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8 W (pat) 59/08

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 59/08 Verkündet am 25. Februar 2014

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 100 07 126 …

…

hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner sowie die Richter Kätker, Dipl.-Ing. Rippel und Dr.-Ing. Dorfschmidt beschlossen:

Auf die Beschwerden der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 14 vom 3. Juni 2008 aufgehoben und das Patent 100 07 126 widerrufen.

Gründe I.

Auf die am 17. Februar 2000 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 100 07 126 mit der Bezeichnung „Spindel mit einem Datenspeicherelement“ erteilt und die Erteilung am 22. Juni 2006 veröffentlicht worden.

Auf den Einspruch der beiden Einsprechenden hat die Patentabteilung 14 des Patentamts das Patent mit Beschluss vom 3. Juni 2008 aufrechterhalten. Nach Auffassung der Patentabteilung sei der Gegenstand des erteilten Streitpatents gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der beiden Einsprechenden. Sie haben in ihrer Beschwerdebegründung der Auffassung der Patentabteilung widersprochen und weitere Druckschriften eingereicht.

Sie halten das angegriffene Patent für nicht rechtsbeständig, weil es dem angegriffenen Patent an Neuheit, zumindest jedoch an erfinderischer Tätigkeit gegenüber verschiedener Kombinationen von im Verfahren befindlichen Druckschriften, insbesondere nach dem Fachartikel „Intelligente Spindelüberwachung“ der Beilage „Schweizer Präzisions-Fertigungstechnik“ zur Zeitschrift „Werkstatt und Betrieb“ (D3), der DE 197 49 002 A1 (E3) und der EP 0 896 265 B1 (E9) mangele.

Die Einsprechenden und Beschwerdeführerinnen stellen jeweils den Antrag,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin widerspricht dem Vorbringen der beiden Beschwerdeführerinnen und reicht die Hilfsanträge 1 bis 5 sowie 7 und 8 ein.

Sie stellt den Antrag,

- die Beschwerden zurückzuweisen,

hilfsweise das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1-26 gemäß Hilfsantrag 1, eingegangen am 9. August 2013, im Übrigen (Beschreibung Absätze 1-40; Zeichnung, einzige Figur) gemäß der Patentschrift;

- Patentansprüche 1-25 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie zu Hilfsantrag 1, mit der Maßgabe, dass in der Beschreibung folgende Änderung vorgenommen wird: Der letzte Satz in Absatz 0006 der Beschreibung laut Patentschrift wird gestrichen;

- Patentansprüche 1-24 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie zu Hilfsantrag 2,

- Patentansprüche 1-23 gemäß Hilfsantrag 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie zu Hilfsantrag 2,

- Patentansprüche 1-22 gemäß Hilfsantrag 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie zu Hilfsantrag 2,

- Patentansprüche 1-21 gemäß Hilfsantrag 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie zu Hilfsantrag 2,

- Patentansprüche 1-21 gemäß Hilfsantrag 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie zu Hilfsantrag 2.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin führt aus, dass der Streitpatentgegenstand gegenüber den Entgegenhaltungen auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, weil ausgehend von der D3 eine Vielzahl von Schritten erforderlich sei, um zum Streitpatentgegenstand zu gelangen. Dasselbe gelte auch für eine Kombination mit weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften. Des Weiteren verweist die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin auf die unterschiedlichen Zielsetzungen der D3 und des Streitpatents. Denn während die D3 auf Zusatzdienstleistungen für den Spindelanwender abstelle (Spalte 3, vorletzter Absatz), wolle das Streitpatent mögliche Garantieansprüche gegenüber dem Hersteller der Spindel abwehren (Absatz [0007]).

Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

„Spindel für eine Werkzeugmaschine, insbesondere Motorspindel mit einem Gehäuse zur Aufnahme eines Elektromotors und einer von diesem antreibbaren Welle, insbesondere mit einer Werkzeugaufnahme für ein Werkzeug zur Werkstückbearbeitung, wobei mindestens ein Datenerfassungselement zur Aufnahme von Betriebs- und/oder Zustandsdaten der Spindel vorgesehen ist und mindestens ein spindelintegriertes Datenspeicherelement zur Abspeicherung der aufgenommenen Daten des Datenerfassungselements vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Datenspeicherelement (1) mindestens eine spindelintegrierte Schnittstelle (5) zur separaten Datenübertragung und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine aufweist.“

Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 sind in der ersten und dritten Zeile die Worte „insbesondere“ durch „nämlich“ ersetzt.

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet (Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag in Fettdruck):

„Spindel für eine Werkzeugmaschine, nämlich Motorspindel mit einem Gehäuse zur Aufnahme eines Elektromotors und einer von diesem antreibbaren Welle, nämlich mit einer Werkzeugaufnahme für ein Werkzeug zur Werkstückbearbeitung, wobei mindestens ein Datenerfassungselement, nämlich ein im Gehäuse der Spindel integrierter Sensor, zur Aufnahme von Betriebsund/oder Zustandsdaten der Spindel vorgesehen ist und mindestens ein im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Datenspeicherelement zur Abspeicherung der aufgenommenen Daten des Datenerfassungselements vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Datenspeicherelement (1) mindestens eine spindelintegrierte Schnittstelle (5) zur separaten Datenübertragung und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine aufweist, und dass mindestens ein mit dem Datenspeicherelement (1) verbundenes im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Datenverarbeitungselement (3) vorgesehen ist.

Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist gegenüber Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 am Ende das Merkmal ergänzt:

„und dass ein im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Modemelement (7) zur Herstellung einer Datenverbindung, insbesondere zu einem Telefonanschluß (8), vorgesehen ist.“

Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist gegenüber Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 am Ende das Merkmal ergänzt:

„und dass die Schnittstelle (5) zur Datenübertragung nach einem Internet-Datenprotokoll vorgesehen ist.“

Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 ist gegenüber Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 am Ende das Merkmal ergänzt:

„und dass das Datenspeicherelement (1) und/oder das Datenverarbeitungselement (3) eine zugewiesene IP-Adresse besitzt.“

Auf den Hilfsantrag 5 folgt der Hilfsantrag 7. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 lautet (Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag in Fettdruck):

„Spindel für eine Werkzeugmaschine, nämlich Motorspindel mit einem Gehäuse zur Aufnahme eines Elektromotors und einer von diesem antreibbaren Welle, nämlich mit einer Werkzeugaufnahme für ein Werkzeug zur Werkstückbearbeitung, wobei mindestens ein im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Datenerfassungselement zur Aufnahme von Betriebs- und/oder Zustandsdaten der Spindel vorgesehen ist und mindestens ein im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Datenspeicherelement zur Abspeicherung der aufgenommenen Daten des Datenerfassungselements vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Datenspeicherelement (1) mindestens eine spindelintegrierte Schnittstelle (5) zur separaten Datenübertragung und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine aufweist,

dass mindestens ein mit dem Datenspeicherelement (1) verbundenes im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Datenverarbeitungselement (3) vorgesehen ist, dass ein im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Modemelement (7) zur Herstellung einer Datenverbindung, insbesondere zu einem Telefonanschluß (8), vorgesehen ist, dass die Schnittstelle (5) zur Datenübertragung nach einem Internet-Datenprotokoll vorgesehen ist, dass das Datenspeicherelement (1) und/oder das Datenverarbeitungselement (3) eine zugewiesene IP-Adresse besitzt und dass das Datenspeicherelement (1) und/oder das Datenverarbeitungselement (3) mit einer Maschinensteuerung (4) der Werkzeugmaschine zur Datenübertragung, nämlich zur Weiterleitung einzelner oder einer bestimmten Anzahl gewünschter Sensordaten an die Maschinensteuerung, verbunden ist.

Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 ist gegenüber Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 das Merkmal, wonach:

„dass das Datenspeicherelement (1) mindestens eine spindelintegrierte Schnittstelle (5) zur separaten Datenübertragung und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine aufweist“

ersetzt durch

„dass das Datenspeicherelement (1) eine erste spindelintegrierte Schnittstelle als Verbindung zur Maschinensteuerung sowie eine weitere spindelintegrierte Schnittstelle (5) zur separaten Datenübertragung und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine aufweist“

Hinsichtlich des Wortlauts des jeweils nebengeordneten Verfahrensanspruchs sowie der abhängigen Patentansprüche gemäß Hauptantrag bzw. der Hilfsanträge wird auf die Patentschrift sowie die Akten verwiesen.

II.

1. Die Beschwerden sind jeweils zulässig und in der Sache begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zum Widerruf des Patents.

2. Der Streitpatentgegenstand betrifft jeweils nach dem geltenden Patentanspruch 1 eine Spindel für eine Werkzeugmaschine. Gemäß der Beschreibungseinleitung sind die bekannten Spindeln zur Ansteuerung des Elektromotors und zur Erfassung der Daten der Datenerfassungselemente der Spindel mit der Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine verbunden. Eine separate Erfassung oder Verarbeitung von Daten der Datenerfassungselemente in der Spindel, zum Beispiel durch den Hersteller der Spindel, ist danach ohne Eingriff in die Maschinensteuerung nicht möglich.

Nach den Ausführungen in Absatz [0003] der Beschreibung besteht die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe darin, eine Spindel für eine Werkzeugmaschine sowie ein Verfahren zum Betrieb einer Spindel für eine Werkzeugmaschine anzugeben, bei denen eine separate Erfassung der Betriebsund/oder Zustandsdaten der Spindel ohne Eingriff in die Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine ermöglicht wird.

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt den Ausführungen in Absatz [0004] der Streitpatentschrift durch die Merkmale des Patentanspruchs 1, dessen Merkmale sich entsprechend dem jeweiligen Antrag folgendermaßen gliedern lassen:

Spindel für eine Werkzeugmaschine,

1.1 nämlich eine Motorspindel (Hilfsantrag 1),

mit einem Gehäuse zur Aufnahme eines Elektromotors; mit einer von diesem (Elektromotor) antreibbaren Welle;

3.1 nämlich mit einer Werkzeugaufnahme für ein Werkzeug zur Werkstückbearbeitung (ab Hilfsantrag 1),

wobei mindestens ein Datenerfassungselement zur Aufnahme von Betriebs- und/oder Zustandsdaten der Spindel vorgesehen ist;

4.1 das Datenerfassungselement ist ein im Gehäuse der Spindel integrierter Sensor (Hilfsantrag 2 bis 5),

4.2 das Datenerfassungselement ist im Gehäuse der Spindel spindelintegriert (ab Hilfsantrag 7); wobei mindestens ein spindelintegriertes Datenspeicherelement zur Abspeicherung der aufgenommenen Daten des Datenerfassungselements vorgesehen ist;

5.1 wobei das spindelintegrierte Datenspeicherelement im Gehäuse der Spindel vorgesehen ist (ab Hilfsantrag 2); das Datenspeicherelement (1) weist mindestens eine spindelintegrierte Schnittstelle (5) auf, zur separaten Datenübertragung und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine; es ist mindestens ein mit dem Datenspeicherelement (1) verbundenes im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Datenverarbeitungselement (3) vorgesehen (ab Hilfsantrag 2); es ist ein im Gehäuse der Spindel spindelintegriertes Modemelement (7) zur Herstellung einer Datenverbindung, insbesondere zu einem Telefonanschluss (8), vorgesehen (ab Hilfsantrag 3); die Schnittstelle (5) zur Datenübertragung ist nach einem Internet-Datenprotokoll vorgesehen (ab Hilfsantrag 4); das Datenspeicherelement (1) und/oder das Datenverarbeitungselement (3) besitzt eine zugewiesene IP-Adresse (ab Hilfsantrag 5); das Datenspeicherelement (1) und/oder das Datenverarbeitungselement (3) ist mit einer Maschinensteuerung (4) der Werkzeugmaschine zur Datenübertragung, nämlich zur Weiterleitung einzelner oder einer bestimmten Anzahl gewünschter Sensordaten an die Maschinensteuerung verbunden (ab Hilfsantrag 7).

