23 W (pat) 29/18
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 29/18 Verkündet am 2. August 2019
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache
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ECLI:DE:BPatG:2019:020819B23Wpat29.18.0 betreffend die Patentanmeldung 10 2013 102 909.4 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. August 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner und der Richter Dr. Friedrich, Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann beschlossen:
1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2018 wird aufgehoben.
2. Es wird ein Patent erteilt mit der Bezeichnung „Fahrzeugscheinwerfer“, dem Anmeldetag 21. März 2013 unter Inanspruchnahme der Priorität JP 2012-082641 vom 30. März 2012 auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 2. August 2019; - Beschreibungsseiten 1 und 3 bis 26, - 10 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 3, 4A und 4B, 5A bis 5D, 6A und 6B, 7A und 7B, 8, 9A und 9B sowie 10, jeweils eingegangen im Deutschen Patentund Markenamt am 26. April 2013; - Beschreibungsseiten 2 und 2a, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 19. Juli 2018.
Gründe I.
Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2013 102 909.4 und der Bezeichnung „Fahrzeugscheinwerfer“ wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt am 21. März 2013 unter Inanspruchnahme der Priorität JP 2012-082641 vom 30. März 2012 mit englischsprachigen Unterlagen zur Prüfung eingereicht. Eine deutsche Übersetzung der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ist am 26. April 2013 eingegangen.
Die Prüfungsstelle für Klasse B60Q hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 US 2009 / 0 322 188 A1 D2 JP 2010- 009 766 A und verwiesen und im ersten Prüfungsbescheid vom 3. April 2018 die Patentfähigkeit des Fahrzeugscheinwerfers nach dem ursprünglichen Anspruch 1 verneint, da dieser dem Fachmann ausgehend von Druckschrift D2 in Verbindung mit Druckschrift D1 nahegelegt werde. Entsprechendes gelte für die Zusatzmerkmale des einzigen abhängigen Anspruchs 2.
Mit Eingabe vom 18. Juli 2018 haben die Anmelderinnen den Ausführungen der Prüfungsstelle widersprochen und weiterhin die Patenterteilung mit den ursprünglichen Ansprüchen beantragt. Da seitens der Anmelderinnen keine Anhörung beantragt war, hat die Prüfungsstelle die Anmeldung durch Beschluss vom 26. Juli 2018 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit bezüglich der Druckschriften D2 und D1 zurückgewiesen.
Gegen diesen den Anmelderinnen am 2. August 2018 zugestellten Beschluss richtet sich die am 30. August 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Beschwerde der Anmelderinnen. Mit der nachgereichten Beschwerdebegründung vom 9. Oktober 2018 haben die Anmelderinnen einen als Hilfsantrag 1 bezeichneten Anspruchssatz mit zwei Ansprüchen eingereicht.
In der mündlichen Verhandlung am 2. August 2019 hat die Anmelderin zu 1) einen neuen Anspruch 1 vorgelegt.
Sie beantragt:
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2018 aufzuheben.
2.a) Hauptantrag Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Fahrzeugscheinwerfer“, dem Anmeldetag 21. März 2013 unter Inanspruchnahme der Priorität JP 2012-082641 vom 30. März 2012 auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 2. August 2019;
- Beschreibungsseiten 1 und 3 bis 26, - 10 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 3, 4A und 4B,
5A bis 5D, 6A und 6B, 7A und 7B, 8, 9A und 9B sowie 10, jeweils eingegangen im Deutschen Patentund Markenamt am 26. April 2013; - Beschreibungsseiten 2 und 2a, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 19. Juli 2018.
2.b) Hilfsantrag 1 Hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung ein Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 und 2 als Hilfsantrag 1, eingegangen als Ansprüche 1 und 2 im Deutschen Patent- und Markenamt am 26. April 2013;
- die unter 2.a) genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen.
2.c) Hilfsantrag 2 Weiter hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung ein Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 und 2 als Hilfsantrag 2, eingegangen als Hilfsantrag 1 am 10. Oktober 2018;
- die unter 2.a) genannten Beschreibungsseiten und Zeichnungen.
