Paragraphen in 17 W (pat) 123/08
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 123/08 Verkündet am 26. Februar 2013
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 004 413.4-53 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Phys. Dr. Forkel BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 31. Januar 2006 in englischer Sprache beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt in der deutschen Übersetzung die Bezeichnung
„Verfahren und System zum Disponieren eines Produktstromes in einer Fertigungsumgebung durch Anwendung eines Simulationsprozesses“.
Die Anmeldung wurde am 8. September 2008 von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamtes mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Die Anmelderin stellt den Antrag,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 - 9 und Beschreibung Seiten 4, 5, 16, 19, 22, 23, jeweils vom 10.11.2008, eingegangen am selben Tag, Beschreibung Seite 2 vom 13.07.2006, eingegangen am selben Tag, Beschreibung Seiten 1, 3, 6-15, 17, 18, 20, 21, 24 und 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1a-1g, jeweils vom 02.05.2006, eingegangen am selben Tag; gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 - 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung, noch anzupassender Beschreibung und Figuren jeweils wie Hauptantrag; gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 - 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hilfsantrag 1.
Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ist die Druckschrift D1: US 6 961 634 B1 genannt worden. Vom Senat wurden zusätzlich die Druckschriften D2: PRITSKER, A.; YANCEY, D.: Total Capacity Management Using Simulation, Proceedings of the 1991 Winter Simulation Conference, Seiten 348-355 und D3: ZIJM, W.; BUITENHEK, R.: Capacity Planning and Lead Time Management, International Journal of Production Economics 46-47 (1996), Seiten 165-179 eingeführt.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, hier mit einer möglichen Gliederung versehen, lautet (nach Korrektur eines offensichtlichen Schreibfehlers):
„Verfahren mit:
(a) Empfangen von Prozessinformation von mehreren Prozessanlagen einer Fertigungsumgebung und von mehreren Produkteinheiten, die Halbleiterbauelemente umfassen, in einem Eingangsbereich eines Disponiersystems zum Disponieren der Produkteinheiten, die in der Fertigungsumgebung gemäß mehreren Prozessrezepten zu bearbeiten sind oder gerade bearbeitet werden;
(b) Initialisieren eines Simulationsmodells der Fertigungsumgebung unter Verwendung der Prozessinformation;
(c) Erstellen eines vorläufigen Zeitplans zum Bearbeiten der mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung;
(d) Definieren eines zulässigen Wertebereichs für eine Wartezeit;
(e) Durchführen einer Simulation einer Prozesssequenz für die mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung auf der Grundlage des vorläufigen Zeitplans, der Prozessinformation, dem einen oder den mehreren Prozessrezepten und einem Modell für jede der mehreren Prozessanlagen, um eine Wartezeit für jede der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen mittels eines Simulationsergebnisses der Prozesssequenz zu bestimmen;
(f) Bewerten, ob ein simulierter Wert der Wartezeit für jede der Produkteinheiten innerhalb des zulässigen Wertebereichs liegt;
(g) Modifizieren des vorläufigen Zeitplans für mindestens eine der mehreren Produkteinheiten und mindestens einmal Ausführen einer neuen Simulation auf der Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans, wenn die Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten innerhalb des zulässigen Waertebereichs liegt;
(h) Erstellen eines Zeitplans zum Bearbeiten der mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung auf Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans; und
(i) Ausgeben der mehreren Produkteinheiten in die Fertigungsumgebung zur Bearbeitung der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen auf der Grundlage des Zeitplans.“
Zum nebengeordneten Patentanspruch 6 und zu den Unteransprüchen 2 bis 5 und 7 bis 9 wird auf die Akte verwiesen.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, hier mit einer an den Hauptantrag angepassten Gliederung versehen, lautet:
„Verfahren mit:
(a) Empfangen von Prozessinformation von mehreren Prozessanlagen einer Fertigungsumgebung und von mehreren Produkteinheiten, die Halbleiterbauelemente umfassen, in einem Eingangsbereich eines Disponiersystems zum Disponieren der Produkteinheiten, die in der Fertigungsumgebung gemäß mehreren Prozessrezepten zu bearbeiten sind oder gerade bearbeitet werden;
(b) Initialisieren eines Simulationsmodells der Fertigungsumgebung unter Verwendung der Prozessinformation;
(c) Erstellen eines vorläufigen Zeitplans zum Bearbeiten der mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung;
(d*) Definieren einer maximal zulässigen Wartezeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen;