Im Hilfsantrag 8 ist das Merkmal 6 durch Merkmal 6A ersetzt:

6A. das Datenspeicherelement (1) weist eine erste spindelintegrierte Schnittstelle als Verbindung zur Maschinensteuerung sowie eine weitere spindelintegrierte Schnittstelle (5) zur separaten Datenübertragung und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine auf.

Der Streitpatentgegenstand betrifft eine Spindel für eine Werkzeugmaschine mit einem Gehäuse zur Aufnahme eines Elektromotors. Die einzelnen Merkmale entsprechend der vorstehenden Merkmalsgliederung sind weitgehend selbsterklärend und bedürfen keiner weiteren Auslegung.

Als Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Mechatronik oder Maschinenbau mit ergänzender elektrotechnischer Ausbildung anzusehen, der in der Entwicklung bzw. Konstruktion von elektromechanischen Komponenten bei Werkzeugmaschinen tätig ist.

3. Zum Hauptantrag sowie den Hilfsanträgen 1 bis 5 Die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und der Hilfsanträge 1 bis 5 umfassen jeweils den Gegenstand des enger gefassten Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 7. Nachdem letzterer - wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 7 zeigen - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist auch der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 5 nicht rechtsbeständig.

4. Zum Hilfsantrag 7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 7 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat die von der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren vorgelegte Druckschrift D3 an, die einen Fachartikel „Intelligente Spindelüberwachung“ in dem Sonderteil „Schweizer Präzisions-Fertigungstechnik“ der Zeitschrift „Werkstatt und Betrieb“ betrifft und zweifelsfrei im August 1993 veröffentlicht worden ist. Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin hat die Vorveröffentlichung zuletzt auch nicht (mehr) bestritten.

Die D3 beschreibt eine Motorspindel für eine Werkzeugmaschine, in der ein batteriegepuffertes RAM zur Speicherung von Betriebs- und/oder Zustandsdaten integriert ist. Aus dem Begriff „Motorspindel für eine Werkzeugmaschine“ erschließen sich dem Fachmann unmittelbar und eindeutig die Merkmale 1 bis 3.1 des Patentanspruchs 1. Die „erfassten“ Daten werden im Schnellfrequenz-Umrichter berechnet (S. 36, mittlere Spalte), so dass folglich mindestens ein Datenerfassungselement (=Sensor) zur Aufnahme der „Einsatzdaten“ (s. Bildunterschrift), also Betriebs- und/oder Zustandsdaten, der Spindel vorhanden ist (Merkmal 4). Die erfassten Daten werden in einem batteriegepuffertem RAM gespeichert, das in der IBAG-Spindel eingebaut ist (mittlere Spalte, Z. 7). Somit ist mindestens ein spindelintegriertes Datenspeicherelement zur Abspeicherung der aufgenommenen Daten des Datenerfassungselements vorgesehen (Merkmal 5).

Weil das Datenspeicherelement auch „in der IBAG-Spindel eingebaut ist“, ist es somit innerhalb der Spindel angeordnet, so dass somit auch Merkmal 5.1 verwirklicht ist. Aus dem Satz, dass die gespeicherten Daten dem Techniker „sowohl im Umrichter, als auch in den Spindeln…jederzeit zur Verfügung“ stehen (S. 36, mittlere Spalte), ist zum einen Merkmal 11 bekannt und zum anderen erschließt sich dem Fachmann unmittelbar und eindeutig, dass das RAM, also das Datenspeicherelement, eine eigene (also folglich auch spindelintegrierte) Schnittstelle zur separaten Datenübertragung, und -auswertung ohne Eingriff in eine Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine aufweisen muss (Merkmale 6 und 6.1).