Der in der mündlichen Verhandlung am 2. August 2019 als einziger Anspruch des Hauptantrags überreichte Anspruch 1 hat mit einer zusätzlichen Gliederung folgenden Wortlaut:
(a) Fahrzeugscheinwerfer (1), umfassend: (b) eine Lichtquelle (6), (c) eine Blende (13), die dazu konfiguriert ist, zwischen einer ersten Position, die einen Teil des von der Lichtquelle (6) abgegebenen Lichts abschirmt, und einer zweiten Position, die ein anderes Lichtabschirmungsvolumen aufweist, bewegbar zu sein, (d) einen Motor (12), der dazu konfiguriert ist, eine Antriebskraft zum Bewegen der Blende (13) von der ersten Position in die zweite Position zu erzeugen, und (e) ein Befestigungsteil (10g), das zur Befestigung der Blende (13), die von der ersten Position in die zweite Position bewegt wurde, in der zweiten Position konfiguriert ist,
(f) wobei der Motor (12) umfasst: (f1) eine Motorwelle (48), (f2) einen Rotorpol (42), der auf der Motorwelle (48) befestigt ist, und (f3) einen Kommutator (54) der auf der Motorwelle (48) befestigt ist, (f4) wobei der Kommutator (54) auf der Motorwelle (48) in einer Position befestigt ist, wo eine Schlitzposition relativ zum Rotorpol (42) auf einer Verzögerungsseite einer neutralen Position liegt, (f5) ein Paar Statorpole (40), das an einer Innenumfangsfläche eines Gehäuses (44) angebracht ist, und (f6) ein Paar Bürsten (56), die in Kontakt mit dem Kommutator (54) stehen, (f7) wobei eine Richtung (X), in der das Paar Bürsten (56), mit dem der Kommutator (54) in Gleitkontakt steht, parallel ist mit einer Linie, welche die Mittelpunkte des Paares der Statorpole (40) verbindet, (f8) wobei der Motor (12) derart konfiguriert ist, dass eine Motorphase verzögert ist, wenn der Motor (12) die Blende (13) durch die durch Energieversorgung erzeugte Antriebskraft in die zweite Position bewegt und sie befestigt, (f9) und dem Motor (12) elektrischer Strom zugeführt wird, wenn die Blende (13) in der zweiten Position befestigt ist.
Hinsichtlich der Anspruchssätze nach den Hilfsanträgen 1 und 2 sowie bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin zu 1) ist zulässig und erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 2. August 2019 auch als begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse B60Q vom 26. Juli 2018 und zur Erteilung des Patents gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag (§ 79 Abs. 1 PatG i. V. m. § 49 Abs. 1 PatG), denn der geltende Patentanspruch des Hauptantrags ist zulässig (§ 38 PatG), und seine gewerblich anwendbare Lehre (§ 5 PatG) ist sowohl ausführbar (§ 34 Abs. 4 PatG) als auch patentfähig (§§ 1 bis 4 PatG).
Als Fachmann ist hier ein Physiker oder Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich von Elektromotoren für Fahrzeugkomponenten zu definieren, der in die Entwicklung von Fahrzeugscheinwerfersystemen eingebunden ist.
1. Die Beschwerde der Anmelderin zu 1) (Koito Manufacturing Co., Ltd., Tokio, Japan) ist zulässig. Die Beschwerde der Anmelderin zu 2) (Mabuchi Motor Co., Ltd., Matsudo, Japan) gilt als nicht vorgenommen. Die Anmelderin zu 2) ist notwendige Streitgenossin der Anmelderin zu 1).
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 28. März 2017, X ZB 19/16, Rn. 8, 10) müssen mehrere Patentanmelder, die Beschwerde gegen den Beschluss einer Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) einlegen, nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil B des Gebührenverzeichnisses zum Patentkostengesetz jeder eine Gebühr nach Nr. 401 300 in Höhe von 200 Euro entrichten.