(e*) Durchführen einer Simulation einer Prozesssequenz, die die genannten zwei Prozesse umfasst, für die mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung auf der Grundlage des vorläufigen Zeitplans, der Prozessinformation, dem einen oder den mehreren Prozessrezepten und einem Modell für jede der mehreren Prozessanlagen, um für jede der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen mittels eines Simulationsergebnisses der Prozesssequenz einen simulierten Wert der Wartezeit zwischen den genannten zwei Prozessen zu bestimmen;
(f*) Bewerten, ob der simulierte Wert der Wartezeit für jede der Produkteinheiten kleiner als die maximal zulässige Wartezeit ist;
(g*) Modifizieren des vorläufigen Zeitplans für mindestens eine der mehreren Produkteinheiten durch Verzögern oder Vorziehen der mindestens einen der mehreren Produkteinheiten und mindestens einmal Ausführen einer neuen Simulation auf der Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans, wenn die Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten kürzer als die maximal zulässige Wartezeit ist;
(h) Erstellen eines Zeitplans zum Bearbeiten der mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung auf Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans; und
(i) Ausgeben der mehreren Produkteinheiten in die Fertigungsumgebung zur Bearbeitung der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen auf der Grundlage des Zeitplans.“
Zum nebengeordneten Patentanspruch 6 und zu den Unteransprüchen 2 bis 5 und 7 bis 9 wird wieder auf die Akte verwiesen.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, hier mit einer an den Hilfsantrag 1 angepassten Gliederung versehen, lautet:
„Verfahren mit:
(a) Empfangen von Prozessinformation von mehreren Prozessanlagen einer Fertigungsumgebung und von mehreren Produkteinheiten, die Halbleiterbauelemente umfassen, in einem Eingangsbereich eines Disponiersystems zum Disponieren der Produkteinheiten, die in der Fertigungsumgebung gemäß mehreren Prozessrezepten zu bearbeiten sind oder gerade bearbeitet werden;
(b) Initialisieren eines Simulationsmodells der Fertigungsumgebung unter Verwendung der Prozessinformation;
(c) Erstellen eines vorläufigen Zeitplans zum Bearbeiten der mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung;
(d**) Definieren einer gemäß einer Prozessspezifikation für die Bearbeitung der mehreren Produkteinheiten maximal zulässigen Wartezeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen;
(e*) Durchführen einer Simulation einer Prozesssequenz, die die genannten zwei Prozesse umfasst, für die mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung auf der Grundlage des vorläufigen Zeitplans, der Prozessinformation, dem einen oder den mehreren Prozessrezepten und einem Modell für jede der mehreren Prozessanlagen, um für jede der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen mittels eines Simulationsergebnisses der Prozesssequenz einen simulierten Wert der Wartezeit zwischen den genannten zwei Prozessen zu bestimmen;
(f*) Bewerten, ob der simulierte Wert der Wartezeit für jede der Produkteinheiten kleiner als die maximal zulässige Wartezeit ist;
(g*) Modifizieren des vorläufigen Zeitplans für mindestens eine der mehreren Produkteinheiten durch Verzögern oder Vorziehen der mindestens einen der mehreren Produkteinheiten und mindestens einmal Ausführen einer neuen Simulation auf der Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans, wenn die Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten kürzer als die maximal zulässige Wartezeit ist;
(h) Erstellen eines Zeitplans zum Bearbeiten der mehreren Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung auf Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans; und
(i) Ausgeben der mehreren Produkteinheiten in die Fertigungsumgebung zur Bearbeitung der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen auf der Grundlage des Zeitplans.“
Zum nebengeordneten Patentanspruch 6 und zu den Unteransprüchen 2 bis 5 und 7 bis 9 wird wieder auf die Akte verwiesen.
Die Anmelderin trägt vor, dass das vorgeschlagene Verfahren der Bestimmung von Wartezeiten für Produkteinheiten (Waferlose) in der Halbleiterfertigung diene. Das Verfahren trage dem Umstand Rechnung, dass in der Halbleiterfertigung in der Regel Zeitfenster eingehalten werden müssten, so z. B. für Reinigungsvorgänge an Öfen. Weiterhin sei es in Hinblick auf Durchsatz und Einhaltung der Prozessbedingungen wichtig, dass die Produkteinheiten an Prozessanlagen nicht zu lange warten müssten. Das vorgeschlagene Verfahren sei geeignet, die speziell in der Halbleiterproduktion auftretenden Wartezeitbeschränkungen angemessen zu berücksichtigen.
Die jeweiligen Gegenstände nach dem Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen seien weder durch die Druckschrift D1 noch durch die vom Senat nachbenannten Druckschriften D2 und D3 nahegelegt und nicht nur neu, sondern würden auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.
II.
Die Beschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, weil die jeweiligen Gegenstände des Patentanspruchs 1 nach Haupt-, erstem und zweitem Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§ 4 Satz 1 PatG).
1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren und ein System zum Disponieren eines Produktstromes in einer Fertigungsumgebung durch Anwendung eines Simulationsprozesses.