Bei der bekannten Motorspindel nach D3 erfolgt die Datenverarbeitung in erster Linie im Frequenzumrichter, der außerhalb der Motorspindel angeordnet ist, so dass Merkmal 7 nach Auffassung des Senats nicht verwirklicht ist. Ebenso offenbart die D3 weder ein Modemelement zur Herstellung einer Datenverbindung (Merkmal 8), noch eine Schnittstelle, die nach einem Internet-Datenprotokoll arbeitet und eine zugewiesene IP-Adresse besitzt (Merkmale 9 und 10).

Die Beschwerdegegnerin ist zudem der Auffassung, dass neben den Merkmalen 7 bis 10 zumindest auch die Merkmale 4.1 und 4.2 nicht aus der D3 bekannt seien, weil nirgends in der D3 offenbart sei, wo die im Frequenzumrichter verarbeiteten Daten erfasst werden. Letzteres kann jedoch dahingestellt bleiben, weil weder die Merkmale 7 bis 10 noch die Merkmale 4.1 und 4.2 auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Der Fachmann strebt stets nach einer Weiterentwicklung seines Produkts, hier einer Motorspindel für eine Werkzeugmaschine. Insbesondere ist er stets bestrebt, Störungen bzw. Störzeiten der Motorspindel zu minimieren und den Service für die Kunden zu verbessern, wie es in der D3, mittlere Spalte Zeile 4, bzw. Spalte 3, vorletzter Absatz, bereits angeregt wird.

Daher zieht er auch eine mögliche Datenfernabfrage bzw. eine Fernwartung der bekannten Motorspindel nach der D3 in Betracht. Datenfernabfragen bzw. Fernwartungen auch über das Internet waren am Anmeldetag des Streitpatents bereits weit verbreitet und wurden auch bei Werkzeugmaschinen eingesetzt. Sie gehörten daher zum Fachwissen des Fachmanns. Lediglich zum Beleg für dieses Fachwissen wird auf die Druckschrift E3 hingewiesen (S. 2, Z. 37-41).

Bei der Verwirklichung der Datenfernübertragung berücksichtigt der Fachmann auch zu dem aus der D3 bekannten Aufbau einer Motorspindel ähnliche oder systemverwandte Produkte. So ist ihm beispielsweise aus der Figur 1 der E9 eine Antriebseinrichtung mit einem Servomotor (11) in Form eines Synchron- oder Assynchronmotors (Spalte 3, Zeile 40) bekannt, wie sie gemäß Absatz [0009] der E9 für Anwendungen in Werkzeugmaschinen typisch ist. Servomotoren sind elektrische Antriebe, die neben der Kontrolle der Winkelposition ihrer Motorwelle auch die exakte Regelung der Drehgeschwindigkeit und Beschleunigung ihrer Motorwelle erlauben und daher bevorzugt auch als Motorspindeln mit einer an der Motorwelle angeordneten Werkzeugaufnahme eingesetzt werden. Wenngleich der Begriff „Motorspindel“ in der E9 nicht erwähnt ist, weist die bekannte Antriebseinrichtung nach der E9 jedoch den typischen Aufbau einer Motorspindel auf, bei der der Servomotor (11) in einem Motorgehäuse (12) angeordnet ist und über Zuleitungen (19) von einem außerhalb des Motorgehäuses (11) angeordneten Frequenzumrichter (16) den erforderlichen Motorstrom zum Antrieb erhält. Integriert und nach den Ausführungen im Absatz [0009] in Verbindung mit der Figur 1 der E9 im (also innerhalb des) Motorgehäuse(s) (12) angeordnet sind neben Sensoren (25) zur Aufnahme von Betriebs- und/oder Zustandsdaten auch ein Speicher (13) zur Abspeicherung der aufgenommenen Daten des Datenerfassungselements (Sensor (25)), elektronische Peripherie (28), beispielsweise in Form eines Mikroprozessors zur Verwaltung und Verarbeitung der aufgenommenen Betriebs- und/oder Zustandsdaten sowie ein Datenausgang (14). Der Datenausgang (14) der E9 ist zum einen über die Datenleitungen (20) bzw. (21) mit dem am Frequenzumrichter (16) zugeordneten Steuermodul (10), zum anderen aber auch mit einer übergeordneten Steuerung (22), also im Falle einer Werkzeugmaschine der Maschinensteuerung, verbunden. Zudem ist er bidirektional ausgebildet, weil über ihn die Daten nicht nur ein-, sondern auch ausgelesen werden können (Absatz [0010], zweiter Satz).