In den Fällen, in denen mehrere Beteiligte Beschwerde erheben, jedoch nicht für jeden von ihnen eine Gebühr entrichtet wird, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19. September 2017, X ZB 1/17, GRUR 2017, 1286, Rn. 27 – Mehrschichtlager) zunächst zu prüfen, ob die entrichtete Gebühr einem bestimmten Beteiligten zugeordnet werden kann. Eine solche Zuordnung kommt beispielsweise in Betracht, wenn nur der Name eines Beteiligten auf dem Überweisungsformular oder der Einzugsermächtigung angegeben ist (BGH, Beschluss vom 18. August 2015, X ZB 3/14, GRUR 2015, 1255, Rn. 18 – Mauersteinsatz).
Für den Fall, dass solche Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind, hat der Bundesgerichtshof früher angenommen, dass eine Zuordnung der entrichteten Beschwerdegebühr nicht möglich sei und die Beschwerde sämtlicher Beteiligter als nicht erhoben gelte (BGH, Beschluss vom 25. März 1982, X ZB 24/80, BGHZ 83, 271, 274 – Einsteckschloss; BGH, Beschluss vom 27. September 1983, X ZB 19/82, GRUR 1984, 36 – Transportfahrzeug). An dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof nicht festgehalten (Beschluss vom 19. September 2017, X ZB 1/17, GRUR 2017, 1286, Rn. 29 – Mehrschichtlager). Haben zwei Beteiligte gemeinsam eine Beschwerdeschrift eingereicht, jedoch nur eine Beschwerdegebühr gezahlt, ist nach neuer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19. September 2017, X ZB 1/17, GRUR 2017, 1286, Rn. 30 – Mehrschichtlager) ihre Erklärung im Zweifel dahin auszulegen, dass die Beschwerde, falls sie mangels Entrichtung einer ausreichenden Zahl von Gebühren nicht für beide Beteiligte in zulässiger Weise erhoben wurde, für den im Rubrum der angefochtenen Entscheidung an erster Stelle Genannten erhoben sein soll.
b) Gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B60Q des DPMA vom 26. Juli 2018, die Patentanmeldung der Anmelderin zu 1) und der Anmelderin zu 2) zurückzuweisen, haben die Anmelderin zu 2) und die Anmelderin zu 1) mit Schriftsatz vom 30. August 2018, der am selben Tag per Fax im DPMA eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift nennt die Anmelderin zu 2) und die Anmelderin zu 1) als Anmelderinnen der Patentanmeldung.
Die Anmelderin zu 1) und die Anmelderin zu 2) haben insgesamt nur eine Gebühr nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil B des Gebührenverzeichnisses zum Patentkostengesetz nach Nr. 401 300 in Höhe von 200 Euro entrichtet. In den „Angaben zum Verwendungszweck des Mandats“ vom 30. August 2018 sind in der Zeile „Name des Schutzrechtsinhabers“ die Anmelderin zu 2) und die Anmelderin zu 1) genannt.
Die entrichtete Gebühr von 200 Euro ist weder der Anmelderin zu 1) noch der Anmelderin zu 2) zuzuordnen. Denn Beschwerde haben die Anmelderin zu 2) und die Anmelderin zu 1) gemeinsam eingelegt, ohne dass die Beschwerde und damit die Zahlung der Beschwerdegebühr einer der beiden Anmelderinnen zugeordnet werden könnte. Auch die „Angaben zum Verwendungszweck des Mandats“ vom 30. August 2018 lassen selbst dann, wenn – wie vom Bundesgerichtshof gefordert (Beschluss vom 18. August 2015, X ZB 3/14, GRUR 2015, 1255, Rn. 17 – Mauersteinsatz; Beschluss vom 28. März 2017, X ZB 19/16, Rn. 13) – hierbei kein strenger Maßstab angelegt wird, eine Zuordnung der Zahlung der Beschwerdegebühr an die Anmelderin zu 1) oder an die Anmelderin zu 2) nicht zu, weil in der Zeile „Name des Schutzrechtsinhabers“ die Anmelderin zu 2) und die Anmelderin zu 1) gleichrangig genannt sind. Vorliegend sind auch keine anderen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Zuordnung der entrichteten Gebühr an die Anmelderin zu 1) oder die Anmelderin zu 2) ermöglichen würde.