In der Beschreibungseinleitung wird ausgeführt, dass sich die Erfindung insbesondere auf die Disponierung bzw. zeitliche Planung von Produktströmen in einer Halbleiterfertigungsstätte beziehe, in der Halbleiterwafer hergestellt würden. In einer solchen Fertigungsumgebung würden mehrere unterschiedliche Produktarten gefertigt und eine Mehrzahl von Prozess- und Messanlagen eingesetzt. In der Halbleiterherstellung sei entscheidend, modernste Technologie mit Massenherstellungsverfahren zu kombinieren. Um die Kosten pro Produkteinheit zu senken, sei es für die Halbleiterhersteller wünschenswert, den Verbrauch von Rohmaterialien und Verbrauchsmaterialien zu reduzieren, während gleichzeitig die Prozessanlagenauslastung gesteigert werde. Gerade der zuletzt genannte Gesichtspunkt erweise sich als besonders wichtig, da in modernen Halbleiterfertigungsstätten Anlagen erforderlich seien, die äußerst kostenintensiv seien und den wesentlichen Teil der Gesamtherstellungskosten repräsentieren würden. In Halbleiterfertigungsstätten würde typischerweise eine Vielzahl unterschiedlicher Produktarten gleichzeitig hergestellt, z. B. Speicherchips mit unterschiedlicher Gestaltung und Speicherkapazität oder CPU´s mit unterschiedlicher Gestaltung und Arbeitsgeschwindigkeit. Für jede der unterschiedlichen Produktarten sei ein spezieller Prozessablauf erforderlich, wobei spezielle Einstellungen in den diversen Prozessanlagen notwendig würden, z. B. unterschiedliche Maskensätze für die Lithographie, unterschiedliche Prozessparameter für Abscheideanlagen, Ätzanlagen, Implantationsanlagen, Polieranlagen oder Öfen (Offenlegungsschrift, Absatz [0004]). Eine Vielzahl unterschiedlicher Anlagenparametereinstellungen und Produktarten seien gleichzeitig in einer Fertigungsumgebung anzutreffen. Die Parametereinstellungen seien den jeweiligen Prozessanlagen als sogenannte Prozessrezepte zu dem Zeitpunkt zuzuführen, an dem die entsprechenden Produktarten in den entsprechenden Anlagen zu bearbeiten seien. Hierbei müsse die Sequenz aus solchen Prozessrezepten, die in Prozess- und Messanlagen ausgeführt würden, sowie die Rezepte selbst aufgrund kurzfristiger Produktänderungen oder aufgrund der variablen beteiligten Prozesse oftmals geändert werden (Offenlegungsschrift, Absatz [0005]). Damit sich der Durchsatz in der Anlage durch die Änderungen nicht verschlechtere, würden in Halbleiterfertigungsstätten Ausgabelisten erstellt und verarbeitet, welche die Reihenfolge von Wafer-Losen, d. h. Substratgruppen, für eine gegebene Gruppe aus Prozessanlagen im Fertigungsprozess beschreiben, um eine effiziente Routenführung der Lose durch den Prozessablauf zu erhalten. Die Ausgabelisten würden auf dem aktuellen Zustand der Lose sowie der Anlage beruhen. Ein weiteres Mittel zum Erzeugen eines effektiven Produktstromes in einer Fertigungsumgebung bestehe in der Disposition und beinhalte die Berechnung eines Zeitplanes für die Lose und Prozessanlagen innerhalb einer gewissen Zeitdauer. Auf der Grundlage des aktuellen Anlagen- und Losstatus könne der Zeitplan optimiert werden. Die beschriebene Disponierung bzw. Zeitplanung erweise sich jedoch immer dann als nur bedingt geeignet, wenn Zeitpläne häufig aktualisiert werden müssten, z. B. bei Änderungen in der Anlagenverfügbarkeit oder Prozessrezeptänderungen (Offenlegungsschrift, Absätze [0005]-[0006]). Insbesondere könne es beim Fertigen der Produkteinheiten wegen der Komplexität der Prozessabläufe und deren Zusammenspiel zu Stillstandszeiten einzelner Prozessanlagen und zu Wartezeiten für einzelne Produkteinheiten kommen, die die Effizienz der Fertigung verschlechtern würden.
Die der Anmeldung zugrundeliegende objektive technische Aufgabe sieht der Senat darin, einen optimierten Zeitplan zum Verarbeiten von Produkteinheiten in einer Fertigungsumgebung zu erstellen, anhand dessen die Produkteinheiten an die Fertigungsumgebung bzw. die Prozessanlagen übergeben werden und anhand dessen die zeitliche Zuteilung der Produkteinheiten zu den Prozessanlagen gesteuert wird.