Der Fachmann erkennt, dass diese bekannte Antriebseinrichtung nach der E9 den idealen Aufbau für eine Motorspindel bietet, die für eine Datenfernabfrage bzw. eine Fernwartung geeignet ist. Denn hierzu ist lediglich die ohnehin vorhandene bidirektionelle Datenschnittstelle (Datenausgang (14)) derart auszubilden, dass sie für die Datenfernübertragung geeignet ist. Der Fachmann weiß aufgrund seiner (elektrotechnischen) Ausbildung oder auch von ähnlichen Anwendungen der Datenfernübertragung (vgl. E3 Seite 5, Zeilen 60-65), dass er hierfür die Datenschnittstelle lediglich modulierend, also beispielsweise als Modem, ausbilden muss und ggfls. ein IEEE-Protokoll, also ein Internet-Datenprotokoll, mit einer zugewiesenen IP-Adresse vorsehen muss. Hierbei sind auch keine besonderen Schwierigkeiten oder sonstige Hindernisse zu erkennen. Vielmehr regen - nach Überzeugung des Senats - gerade die signifikanten baulichen Gemeinsamkeiten zwischen der bekannten Antriebseinrichtung nach der E9 und der Motorspindel nach der Druckschrift D3 den Fachmann dazu an, nicht nur den Speicher, sondern auch den Sensor, das Datenverarbeitungselement sowie die - als Modem ausgebildete - Datenschnittstelle entsprechend dem Vorbild der E9 innerhalb der Spindel vorzusehen, um eine Datenfernübertragung bzw. Fernwartung der Motorspindel zu verwirklichen.

Daher gelangt der Fachmann ausgehend von der Spindel nach D3 mit Anregungen aus der E9 ohne erfinderische Tätigkeit in Verbindung mit fachüblichen Maßnahmen zur Datenfernübertragung zum Streitpatentgegenstand mit den Merkmalen 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 7. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 hat daher keinen Bestand.

5. Zum Hilfsantrag 8 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 8 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 nur im Merkmal 6A. Daher ist das mangelnde Vorliegen der Patentfähigkeit hinsichtlich der im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 aufgeführten Merkmale 1 bis 5.1 sowie 7 bis 11 übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 wird verwiesen. Aber auch das im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 ergänzte Merkmal 6A ist aus der Kombination der Druckschrift D3/E9 nahegelegt.

Nach den Ausführungen in Absatz [0019] der E9 kann der Speicher (13) der bekannten Antriebseinrichtung auch mehrere Datenausgänge aufweisen, von denen nach den Ausführungen in Absatz [0017] einer auch einen direkten Zugriff auf den Speicher erlaubt. Somit ist durch die bekannte Antriebseinrichtung nach der E9 auch das Merkmal 6A nahegelegt, weil neben der in Figur 1 der E9 gezeigten ersten spindelintegrierten Schnittstelle (Datenausgang 14) als Verbindung zur Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine die (mögliche) weitere spindelintegrierte Schnittstelle (weiterer Datenausgang) einen direkten Zugriff auf den Speicher (13) ohne Eingriff in die Maschinensteuerung der Werkzeugmaschine ermöglicht, beispielsweise zur vorstehend angesprochenen Datenfernübertragung bzw. Fernwartung, die auch eine separate Datenauswertung umfasst.

Somit beruht auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 8 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Er hat daher auch keinen Bestand.

6. Mit den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 5 und 7 sowie 8 fallen auch alle anderen Patentansprüche der jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob diese übrigen Patentansprüche etwas Schutzfähiges enthalten (BGH, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).

Das Patent ist somit zu widerrufen.

III Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Zehendner Kätker Rippel Dr. Dorfschmidt Cl

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