Im Rubrum des angefochtenen Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse B60Q des DPMA vom 26. Juli 2018 ist an erster Stelle die Anmelderin zu 1) genannt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19. September 2017, X ZB 1/17, GRUR 2017, 1286, Rn. 30 – Mehrschichtlager) ist die Erklärung der Anmelderinnen in ihrer Beschwerdeschrift vom 30. August 2018 dahin auszulegen, dass die Beschwerde, die mangels Entrichtung einer ausreichenden Zahl von Gebühren nicht für beide Anmelderinnen in zulässiger Weise erhoben wurde, für die im Rubrum der angefochtenen Entscheidung an erster Stelle genannte Anmelderin zu 1) erhoben sein soll.
c) Die Anmelderin zu 1) ist deshalb Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundespatentgericht. Die Beschwerde der Anmelderin zu 2), die die von ihr zu zahlende Gebühr nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil B des Gebührenverzeichnisses zum Patentkostengesetz nach Nr. 401 300 in Höhe von 200 Euro nicht entrichtet hat, gilt nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht vorgenommen. Die Anmelderin zu 2) ist deshalb nach § 62 ZPO notwendige Streitgenossin der Anmelderin zu 1).
2. Die Anmeldung betrifft einen Fahrzeugscheinwerfer mit einer Lichtquelle und einer motorbetriebenen Blende, die einen Teil des von der Lichtquelle abgegebenen Lichts abschirmen und durch den Motor zwischen zwei Positionen bewegt werden kann.
Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung wird bei derartigen, bspw. aus Druckschrift D2 bekannten Fahrzeugscheinwerfern die Blende bei nichtangetriebenem Motor durch eine Feder in einer ein Abblendlichtverteilungsmuster bildenden Ruheposition gehalten. Wenn hingegen ein Fernlichtverteilungsmuster gebildet werden soll, wird der Motor angetrieben und die Blende dadurch so weit geschwenkt, bis sie an einem Anschlag anliegt. Um die Blende gegen die Federkraft in dieser Fernlicht-Position zu halten, muss der Motor ständig angetrieben werden. Dabei hat sich jedoch gezeigt, dass der Motor in dieser Position vibriert und ein störendes Geräusch hoher Frequenz erzeugt wird, das solange anhält, wie der Motor mit Energie versorgt wird, vgl. Abs. [0001] bis [0004] der geltenden Beschreibung.
Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, einen Fahrzeugscheinwerfer bereitzustellen, bei dem das störende Geräusch hoher Frequenz, das von dem die Blende des Fahrzeugscheinwerfers bewegenden Motor erzeugt wird, reduziert ist, vgl. Abs. [0005] der geltenden Beschreibung.
Gelöst wird diese Aufgabe durch den Fahrzeugscheinwerfer des Anspruchs 1 nach Hauptantrag. Der grundsätzliche Aufbau des beanspruchten Fahrzeugscheinwerfers (1) mit Lampe (6), Blendeneinheit (11) und Motor (12) ist in den nachfolgenden Figuren 2 und 3 dargestellt, wobei sich Fig. 2 auf die Abblendlichtposition bezieht, bei der das rechte Blendenteil (13c) der Blende (13) bei nichtangetriebenem Motor (12) durch die Feder (20) an den rechten Anschlag (10f) gedrückt wird, wohingegen in Fig. 3 die Fernlichtposition dargestellt ist, bei der das linke Blendenteil (13d) der Blende (13) durch die Motorkraft an den linken Anschlag (10g) gedrückt ist und das störende Geräusch auftritt.
Das Auftreten des unerwünschten Geräuschs in der Fernlichtposition wird in der Anmeldung anhand der Figuren 5 bis 7 dadurch erklärt, dass der Motor dann, wenn eine der Bürsten des Motors den Spalt zwischen zwei Kommutatorabschnitten überbrückt, wegen des erhöhten Stromflusses durch die Spulen über ein erhöhtes Drehmoment verfügt. Liegt dieser Fall zufälligerweise in der Fernlichtposition vor, dreht der Motor ein kleines Stück weiter, bis der Schlitz nicht mehr überbrückt ist, wodurch das Drehmoment abnimmt und der Motor durch die Rück- stellkräfte der Blendenvorrichtung wieder ein kleines Stück zurückgedreht wird, bis der Schlitz wieder überbrückt ist und sich der Vorgang wiederholt, was zur Vibration des Motors und den unerwünschten Geräuschen führt.