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, die Effizienz eines Produktionsablaufes zu verbessern, ist ein Ingenieur mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss anzusehen, der über eine mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Steuerungstechnik, insbesondere in der Halbleiterfertigung, verfügt und der fundierte Kenntnisse in der Anwendung von Algorithmen für die MaterialflussSimulation besitzt.
2. Zum Hauptantrag Der Hauptantrag ist nicht gewährbar, weil der Gegenstand seines Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 Satz 1 PatG).
2.1 Der Patentanspruch 1 bedarf der Auslegung.
Gegenstand ist ein Verfahren zum effizienten Bestimmen eines Zeitplanes für Produkteinheiten innerhalb einer Fertigungsumgebung mit mehreren Prozessanlagen. Bei der Fertigungsumgebung handelt es sich um eine Halbleiterfertigungsstätte, bei den Prozessanlagen um Abscheideanlagen, Ätzanlagen, Implantations- anlagen oder Öfen. Die Produkteinheiten stellen Gruppen von Halbleiterbauelementen dar. Hierzu sind die folgenden Verfahrensschritte vorgesehen:
(a) Einem Produktdisponiersystem werden Prozessinformationen von mehreren Prozessanlagen einer Fertigungsumgebung zugeführt. Bei dem Disponiersystem handelt es sich offenbar um eine Datenverarbeitungsanlage, die mit einem übergeordneten Steuerungssystem (MES) verbunden ist und die einen Simulator sowie eine Prozessablaufdisponiereinheit umfasst. Die Prozessinformationen beinhalten Statusinformationen über Prozessanlagen und Produkteinheiten, die in der Fertigungsumgebung gemäß mehreren Prozessrezepten gerade bearbeitet werden oder zu bearbeiten sind. Der „Eingangsbereich“ bildet die Schnittstelle zwischen Prozessanlagen und Disponiersystem (Offenlegungsschrift, Absatz [0029]).
(b) Ein Simulationsmodell der Fertigungsumgebung wird mit den Prozessinformationen initialisiert, d. h. dem Modell werden definierte Werte zugewiesen, um es auf einen Betriebszustand zu setzen, wie dies durch die Statusinformation angegeben ist. Das Simulationsmodell umfasst Anlageneigenschaften und Prozessspezifikationen (Offenlegungsschrift, Absatz [0032], Absatz [0029]).
(c) Ein vorläufiger, erster Zeitplan für die Bearbeitung der Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung wird erstellt.
(d) Für an Prozessanlagen auftretende Wartezeiten wird ein zulässiger Wertebereich definiert.
(e) Für die Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung wird die Simulation einer Prozesssequenz durchgeführt. Diese basiert auf dem vorläufigen Zeitplan, den eingesetzten Prozessrezepten und einem Modell für jede der Prozessanlagen. Mit Hilfe des Simulationsergebnisses wird eine Wartezeit für die Produkteinheiten in den Prozessanlagen bestimmt.
(f) Für jede der Produkteinheiten wird überprüft, ob der simulierte Wert der Wartezeit innerhalb des zulässigen Wertebereichs liegt.
(g) Falls die ermittelte Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten im zulässigen Wertebereich liegt, wird der vorläufige Zeitplan für mindestens eine der Produkteinheiten modifiziert und mindestens einmal eine neue Simulation ausgeführt.
(h) Auf der Grundlage des modifizierten Zeitplans wird ein Zeitplan zum Bearbeiten der Produkteinheiten erstellt.
(i) Auf der Grundlage des Zeitplans werden die Produkteinheiten in die Fertigungsumgebung zur Bearbeitung ausgegeben.
2.2 Zur Beurteilung der beanspruchten Lehre ist die Druckschrift D2 von besonderer Bedeutung.
Aus Druckschrift D2 ist Folgendes entnehmbar:
Die Druckschrift D2 offenbart ein umfassendes Kapazitätsverwaltungssystem in einer Fertigungsumgebung (TCM - Total Capacity Management), welches auf einer Prozessmodellierung und -simulation beruht (Seite 348 Abstract). Das dort beschriebene System beinhaltet insbesondere eine Ablaufplanung zur Bereitstellung von Kapazitäten (Capacity Scheduling - Seite 349, linke Spalte) sowie zur Durchführung der eigentlichen Produktion (Production Scheduling - Seite 349, linke Spalte). Das simulationsbasierte TCM verwendet ein Modell der Herstellungsprozesse, um den Durchsatz der Fertigungsumgebung gemäß den Prozessplänen und den Betriebsmittelzuweisungen abzuschätzen (Seite 349, Abschnitt „Simulation-Based TCM“ - Seite 349, rechte Spalte, erster Absatz). Ist der Bedarf an Betriebsmitteln im Herstellungsprozess ermittelt, kann eine genaue Zeitplanung für die Produktion durchgeführt werden. Die Simulation verwendet hierbei das Modell, um den abzuarbeitenden Jobs die verfügbaren Betriebsmittel zu bestimmten Zeitpunkten zuzuweisen. Da das Modell die genauen Prozessschritte enthält, können Anfangs- und Endzeitpunkte für jeden Arbeitsvorgang angegeben werden,
so dass eine Zeitplanung für den Bedarf an Betriebsmitteln vorgenommen werden kann, welche dann zur Erstellung von Auslieferungslisten führt. Diese beinhalten Angaben, wann welcher Job mit welchen Betriebsmitteln abgearbeitet wird (Seite 349, rechte Spalte, dritter Absatz, siehe „dispatch lists detailing the schedule time to perform each job with required resources and material prescribed“).
