beschluss des DPMA möglicherweise an Wirksamkeitsmängeln leidet (vgl. BPatG, Beschluss vom 12. Mai 2014 – 20 W (pat) 28/12, BlPMZ 2014, 355 – u. a. im Hinblick auf das Erfordernis einer signierten Urschrift in der elektronischen Akte).

Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Beschluss des Beschwerdesenats steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1, § 101 Absatz 1 des Patentgesetzes). Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist

(§ 100 Absatz 3 des Patentgesetzes).

Die Rechtsbeschwerde ist beim Bundesgerichtshof einzulegen (§ 100 Absatz 1 des Patentgesetzes). Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe (§ 123 GVG).

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof schriftlich einzulegen (§ 102 Absatz 1 des Patentgesetzes). Die Postanschrift lautet: Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe.

Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130)). In diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 101 Absatz 2 des Patentgesetzes). Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden (§ 102 Absatz 3 des Patentgesetzes). Die Begründung muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird;

2. die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm; 3. insoweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben

(§ 102 Absatz 4 des Patentgesetzes).

Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 102 Absatz 5 des Patentgesetzes).

Dr. Mayer Dorn Albertshofer Dr. Wollny Bb

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