Als Lösung schlägt die Anmeldung einen Fahrzeugscheinwerfer vor, der entsprechend den Merkmalen (b) bis (e) und (f9) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag eine Lichtquelle, eine zwischen zwei Positionen bewegbaren Blende mit einem Befestigungsteil und einen die Blende bewegenden Motor aufweist, dem Strom zugeführt wird, wenn die Blende in der zweiten Position befestigt ist. Dieser Motor umfasst gemäß den Merkmalen (f1) bis (f3), (f5) und (f6) die üblichen Bestandteile eines Trommelankermotors, nämlich eine Motorwelle, einen Rotorpol, einen Kommutator, ein Paar Statorpole und ein Paar Bürsten.
Entscheidend für die anspruchsgemäße Lösung sind die Merkmale (f4), (f7) und (f8) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, wonach
• der Kommutator (54) auf der Motorwelle (48) in einer Position befestigt ist, wo eine Schlitzposition relativ zum Rotorpol (42) auf einer Verzögerungsseite einer neutralen Position liegt (Merkmal (f4)),
• die Richtung (X), in der das Paar Bürsten (56), mit dem der Kommutator (54) in Gleitkontakt steht, parallel ist mit einer Linie, welche die Mittelpunkte des Paares der Statorpole (40) verbindet (Merkmal (f7)),
• und der Motor (12) derart konfiguriert ist, dass eine Motorphase verzögert ist, wenn der Motor (12) die Blende (13) durch die durch Energieversorgung erzeugte Antriebskraft in die zweite Position bewegt und sie befestigt (Merkmal (f8)).
Dabei wird die Motorphase durch die Anordnung der Bürsten bezüglich der beiden Statorpole und durch die Anordnung des Kommutators bezüglich der Rotorpole vorgegeben. Man spricht von einer neutralen Motorphase, wenn z. B. die Bürsten entlang der die Zentren der Statormagnete verbindenden und quer durch die Rotorachse verlaufenden Linie angeordnet sind und das Umschalten durch Kommu- tator und Bürsten beim Durchgang dieser Verbindungslinie erfolgt. Sind die Bürsten hingegen bei unverändertem Kommutator in Rotordrehrichtung verdreht, liegt eine verzögerte Motorphase vor, da die Umschaltung durch den Kommutator dann später erfolgt. Wenn andererseits die Bürsten bei unverändertem Kommutator entgegen der Rotordrehrichtung verdreht sind, spricht man von einer vorauseilenden Motorphase, denn die Umschaltung durch den Kommutator erfolgt dann früher. In entsprechender Weise kann auch der Kommutator in bzw. entgegen der Rotordrehrichtung verdreht werden, um den Motor statt in der neutralen Motorphase in verzögerter bzw. vorauseilender Motorphase zu betreiben.
Nach der Lehre des Merkmals (f8) ist der die Blende des Fahrzeugscheinwerfers in die zweite Position bewegende Motor so konfiguriert, dass seine Motorphase im Betrieb nicht neutral, sondern verzögert ist, wobei dies gemäß den Merkmalen (f4) und (f7) dadurch erreicht wird, dass der Kommutator aus der neutralen in eine Verzögerungsposition verdreht wird (Merkmal (f4)), wohingegen die Bürsten auf der die Zentren der Statormagnete verbindenden Linie verbleiben und nicht verdreht werden (Merkmal (f7)).
Gemäß Abs. [0058] der Beschreibung werden durch eine solche Motorkonfiguration die Vibrationen des Motors in der Fernlichtposition der Blende und die dadurch hervorgerufenen störenden Geräusche reduziert.
3. Der in der Verhandlung überreichte Anspruch 1 des Hauptantrags ist zulässig.
Anspruch 1 umfasst die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1 (Merkmale (a) bis (e), (f8), (f9)), und die Zusatzmerkmale (f) und (f1) bis (f7) sind in der ursprünglichen Beschreibung, Abs. [0047] bis [0052] i. V. m. den Figuren 8, 9A und 9B offenbart.