Der Druckschrift D2 entnimmt der Fachmann damit ein Verfahren zur Bestimmung eines Zeitplanes für Produkteinheiten innerhalb einer Fertigungsumgebung (Seite 349, rechte Spalte, dritter Absatz). Dem vorgestellten TCM-System werden für eine Simulation bzw. für die Bestimmung von Zeitplänen Prozessinformationen zugeführt (Seite 351, linke Spalte, erster Absatz, siehe „information on process plans, orders, equipment characteristics, operational data, other modelling tools, and current status“). Die Prozessinformationen beziehen sich auf die Prozessanlagen einer Fertigungsumgebung und die dort zu verarbeitenden Produkteinheiten (Seite 349, rechte Spalte, letzter Absatz, siehe „Data on operational status is fed back to scheduling and schedule management …“ sowie Seite 349, linke Spalte, fünfter Absatz, siehe „Production Scheduling is performed to develop accurate, achievable work plans of the short term by assigning jobs to workstations in a specific sequence.“). Das TCM fungiert in diesem Sinne als Disponiereinheit, d. h. es verfügt über die Funktionalität, den einzelnen Jobs, die die Produkteinheiten repräsentieren, Betriebsmittel zuzuweisen (Seite 349, rechte Spalte, zweiter Absatz, siehe „by simulating the model to allocate available resources … to the actual jobs …“). Die Jobs bzw. Produkteinheiten werden mit den an den Prozessanlagen eingestellten Parametern, die die Prozessrezepte innerhalb der Fertigungsumgebung bilden, abgearbeitet (Seite 349, rechte Spalte, dritter Absatz, siehe „dispatch lists detailing the schedule time to perform each job with required resources and material prescribed. In addition, methods for improving the scheduling process through the collection of data and the parameterizing of rules to improve the scheduling process is part of TCM.“). Dass das in der Druckschrift D2 in den Abschnitten 1 bis 4 allgemein beschriebene simulationsbasierte TCM auch in der Halbleiterfertigung eingesetzt werden kann, wird vom Fachmann mitgelesen (Merkmal (a)).
In der Druckschrift D2 kommt ein Simulationsmodell zur Anwendung, welches die Fertigungsumgebung beschreibt (Seite 349, linke Spalte, letzter Absatz - Seite 349, rechte Spalte, erster Absatz, siehe „Capacity design within TCM involves the use of a model of manufacturing operations to estimate the performance of the manufacturing system …“). Es ist selbstverständlich, dass dieses Modell vor der Durchführung einer Simulation initialisiert, d. h. auf einen definierten Betriebszustand gesetzt werden muss, der idealerweise auf aktuellen betrieblichen Daten („operational data“) als Prozessinformation beruht (Merkmal (b)).
Die TCM Architektur sieht auch die Erstellung zumindest eines vorläufigen Zeitplans für die Bearbeitung von Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung vor, der Anfangs- und Endzeitpunkt jedes Prozessschritts festlegt (Seite 349, rechte Spalte, zweiter Absatz, siehe „Since the model contains the detailed process plans (jobsteps), the start and completion times of each operation can be established …“) und der den Ausgangspunkt für eine Simulationsrechnung bildet (Seite 349, rechte Spalte, zweiter Absatz, siehe „detailed production and logistics scheduling can be accomplished by simulating the model to allocate available resources …“ Merkmal (c)).
Die Simulationsrechnung wird für eine ganze Prozesssequenz („process plans“ mit „jobsteps“) für die Produkteinheiten in der Fertigungsumgebung durchgeführt; sie berücksichtigt neben dem vorläufigen Zeitplan noch die betrieblichen Daten als Prozessinformation (Seite 349, rechte Spalte, zweiter Absatz, siehe „…schedule management which entails the use of current operational status …“), die vorhandenen Prozessrezepte (Seite 349, rechte Spalte, dritter Absatz, siehe „…methods for improving the scheduling process through the collection of data and the parameterizing of rules to improve the scheduling process is part of TCM.“) und das Modell für die Prozessanlagen in der Fertigungsumgebung (Seite 349, linke Spal- te, letzter Absatz, siehe „Capacity design within TCM involves the use of a model of manufacturing operations …“ - teilweise Merkmal (e)).
