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VIa ZR 516/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 516/22 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:300925UVIAZR516.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2025 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterin Dr. Brenneisen, die Richter Messing, Dr. Katzenstein und Dr. F. Schmidt für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 21. März 2022 mit Ausnahme der Zurückweisung der Berufung wegen der mit dem Antrag zu II begehrten Deliktszinsen aufgehoben, soweit der Kläger deliktische Ansprüche geltend macht.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 35.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. Er erwarb im September 2016 von der Beklagten einen von dieser hergestellten, gebrauchten BMW 320d, der mit einem Dieselmotor der Baureihe B 47 (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist.

Das Landgericht hat die auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen und Deliktszinsen, die Feststellung des Annahmeverzugs und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er seine Anträge erster Instanz im Wesentlichen weiterverfolgt hat, ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge im tenorierten Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

Dem Kläger stehe kein Schadensersatz nach der Vorschrift des § 826 BGB zu. Er habe keine greifbaren Anhaltspunkte für ein objektiv sittenwidriges Verhalten der für die Beklagten handelnden Personen bezogen auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgezeigt. Zudem sei die Auffassung des Landgerichts, der Kläger könne den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf Erstattung des Kaufpreises auch nicht auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 stützen, zutreffend. Denn bei den vorgenannten Normen handle es sich - jedenfalls bezogen auf den geltend gemachten Schaden in Form der Übernahme einer ungewollten Kaufpreisverbindlichkeit - nicht um Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

II.

Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet allerdings keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt auch keine konkreten Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist demnach im Umfang des Urteilausspruchs aufzuheben, § 562 ZPO, weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher im tenorierten Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Katzenstein Brenneisen F. Schmidt Messing Vorinstanzen: LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 21.10.2021 - 6 O 3987/21 OLG Nürnberg, Entscheidung vom 21.03.2022 - 1 U 4074/21 - Verkündet am: 30. September 2025 Neumayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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