4. Der gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Fahrzeugscheinwerfer nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist hinsichtlich des vorgenannten Stands der Technik neu (§ 3 PatG) und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns (§ 4 PatG).
Gemäß den Merkmalen (f4), (f7) und (f8) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist der Motor des Fahrzeugscheinwerfers derart konfiguriert, dass eine Motorphase verzögert ist, wenn der Motor die Blende durch die durch Energieversorgung erzeugte Antriebskraft in die zweite Position bewegt und sie befestigt, wobei diese Verzögerung dadurch erreicht wird, dass der Kommutator des Motors auf der Motorwelle in einer Position befestigt ist, wo eine Schlitzposition relativ zum Rotorpol auf einer Verzögerungsseite einer neutralen Position liegt, wobei eine Richtung (X), in der das Paar Bürsten, mit dem der Kommutator in Gleitkontakt steht, parallel ist mit einer Linie, welche die Mittelpunkte des Paares der Statorpole verbindet.
Für eine derartige Ausgestaltung des Kraftfahrzeugscheinwerfermotors gibt es in dem entgegengehaltenen Stand der Technik keine Anregung.
Die in der Anmeldung als Stand der Technik genannte Druckschrift D2 offenbart in den Figuren 1 bis 3 sowie in den Absätzen [0020] bis [0035] der Beschreibung mit den Worten des Anspruchs 1 nach Hauptantrag einen Fahrzeugscheinwerfer (vehicle lamp 1 / vgl. Abs. [0020]), umfassend: (a) eine Lichtquelle (light source 6a, discharge bulb 6 / vgl. D2, Fig. 1 bis 3 und Abs. [0022]) ; (b) eine Blende (movable type shade 13 / vgl. D2, Fig. 2, 3 und Abs. [0024]), die dazu konfiguriert ist, zwischen einer ersten Position, die einen Teil des von der Lichtquelle abgegebenen Lichts abschirmt (low beam light distribution pattern / vgl. D2, Fig. 2 und Abs. [0033], [0034]), und einer zweiten Position, die ein anderes Lichtabschirmungsvolumen aufweist, (high beam light distribution pattern / vgl. D2, Fig. 3 und Abs. [0033], [0037]) bewegbar zu sein ;
(c) einen Motor (motor 12 / vgl. D2, Fig. 2, 3 und Abs. [0033]), der dazu konfiguriert ist, eine Antriebskraft zum Bewegen der Blende (13) von der ersten Position (low beam light distribution pattern / vgl. D2, Fig. 2) in die zweite Position (high beam light distribution pattern / vgl. D2, Fig. 3) zu erzeugen; und
(d) ein Befestigungsteil (high beam stopper 10g / vgl. D2, Fig. 3 und Abs. [0037]), das zur Befestigung der Blende (13), die von der ersten Position in die zweite Position bewegt wurde, in der zweiten Position konfiguriert ist,
(f9) wobei dem Motor (12) elektrischer Strom zugeführt wird, wenn die Blende (13) in der zweiten Position (high beam light distribution pattern) befestigt ist (vgl. Abs. [0033]).
Da der die Blende (13) des Fahrzeugscheinwerfers (1) bewegende Motor (12) in Druckschrift D2 nicht näher beschrieben ist, setzt der Fachmann dafür geeignete und üblicherweise in Fahrzeugen verwendete Elektromotoren ein. Solche sind ihm aus der Druckschrift D1 bekannt. So ist dort ein elektrischen Motor für den Antrieb von Automobilkomponenten beschrieben, der klein ist und auch bei Stromzufuhr geringe unerwünschte Geräusche verursacht, wenn er von einem Haltemechanismus gestoppt wird, vgl. deren Abs. [0001] bis [0004].
Insbesondere offenbart Druckschrift D1 in den Fig. 2 und 8 mit den Worten des Anspruchs 1 einen Motor, der umfasst:
(f1) eine Motorwelle (motor shaft), (f2) einen Rotorpol (rotor pole), der auf der Motorwelle (motor shaft) befestigt ist, und (f3) einen Kommutator (commutator) der auf der Motorwelle (motor shaft)
befestigt ist, (f5) ein Paar Statorpole (magnet), das an einer Innenumfangsfläche eines Gehäuses (casing) angebracht ist, und
(f6) ein Paar Bürsten (brush), die in Kontakt mit dem Kommutator (commutator) stehen.