Um die Simulationsrechnung an sich ändernde Betriebsbedingungen anzupassen und um kritische Prozessbeschränkungen zu berücksichtigen, wird der vorläufige Zeitplan für die Produkteinheiten („jobs“) in einem „Schedule Management“ geändert bzw. modifiziert (Seite 349, rechte Spalte, zweiter Absatz, siehe „These schedules can then be distributed for schedule management which entails the use of current operational status and knowledge of critical issues to adjust the schedule.“). Auf Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans werden in einem iterativen Verfahren neue Simulationen durchgeführt mit dem Ziel, die Zuweisungen von Betriebsmitteln an die Produkteinheiten genauer zu bestimmen (Seite 349, rechte Spalte, letzter Absatz, siehe „Data on operational status is fed back to scheduling and schedule management in order to determine the frequency with which new schedules need to be prepared.“ - teilweise Merkmal (g)).
Am Ende der durchgeführten Simulationen stehen Zeitpläne, die sich aus dem modifizierten vorläufigen Zeitplan ableiten und die als „dispatch lists“ angeben, wann welche Produkteinheiten bzw. Jobs an welche Betriebsmittel zur Bearbeitung übergeben werden (Seite 349, rechte Spalte, letzter Absatz, siehe „The dispatch lists are the basis for schedule execution/dispatching, that is, the actual resource allocations to jobs.“ - Merkmal (h)).
Die hierauf basierende Ausgabe der Produkteinheiten wird vom Fachmann in der Druckschrift D2 mitgelesen (Merkmal (i)).
Die Bestimmung einer Wartezeit für jede der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen mittels eines Simulationsergebnisses der Prozesssequenz sowie das Ausführen einer neuen Simulation, wenn die Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten innerhalb eines zulässigen Wertebereichs liegt i. S. d. Merkmale (e) und (g), sind der Druckschrift D2 aber nicht direkt entnehm- bar. Entsprechendes gilt für das Merkmal (d), wonach ein zulässiger Wertebereich für eine Wartezeit definiert werden muss und für das Merkmal (f), wonach bewertet wird, ob ein simulierter Wert der Wartezeit für jede der Produkteinheiten innerhalb des zulässigen Wertebereichs liegt.
2.3 Zu Recht weist die Anmelderin darauf hin, dass sich die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag von der Lehre der Druckschrift D2 in einigen Punkten unterscheidet. Diese Unterschiede vermögen das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit jedoch nicht zu begründen (§ 4 Satz 1 PatG).
Insbesondere soll anspruchsgemäß für jede der Produkteinheiten in den Prozessanlagen eine Wartezeit bestimmt werden, die anhand eines vorgegebenen, zulässigen Wertebereichs bewertet wird, wobei die Simulation der Prozesssequenz dann wiederholt wird, wenn der Wert der Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten innerhalb des zulässigen Wertebereichs liegt. Mit der Wartezeit wird in der Anmeldung eine Prozessbeschränkung berücksichtigt, die sich aus einer eingeschränkten Anlagenverfügbarkeit infolge von Wartungsmaßnahmen und Testaktivitäten ergibt (Offenlegungsschrift, [0028]). Andere Wartezeiten resultieren laut Anmeldung aus dem Warten auf Lithographiemasken oder dem Warten auf Vervollständigung eines Stapels (Offenlegungsschrift, [0035]). Gemäß der Druckschrift D2 wird das Modell für den Herstellungsprozess auch erstellt, um die Performanz, d. h. den Durchsatz in der Fertigungsumgebung zu ermitteln (Seite 349, linke Spalte, letzter Absatz - Seite 349, rechte Spalte, erster Absatz, siehe „Capacity design within TCM involves the use of a model of manufacturing operations to estimate the performance of the manufacturing system …“). Nach fachmännischem Verständnis stellt der Durchsatz eine Funktion der Gesamtdurchlaufzeiten für die Produkteinheiten dar.
Dem Fachmann sind jedoch Wartezeit und Durchlaufzeit als prozessrelevante physikalische Größen vertraut. Die Auswahl, hinsichtlich welcher der beiden Größen die Simulation einer Prozesssequenz optimiert werden soll, bedarf nur der Abwägung der bekannten Vor- und Nachteile, stellt daher nicht mehr als eine fachmännische Maßnahme dar. Hierzu kann als Beispiel auf die o. g. Druckschrift D1 verwiesen werden, welche sich mit einem „Wetdeck“ Prozess in der Halbleiterwaferherstellung befasst, wobei der Prozess eine vollautomatisierte Batchanlage zum nasschemischen Reinigen oder Oberflächenätzen von Siliziumwafern vor deren weiterer Verarbeitung betrifft. Die Druckschrift D1 geht in ihrer Einleitung auf die Bedeutung von Warte- und Durchlaufzeit in der Halbleiterfertigung ein (Spalte 3, Zeilen 15-52). Mit Einführung einer Wartezeit können u. a. Zeitfenster für Reinigungsvorgänge in Öfen berücksichtigt werden, was aber zu Lasten der Durchlaufzeit und damit des Durchsatzes geht (Spalte 3, Zeilen 25-32). Wenn solche Zeitfenster gar nicht beachtet werden, kann zwar die Durchlaufzeit verringert und folglich der Durchsatz erhöht werden, jedoch wird auch der Ausschuss in der Fertigung erhöht (Spalte 3, Zeilen 33-37). Dies belegt, dass dem Fachmann eine solche abwägende Sichtweise geläufig war (Merkmal (e)).
Weiterhin gehört es zum Grundwissen des zuständigen Fachmannes, dass die teilweise nach statistischen Methoden berechneten Wartezeiten immer einer Fehlerbetrachtung unter der Annahme von Standardabweichungen und Toleranzgrenzen unterworfen werden müssen, um ihre Bedeutung im Prozessablauf richtig bewerten zu können. Die Festlegung von Toleranzgrenzen bzw. von Wertebereichen für prozessrelevante Größen stellt hierbei ein geeignetes Mittel aus der Statistik dar, um vorgegebene Prozessabläufe in ihrem Zeitverhalten zu überprüfen und - falls nötig - Simulationen erneut durchzuführen oder gar das zugrundeliegende Modell anzupassen, wenn vorgegebene Schwellwerte über- oder unterschritten werden (Merkmale (d), (f) und (g)).
Ferner erläuterte die Anmelderin, dass sich die Druckschrift D2 auf die Metallverarbeitung bzw. Stahlerzeugung beziehe und keinen Bezug zur Halbleiterfertigung herstelle. Somit werde in der Druckschrift D2 auch kein Verfahren beschrieben, welches die in der Halbleiterfertigung auftretenden Problem wie z. B. Wartezeitbeschränkungen angemessen behandeln könne.
Dieser Einwand vermochte den Senat nicht zu überzeugen. Zwar ist der Anmelderin insoweit zu folgen, als dass das in der Druckschrift D2 beschriebene Simulationsverfahren anhand eines Herstellungsverfahrens für Verdichterschaufeln an Kompressoren sowie anhand einer Stahlproduktion weiter veranschaulicht wird. Das in der Druckschrift allgemein formulierte simulationsbasierte TCM Verfahren bleibt in seiner Anwendung jedoch nicht auf die genannten zwei Beispiele beschränkt, sondern kann mit „Production Scheduling“ und „Schedule Adjustment“ auf beliebige Prozessabläufe, z. B. auch in der Halbleiterfertigung angewandt werden.
Nach allem waren für den Fachmann lediglich fachgemäße Überlegungen erforderlich, um in Kenntnis der Druckschrift D2 zu einem Verfahren mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags zu gelangen.
2.4 Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die übrigen Patentansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.
3. Zum Hilfsantrag 1 Der Hilfsantrag 1 ist nicht gewährbar, weil der Gegenstand seines Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 Satz 1 PatG).
3.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (Unterschiede unterstrichen) in den Merkmalen
(d*) Definieren einer maximal zulässigen Wartezeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen;
(e*) Durchführen einer Simulation einer Prozesssequenz, die die genannten zwei Prozesse umfasst, für die mehreren Pro- dukteinheiten in der Fertigungsumgebung auf der Grundlage des vorläufigen Zeitplans, der Prozessinformation, dem einen oder den mehreren Prozessrezepten und einem Modell für jede der mehreren Prozessanlagen, um für jede der mehreren Produkteinheiten in den mehreren Prozessanlagen mittels eines Simulationsergebnisses der Prozesssequenz einen simulierten Wert der Wartezeit zwischen den genannten zwei Prozessen zu bestimmen;
(f*) Bewerten, ob der simulierte Wert der Wartezeit für jede der Produkteinheiten kleiner als die maximal zulässige Wartezeit ist und
(g*) Modifizieren des vorläufigen Zeitplans für mindestens eine der mehreren Produkteinheiten durch Verzögern oder Vorziehen der mindestens einen der mehreren Produkteinheiten und mindestens einmal Ausführen einer neuen Simulation auf der Grundlage des modifizierten vorläufigen Zeitplans, wenn die Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten kürzer als die maximal zulässige Wartezeit ist.