Somit erhält der Fachmann bei dem naheliegenden Einsatz des in Druckschrift D1 beschriebenen Motors in dem Fahrzeugscheinwerfer von Druckschrift D2 einen Fahrzeugscheinwerfer mit den Merkmalen (a) bis (f), (f1) bis (f3), (f5) und (f6) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.
Jedoch gibt Druckschrift D1 dem Fachmann keinen Hinweis, den Motor des Fahrzeugscheinwerfers so auszubilden, dass gleichzeitig die Merkmale (f4), (f7) und (f8) gegeben sind.
Zwar führt Druckschrift D1 in Absatz [0031] Folgendes aus:
The present invention prevents the production of unusual noise by means of restraining fluctuations in torque in the case where one of the two brushes is positioned on the slit between two commutator segments. Thus, according to the present invention, the paired brushes are disposed at such positions that a line which passes through the center of the rotor and connects the paired brushes is inclined by a predetermined angle with respect to a line which passes through the center of the rotor and connects the paired magnets; i.e., the brushes are disposed at positions which are offset from the line which connects the magnets. In the case where the brushes are disposed at the offset positions, using the rotor as it is causes the rectification phase to lead (or lag). Therefore, in order to maintain the rectification phase in neutral, the commutator is disposed at a position which is offset by the same angle as that by which the brushes are offset.
Doch damit lehrt Druckschrift D1 den Fachmann lediglich, dass ein Verdrehen der Bürsten in oder entgegen der Rotordrehrichtung zu einer Geräuschreduzierung des Motors in Haltestellung führt und dass eine durch das Verdrehen der Bürsten hervorgerufene Änderung der Motorphase (Verzögerung (lag) bzw. Vorauseilen
(lead)) zur Gewährleistung einer neutralen Motorphase kompensiert werden kann, indem zusätzlich der Kommutator so um den Offset-Winkel gedreht wird, dass die durch das Verdrehen der Bürsten hervorgerufene Änderung der Motorphase wieder aufgehoben wird. Folglich müssen gemäß Druckschrift D1 die Motorbürsten zwingend aus der neutralen Position verdreht werden, um eine Geräuschreduktion des Motors im Anschlag zu erreichen.
Demgegenüber besteht die Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag darin, den Motor nicht in der neutralen, sondern in der verzögerten Motorphase zu betreiben und diese Verzögerung nicht durch ein Verdrehen der Motorbürsten zu erreichen, sondern die Bürsten auf der Verbindungslinie zwischen den Mittelpunkten der Statormagnete zu belassen (Merkmal (f7)) und stattdessen den Kommutator in einer Position zu befestigen, wo eine Schlitzposition relativ zum Rotorpol auf einer Verzögerungsseite einer neutralen Position liegt, so dass eine Motorphase verzögert ist, wenn der Motor die Blende durch die durch Energieversorgung erzeugte Antriebskraft in die zweite Position bewegt und sie befestigt (Merkmale (f4) und (f8)).
Für eine solche Ausgestaltung des Motors gibt es in Druckschrift D1 jedoch keine Anregung.
Da der Fahrzeugscheinwerfer des Anspruchs 1 nach Hauptantrag somit neu gegenüber den Druckschriften D1 und D2 ist und dem Fachmann durch diesen Stand der Technik auch nicht nahegelegt wird, ist er patentfähig.
Zudem ist in der geltenden Beschreibung mit Zeichnung der Fahrzeugscheinwerfer nach Anspruch 1 des Hauptantrags ausreichend erläutert.
5. Bei dieser Sachlage war das Patent im beantragten Umfang zu erteilen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Anmelderinnen das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form. Zur Entgegennahme elektronischer Dokumente ist die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs bestimmt. Die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs ist über die auf der Internetseite www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar. Die Einreichung erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Elektronische Dokumente sind mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen.
Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann prö