Die Merkmale (d*) und (e*) betreffen im Wesentlichen nichts anderes, als dass zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen bzw. Bearbeitungsfolgen eine maximal zulässige Wartezeit für die Produkteinheiten festgelegt wird und in der Simulation der Prozesssequenz die Wartezeit zwischen zwei Prozessen bestimmt wird. Weiterhin wird dementsprechend gemäß Merkmal (f*) beurteilt, ob die simulierte Wartezeit für jede Produkteinheit kleiner als die maximal zulässige Wartezeit ist. Merkmal (g*) sieht vor, neue Simulationen immer dann durchzuführen, wenn die bestimmte Wartezeit nicht für jede der Produkteinheiten kleiner als die maxi- mal zulässige Wartezeit ist, wobei in den eingegebenen Zeitplänen Produkteinheiten in der Bearbeitungsreihenfolge verzögert oder vorgezogen werden.
3.2 Der Hilfsantrag 1 kann nicht anders als der Hauptantrag beurteilt werden, weil diese Merkmale das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen können.
Der hier zuständige Fachmann entnimmt den Merkmalen (d*), (e*) und (f*) eine Präzisierung des Wertebereichs für die zulässige Wartezeit in Verbindung mit einer Konkretisierung der Wartezeit (die jetzt zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen genommen werden soll), was aber gegenüber den entsprechenden Merkmalen (d), (e) und (f) keinen zusätzlichen technischen Beitrag erkennen lässt. Die Merkmale (d*), (e*) und (f*) können demnach nicht anders als diese beurteilt werden. Die dortigen Ausführungen gelten in gleicher Weise.
Weiterhin ist dem zuständigen Fachmann in Hinblick auf Merkmal (g*) bereits aufgrund seines technischen Allgemeinwissens geläufig, dass in der Halbleiterfertigung genauso wie in jeder anderen Fertigungsumgebung Prioritäten für die Bearbeitung von Produkteinheiten bzw. Jobs neu gesetzt werden müssen, falls dies die Einhaltung vertraglich vereinbarter Fertigstellungstermine erforderlich machen sollte. Für den Fachmann lag es daher auf der Hand, eine solche Maßnahme zur zeitlichen Änderung von Bearbeitungsreihenfolgen auch innerhalb von Zeitplänen vorzusehen, die als Eingangsgrößen für die Simulation von Prozesssequenzen dienen.
Lediglich zum druckschriftlichen Beleg dafür, dass der Fachmann das Verzögern oder Vorziehen von Produkteinheiten in Simulationen von Prozesssequenzen anwendet, wird auf die Druckschrift D3 verwiesen (Seite 170, linke Spalte, erster Absatz, siehe „Delayed precedence constraints are needed, for instance, when two operations on one machine concern the same job.“).
3.3 Mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 fallen zwangsläufig auch die Patentansprüche 2 bis 9, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.
4. Zum Hilfsantrag 2 Der Hilfsantrag 2 ist nicht gewährbar, weil der Gegenstand seines Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 Satz 1 PatG).
4.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 (Unterschied unterstrichen) durch das Merkmal
(d**) Definieren einer gemäß einer Prozessspezifikation für die Bearbeitung der mehreren Produkteinheiten maximal zulässigen Wartezeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen.
Das Merkmal (d**) betrifft die Festlegung einer maximal zulässigen Wartezeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen bzw. Bearbeitungsfolgen, die nunmehr in Übereinstimmung mit einer Prozessspezifikation stattfinden soll. Dabei stellt die Prozessspezifikation nach fachmännischem Verständnis eine formalisierte Beschreibung des gesamten Prozessablaufs und der darin auftretenden Anforderungen dar.
4.2 Der Hilfsantrag 2 kann nicht anders als der Hilfsantrag 1 beurteilt werden, weil dieses Merkmal das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen kann.
Das Merkmal ergibt sich bereits zwangsläufig aus der Tatsache, dass jedem Simulationsmodell, welches einen Prozessablauf in einer Fertigungsstätte abbilden soll, eine entsprechende Prozessspezifikation zugrundeliegen muss, die die einzelnen Prozesse, deren Abhängigkeiten und Reihenfolge und somit auch die Wartezeiten begrifflich erfasst.
Im Übrigen entnimmt der Fachmann bereits der Druckschrift D2 ein Simulationsmodell, welches auf Prozessplänen („process plans“) beruht, die eine solche Prozessspezifikation darstellen (Seite 349, rechte Spalte, erster Absatz, siehe „Process plans can be included in a model and would specify the jobsteps including resource and material requirements to make the product.“).
4.3 Mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 fallen zwangsläufig auch die übrigen Patentansprüche, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann.
III.
Nachdem keiner der gestellten Anträge Erfolg hatte, war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamtes zurückzuweisen.
Dr. Morawek Eder Baumgardt Dr. Forkel Fa
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5 | 4 | PatG |
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